TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/14 W114 1416249-3

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Veröffentlicht am 14.11.2019
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Entscheidungsdatum

14.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §55

Spruch

W114 1416249-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom 12.09.2019, Zl. 13-800700508/190575875 - BMI-BFA_TIROL_RD, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. und VII. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben. Dem Antrag von XXXX vom 04.06.2019, die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter um zwei weitere Jahre zu verlängern, wird stattgegeben. Die Aufenthaltsberechtigung von XXXX als subsidiär Schutzberechtigter wird bis zum 20.07.2021 verlängert.

II. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben. Diese Spruchpunkte werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

A)

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF), ein afghanischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Moslem, stellte am 08.08.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Bei der am 09.08.2010 erfolgten Erstbefragung vor dem Landespolizeikommando für Wien gab der Beschwerdeführer an, am XXXX geboren zu sein. Seine Muttersprache sei Dari. Er stamme aus dem Dorf Pato, welches sich im Distrikt Jaghori, in der Provinz Ghazni, befinde. Er sei ledig sowie nie zur Schule gegangen und daher Analphabet. Er habe in Afghanistan drei Jahre als Hirte gearbeitet. Im Jahr 2007 habe er mit der Hilfe eines Schleppers Afghanistan verlassen und sei in den Iran geflüchtet. Er habe in Isfahan 3 Jahre als Mosaikhersteller gearbeitet. Sein Vater sei vor 8 Jahren von den Taliban verschleppt worden und sei seither verschollen. Seine Mutter und sein jüngerer Bruder befänden sich in seinem Heimatdorf in Afghanistan.

Er sei im Jahr 2010 vom Iran in die Türkei aufgebrochen und von dort schlepperunterstützt über Griechenland nach Österreich gereist.

Befragt nach seinen Fluchtgründen führte er aus, dass er im Jahr 2004 ein Waffenversteck an Taliban verraten habe. Die Taliban hätten das Waffenlager leergeräumt. Die Eigentümer des Waffenlagers hätten ihm mit seiner Ermordung gedroht, wenn er die verschwundenen Waffen nicht zurückbringen würde. Da ihm das nicht gelungen sei, sei er in den Iran geflüchtet.

3. Am 21.09.2010 bzw. am 27.10.2010 wurde der BF beim Bundesasylamt einvernommen.

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost, vom 27.10.2010, Aktenzahl: 1007005, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 5 Absatz 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Das Bundesasylamt vertrat die Auffassung, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz Griechenland zuständig sei. Der BF wurde aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen.

5. Der gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 13.12.2010, Zl. S21 416.249-I/2010-6E, stattgegeben und der Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.10.2010 behoben.

6. Am 02.03.2011 fand beim Bundesasylamt eine weitere Einvernahme des BF statt. In dieser Einvernahme wurden dem BF Feststellungen des Bundesasylamtes zur Lage in Afghanistan zum Parteiengehör vorgelegt bzw. dem BF erläutert.

7. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, vom 15.03.2011, Aktenzahl: 10 07.00 - BAI, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I) sowie die bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) abgewiesen und der BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

Begründet wurde dieser Bescheid damit, dass der vom BF vorgebrachte Fluchtgrund nicht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt habe festgestellt werden können. Der BF habe eine asylrelevante Verfolgungsgefahr in Afghanistan nicht glaubhaft machen können. Es würde in Afghanistan auch keine derartige Bedrohungslage vorliegen, die dazu führen würde, dass dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen sei.

8. Gegen diese Entscheidung erhob der BF, vertreten durch die XXXX , mit Schriftsatz vom 21.03.2011 Beschwerde.

Mit Schreiben vom 11.08.2011 zog der BF seine Beschwerde hinsichtlich der Versagung der Gewährung des Status eines Asylberechtigten zurück.

9. Ausgehend von einem vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) sowohl dem Beschwerdeführer als auch dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) (als Nachfolgerin des Bundesasylamtes) gewährten Parteiengehör zu Länderinformationen zu Afghanistan vom 17.06.2014, Zl. W224 1416249-2/7Z, wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 21.07.2014, GZ: W224 1416249-2/11E, der Beschwerde stattgegeben und dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt bzw. gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 20.07.2015 erteilt.

Begründend führte das BVwG aus, dass die Sicherheitslage in der Provinz Ghazni, dem Herkunftsgebiet des BF, so schlecht sei, dass er dorthin nicht zurückkehren könne. Der BF würde im Fall seiner Abschiebung - bezogen auf das gesamte Staatsgebiet - in eine ausweglose Lebenssituation geraten und Gefahr laufen, eine Verletzung seiner durch Art. 2 und 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Eine Wiederansiedelung des BF in Kabul oder einer anderen größeren Stadt sei dem BF ohne familiäre oder sonstige soziale Anknüpfungspunkte nicht zumutbar.

