Entscheidungsdatum
19.11.2019Norm
AVG §13 Abs3Spruch
W120 2223107-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Eisner über die Beschwerde der XXXX , gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 8. Mai 2019, GZ 0001912324, Teilnehmernummer: XXXX , zu Recht:
A)
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
B)
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 5. Dezember 2018, 11 P 52/18a, wurde XXXX zum Erwachsenenvertreter ua im Bereich der "Vertretung vor Behörden und Sozialversicherungsträgern" für die Beschwerdeführerin bestellt.
2. Mit am 5. Februar 2019 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben beantragte die Beschwerdeführerin die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühr für Fernsehempfangseinrichtungen.
Dem Antrag beigelegt war eine Kostenübernahmeerklärung der Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark betreffend die Beschwerdeführerin.
3. Mit Schreiben vom 18. Februar 2019 übermittelte die belangte Behörde an die Beschwerdeführerin unter dem Titel "Antrag auf Befreiung - Nachreichung von Unterlagen" folgendes Schreiben:
"[...] Danke für Ihren Antrag vom [...] auf
* Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernsehempfangseinrichtungen
* Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radioempfangseinrichtungen
Für die weitere Bearbeitung, benötigen wir von Ihnen noch folgende Angaben bzw. Unterlagen:
* Kopie des Nachweises über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage (soziale Transferleistung der öffentlichen Hand).
* Nachweis über alle Bezüge des/der Antragsteller/in bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben.
Dies können beispielsweise sein - bitte immer in Kopie:
* bei Berufstätigen die aktuelle Lohnbestätigung oder der letzte Einkommenssteuerbescheid
* bei Pensionisten die aktuelle Bestätigung über Pensionsbezüge
* bei Auszubildenden die Bestätigung der Lehrlingsentschädigungen
* bei Schülern und Studenten die Bescheide über Schüler- und Studienbeihilfen sowie Angabe der sonstigen Zuwendungen (Unterhaltszahlungen der Eltern) und Einkünfte (geringfügige Beschäftigung)
* bei Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind, die Einheitswertbescheide
* sowie gegebenenfalls Bezüge von Alimenten bzw. sonstigen Unterhaltszahlungen
Aktuelles Einkommen von XXXX . Aktuelle Anspruchsgrundlage z.B: Rezeptgebührenbefreiung.
Wir bitten Sie, die noch fehlenden Unterlagen innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens nachzureichen.
[...]
Sollten uns bis zum Stichtag die benötigten Informationen und Unterlagen nicht vorliegen, müssen wir Ihren Antrag leider zurückweisen.
[...]
Bei Fragen in diesem Zusammenhang wenden Sie sich bitte direkt an unsere Abteilung ?Befreiung': [...]"
4. Hierauf wurden an die belangte Behörde keine weiteren Unterlagen übermittelt.
5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Mai 2019, adressiert und zugestellt an die Beschwerdeführerin, wies die belangte Behörde den vorliegenden Antrag der Beschwerdeführerin zurück.
6. Gegen diesen Bescheid erhob der Erwachsenenvertreter mit bei der belangten Behörde am 22. Mai 2019 eingelangtem Schreiben fristgerecht Beschwerde und führte darin insbesondere aus, dass er nie ein Aufforderungsschreiben der belangten Behörde erhalten habe.
Der Beschwerde beigelegt war ua eine Urkunde über die Bestellung von XXXX zum Erwachsenenvertreter der Beschwerdeführerin.
7. Die belangte Behörde legte die Akten betreffend das vorliegende Verfahren mit Schriftsatz vom 30. August 2019 dem Bundesverwaltungsgericht vor.
8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12. September 2019 wurde der Erwachsenenvertreter der Beschwerdeführerin aufgefordert bekanntzugeben, zu welchem Zeitpunkt der angefochtene Bescheid dem Erwachsenenvertreter "physisch" zugekommen sei.
9. Mit Schreiben vom 24. September 2019 teilte der Erwachsenenvertreter mit, dass er den angefochtenen Bescheid "frühestens" am 13. Mai 2019 erhalten habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus den unter I. angeführten Ausführungen.
2. Beweiswürdigung:
Diese Ausführungen gründen sich auf die angeführte Entscheidung und die Schriftsätze der Beschwerdeführerin, welche Teil der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakten sind.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Zu den für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen:
3.1.1. § 28 VwGVG ("Erkenntnisse"), BGBl. I Nr. 33/2013, regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
[...]"
3.1.2. Das Bundesgesetz betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz - RGG), BGBl. I Nr. 159/1999, lautet idF BGBl. I Nr. 70/2016 auszugsweise:
"Rundfunkgebühren
§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für
Radio-Empfangseinrichtungen ..................................0,36 Euro
Fernseh-Empfangseinrichtungen ...............................1,16 Euro
monatlich
[...]
(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.
[...]
Verfahren
§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.
(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970,, anzuwenden.
[...]"
3.1.3. Die §§ 47-51 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, in der Folge: FGO, lauten idF BGBl. I Nr. 70/2016:
"§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG), der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG) zu befreien:
1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;
2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;
3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,
4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,
5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,
6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,
7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.
