Entscheidungsdatum
04.11.2019Norm
ADV §1Spruch
W116 2223307-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde des Vzlt. XXXX , vertreten durch RA Dr. Michael FRANK, gegen das Disziplinarerkenntnis des Disziplinarvorgesetzten des XXXX 4 vom 21.08.2019 (ohne Zahl) betreffend Verhängung einer Geldbuße zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben, der beschwerdegegenständliche Bescheid behoben und das gegen den Beschwerdeführer in der Sache geführte Disziplinarverfahren gemäß § 62 Abs. 3 Z 2 HDG 2014 eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer steht als Unteroffizier beim österreichischen Bundesheer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und führt den Dienstgrad eines Vizeleutnants. Er ist eingeteilt als Werkstattleiter des XXXX 4 in der XXXX in XXXX .
2. Am 25.06.2019, nach dem Einlangen einer schriftlichen Meldung der Militärpolizei, wurde gegen den Beschwerdeführer ein Disziplinarverfahren eingeleitet.
3. Mit beschwerdebezogenem Disziplinarerkenntnis des Disziplinarvorgesetzten vom 21.08.2019 wurde der Beschwerdeführer schuldig gesprochen und gemäß § 51 HDG 2014 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von ? 450,- gegen ihn verhängt. Der Schuldspruch lautet wie folgt (auszugsweise und anonymisiert):
"Sie wurden am 20.06.2019 von der Militärpolizei im Bereich der Werkstatt X Kaserne bei Privatarbeiten an ihrem Privat-Kfz aufgefunden. Sie wussten - aufgrund jährlicher Belehrungen - dass dies gegen die geltende Vorschrift verstößt (VBl. I Nr.: 3/2018 II. 6. ?Privatarbeiten'). Dadurch haben sie gegen den § 3 ?Allgemeine Pflichten des Soldaten' Abs (1) ?Allgemeines Verhalten' der ADV, sowie VBl. I Nr.: 3/2018 II. 6. verstoßen und eine Pflichtverletzung gemäß § 2 des Heeresdisziplinargesetzes 2014 (HDG 2014), BGBl. I Nr. 2, begangen. ..."
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Militärpolizei am 20.06.2019 in der Werkstätte der Kaserne ein halb geöffnetes Rolltor, einen auf einer Hebebühne aufgebockten Privat-PKW mit demontiertem linken Hinterreifen und eine Person im Arbeitsmantel vorgefunden habe. Bei der Personenkontrolle habe diese Person als der Beschwerdeführer identifiziert werden können. Auf die Frage, ob er nicht wüsste, dass keine dienstlichen Gerätschaften für private Zwecke verwendet werden dürfen, habe er keine Antwort gegeben, jedoch sei seinem Verhalten zu entnehmen gewesen, dass es ihm sehr wohl bewusst gewesen sei. Die Frage nach einer Erlaubnis seitens seines Kommandanten habe er verneint.
Bei der Beschuldigtenbefragung habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, dass bei seinem Fahrzeug am genannten Tag mehrere Warnleuchten geleuchtet hätten und da er als Leiter der Werkstätte einen Schlüssel zur auf dem Heimweg von einem Bekanntenbesuch gelegenen Werkstätte besitze, sei er in die Kaserne gefahren, um Nachschau zu halten. Er habe lediglich die Verkabelung geprüft, aber keine Ersatzteile mitgeführt und keine Reparaturen durchgeführt. Bei der Montage der Reifen sei er von der Militärpolizei kontrolliert worden. Er sei dabei über das Verlautbarungsblatt 3/2018 belehrt worden und habe gewusst, dass Privatarbeiten in der Dienstzeit verboten seien. Es habe sich jedoch um Fronleichnam und damit um einen Feiertag gehandelt, weshalb mangels Dienstes dieses Verlautbarungsblatt nicht anwendbar gewesen sei.
Die Disziplinarbehörde sehe es als erwiesen an, dass der Beschuldigte am 20.06.2019 Privatarbeiten an seinem Fahrzeug in der Werkstatt der Kaserne durchgeführt habe. Eine Abgrenzung, in welchem Umfang Privatarbeiten erlaubt bzw. verboten seien, würde es in der geltenden Vorschrift nicht geben. Somit könne unberücksichtigt bleiben, ob er sein Fahrzeug repariert oder für die § 57a Überprüfung vorbereitet habe, wie dies der Streifenmeldung zu entnehmen sei, oder ob er lediglich Nachschau gehalten habe. Der Sachverhalt der Durchführung von Privatarbeiten würde jedenfalls bestehen bleiben. Zum Einwand des Beschwerdeführers, wonach das Verlautbarungsblatt 3/2018 Privatarbeiten nur in der Dienstzeit verbieten, dagegen solche außerhalb der Dienstzeit jedoch nicht berücksichtigen würde, führte die Disziplinarbehörde aus, dass die Schlussfolgerung, dass alles andere erlaubt sei, was nicht dezidiert verboten wäre, hier konkret Privatarbeiten in heereseigenen Werkstätten außerhalb der Dienstzeit, nach Auskunft eines namentlich genannten Referatsleiters der Abteilung Disziplinar- und Beschwerdewesen des BMLV unzulässig sei. Abschließend wurde die Strafbemessung erörtert.