Gegen diese Entscheidung wurde vom BFA weder eine Beschwerde beim VfGH noch eine ordentliche bzw. außerordentliche Revision beim VwGH erhoben.

10. Über Antrag des Beschwerdeführers vom 01.06.2015 wurde ihm mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom 29.06.2015, Zahl: 13-800700508/1852749 (10 07.005- BAI), gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 20.07.2017 verlängert.

11. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom 05.07.2017, Zahl: 13-800700508/1852749 BMI-BFA_TIROL_AST, wurde dem BF auf Grund eines weiteren Verlängerungsantrages, der am 15.05.2017 im BFA einlangte, gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 20.07.2019 verlängert.

12. Am 04.06.2019 stellte der Beschwerdeführer abermals einen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.

13. Am 26.08.2019 wurde der Beschwerdeführer neuerlich vom BFA einvernommen. Dabei gestand der BF auch zu, mehrmals Familienangehörige, die sich in Pakistan befänden, besucht zu haben.

Dem BF wurde mitgeteilt, dass Herat und Mazar-e Sharif als sicher gelten würden und daher als innerstaatliche Fluchtalternative herangezogen werden könnten. Zusätzlich würden für Rückkehrer nach Afghanistan auch finanzielle Rückkehrhilfen zur Verfügung stehen. Das BFA gehe daher davon aus, dass deswegen die Voraussetzungen für eine weitere Gewährung von subsidiärem Schutz nicht mehr vorhanden wären.

Im Zuge dieser Einvernahme wurde dem BF vom BFA neuerlich Länderinformationsmaterial zu Afghanistan zugänglich gemacht und angeboten, dazu schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Aus dem unterfertigten Einvernahmeprotokoll kann nicht entnommen werden, dass dem BF erklärt wurde, was sich in Herat und Mazar-e Sharif zwischen dem Zeitpunkt, als ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten erstmals erteilt wurde, den Zeitpunkten, als dieser Status verlängert wurde und dem Zeitpunkt der Einvernahme vom 26.08.2019 derart gravierend geändert habe, dass das BFA nunmehr zur Auffassung gelange, dass die Voraussetzungen, die am 21.07.2014 zur Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten geführt hätten, nicht mehr vorliegen würden bzw. konkret, um welche gravierenden Änderungen auf Ebene des festgestellten Sachverhaltes es sich dabei handle.

14. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom 12.09.2019, Zahl: 13-800700508/190575875 BMI-BFA_TIROL_RD, wurde der dem BF mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.07.2014 zuerkannte Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und die mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.07.2017 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG gegen den BF erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise des BF wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.). Der vom BF gestellte Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vom 04.06.2019 wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt VII.).

Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass sich die Lage für Rückkehrer nach Afghanistan seit 21.07.2014 maßgeblich und nachhaltig verändert habe und dass eine Rückkehr nunmehr zumutbar sei.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 16.09.2019 zugestellt.

15. Gegen diese Entscheidung erhob der BF, vertreten durch die XXXX fristgerecht am 09.10.2019 Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass sich die relevanten Verhältnisse für Rückkehrer nach Afghanistan seit der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten am 21.07.2014, nicht maßgeblich und nachhaltig verändert hätten. Durch die Verwendung von veralteten Länderinformationen habe das BFA eine sorgfältige Auseinandersetzung mit den aktuellen Ereignissen in Afghanistan sowie mit der Situation im Falle einer Rückkehr unterlassen. Der Beschwerdeführer beantragte, den angefochtenen Bescheid zu beheben, ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten weiterhin zuzuerkennen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

16. Die Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens wurden dem BVwG mit Schreiben des BFA vom 10.10.2019 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung sowie Einvernahmen des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des Bundesasylamtes bzw. des BFA, als Nachfolgerin des Bundesasylamtes, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente und der Einsichtnahme in die Bezug habenden Unterlagen des Verwaltungsverfahrens, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister sowie das Grundversorgungs-Informationssystem und in das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 29.06.2018 mit Aktualisierungen und Ergänzungen hin bis zu einer Tagesaktualität werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zum Beschwerdeführer:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Moslem. Er stammt aus dem Dorf Pato, welches sich im Distrikt Jaghori, in der Provinz Ghazni, befindet.

Er ist strafrechtlich unbescholten.

Am 08.08.2010 hat der BF in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.07.2014, W224 1416249-2/11E, wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigtem bis zum 20.07.2015 erteilt.