(2) Über Antrag sind ferner zu befreien:
1. Von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernseh-Empfangseinrichtungen
a) Blindenheime, Blindenvereine,
b) Pflegeheime für hilflose Personen,
wenn der Rundfunk- oder Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.
2. Von der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen
a) Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen;
b) Heime für solche Personen,
wenn der Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.
(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 71/2003)
§ 48. (1) Die Zuerkennung einer Gebührenbefreiung an Personen nach § 47 ist jedoch dann unzulässig, wenn das Haushalts-Nettoeinkommen den für die Gewährung einer Ausgleichszulage für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt festgesetzten Richtsatz um mehr als 12% übersteigt.
(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 finden auf die nach § 47 Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. b anspruchsberechtigte Personengruppe keine Anwendung.
(3) Nettoeinkommen im Sinne des Abs. 1 ist die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge.
(4) Bei Ermittlung des Nettoeinkommens sind Leistungen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, Kriegsopferrenten, Heeresversorgungsrenten, Opferfürsorgerenten, Verbrechensopferrenten sowie Unfallrenten und das Pflegegeld nicht anzurechnen. Nicht anzurechnen sind außerdem die Einkünfte der am Standort einer zu pflegenden Person lebenden Pflegeperson, die aus den Einkünften anderer im Haushalt lebender Personen bestritten werden.
(5) Übersteigt das Nettoeinkommen die für eine Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze nach Abs. 1, kann der Befreiungswerber als abzugsfähige Ausgaben geltend machen:
1. den Hauptmietzins einschließlich der Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und anderer vergleichbarer mieterschützender Gesetze, wobei eine gewährte Mietzinsbeihilfe anzurechnen ist; besteht kein Rechtsverhältnis nach dem Mietrechtsgesetz, dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz oder anderen vergleichbaren mieterschützenden Gesetzen, so ist ein monatlicher Pauschalbetrag in der Höhe von 140,00 Euro als Wohnaufwand anzurechnen,
2. anerkannte außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34 und 35 des Einkommensteuergesetzes 1988, Ausgaben im Zusammenhang mit einer 24-Stunden-Betreuung können auch geltend gemacht werden, wenn der Bezug eines Zuschusses des Sozialministeriumservice zur Unterstützung der 24-Stunden Betreuung nachgewiesen wird.
§ 49. Eine Gebührenbefreiung setzt ferner voraus:
1. Der Antragsteller muss an dem Standort, für welchen er die Befreiung von der Rundfunkgebühr beantragt, seinen Hauptwohnsitz haben,
2. der Antragsteller muss volljährig sein,
3. der Antragsteller darf nicht von anderen Personen zur Erlangung der Gebührenbefreiung vorgeschoben sein,
4. eine Befreiung darf nur für die Wohnung des Antragstellers ausgesprochen werden. In Heimen oder Vereinen gemäß § 47 Abs. 2 eingerichtete Gemeinschaftsräume gelten für Zwecke der Befreiung als Wohnung.
§ 50. (1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar:
1. in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen,
2. im Falle der Gehörlosigkeit oder schweren Hörbehinderung durch eine ärztliche Bescheinigung oder durch einen vergleichbaren Nachweis über den Verlust des Gehörvermögens.
(2) Der Antragsteller hat anlässlich seines Antrages Angaben zum Namen, Vornamen und Geburtsdatum aller in seinem Haushalt lebenden Personen zu machen. Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist, sofern der Antragsteller und alle in seinem Haushalt lebenden Personen dem schriftlich zugestimmt haben, berechtigt, diese Angaben im Wege des ZMR auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, wobei die Anschrift als Auswahlkriterium vorgesehen werden kann.
(3) Die Finanzbehörden haben der GIS Gebühren Info Service GmbH bei Vorliegen der Zustimmung der Betroffenen über Anfrage die Einkommensverhältnisse des Antragstellers und aller mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen mitzuteilen; der Nachweis hat die Summe sämtlicher Einkünfte im Sinne von § 48 Abs. 3 zu umfassen. Unbeschadet des Vorliegens einer Zustimmung der Betroffenen dürfen Auskünfte über die Einkommensverhältnisse nur insoweit eingeholt und gegeben werden, als im Einzelfall berechtigte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit von Angaben des Antragstellers entstanden sind, die durch Befragung der Betroffenen voraussichtlich nicht ausgeräumt werden können.
(4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.
(5) Die GIS Gebühren Info Service GmbH kann die in Betracht kommenden Träger der Sozialversicherung um Auskunft über das Bestehen der für die Befreiung maßgeblichen Voraussetzungen ersuchen, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers bestehen; diese sind ihrerseits zur kostenfreien Auskunft verpflichtet.
(6) Die Gesellschaft darf die ermittelten Daten ausschließlich zum Zweck der Vollziehung dieses Bundesgesetzes verwenden; sie hat dafür Sorge zu tragen, dass die Daten nur im zulässigen Umfang verwendet werden und hat Vorkehrungen gegen Missbrauch zu treffen.
§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen.
