Entscheidungsdatum
08.11.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z5Spruch
W118 1422302-3/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. ECKHARDT über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom XXXX zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Beschwerdevorentscheidung vom 22.07.2019 hinsichtlich der Spruchpunkte I., II und IV. ersatzlos behoben.
II. In Stattgebung der Beschwerde wird Spruchpunkt III. der Beschwerdevorentscheidung vom 22.07.2019 dahingehend abgeändert, dass dem Antrag vom 17.01.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 stattgegeben und XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 28.11.2020 erteilt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist in die Republik Österreich eingereist und hat am 17.05.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen und der Beschwerdeführer nach Afghanistan ausgewiesen.
3. Eine hiegegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom XXXX , hinsichtlich Spruchpunkt I. des Bescheides vom XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und diesem gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.11.2014 erteilt.
In der Begründung hielt der Asylgerichtshof im Zusammenhang mit § 8 AsylG 2005 fest, dass es sich beim Beschwerdeführer zwar um einen arbeitsfähigen und gesunden jungen Mann mit mehrjähriger Schulbildung und Berufserfahrung (in der Landwirtschaft) handle, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne, es müsse demgegenüber aber maßgeblich berücksichtigt werden, dass der Beschwerdeführer in der Provinz Nangarhar geboren und aufgewachsen sei und seinen eigenen Angaben zufolge derzeit in Afghanistan über keine sozialen oder familiären Netzwerke mehr verfüge, zumal sein Vater gestorben sei und sich seine Familie (Mutter und fünf Geschwister) in Pakistan (bei seinem Onkel mütterlicherseits) aufhalte. Der Beschwerdeführer wäre daher im Fall der Rückkehr nach Afghanistan vorerst auf sich alleine gestellt und gezwungen, allenfalls in Kabul nach einem - wenn auch nur vorläufigen - Wohnraum zu suchen, ohne jedoch über ausreichende Kenntnisse der örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten der Hauptstadt Kabul zu verfügen. Wie aus den im Verfahren herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ersichtlich sei, stelle sich die Versorgung mit Wohnraum und Nahrungsmitteln insbesondere für alleinstehende Rückkehrer ohne familiären Rückhalt meist nur unzureichend dar. Angesichts der derzeitigen politischen Lage in Afghanistan sei zudem ausreichende staatliche Unterstützung sehr unwahrscheinlich. Eine innerstaatliche Schutzalternative, etwa in der Hauptstadt Kabul, würde dem Beschwerdeführer unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände und des Fehlens eines unterstützenden sozialen oder familiären Netzwerks in Afghanistan sowie auch im Hinblick auf die allgemein schlechte Versorgungslage in Afghanistan ebenfalls nicht zur Verfügung stehen. Die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan erscheine daher derzeit unter den dargelegten Umständen als unzumutbar.
4. Mit Datum vom 20.11.2014 wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers bis zum 28.11.2016 verlängert.
5. Mit Datum vom 15.11.2016 wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers bis zum 28.11.2018 verlängert.
6. Mit Schreiben vom 17.10.2018 beantragte der Beschwerdeführer "die Verlängerung des subsidiären Schutzes gem. § 8 AsylG 2005" und die Ausstellung einer neuen Karte gemäß § 52 AsylG 2005.
7. Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 31.10.2018 auf, Unterlagen betreffend die nachhaltig erfolgreiche Integration und die Selbsterhaltungsfähigkeit vorzulegen und auszuführen, warum der Beschwerdeführer glaube, dass sich die Umstände, die zur Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung geführt hätten, nach wie vor vorliegen würden bzw. sich nicht geändert hätten.
8. Mit Schreiben vom 16.11.2018 nahm der Beschwerdeführer zu dem oa. Schreiben Stellung und übermittelte ein Konvolut von Unterlagen.
9. Mit Datum vom 20.02.2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführer darauf hin, dass nach Ansicht der Behörde eine Verbringung in den Herkunftsstaat keine Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Der Beschwerdeführer wurde weiters darauf hingewiesen, dass gegen ihn drei rechtskräftige Verurteilungen zu mehrmonatigen Freiheitsstrafen vorliegen würden. Wegen seines strafbaren Verhaltens sei er außerdem eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Gemeinschaft. Dem Schreiben wurde das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation beigeschlossen. Für eine Stellungnahme und die Beantwortung der in dem Schreiben angeführten Fragen zur aktuellen privaten und familiären Situation des Beschwerdeführers in Österreich wurde dem Beschwerdeführer eine Frist von zwei Wochen eingeräumt.