Entscheidungserheblich für die Gewährung des subsidiären Schutzes war, dass die Sicherheitslage in der Provinz Ghazni so schlecht sei, dass der BF dorthin nicht zurückkehren könne. Zudem würde der BF im Fall seiner Abschiebung nach Afghanistan - bezogen auf das gesamte Staatsgebiet - in eine ausweglose Lebenssituation geraten und Gefahr laufen, eine Verletzung seiner durch Art. 2 und 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden, da nicht gesichert sei, dass der BF in Afghanistan noch Angehörige habe. Weiters - so damals das BVwG - sei eine Niederlassung des BF in Kabul oder einer anderen größeren Stadt mangels erforderlicher familiärer oder sonstiger Anknüpfungspunkte nicht zumutbar.

Gegen diese Entscheidung wurde vom BFA weder eine Beschwerde beim VfGH noch eine ordentliche bzw. außerordentliche Revision beim VwGH erhoben.

Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde zuerst mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Tirol, vom 29.06.2015, Zahl: 13-800700508/1852749 (10 07.005- BAI), bis zum 20.07.2017 und zuletzt mit Bescheid vom 05.07.2017, Zahl: 13-800700508/1852749 BMI-BFA_TIROL_AST, bis zum 20.07.2019 verlängert.

Am 26.08.2019 wurde der Beschwerdeführer vom BFA einvernommen. Dem BF wurde im Zuge dieser Einvernahme mitgeteilt, dass Herat und Mazar-e Sharif als sicher gelten würden und daher als innerstaatliche Fluchtalternativen berücksichtigt werden könnten. Aus dem unterfertigten Einvernahmeprotokoll kann nicht entnommen werden, dass dem BF erklärt wurde, was sich in Herat bzw. Mazar-e Sharif zwischen dem Zeitpunkt, als ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten erstmals erteilt wurde, den Zeitpunkten, als dieser Status vom BFA verlängert wurde und dem Zeitpunkt der Einvernahme vom 26.08.2019 derart gravierend geändert habe, dass das BFA nunmehr zur Auffassung gelange, dass die Voraussetzungen, die am 21.07.2014 zur Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten geführt hätten, nicht mehr vorliegen bzw. konkret, um welche gravierenden Änderungen auf Ebene des festgestellten Sachverhaltes es sich dabei handelt.

Im nunmehr angefochtene Bescheid des BFA, Regionaldirektion Tirol, vom 12.09.2019, Zl. 13-800700508/190575875 BMI-BFA_TIROL_RD, wurde der dem BF mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.07.2014 zuerkannte Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und die mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.07.2017 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG gegen den BF erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise des BF wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.). Der vom BF gestellte Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vom 04.06.2019 wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt VII.).

Entscheidungserheblich für die Aberkennung des subsidiären Schutzes war, dass sich - nach Auffassung des BFA - die Situation für Rückkehrer nach Afghanistan seit 21.07.2014 maßgeblich und nachhaltig verändert habe und dass inzwischen zwei innerstaatliche Fluchtalternativen, die Städte Herat und Mazar-e Sharif, zur Verfügung stehen würden und dem BF zumutbar sei, sich dort niederzulassen.

Das BFA hat nicht dargelegt bzw. festgestellt, wie sich die Situation in Herat bzw. in Mazar-e Sharif zwischen dem Zeitpunkt, als dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten erstmals erteilt wurde, den Zeitpunkten, als dieser Status verlängert wurde und dem Zeitpunkt der Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten, konkret derart gravierend geändert hat, dass die Voraussetzungen, die am 21.07.2014 zur Gewährung und am 05.07.2017 zur letzten Verlängerung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten geführt haben, nicht mehr vorliegen würden.

1.2. Auf der Grundlage von der Staatendokumentation des BFA herausgegebenen Länderinformationen zu Afghanistan vom 28.01.2014, vom 02.03.2017 und vom 29.06.2018, mit letzter Kurzinformation vom 04.06.2019 bis hin zur Tagesaktualität können zur Sicherheitslage in Mazar-e Sharif und Herat folgende Feststellungen betreffend die Situation zum 21.07.2014, zum 05.07.2017 und zum aktuellen Zeitpunkt getroffen werden:

1.2.1. Regionale Sicherheitslage in den Provinzen Balkh und Herat gemäß Länderinformationsblatt vom 28.01.2014, mit letzter Kurzinformation vom 09.07.2014

Zur Provinz Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen.

Der Gouverneur der Balkh Provinz, Mohammed Atta Noor, wird als möglicher Anwärter auf das Präsidentenamt gesehen (Reliefweb 26.05.2013).