4. Dagegen brachte der Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 29.08.2019 binnen offener Frist Beschwerde ein. Darin wird zusammenfassend ausgeführt, dass sich das Verbot in der dem Disziplinarerkenntnis zugrundeliegenden Bestimmung unmissverständlich auf Arbeiten während der Dienstzeit beziehen würde. Dies würde auch Sinn machen, zumal jeder Bedienstete seine Entlohnung für die Erfüllung seiner Dienstpflicht beziehen würde. Dem gegenüber würde allerdings die völlig unproblematische und somit rechtskonforme Erledigung privater Angelegenheiten außerhalb der Dienstzeit stehen. So sei es beispielsweise arbeitsrechtlich völlig unproblematisch, wenn ein Arbeitnehmer in der Mittagpause an seinem Arbeitsplatz (private) Telefonate (mit dem eigenen Handy) durchführt, die Zeitung liest oder sein Mittagessen zu sich nimmt (und dabei den Schreibtisch seines Dienstgebers nutzt). Nichts anderes könnte für die gegenständliche Nutzung gelten, zumal dem Beschwerdeführer (wenn überhaupt) lediglich die Nutzung der Räumlichkeiten und der Hebebühne vorgeworfen werden könnte (und nicht etwa die Verwendung von werkstatteigenen Materialien, Ersatzteilen, etc.). Hervorzuheben sei daher insbesondere, dass im Disziplinarrecht - ebenso wie im Strafrecht - ein absolutes Analogieverbot gelten würde (keine Strafe ohne Gesetz). Tatsächlich sei daher (entgegen der Rechtsansicht im angefochtenen Erkenntnis) alles erlaubt, was nicht explizit untersagt sei. Privatarbeiten außerhalb der Dienstzeit in der Werkstatt der Kaserne seien nicht ausdrücklich verboten und folglich auch disziplinarrechtlich nicht vorwerfbar. Aber selbst wenn objektiv eine Pflichtverletzung vorliegen würde, welche der Beschwerdeführer zutiefst bedauern würde, wäre sie aufgrund der näher ausgeführten "Formulierungsprobleme" der zugrundliegenden Rechtsvorschrift (für rechtsunkundige Durchschnittsmenschen nicht ausreichend verständlich) subjektiv nicht vorwerfbar (kein Verschulden iSd § 2 Abs. 4 HDG 2014). Schließlich hätte eine Belehrung oder Ermahnung zweifellos ausgereicht, um den Beschwerdeführer bzw. andere Personen zukünftig von Privatarbeiten außerhalb der Dienstzeit abzuhalten bzw. diesen entgegenzuwirken (§ 2 Abs. 5 HDG 2014).
5. Mit Schriftsatz vom 05.09.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verfahrensakten dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer steht als Unteroffizier beim österreichischen Bundesheer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und führt den Dienstgrad des Vizeleutnants. Er ist eingeteilt Werkstattleiter in der oben genannten Kaserne.
Er wurde am 20.06.2019 in dieser Werkstatt von der Militärpolizei angetroffen, als er an seinem privaten PKW, der sich auf einer Hebebühne befand, Arbeiten verrichtete. Der 20.06.2019 war ein Feiertag (Fronleichnam) und der Beschwerdeführer befand sich nicht im Dienst.
Die von der Disziplinarbehörde dem Schuldspruch zugrunde gelegte "Vorschrift" unter Punkt II.6 des Erlasses des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 10.01.2018, Verlautbarungsblatt I Nr. 3/2018, lautet:
"Privatarbeiten
Privatarbeiten aller Art während der Dienstzeit, insbesondere in heereseigenen Werkstätten oder mit heereseigenem Werkzeug sind verboten."