10. Der Beschwerdeführer nahm hiezu mit Datum vom 08.03.2019 Stellung und übermittelte weitere Unterlagen. Er führte unter anderem aus, dass sich in dem Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl weder konkrete Feststellungen zu tatsächlich eingetretenen nachhaltigen Veränderungen der Lage noch eine Auseinandersetzung mit den Gründen, die damals zur Schutzgewährung geführt hatten, finden würden. Der Beschwerdeführer machte Angaben zu seinem Aufenthalt und seinem Privatleben in Österreich und wies dabei insbesondere auf eine durchgehende Erwerbstätigkeit seit dem 01.09.2014 hin. Der Beschwerdeführer hielt fest, dass es sich bei den im Schreiben der belangten Behörde angeführten Verurteilungen offensichtlich um eine Verwechslung mit einer anderen Person handeln müsse und legte in diesem Zusammenhang eine Strafregisterbescheinigung vom 27.02.2019 vor, in der keine Verurteilung aufscheint.
11. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27.11.2013 zuerkannte Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und die mit Erkenntnis vom 27.11.2013 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Der Antrag vom "17.01.2018" (richtig: 17.10.2018) auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wurde abgewiesen (Spruchpunkt III.). Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt IV.). In Spruchpunkt V. wurde gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG ausgesprochen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG auf Dauer unzulässig ist, und dem Beschwerdeführer gemäß § 58 Abs. 2 und 3 iVm § 55 AsylG 2005 eine "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 erteilt.
In der Begründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, hielt insbesondere fest, dass dieser in Österreich strafgerichtlich unbescholten und seit dem Jahr 2011 durchgehend legal im Bundesgebiet aufhältig sei. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten sei ihm im Jahr 2013 zuerkannt worden, da er angegeben habe, über kein soziales bzw. familiäres Netzwerk zu verfügen, und ihm nach Auffassung des Gerichts keine innerstaatliche Fluchtalternative - etwa in der Hauptstadt Kabul - zur Verfügung gestanden wäre. Hinsichtlich nachhaltiger Änderung der Umstände seit der Zuerkennung Status des subsidiär Schutzberechtigten im Jahr 2013 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer über mehrjährige Schulbildung sowohl in Afghanistan als auch in Pakistan verfüge, durch seine länderübergreifenden Reisen durch ihm völlig fremde Kulturkreise viel Lebenserfahrung habe sammeln können und dadurch bewiesen habe, dass er äußerst anpassungsfähig sei. Im Laufe seines Aufenthaltes in Österreich habe der Beschwerdeführer zudem in verschiedensten Tätigkeitsbereichen Berufserfahrungen unterschiedlichster Art und Know-how sammeln können. Ferner habe er in Österreich tragfähige Kontakte knüpfen können, sei selbsterhaltungsfähig und von der Unterstützung und Fürsorge Dritter unabhängig. Es könne daher nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit drohen würde. Auch könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan - insbesondere nach Herat oder Balkh - Gefahr laufen würde, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können, und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Lage geraten würde. Die Rolle sozialer Netzwerke sei für junge Rückkehrer besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese, wie fallbezogen vom Beschwerdeführer angegeben, schwach ausgeprägt bzw. nicht vorhanden sein, könne die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden. Fest stehe, dass es einem alleinstehenden, leistungsfähigen und gesunden Mann im erwerbsfähigen Alter, der zusätzlich über Schulbildung und Berufserfahrung verfüge, zumutbar sei, unter bestimmten Umständen auch ohne die Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten - wie beispielsweise Balkh oder Herat - zu leben. Die seinerzeit für die Gewährung des subsidiären Schutzes maßgeblichen Gründe seien daher zwischenzeitig nicht mehr gegeben und dem Beschwerdeführer wäre eine Rückkehr in sein Heimatland - insbesondere in die Provinzen Balkh oder Herat - unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände und der dort vorherrschenden Lage jedenfalls zuzumuten. Da sich der Beschwerdeführer jedoch bereits seit dem Jahr 2011 rechtmäßig und durchgehend im Bundesgebiet aufhalte, strafgerichtlich unbescholten und am österreichischen Arbeitsmarkt integriert sei, sei ein im Sinne des Art. 8 EMRK schützenswertes Privatleben festzustellen, weshalb die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in sein Recht auf Privatleben darstellen würde. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung habe daher für auf Dauer unzulässig erklärt werden müssen.
12. Hiegegen wurde mit Datum vom 18.06.2019 Rechtsmittel erhoben und der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis IV. angefochten. Der belangten Behörde wurde vorgehalten, die tatsächliche Situation in Afghanistan zu verkennen und den Beschwerdeführer durch Entscheidung ohne Durchführung einer Einvernahme in seinen Rechten verletzt zu haben. Die Behörde habe im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt hätten, nicht dargelegt.
13. Am 17.07.2019 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Einvernahme durch und befragte den Beschwerdeführer zu seinen Lebensumständen in Österreich und zur Situation in seiner Heimat.
14. Mit Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.07.2019 wurde die Beschwerde vom 18.06.2019 als unbegründet abgewiesen, der dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27.11.2013 zuerkannte Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und die mit Erkenntnis vom 27.11.2013 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Der Antrag vom "17.01.2018" (richtig: 17.10.2018) auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wurde abgewiesen (Spruchpunkt III.) und gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt IV.).
Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme am 17.07.2019 stellte das Bundesamt nunmehr - über die bereits im Bescheid vom 22.05.2019 enthaltenen Ausführungen hinaus - fest, dass der Beschwerdeführer in seiner Herkunftsprovinz Nangarhar über tragfähige familiäre Anknüpfungspunkte und Unterstützungsmöglichkeiten (seine Mutter, zwei Schwestern und ein volljähriger Bruder) sowie über Ersparnisse aus seiner Berufstätigkeit verfüge. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wurde betreffend eine Änderung der Umstände die gewonnene Berufs- und Lebenserfahrung, die wieder in Nangarhar aufhältige Familie, von der er jedenfalls zumindest eine geringe Unterstützung erwarten könne, und die Gesamtsituation in Afghanistan angeführt. Auch die Lage in Kabul habe sich verbessert und sei dem Beschwerdeführer überdies eine innerstaatliche Fluchtalternative in den Städten Herat und Mazar-e Sharif zumutbar. Weiters sei anzumerken, dass der Beschwerdeführer über beträchtliche Ersparnisse verfüge.
15. Mit Datum vom 07.08.2019 beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und wies insbesondere darauf hin, dass das Bundesamt die Ladung zur Einvernahme am 17.07.2019 trotz vorgelegter Vollmacht (einschließlich Zustellvollmacht) nicht an den Rechtsvertreter, sondern an den Beschwerdeführer selbst zugestellt habe. Die Einvernahme sei daraufhin ohne Wissen des Rechtsvertreters und in dessen Abwesenheit durchgeführt worden, wodurch der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt worden sei. Auf den übrigen Inhalt der Beschwerde (mit Ausnahme der unterbliebenen Einvernahme) sei die Behörde in der Beschwerdevorentscheidung gar nicht eingegangen. Zudem habe die Behörde wieder auf eine Änderung der Situation seit dem Jahr 2013 abgestellt und dabei nicht berücksichtigt, dass im Jahr 2016 "der subsidiäre Schutz" verlängert worden sei. Als Vergleichsmaßstab hätte daher die Situation im Jahr 2016 herangezogen werden müssen.
16. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 12.08.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des Bundesamtes und in den Gerichtsakt sowie insbesondere in folgende Länderberichte: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan vom 29.06.2018, aktualisiert mit 26.03.2019, UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, 30.08.2018, Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation zu Afghanistan betreffend die Sicherheitslage in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif im Zeitraum 2010-2018 vom 09.11.2018 und ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif, 12.10.2018.
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Paschtunen zugehörig und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er ist in das Bundesgebiet eingereist und hat am 17.05.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Der Beschwerdeführer ist in der Provinz Nangarhar geboren, hat dort bis zu seinem 12. Lebensjahr die Schule besucht und ist im Jahr 2005 oder 2006 mit seiner Familie nach Pakistan übersiedelt. Dort hat er noch weiter die Schule besucht sowie in der Landwirtschaft gearbeitet.
Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, da sich die Versorgung mit Wohnraum und Nahrungsmitteln insbesondere für alleinstehende Rückkehrer ohne familiären Rückhalt meist nur unzureichend darstelle und angesichts der derzeitigen politischen Lage in Afghanistan zudem ausreichende staatliche Unterstützung sehr unwahrscheinlich sei. Eine innerstaatliche Schutzalternative, etwa in der Hauptstadt Kabul, würde dem Beschwerdeführer unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände und des Fehlens eines unterstützenden sozialen oder familiären Netzwerks in Afghanistan sowie auch im Hinblick auf die allgemein schlechte Versorgungslage in Afghanistan ebenfalls nicht zur Verfügung stehen.
Die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde zuletzt mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2016 verlängert.
Der Beschwerdeführer war bereits bei Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten volljährig, er ist weiterhin arbeitsfähig und leidet an keinen schweren Erkrankungen. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Er hat in Österreich keine nahen Familienangehörigen oder sonstige enge Bindungen. Der Beschwerdeführer hat sich seit dem Jahr 2011 durchgehend legal in Österreich aufgehalten und ist nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes.
Der Beschwerdeführer arbeitet in Österreich seit dem 01.09.2014 als Versandbearbeiter in einer Bäckerei. Die Mutter, zwei Schwestern und ein volljähriger Bruder des Beschwerdeführers sind mittlerweile aus Pakistan wieder nach Nangarhar zurückgekehrt, wechseln dort jedoch aufgrund der Sicherheitslage häufig den Wohnort. Die Situation der Familie des Beschwerdeführers ist nicht gut, der Beschwerdeführer unterstützt sie alle zwei Monate mit einem Geldbetrag in Höhe von EUR 1.000 bis 1.500. Der Beschwerdeführer verfügt über Ersparnisse aus seiner Erwerbstätigkeit, die er auch für die regelmäßige Unterstützung seiner Familie in Afghanistan verwendet.