Der Trend bezüglich der Sicherheitslage ging im ersten Quartal des Jahres 2013 in Richtung einer Verschärfung: Es wurden 30 Vorfälle registriert. Die Vorfälle haben sich damit in der Provinz Balkh im Vergleich zum selben Quartal des Vorjahres um 88 Prozent erhöht. (ANSO 4.2013). Allerdings berichteten Sicherheitsbeamte im Juli 2013 von einem starken Rückgang krimineller Aktivitäten (Bakhtar News 21.07.2013).

Im November 2013 wurden bei einem Selbstmordattentat in der Stadt Mazar-e Sharif auf den Vize-Gouverneur, der unverletzt blieb, mindestens zwei Zivilisten getötet, sowie vier weitere verletzt (Khaama 17.11.2013).

Zur Provinz Herat

Die Stadt Herat liegt an der iranisch-afghanischen Grenze und wird als eine der besser entwickelten und sichereren Städte Afghanistans angesehen (The Guardian 13.09.2013). Herat galt seit der Absetzung der Taliban durch die amerikanisch-geführten Kräfte als relativ friedlich (Al Jazeera 13.09.2013). Als eine der bestentwickelten und reichsten Provinzen Afghanistans, ist sie traditionell auch weniger von Gewalt betroffen (BBC 09.01.2013) Allerdings ist es den Taliban möglich, in den ländlichen Gegenden in der Umgebung zu operieren (BBC 13.09.2013).

Der Trend bezüglich der Sicherheitslage ging im ersten Quartal des Jahres 2013 in Richtung einer Verschärfung: Es wurden im ersten Quartal des Jahres 2013 81 Vorfälle registriert, damit haben sich die Vorfälle in der Provinz Herat im Vergleich zum Vorjahr um 103 Prozent erhöht (ANSO 4.2013).

1.2.2: Regionale Sicherheitslage in den Provinzen Balkh und Herat gemäß Länderinformationsblatt vom 02.03.2017, mit letzter Kurzinformation vom 27.06.2017

Zur Provinz Balkh:

Gewalt gegen Einzelpersonen

30

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

81

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

26

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

70

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

18

Andere Vorfälle

1

Insgesamt

226

Im Zeitraum 01.01. - 31.08.2015 wurden in der Provinz Balkh 226 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.01.2016).

Die zentral gelegene Provinz Balkh - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als einer der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans geschätzt (Xinhua 12.12.2016; DW 04.08.2016). Obwohl Balkh zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan zählt, versuchen dennoch bewaffnete Aufständische die Provinz zu destabilisieren. In den letzten Monaten kam es zu Vorfällen in Schlüsselbezirken der Provinz (Khaama Press 17.01.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Xinhua 11.11.2016; Xinhua 01.10.2016). Laut dem Gouverneur Noor würden Aufständische versuchen, in abgelegenen Gegenden Stützpunkte zu errichten (Khaama Press 30.03.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Khaama Press 30.03.2016; vgl. auch: Tolonews 26.05.2016; Tolonews 18.04.2016). In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt (Kabul Tribune 05.01.2017). Dabei hatten die Taliban Verluste zu verzeichnen (Khaama Press 14.12.2016; Tolonews 26.05.2016). Auf Veranlassung des Provinzgouverneur Atta Noor wurden auch in abgelegenen Gegenden großangelegte militärische Operationen durchgeführt (Khaama Press 17.01.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Khaama Press 07.03.2016).

Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegendsten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 08.07.2015). Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben (APPRO 1.2015)

High-profile Angriff:

Bei einem Angriff auf das deutsche Konsulat in Mazar-e Sharif sind am 10.11.2016 sechs Menschen getötet und fast 130 weitere verletzt worden (Die Zeit 20.11.2016). Nach Polizeiangaben attackierte am späten Abend ein Selbstmordattentäter mit seinem Auto das Gelände des deutschen Generalkonsulats in Mazar-e Sharif. Die Autobombe sei gegen 23:10 Uhr Ortszeit am Tor der diplomatischen Einrichtung explodiert, sagte der Sicherheitschef der Provinz Balkh. Bei den Toten soll es sich um Afghanen handeln. Alle deutschen Mitarbeiter des Generalkonsulats seien bei dem Angriff unversehrt geblieben (Die Zeit 10.11.2016). Das Gebäude selbst wurde in Teilen zerstört. Der überlebende Attentäter wurde dem Bericht zufolge wenige Stunden später von afghanischen Sicherheitskräften festgenommen (Die Zeit 20.11.2016).