Aus dem klaren und unmissverständlichen Wortlaut dieser Anordnung lässt sich kein Verbot für Privatarbeiten außerhalb der Dienstzeit ableiten. Es haben sich somit keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer mit dem ihm zum Vorwurf gemachten Verhalten gegen diese generelle Weisung verstoßen hat.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt 1. dargelegte Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aus der Aktenlage und stimmt zudem mit dem vom Disziplinarvorgesetzten festgestellten Sachverhalt überein. Er wurde auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Der konkrete Inhalt der Vorschrift, gegen die der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten verstoßen haben soll, ergibt sich aus dem im Akt aufliegendem Verlautbarungsblatt des Bundesministeriums für Landesverteidigung.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Das nunmehr anzuwendende Heeresdisziplinargesetz 2014 (HDG 2014), BGBl I Nr. 2/2014 (WV) sieht gemäß § 75 Abs. 1 Senatsentscheidungen des BVwG nur für Beschwerden gegen Beschlüsse der DKS nach § 72 Abs. 2 (Z 1), sowie gegen ein Erkenntnisse der DKS, mit dem die Disziplinarstrafe Entlassung oder Unfähigkeit der Beförderung oder Degradierung oder Verlust aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte verhängt wurde (Z 2), oder wenn gegen ein Erkenntnis der DKS der Disziplinaranwalt Beschwerde erhoben hat (Z 3), vor. Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist im vorliegenden Fall Einzelrichterzuständigkeit gegeben.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann das Verwaltungsgericht, soweit das Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt, ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Dies ist hier der Fall, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aufgrund der eindeutigen Aktenlage feststeht. Es sind auch keine Umstände hervorgetreten, zu deren weiteren Klärung eine mündliche Erörterung notwendig erscheinen würde. Darüber hinaus liegen im Hinblick auf den Spruchinhalt auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass im Gegenstand dem Entfall einer mündlichen Verhandlung allenfalls Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder Art. 47 der Charta der Grundrechte der europäischen Union entgegenstehen könnten.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Wie oben bereits ausgeführt, steht der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.
Zu A)
1. Die hier relevante Bestimmung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. 333, idF BGBl: I Nr. 210/2013 (BDG) lautet:
"Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten
§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
(3) Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt."
Die §§ 1 und 3 Abs. 1 der Verordnung der Bundesregierung vom 9. Jänner 1979 über die Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer (ADV), StF: BGBl. Nr. 43/1979, lauten:
"Geltungsbereich
§ 1. Die Allgemeinen Dienstvorschriften gelten für alle Soldaten. Für Soldaten, die dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehören, gelten die Allgemeinen Dienstvorschriften jedoch nur insoweit, als in den dienstrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist.
Allgemeine Pflichten des Soldaten
Allgemeines Verhalten
§ 3. (1) Der Soldat hat auf Grund seiner Verantwortung für eine erfolgreiche Landesverteidigung jederzeit bereit zu sein, mit allen seinen Kräften den Dienst zu erfüllen. Er hat alles zu unterlassen, was das Ansehen des Bundesheeres und das Vertrauen der Bevölkerung in die Landesverteidigung beeinträchtigen könnte."
Die im vorliegenden Fall anzuwendende Bestimmung des Heeresdisziplinargesetzes 2014 (HDG 2014), StF BGBl. I Nr. 2/2014 (WV) lautet:
"Pflichtverletzungen
§ 2. (1) Soldaten sind disziplinär zur Verantwortung zu ziehen wegen
1. Verletzung der ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten oder
...
...
(4) Disziplinär strafbar ist nur, wer schuldhaft handelt. Die §§ 5 und 6 sowie die §§ 8 bis 11 des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, über Vorsatz und Fahrlässigkeit sowie über Irrtum, Notstand und Zurechnungsunfähigkeit sind anzuwenden.
(5) Ein Soldat ist disziplinär nicht zur Verantwortung zu ziehen, wenn nach Ansicht des Vorgesetzten eine Belehrung oder eine Ermahnung ausreicht, um den Soldaten von Pflichtverletzungen abzuhalten oder um Pflichtverletzungen anderer Personen entgegenzuwirken."
2. Zur Auslegung und Anwendung auf den vorliegenden Sachverhalt:
Dem Beschwerdeführer wurde mit gegenständlichem Disziplinarerkenntnis zum Vorwurf gemacht, dass er am 20.06.2019 in der Werkstatt der genannten Kaserne Privatarbeiten an seinem Privat-Kfz durchgeführt und damit gegen die (konkret genannte) Vorschrift des Verlautbarungsblattes I des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 10.01.2018, "3. Verhaltensnormen für Soldatinnen und Soldaten", in Punkt II.6. "Privatarbeiten" verstoßen habe.
Bei dem von der Disziplinarbehörde als Vorschrift bezeichneten und im Akt aufliegenden Verlautbarungsblatt handelt sich um einen Erlass des Bundesministeriums für Landesverteidigung, der Verhaltensnormen für alle Soldatinnen und Soldaten enthält.
Laut ständiger Rechtsprechung (siehe VwGH vom 15.09.2014, 2001/09/0023, mit Hinweis auf den Stammrechtssatz VwGH vom 21.02.1991, 90/09/0064) ist unter einer "Weisung" eine generelle oder individuelle, abstrakte oder konkrete Norm zu verstehen, die an einen oder an eine Gruppe von dem Weisungsgeber untergeordneten Verwaltungsorganwaltern ergeht. Sie ist ein interner Akt im Rahmen der Verwaltungsorganisation.