1.2. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:
In Afghanistan leben laut Schätzungen aus dem Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge sind 40 % Pashtunen, rund 30 % Tadschiken, ca. 10 % Hazara und 9 % Usbeken. Daneben gibt es noch weitere ethnische Minderheiten wie etwa die Aimaken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnischen Minderheiten. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen können allerdings weiterhin in Konflikten und Tötungen resultierten.
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Die Taliban umkämpften Distriktzentren, konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus.
Nangarhar, die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers, ist eine überwiegend von Paschtunen bewohnte Provinz im Osten Afghanistans. Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren verschlechtert und es kommt zu zahlreichen sicherheitsrelevanten Vorfällen insbesondere mit Aufständischen der Taliban, aber auch mit dem IS. Anhänger sowohl der Taliban als auch des IS verfügen in mehreren Distrikten - insbesondere im Süden der Provinz - über eine Präsenz. Nangarhar war im Jahr 2017 die Provinz mit den meisten registrierten Anschlägen.
Die afghanische Hauptstadt Kabul hat etwa 4,6 Millionen Einwohner und ist über den Flughafen gut zu erreichen. Die Lage in Kabul ist noch als hinreichend sicher und stabil zu bezeichnen, wenngleich es immer wieder zu Anschlägen mit zahlreichen Opfern kommt. Diese Anschläge ereignen sich allerdings oft im Nahbereich von staatlichen bzw. ausländischen Einrichtungen oder NGOs. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 wurden von UNAMA 993 zivile Opfer (321 Tote und 672 Verletzte) in der Provinz Kabul dokumentiert.
Die nordafghanische Provinz Balkh ist von hoher strategischer Bedeutung und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e Khumri und ist ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut, es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Mazar-e Sharif verfügt über einen internationalen Flughafen. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans und hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen.
Herat ist eine wirtschaftlich relativ gut entwickelte Provinz im Westen des Landes und ist über einen internationalen Flughafen in der Provinzhauptstadt gut erreichbar. Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren in abgelegenen Distrikten aufgrund von Aktivitäten der Taliban verschlechtert, insbesondere in der Stadt Herat ist die Lage aber vergleichsweise friedlich.
Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Rückkehrer nach Afghanistan sind zunächst oft - wie auch große Teile der dort ansässigen Bevölkerung - auf gering qualifizierte Beschäftigungen oder Gelegenheitstätigkeiten angewiesen. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migranten in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen.
Nahrungsmittel, grundlegende Gesundheitsversorgung und Zugang zu Trinkwasser sind in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif grundsätzlich verfügbar. Die humanitäre Situation in Afghanistan hat sich durch eine schwere Dürre - insbesondere die Regionen im Norden und Westen des Landes - weiter verschärft, die Preise für Weizen und Brot blieben dennoch vergleichsweise stabil. Zudem werden von der Dürre betroffene Menschen von nationaler und internationaler Seite insbesondere mit Nahrungsmitteln und Bargeld sowie auch hinsichtlich der Versorgung mit sauberem Trinkwasser unterstützt. Durch eine verstärkte Landflucht wurde zusätzlich auch die Wohnraumbeschaffung und Arbeitssuche erschwert. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Daneben gibt es eine Kooperation mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Afghanistan im Rahmen des Programms "Assisted Voluntary Return and Reintegration". IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten und bei der Ankunft in Kabul sowie Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerbern Unterstützung nach der Ankunft im Land - auch hinsichtlich einer ersten Unterkunftnahme. In den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif sind Unterkünfte grundsätzlich verfügbar, aufgrund der hohen Mietkosten für (reguläre) Wohnungen und Häuser - insbesondere in der Stadt Kabul - lebt ein großer Teil der Bevölkerung aber in informellen Siedlungen bzw. gibt es auch die Möglichkeit, nur ein Zimmer zu mieten oder in Teehäusern (chai khana) zu übernachten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, Schulbildung und Arbeitserfahrung des Beschwerdeführers sowie zu seinen familiären Verhältnissen und Aufenthaltsorten beruhen auf den diesbezüglich plausiblen Angaben des Beschwerdeführers im Laufe des Asylverfahrens, die auch seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl der Beschwerdevorentscheidung 22.07.2019 zugrunde gelegt wurden.
Die Antragstellung des Beschwerdeführers, die Zuerkennung des subsidiären Schutzes und die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen betreffend den nunmehrigen Aufenthaltsort und die Situation der Angehörigen des Beschwerdeführers in Afghanistan ergben sich aus dessen Angaben in der Einvernahme am 17.07.2019, die das Bundesamt seiner Entscheidung ebenfalls zugrunde legte.
Die Feststellungen zum Aufenthalt und Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie auf den vorgelegten Unterlagen und stehen in Einklang mit den Feststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich sowie dem angefochtenen Bescheid.