Außerhalb von Mazar-e Sharif, in der Provinz Balkh, existiert ein Flüchtlingscamp - auch für Afghan/innen - die Schutz in der Provinz Balkh suchen. Mehr als 300 Familien haben dieses Camp zu ihrem temporären Heim gemacht (RFE/RL 08.07.2015).

Zur Provinz Herat

Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Sie ist auch ein Hauptkorridor menschlichen Schmuggels in den Iran - speziell was Kinder betrifft (Pajhwok 21.01.2017).

Gewalt gegen Einzelpersonen

95

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

197

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

41

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

144

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

15

Andere Vorfälle

4

Insgesamt

496

Im Zeitraum 01.09.2015 - 31.05.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 02.01.2017; vgl. auch: RFE/RL 06.10.2016; Press TV 30.07.2016; IWPR 14.06.2014). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 02.01.2017).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.01.2017; Khaama Press 15.01.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AAN 11.01.2017).

Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum fünften Mal in Herat abgehalten. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Botschafter/innen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 17.10.2016).

1.2.2.1. KI vom 22.06.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q2.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage):

High-profile Angriffe:

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.05.2017).

Herat:

Anfang Juni 2017 explodierte eine Bombe beim Haupteingang der historischen Moschee Jama Masjid; bei diesem Vorfall wurden mindestens 7 Menschen getötet und 15 weitere verletzt (Reuters 06.06.2017; vgl. auch: TMN 07.06.2017). Zu diesem Vorfall hat sich keine Terrrorgruppe bekannt (TMN 07.06.2017; vgl. auch: US News 12.06.2017). Sirajuddin Haqqani - stellvertretender Leiter der Taliban und Führer des Haqqani Netzwerkes - verlautbarte, die Taliban wären für diese Angriffe in Kabul und Herat nicht verantwortlich (WP 12.06.2017).

Mazar-e Sharif:

Auf der Militärbase Camp Shaheen in der nördlichen Stadt Mazar-e Sharif eröffnete Mitte Juni 2017 ein afghanischer Soldat das Feuer auf seine Kameraden und verletzte mindestens acht Soldaten (sieben US-amerikanische und einen afghanischen) (RFE/RL 17.06.2017).

Die Anzahl solcher "Insider-Angriffe" [Anm.: auch green-on-blue attack genannt] hat sich in den letzten Monaten erhöht. Unklar ist, ob die Angreifer abtrünnige Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte sind oder ob sie Eindringlinge sind, die Uniformen der afghanischen Armee tragen (RFE/RL 17.06.2017). Vor dem Vorfall im Camp Shaheen kam es dieses Jahr zu zwei weiteren registrierten Insider-Angriffen: der erste Vorfall dieses Jahres fand Mitte März auf einem Militärstützpunkt in Helmand statt: ein Offizier des afghanischen Militärs eröffnete das Feuer und verletzte drei US-amerikanische Soldaten (LWJ 11.06.2017; vgl. auch: al-Jazeera 11.06.2017).

1.2.2.2. Berichtszeitraum 18.11.2016 bis 14.02.2017:

High-profile Angriffe:

Nahe der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif in der afghanischen Nordprovinz Balkh, sind bei einem Angriff der Taliban auf eine Militärbasis mindestens 140 Soldaten getötet und mehr als 160 verwundet worden (FAZ 21.04.2017; vgl. auch: al-Jazeera 29.04.2017, Reuters 23.04.2017). Balkh gehört zu den eher sicheren Provinzen Afghanistans; dort ist die Kommandozentrale für den gesamten Norden des Landes (FAZ 21.04.2017). Dies war afghanischen Regierungskreisen zufolge, der bislang folgenschwerste Angriff auf einen Militärstützpunkt. Laut dem Sprecher der Taliban war der Angriff die Vergeltung für die Tötung mehrerer ranghoher Rebellenführer. Vier der Angreifer seien in die Armee eingeschleust worden. Sie hätten dort einige Zeit ihren Dienst verrichtet. Das wurde aber von der afghanischen Armee nicht bestätigt (Reuters 23.04.2017).

1.2.3: Regionale Sicherheitslage in den Provinzen Balkh und Herat gemäß Länderinformationsblatt vom 29.06.2018, mit letzter Kurzinformation vom 04.06.2019:

Zur Provinz Balkh:

Allgemeine Information zur Sicherheitslage:

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.03.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.01.2018; vgl. Khaama Press 20.08.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.03.2018; vgl. Khaama Press 16.01.2018). Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 07.03.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.04.2017; vgl. BBC 17.06.2017).

Im Zeitraum 01.01.2017-30.04.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

Bild kann nicht dargestellt werden

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert.

Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Balkh:

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.01.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.03.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.08.2017, Pajhwok 10.07.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.03.2018; vgl. PT 06.03.2018, Pajhwok 10.07.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.03.2018; vgl. Tolonews 07.03.2018, PT 06.03.2018, Tolonews 22.04.2017).

Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 07.03.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh:

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.01.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.08.2017).

Im Zeitraum 01.01.2017 - 15.07.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.07.2017 - 31.01.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.02.2018).

Zur Provinz Herat:

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage:

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.02.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.06.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.01.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.02.2018).

Im Zeitraum 01.01.2017-30.04.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

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Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat:

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.01.2017; Khaama Press 15.01.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.08.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.08.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.06.2017; vgl. AAN 11.01.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o.D.).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat:

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.02.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.06.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.02.2018; vgl. Gandhara 22.02.2018, IP 13.08.2017, NYT 05.08.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 01.08.2017; vgl. DW 01.08.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.03.2018; vgl. Tolonews 04.03.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.08.2017).

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).

ACLED registrierte für den Zeitraum 01.01.2017-15.07.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.02.2017).

1.2.3.1. KI vom 26.03.2019: Überflutungen und Dürre:

Nach schweren Regenfällen in 14 afghanischen Provinzen kamen mindestens 63 Menschen ums Leben. In den Provinzen Farah, Kandahar, Helmand, Herat, Kapisa, Parwan, Zabul und Kabul, wurden ca. 5.000 Häuser zerstört und 7.500 beschädigt (UN OCHA 19.03.2019). Dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN OCHA) zufolge waren mit Stand 19.03.2019 in der Provinz Herat die Distrikte Ghorvan, Zendejan, Pashtoon Zarghoon, Shindand, Guzarah und Baland Shahi betroffen (UN OCHA 19.03.2019). Die Überflutungen folgten einer im April 2018 begonnen Dürre, von der die Provinzen Badghis und Herat am meisten betroffen waren und von deren Folgen (z.B. Landflucht in die naheliegenden urbanen Zentren) sie es weiterhin sind. Gemäß einer Quelle wurden in den beiden Provinzen am 13.09.2018 ca. 266.000 IDPs vertrieben: Davon zogen 84.000 Personen nach Herat-Stadt und 94.945 nach Qala-e-Naw, wo sie sich in den Randgebieten oder in Notunterkünften innerhalb der Städte ansiedelten und auf humanitäre Hilfe angewiesen sind (IFRCRCS 17.03.2019).

Im Hinblick auf die Länderberichtssituation zur Sicherheitslage in den Provinzen Balkh und Herat ist festzustellen, dass sich diese in den beiden Provinzen seit dem Zeitpunkt, als dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten erstmals erteilt wurde, den Zeitpunkten als dieser Status verlängert wurde und dem Zeitpunkt der Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten, nicht maßgeblich verbessert haben.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt der dem BVwG vom BFA vorgelegten Unterlagen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren.

2.2. Die Feststellungen zum Beschwerdeführer stützen sich auf dessen gleichbleibende und glaubhaften Angaben, den im Verfahren zur GZ. S21 416.249 des Asylgerichtshofes und den im Verfahren zur GZ. W224 1416249-2 des BVwG getroffenen Feststellungen sowie einer Anfrage zum Strafregister des BF. Diese Feststellungen wurden von keiner Partei in Zweifel gezogen noch in Abrede gestellt.

2.3. Die Feststellungen hinsichtlich der fehlenden Darlegung bzw. Feststellung des BFA betreffend die behauptete maßgeblich verbesserte Situation in Herat bzw. in Mazar-e Sharif zwischen dem Zeitpunkt, als dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten erstmals erteilt wurde, den Zeitpunkten, als dieser Status verlängert wurde und dem Zeitpunkt der Aberkennung des Status des BF als subsidiär Schutzberechtigter, ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid des BFA. Eine entsprechende inhaltliche Auseinandersetzung mit den nunmehr vom BFA für innerstaatliche Fluchtalternativen auserkorenen Städten Herat und Mazar-e Sharif kann dieser Entscheidung nicht entnommen werden.

2.4. Die in der gegenständlichen Entscheidung getroffenen Feststellungen zu Afghanistan insbesondere zu den Städten Mazar-e Sharif und Herat zu den jeweiligen entscheidungserheblichen Zeitpunkten beziehen sich auf die Länderinformationsblätter der Staatendokumentation, vom 28.01.2014, vom 02.03.2017 und vom 29.06.2018 mit weiteren Aktualisierungen und den darin berücksichtigten Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt somit in gegenständlicher Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchteil A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. und VII. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention (in Folge EMRK genannt) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

3.1.2. Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

3.1.3. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

3.1.4. Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht (1. Fall) oder nicht mehr (2. Fall) vorliegen. Im gegenständlichen Fall stützt sich die belangte Behörde ausschließlich auf den zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005.