Da es sich beim Inhalt des gegenständlichen Erlasses um generelle Normen handelt, die vom BMLV an alle Soldatinnen und Soldaten ergangen sind, stellen diese Anordnungen für jene Soldaten, die dem Bundesheer aufgrund eines Dienstverhältnisses angehören, aus dienstrechtlicher Sicht jedenfalls generelle Weisungen eines zuständigen Vorgesetzten gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 dar. Handelt ein Soldat im Dienstverhältnis schuldhaft entgegen diesen Verhaltensnormen, wäre ihm daher disziplinär ein Verstoß gegen die Dienstpflicht des § 44 Abs. 1 BDG 1979 vorzuwerfen.
"Wenn in einem Disziplinarverfahren der Vorwurf der Missachtung einer Weisung entgegen § 44 Abs. 1 BDG 1979 erhoben wird, muss sowohl der Inhalt der Weisung, deren Verletzung Gegenstand des Verfahrens ist, als auch das vorgeworfene, der Weisung zuwiderlaufende Verhalten des Beschuldigten auf präzise Weise dargestellt werden, sodass der Beschuldigte sich in die Lage versetzt sieht, sich sowohl mit auf den konkreten Tatvorwurf bezogenen rechtlichen Argumenten als auch mit Beweisanboten zur Wehr zu setzen, und davor geschützt wird, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Hinweis E vom 18. Jänner 2007, Zl. 2004/09/0139, mwN)." (VwGH 16.10.2018, 2008/09/0050)
Die Disziplinarbehörde hat es zwar unterlassen, den Inhalt der verfahrensgegenständlichen Weisung im Spruch des Disziplinarerkenntnisses präzise wiederzugeben, aber aufgrund der konkreten Formulierung der Tathandlung und ihrer ausdrücklichen Bezeichnung als Verstoß gegen den Punkt II.6. ("Privatarbeiten") des VBl. I Nr. Nr. 3/2018 klar zum Ausdruck gebracht, worin sie die Pflichtwidrigkeit des vom Beschwerdeführer gesetzten Verhaltens erkennt.
Im konkreten Fall ist jedoch - wie oben bereits festgestellt - in dem zum Vorwurf gemachten Verhalten bereits objektiv kein Zuwiderhandeln gegen die generelle Weisung unter Punkt II.6. des angeführten Erlasses zu erkennen, da diese nach ihrem eindeutigen Wortlaut ausdrücklich und ausschließlich die Durchführung von Privatarbeiten während der Dienstzeit verbietet, wogegen der Beschwerdeführer die verfahrensgegenständliche Handlung an einem Feiertag und damit außerhalb seiner Dienstzeit gesetzt hat. Eine schuldhafte Verletzung der Dienstpflichten gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 wegen der Nichtbefolgung der hier angeführten generellen Weisung des genannten Erlasses des BMLV kommt daher nicht in Betracht. Dass dem Beschwerdeführer diesbezüglich allenfalls eine anderslautende, konkrete Weisung erteilt worden wäre, hat die Disziplinarbehörde nicht ins Treffen geführt.
Rechtlich hat die Disziplinarbehörde das dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemachte Verhalten der Bestimmung des § 3 Abs. 1 ADV unterstellt, der das allgemeine Verhalten von Soldaten regelt. Dieser ordnet konkret an, dass Soldaten jederzeit bereit zu sein haben ihren Dienst mit allen Kräften zu erfüllen und alles zu unterlassen haben, was das Ansehen des Bundesheeres und das Vertrauen der Bevölkerung in die Landesverteidigung beeinträchtigen könnte. Eine nähere Begründung, weshalb Privatarbeiten eines Soldaten an einem privaten PKW in einer heereseigenen Werkstätte außerhalb der Dienstzeit das Ansehen des Bundesheeres oder Vertrauen der Bevölkerung in die Landesverteidigung beeinträchtigen sollten, ist die Disziplinarbehörde jedoch schuldig geblieben.
Zusammenfassend kommt der Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid daher Berechtigung zu, da sich im konkreten Fall letztlich keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass das dem Beschwerdeführer hier zur Last gelegte Verhalten tatsächlich eine Pflichtverletzung darstellt. Gemäß § 62 Abs. 3 Z 2 HDG 2014 ist ein Kommandantenverfahren formlos einzustellen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Pflichtverletzung darstellt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter A) zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen.
Schlagworte
Dienstzeit Disziplinarerkenntnis Disziplinarverfahren Geldbuße Pflichtverletzung private Nutzung VerfahrenseinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W116.2223307.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020