2.2. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:
Die Länderfeststellungen beruhen auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.03.2019, das basierend auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen einen in den Kernaussagen schlüssigen Überblick über die Lage in Afghanistan gewährleistet und auch den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegt wurde, sowie den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018, den Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation zu Afghanistan betreffend die Sicherheitslage in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif im Zeitraum 2010-2018 vom 09.11.2018 und der ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan "Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif" vom 12.10.2018, auf die sich der Beschwerdeführer im Rahmen der Schreiben vom 16.11.2018 und 08.03.2019 bzw. in der Beschwerde vom 18.06.20019 gestützt hat.
Der Beschwerdeführer hat in seinen Stellungnahmen sowie in der Beschwerde bzw. dem Vorlageantrag auf eine Verschlechterung sowohl der Sicherheits- als auch der Versorgungslage in Afghanistan hingewiesen und ergänzend auf weitere Länderberichte (u.a. ein Gutachten von Friederike Stahlmann vom 28.03.2018) verwiesen. Auch die in den vom Beschwerdeführer angeführten Berichten enthaltenen Informationen sind allerdings nicht geeignet, die in den Feststellungen zur Situation in Afghanistan enthaltenen Kernaussagen zu widerlegen, sondern sind überwiegend mit diesen in Einklang zu bringen, wenngleich sowohl die Sicherheitslage als auch die sozioökonomische Lage in Afghanistan teilweise schlechter dargestellt wurden. Auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des UNHCR in den Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 betreffend eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul ("UNHCR ist der Auffassung, dass angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage in Kabul eine interne Schutzalternative in der Stadt grundsätzlich nicht verfügbar ist.") ist im Ergebnis nicht zu erkennen, dass Rückkehrern bei einer Neuansiedlung in der Stadt Kabul jedenfalls ernsthafter Schaden droht. Auch in den UNHCR-Richtlinien wird nicht davon ausgegangen, dass eine interne Schutzalternative in Kabul keinesfalls besteht, sondern dass diese "grundsätzlich" nicht verfügbar ist (vgl. auch EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2019).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).
Zu A)
3.2. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und IV. des angefochtenen Bescheides:
3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen.
Dem Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27.11.2013 gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Die in diesem Zusammenhang erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde zuletzt mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2016 verlängert.
Bei der nunmehr angefochtenen Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten stützte sich die belangte Behörde erkennbar auf den zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 und hielt in der Begründung fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status nicht mehr vorliegen würden.
In Anlehnung an Artikel 16 der Statusrichtline bedarf es hier (§ 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005) einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland des Fremden. So ist es keineswegs ausreichend lediglich festzustellen, dass sich seit der ursprünglichen Antragstellung in Österreich die Gegebenheiten im Herkunftsstaat wesentlich gebessert haben und darauf basierend gegenwärtig keine reale Gefahr für den bislang subsidiär Schutzberechtigten besteht, im Falle seiner Abschiebung in dieses Land, Opfer einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder des 6. bzw. 13. ZPEMRK zu werden, respektive als Zivilperson ernsthaft am Leben oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht zu sein. Um die Voraussetzungen der Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 objektiv zu erfüllen, muss eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland des Fremden gewährleistet sein. Dies erfordert im Regelfall eine längere Beobachtungsphase, anhand deren Verlaufs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sich das nachhaltige Ende der bisherigen Bedrohungssituation entsprechend verifizieren lässt (Schrefler-König/Gruber, Asylrecht, § 9 AsylG 2005, Anm. 11).
Die Anwendung dieses Tatbestandes setzt voraus, dass die Bedrohung, die der Grund für die Erteilung war, nachträglich weggefallen ist. Unter Bedachtnahme auf Artikel 16 Abs. 2 der Statusrichtlinie ist davon auszugehen, dass es sich um grundlegende Veränderungen im Herkunftsstaat handeln muss und dass vom Wegfall der Bedrohung erst nach einem angemessenen Beobachtungszeitraum ausgegangen werden darf. Es gilt insofern dasselbe wie hinsichtlich der Asylaberkennung nach § 7 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 1 Abschnitt C Z 5 der Genfer Flüchtlingskonvention (Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, S. 327).
Eine Sachverhaltsänderung kann nicht schon per se in der neueren Judikatur zu vergleichbaren Fällen erblickt werden (VwGH 24.01.2019, Ro 2018/21/0011, Rs 5).