Im zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, in dem somit die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen, wird auf eine Änderung der Umstände abgestellt, die so wesentlich und nicht nur vorübergehend ist, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hatte, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

3.1.5. Zur richtlinienkonformen Interpretation:

Art. 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304 (in der Folge: Status-RL), über das Erlöschen des subsidiären Schutzes lauten:

"(1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.

(2) Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden."

Art. 19 Abs. 1 und 4 lauten:

"(1) Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Artikel 16 nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.

(4) Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Absätzen 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat."

Die Annahme einer grundlegenden politischen Veränderung im Herkunftsstaat setzt eine gewisse Konsolidierung der Verhältnisse voraus, für deren Beurteilung es in der Regel eines längeren Beobachtungszeitraumes bedarf (vgl. zu § 7 AsylG 1997: VwGH 16.02.2006, 2006/19/0030, mwH).

In Anlehnung an Artikel 16 der Status-Richtlinie bedarf es hier (§ 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005) einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland des Fremden. So ist es keineswegs ausreichend lediglich festzustellen, dass sich seit der ursprünglichen Antragstellung in Österreich die Gegebenheiten im Herkunftsstaat wesentlich gebessert haben und darauf basierend gegenwärtig keine reale Gefahr für den bislang subsidiär Schutzberechtigten besteht, im Falle seiner Abschiebung in dieses Land, Opfer einer Verletzung von Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder des 6. bzw. 13. ZPEMRK zu werden, respektive als Zivilperson ernsthaft am Leben oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht zu sein. Um die Voraussetzungen der Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 objektiv zu erfüllen, muss eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland des Fremden gewährleistet sein. Dies erfordert im Regelfall eine längere Beobachtungsphase, anhand deren Verlaufs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sich das nachhaltige Ende der bisherigen Bedrohungssituation entsprechend verifizieren lässt (Schrefler-König/Gruber, Asylrecht, § 9 AsylG 2005, Anm. 11).

Die Anwendung dieses Tatbestandes setzt voraus, dass die Bedrohung, die der Grund für die Erteilung war, nachträglich weggefallen ist. Unter Bedachtnahme auf Artikel 16 Abs. 2 der Status-Richtlinie ist davon auszugehen, dass es sich um grundlegende Veränderungen im Herkunftsstaat handeln muss und dass vom Wegfall der Bedrohung erst nach einem angemessenen Beobachtungszeitraum ausgegangen werden darf. Es gilt insofern dasselbe wie hinsichtlich der Asylaberkennung nach § 7 Abs. 1 Z 2 iVm Artikel 1 Abschnitt C Z 5 der Genfer Flüchtlingskonvention (Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, S. 327).

3.1.6. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 (vgl. Art. 16 Abs. 2 Status-RL) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht dargetan:

Im vorliegenden Fall hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass sich die Länderberichtssituation zur Sicherheits- und Versorgungslage in den Provinzen Balkh und Herat, insbesondere in den Städten Mazar-e Sharif und Herat, seit der mit Erkenntnis des BVwG vom 21.07.2014, GZ: W224 1416249-2/11E, erfolgten Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht maßgeblich geändert, jedenfalls nicht wesentlich verbessert hat.

3.1.7. Das Bundesverwaltungsgericht kommt somit zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte II. und VII. des angefochtenen Bescheides stattzugeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF für die Dauer von zwei weiteren Jahren bis zum 20.07.2021 zu verlängern war.

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Wie oben bereits dargelegt, hat sich an den wesentlichen Parametern, weswegen dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten erteilt wurde bzw. in weiterer Folge vom BFA auch verlängert wurde, nichts nachhaltig und wesentlich geändert. Dem BF wurde daher zu Unrecht der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt. Denklogische Konsequenz ist die Verlängerung des erteilten subsidiären Schutzes bzw. die ersatzlose Behebung der Spruchpunkte I., III., IV., V., und VI. des angefochtenen Bescheides.

3.2.2. Im Übrigen wird vom BVwG keineswegs verkannt, dass sich seine eigene Rechtsprechung zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz an gesunde, alleinstehende, erwachsene, männliche afghanische Staatsangehörigen auf Grund der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes seit dem Jahr 2016 geändert hat. Dies kann jedoch - wie oben erwähnt - nach Ansicht des erkennenden Gerichtes nicht dazu führen, dass ohne tatsächlich veränderter (iSv verbesserter) Länderberichtslage bzw. ohne maßgebliche Änderung der persönlichen Umstände des BF von nicht mehr vorliegenden Vorrausetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz iSd § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gesprochen werden kann.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts Anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall war die vom BFA behauptete maßgebliche Verbesserung der Situation in den Städten Herat und Mazar-e Sharif entscheidungsrelevant. Durch eine Gegenüberstellung der Länderinformationsblätter der Staatendokumentation, vom 28.01.2014, vom 02.03.2017 und vom 29.06.2018 konnte der relevante Sachverhalt amtswegig vom BVwG ermittelt werden. Den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs wurde entsprochen.