3.2.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 (vgl. Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 - StatusRL) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht dargetan:
Die Gewährung des subsidiären Schutzes begründete der Asylgerichtshof im Wesentlichen mit einem fehlenden sozialen oder familiären Netzwerk in Afghanistan und der dortigen allgemein schlechten Versorgungslage - unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer nicht über ausreichende Kenntnisse der örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten der (als mögliche innerstaatliche Fluchtalternative geprüften) Hauptstadt Kabul verfügt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides bzw. der Beschwerdevorentscheidung wurde hinsichtlich einer seither eingetretenen Änderung der Lage im Herkunftsstaat eine Besserung der Lage in Kabul und eine erhebliche und nachhaltige Verbesserung der Situation in den Provinzen Herat und Balkh ins Treffen geführt. Konkrete Ausführungen, welche Umstände sich seit dem Jahr 2011 bzw. insbesondere seit der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung Ende November 2017 gebessert haben, sind den Bescheiden nicht zu entnehmen. Aus den Länderfeststellungen geht vielmehr hervor, dass die UN wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil erklärt hätten. Die Anzahl ziviler und nichtziviler Opfer, die aufgrund gezielter Tötungen durch regierungsfeindliche Elemente zu Schaden gekommen seien, sei ähnlich jener aus dem Jahr 2016. Weiters sei eine steigende Anzahl der Angriffe gegen Glaubensstätten, religiöse Führer sowie Gläubige registriert worden.
Aus den vom Beschwerdeführer mit der Beschwerde vom 18.06.2019 ins Verfahren eingebrachten Anfragebeantwortungen der (beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingerichteten) Staatendokumentation zu Afghanistan betreffend die Sicherheitslage in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif im Zeitraum 2010-2018 vom 09.11.2018 geht unter anderem betreffend Opferstatistiken Folgendes hervor:
* Kabul: "Gemäß dem UCDP Georeferenced Event Dataset (UCDP GED) und GTD sind die Opferzahlen bei sicherheitsrelevanten Vorfällen in Kabul-Stadt im Untersuchungszeitraum gestiegen. So war die Anzahl der Todesopfer bei von UCDP erfassten Vorfällen im Jahr 2017 beinahe vier Mal so hoch wie im Jahr 2010, die Anzahl der als Zivilisten identifizierbaren Personen stieg um mehr als das achtfache. GTD erfasste im Jahr 2010 74 Todesopfer bei terroristischen Anschlägen, 2017 waren es mit 553 mehr als sieben Mal so viele. Die Anzahl der bei Anschlägen verletzten Personen stieg von 273 im Jahr 2010 auf 1.263 im Jahr 2017."
* Mazar-e Sharif: "Gemäß GTD lag die Anzahl der Todesopfer bei erfassten Vorfällen mit terroristischem Hintergrund in Mazar-e Sharif 2017 mit 271 Toten deutlich höher als in den übrigen Jahren. ACLED berichtet in diesem Jahr von 167 Todesopfern, allerdings bei einer abweichenden Definition des Begriffs ?sicherheitsrelevanter Vorfall' (siehe dazu Einzelquellen, Anm.). Die von GTD erfasste Anzahl an Personen, welche bei Terroranschlägen in Mazar-e Sharif verletzt wurden, war in den Jahren 2013 (156) und 2016 (154) am höchsten.
Bei den von UCDP erfassten Vorfällen blieb die Anzahl der Toten im gesamten Zeitraum im einstelligen Bereich - außer im Jahr 2015, in welchem sie 19 betrug."
* Herat: "Gemäß UCDP GED und GTD lag die Anzahl der Todesopfer bei erfassten sicherheitsrelevanten Vorfällen in Herat-Stadt 2017 höher als in den übrigen erfassten Jahren. Auffällig viele Verletzte gab es gemäß GTD bei Terroranschlägen in Herat-Stadt im Jahr 2015. In diesem Jahr wurden laut GTD über 400 Personen bei erfassten terroristischen Vorfällen verletzt. 2017 erreichte diese Zahl mit 105 Verletzten ebenfalls ein höheres Niveau als in den Jahren 2010-2014 bzw. 2016. ACLED erfasste 2017 89 Todesopfer bei sicherheitsrelevanten Vorfällen in Herat-Stadt; 2018 (bis einschließlich 6.10.) waren es 9."
In wirtschaftlicher Hinsicht ist den im Bescheid ins Treffen geführten Unterstützungsmöglichkeiten für Rückkehrer eine zunehmend schwierige Situation am Arbeitsmarkt sowie bei der Wohnraumbeschaffung gegenüberzustellen. Laut den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 habe sich die Zahl der 3,3 Millionen Afghanen, bezüglich derer Ende 2017 ein akuter Bedarf an humanitärer Hilfe für 2018 festgestellt worden sei, um weitere 8,7 Millionen Afghanen erhöht, deren chronische Bedürfnisse voraussichtlich langfristige, systemische Maßnahmen erfordern würden. Der vom Beschwerdeführer ins Verfahren eingebrachten ACCORD-Anfragebeantwortung betreffend die Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif aus dem Oktober 2018 ist etwa zu entnehmen, dass die Ernährungssicherheit in Balkh einschließlich Mazar-e Sharif krisenhaft sei und sich in der rauen/kalten Wintersaison wahrscheinlich weiter zuspitzen werde. Die Provinzhauptstädte Afghanistans würden inzwischen mehr als 54 Prozent der Binnenvertriebenen beherbergen, was den Druck auf überlastete Dienstleistungen, Infrastruktur und den Wettbewerb um Ressourcen zwischen ankommenden und aufnehmenden Gemeinschaften weiter verschärfen würde.