Nach Art. 47 Abs. 2 der Charta hat zwar jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Die in § 21 Abs. 7 BFA-VG vorgesehene Einschränkung der Verhandlungspflicht iSd des Art. 52 Abs. 1 der Charta ist nach Ansicht des BVwG allerdings zulässig, weil sie eben - wie in der Charta normiert - gesetzlich vorgesehen ist und den Wesensgehalt des in Art. 47 Abs. 2 der Charta verbürgten Rechts achtet. Die möglichst rasche Entscheidung über Asylanträge ist ein Ziel der Union, dem ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa Erwägungsgrund 18 der Richtlinie 2013/32/EU vom 26.06.2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes). Das Unterbleiben der Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt festgestellt werden kann, ohne dass der Entfall der mündlichen Erörterung zu einer Verminderung der Qualität der zu treffenden Entscheidung führt, trägt zur Erreichung dieses Zieles bei. Damit erfüllt die in § 21 Abs. 7 BFA-VG vorgesehene Einschränkung auch die im letzten Satz des Art. 52 Abs. 1 der Charta normierte Voraussetzung (vgl. dazu zur im Ergebnis inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG, nämlich § 41 Abs. 7 AsylG 2005, auch VfGH 27.09.2011, U 1339/11). Daher ist auch aus europarechtlicher Sicht eine Verhandlung im Asylverfahren nicht zwingend vorgesehen.

Zu Spruchteil B)

Zur Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und es an einer Rechtsprechung fehlt.

§ 27 VwGVG legt den zulässigen Prüfungsumfang für das Bundesverwaltungsgericht fest. Die Prüfbefugnis der Verwaltungsgerichte ist nicht unbegrenzt. Zur Sache des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht und dem äußersten Rahmen seiner Prüfbefugnis hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgeführt, dass es sich dabei jedenfalls nur um jene Angelegenheit handelt, die den Inhalt des Spruchs des Ausgangsbescheides gebildet hat (VwGH 08.05.2018, Ro 2018/08/0011-4; vgl. weiters VwGH 09.09.2015, Ro 2015/03/0031-0032).

Im vorliegenden Fall erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen einer angenommenen Änderung der Lage gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005 ab. Für das Bundesverwaltungsgericht ist damit "die Sache" im Sinne des § 27 VwGVG mit dem genannten Aberkennungstatbestand abgesteckt. Im Rahmen seiner verwaltungsgerichtlichen Kontrolle hatte das Bundesverwaltungsgericht damit nur zu überprüfen, ob sich die Lage für den Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 soweit geändert (verbessert) hat, dass ihm damit der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt werden kann. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts wäre "die Sache" - und damit seine Kognitionsbefugnis - überschritten, würde es das Vorliegen eines anderen Aberkennungstatbestandes prüfen, ohne dass die Verwaltungsbehörde in dieser Hinsicht tätig geworden wäre.

Aus Sicht des erkennenden Richters wäre es aber auch denkbar, die Ansicht zu vertreten, dass "die Sache" des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens die rechtliche Beurteilung der Frage wäre, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung der Status des subsidiär Schutzberechtigten generell - unbeschadet dessen, auf welchen Aberkennungsgrund sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stützt - vorliegen oder nicht.

Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Aberkennung eines Schutzstatus um ein amtswegiges Verfahren handelt; der Staat als hoheitliche Gewalt wird somit von sich aus tätig, um den einzelnen Rechtsunterworfenen ein ihm zukommendes Recht zu entziehen. In diesem Zusammenhang kann die Aufgabe der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung verwaltungsbehördlichen Handelns nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts doch nur darin bestehen, zu überprüfen, ob die Entziehung nach dem von der Behörde angenommenen Grund zu Recht erfolgte. Diesem Gedanken folgend wäre es problematisch bzw. nicht systemkonform, müsste sich das Verwaltungsgericht bei einem von der Behörde fälschlicherweise angenommenen Aberkennungs- bzw. Entzugstatbestand den "richtigen" (Ersatz-)Tatbestand heraussuchen und ein darauf bezogenes Ermittlungsverfahren führen.

Zur aufgezeigten Frage fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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