Eine grundlegende, nachhaltige Verbesserung der Umstände im Herkunftsstaat konnte daher bereits anhand der dem Bescheid zugrunde gelegten bzw. vom Beschwerdeführer ins Verfahren eingebrachten Länderberichte nicht festgestellt werden, wobei auch darauf hinzuweisen ist, dass UNHCR in den Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage zur Auffassung gelangt, dass eine interne Schutzalternative in der Stadt Kabul grundsätzlich nicht verfügbar ist.
Hinsichtlich einer Änderung der persönlichen Umstände des Beschwerdeführers, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, führte die belangte Behörde eine gewonnene Berufs- und Lebenserfahrung sowie die wieder in Nangarhar aufhältige Familie, von der er jedenfalls zumindest eine geringe Unterstützung erwarten könne, ins Treffen.
Hiezu ist zunächst festzuhalten, dass die in den Bescheiden vom 22.05.2019 und 22.07.2019 angeführte in Afghanistan und Pakistan erworbene Schulbildung und eine auf der Reise nach Österreich gesammelte Lebenserfahrung offenkundig nicht geeignet sind, eine Änderung der Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, darzulegen. Zu der in Österreich gewonnen Berufserfahrung ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bereits bei der letzten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung mehr als zwei Jahre lang im selben Beruf tätig war und sich das Bundesamt im Übrigen auch nicht damit auseinandergesetzt hat, ob bzw. in welchem Ausmaß dem Beschwerdeführer eine in Österreich erworbene Berufserfahrung als Versandbearbeiter in einer Bäckerei die Existenzgründung in einer afghanischen Großstadt erleichtert. Darüber hinaus verfügte der Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung des subsidiären Schutzes über mehrjährige Schulbildung sowie Berufserfahrung in der Landwirtschaft.
Auch aufgrund der nunmehr nach Afghanistan zurückgekehrten Familienangehörigen des Beschwerdeführers ist im Ergebnis nicht zu erkennen, dass sich die maßgeblichen Umstände entscheidend geändert hätten, zumal der Beschwerdeführer aufgrund der Lage in Afghanistan nicht in seine Heimatprovinz zurückkehren kann (wo sich die Angehörigen nun wieder aufhalten). Wie die belangte Behörde zu der Schlussfolgerung gelangt, dass der Beschwerdeführer von seiner Familie jedenfalls zumindest eine geringe Unterstützung erwarten könne, ist dem Bescheid nicht zu entnehmen, zumal anhand des festgestellten Sachverhaltes vielmehr davon auszugehen ist, dass die Lage der Verwandten des Beschwerdeführers "nicht so gut" ist und der Beschwerdeführer diese regelmäßig mit einem größeren Geldbetrag unterstützt.
Das Bundesamt hat auch nicht dargetan, dass die vom Beschwerdeführer angegebenen Ersparnisse aus seiner Erwerbstätigkeit im vorliegenden Fall eine entscheidungsrelevante Änderung seiner persönlichen Umstände darstellen, zumal auch in der rechtlichen Würdigung der Beschwerdevorentscheidung vom 22.07.2019 lediglich "angemerkt" wird, dass der Beschwerdeführer über beträchtliche Ersparnisse verfüge. Der Beschwerdeführer hat darauf hingewiesen, dass er diese Ersparnisse auch für die regelmäßige Unterstützung seiner Familie in Afghanistan verwendet, und darüber hinaus ändert dieser Umstand - vor dem Hintergrund der Erwägungen, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben - auch nichts daran, dass der Beschwerdeführer weiterhin alleine in eine afghanische Großstadt zurückkehren würde, mit deren örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten er nicht vertraut ist. Mit der Frage, ob allfällige Ersparnisse des Beschwerdeführers für sich betrachtet geeignet sind, ein tragfähiges soziales oder familiäres Netzwerk auch auf längere Sicht zu ersetzen, hat sich die belangte Behörde ebenfalls nicht auseinandergesetzt.
Unter Berücksichtigung der aktuellen Lage in Afghanistan und der langen Abwesenheit des Beschwerdeführers aus seinem Heimatland (vgl. in diesem Zusammenhang betreffend die Zumutbarkeit einer innerstaatliche Fluchtalternative: EASO, Country Guidance Afghanistan, Juni 2018; VwGH 28.08.2019, Ra 2018/14/0308, Rz 15) ist für das Bundesverwaltungsgericht daher im Ergebnis nicht zu erkennen, dass sich die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben.
Der Europäische Gerichtshof hat jüngst in seinem Urteil vom 23.05.2019, Bilali, C-720/17, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.12.2017, Ra 2016/20/0038, Folgendes ausgeführt:
"48 Bereits aus dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 ergibt sich somit, dass ein Kausalzusammenhang besteht zwischen der Änderung der Umstände nach Art. 16 dieser Richtlinie und der Unmöglichkeit für den Betroffenen, seinen Status des subsidiär Schutzberechtigten zu behalten, da seine ursprüngliche Furcht, einen ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15 der Richtlinie zu erleiden, nicht mehr begründet erscheint (vgl. entsprechend Urteil vom 2. März 2010, Salahadin Abdulla u. a., C-175/08, C-176/08, C-178/08 und C-179/08, EU:C:2010:105, Rn. 66).
49 Zwar ergibt sich eine solche Änderung im Allgemeinen daraus, dass sich die tatsächlichen Umstände im Drittland geändert haben und durch diese Änderung die Ursachen, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt haben, beseitigt worden sind, jedoch sieht zum einen Art. 16 der Richtlinie 2011/95 nicht ausdrücklich vor, dass sein Anwendungsbereich auf einen solchen Fall beschränkt ist, und zum anderen kann eine Änderung des Kenntnisstands des Aufnahmemitgliedstaats hinsichtlich der persönlichen Situation der betroffenen Person in gleicher Weise dazu führen, dass die ursprüngliche Befürchtung, dass Letztere einen ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15 dieser Richtlinie erleidet, im Licht der neuen Informationen, die diesem Mitgliedstaat zur Verfügung stehen, nicht mehr begründet erscheint.
50 Dies gilt jedoch nur, soweit die neuen Informationen, über die der Aufnahmemitgliedstaat verfügt, zu einer Änderung seines Kenntnisstands führen, die hinsichtlich der Frage, ob die betreffende Person die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus erfüllt, hinreichend bedeutsam und endgültig ist.
51 Somit ergibt sich aus Art. 16 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 im Licht der allgemeinen Systematik und der Zielsetzung dieser Richtlinie, dass der Aufnahmemitgliedstaat, wenn er über neue Informationen verfügt, die belegen, dass ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser, dem er subsidiären Schutz gewährt hat, entgegen seiner ursprünglichen, auf unzutreffende Tatsachen gestützten Beurteilung der Situation dieses Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen niemals einer tatsächlichen Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15 dieser Richtlinie zu erleiden, ausgesetzt war, daraus schließen muss, dass sich die der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus zugrunde liegenden Umstände in einer Weise verändert haben, dass die Aufrechterhaltung dieses Status nicht mehr gerechtfertigt ist.
52 Insoweit ändert der Umstand, dass der dem Aufnahmemitgliedstaat bei der Zuerkennung dieses Status unterlaufene Irrtum der betroffenen Person nicht zuzurechnen ist, nichts an der Feststellung, dass Letztere in Wirklichkeit niemals die Eigenschaft als "Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz" im Sinne von Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2011/95 besaß und daher die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus im Sinne von Art. 2 Buchst. g der Richtlinie niemals erfüllte."
Eine Änderung der Umstände im Sinne von Art. 16 StatusRL ist demzufolge nicht auf eine Änderung der tatsächlichen Umstände im Drittland beschränkt, sondern umfasst auch eine Änderung des Kenntnisstandes des Aufnahmemitgliedstaates, sofern diese hinsichtlich der Frage, ob die betreffende Person die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus erfüllt, hinreichend bedeutsam und endgültig ist (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).
Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus allerdings keine andere Beurteilung des Sachverhaltes, zumal sich auch der Kenntnisstand über die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht maßgeblich geändert hat.
Die Voraussetzungen für die amtswegige Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 liegen sohin gegenständlich nicht vor.
3.2.3. Der Beschwerde war daher stattzugeben und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben. Dem Beschwerdeführer kommt demzufolge weiterhin der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug den Herkunftsstaat Afghanistan zu.
3.2.4. Damit mangelt es den Spruchpunkten II. und IV. des angefochtenen Bescheides an einer rechtlichen Grundlage, weshalb diese (ebenfalls) ersatzlos aufzuheben waren.
3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:
3.3.1. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
3.3.2. Wie bereits oben festgehalten wurde, kommt dem Beschwerdeführer weiterhin der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug den Herkunftsstaat Afghanistan zu.
Der Beschwerdeführer hat auch seinen Antrag auf Verlängerung rechtzeitig vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt.
3.3.3. Dem Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung war daher stattzugeben.
3.4. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß 21 Abs. 7 BFA-VG in Verbindung mit § 24 Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 VwGVG entfallen.
3.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 1 befristete Aufenthaltsberechtigung Beschwerdevorentscheidung ersatzlose Teilbehebung EuGH Rückkehrsituation Sicherheitslage Verlängerung Versorgungslage wesentliche ÄnderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W118.1422302.3.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020