(2) Die Gebührenbefreiung ist mit höchstens fünf Jahren zu befristen. Bei Festsetzen der Befristung ist insbesondere Bedacht auf die Art, die Dauer und den Überprüfungszeitraum der in § 47 genannten Anspruchsberechtigung zu nehmen.
(3) Der Wegfall der Voraussetzung für die Gebührenbefreiung ist der GIS Gebühren Info Service GmbH anzuzeigen. Die von den Rundfunkgebühren befreite Person oder Institution hat der GIS Gebühren Info Service GmbH jederzeit auf Verlangen Auskünfte zu den Umständen der Anspruchsberechtigung zu geben.
(4) Im Falle des Wegfalles auch nur einer der Voraussetzungen für eine Gebührenbefreiung hat die GIS Gebühren Info Service GmbH mittels Bescheid die Entziehung der Gebührenbefreiung rückwirkend mit jenem Zeitpunkt auszusprechen, an dem die Voraussetzung für die Gebührenbefreiung weggefallen ist. Im Falle der Verletzung der Auskunfts-, Vorlage- bzw. Meldepflichten des Abs. 3 hat die GIS Gebühren Info Service GmbH mittels Bescheid die Gebührenbefreiung zu entziehen."
3.2. Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückwies, ist Sache des Beschwerdever-fahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. speziell zur FGO VwGH 22.08.2018, Ra 2018/15/0004).
Es ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Antrags durch die belangte Behörde wegen Nichterbringung der gemäß § 50 FGO geforderten Nachweise zu Recht erfolgte.
Gemäß § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Eine Behörde darf nur dann nach § 13 Abs 3 AVG vorgehen, wenn das Anbringen einen "Mangel" aufweist, also von der Partei erkennbaren Anforderungen des Materiengesetzes an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweicht. Was unter einem Mangel schriftlicher Eingaben im Sinne des § 13 AVG zu verstehen ist, muss der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift entnommen werden. Als Mangel ist insbesondere das Fehlen von Belegen anzusehen, wenn die Partei aufgrund des Gesetzes erkennen konnte, welche Unterlagen erforderlich sind (vgl. VwGH 16.09.2009, 2008/05/0206).
§ 13 Abs 3 AVG gibt der Behörde nicht die uneingeschränkte Ermächtigung, unter allen Umständen alle Unterlagen, die einem Ansuchen nach dem Gesetz anzuschließen sind, zu verlangen, sondern erlaubt nur diejenigen anzufordern, die für die Entscheidung des Parteibegehrens notwendig sind (vgl. VwGH 28.05.2013, 2013/05/0008).
3.3. Für die Beschwerdeführerin war zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides ein Erwachsenenvertreter ua für die Vertretung vor Gerichten und Behörden bestellt.
Eine Bestellung zum Erwachsenenvertreter (früher Sachwalter) wirkt insofern konstitutiv, als ab ihrer Wirksamkeit die Prozessfähigkeit und Handlungsfähigkeit im dort umschriebenen Ausmaß keinesfalls mehr gegeben ist (vgl. VwGH 16.11.2012, 2012/02/0198).
Als Empfänger eines zuzustellenden Schriftstückes, der durch einen Erwachsenenvertreter vertreten ist, ist der gesetzliche Vertreter (somit der Erwachsenenvertreter) zu bezeichnen. Zustellungen an ihn persönlich sind ab der Bestellung des Erwachsenenvertreters unwirksam (vgl. LVwG NÖ 10.01.2019, LVwG-S-2716/001-2018).
Durch tatsächliches Zukommen des zuzustellenden Schriftstücks an den gesetzlichen Vertreter wird auch die unwirksame Zustellung an eine prozessunfähige Person geheilt (vgl.
Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz [2018] § 9 K26).
Die an die Beschwerdeführerin adressierte Zustellung des angefochtenen Bescheides war daher mangels deren Prozessfähigkeit rechtsunwirksam. Das persönlich zugestellte Originaldokument des angefochtenen Bescheides kam dem Erwachsenenvertreter jedoch tatsächlich ("körperlich") zu. Eine Heilung des durch die Zustellung an die Beschwerdeführerin bewirkten Zustellmangels (vgl. § 9 Abs 3 ZustG) ist daher im vorliegenden Fall eingetreten.
3.4. Im vorliegenden Fall stellte die Beschwerdeführerin selbst den verfahrensgegenständlichen Antrag; der Verbesserungsauftrag der belangten Behörde vom 18. Februar 2019 wurde nicht dem Erwachsenenvertreter der Beschwerdeführerin, sondern dieser selbst zugestellt.
Die mangelnde Genehmigung des von einem Prozessunfähigen eingebrachten Antrags durch den gesetzlichen Vertreter (zB Sachwalter, Eltern) kann im Wege eines Mängelbehebungs-verfahrens iSd § 13 Abs 3 AVG beseitigt werden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG [Stand 01.01.2014, rdb.at] § 9 Rz 6 ua mit Verweis auf VwGH 06.05.1996, 95/10/0195).
Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung ist zu überprüfen, ob, erstens der verfahrensgegenständliche Antrag in Hinblick auf das Vorliegen von Nachweisen sämtlicher Einkommen mangelhaft und insoweit der erteilte Verbesserungsauftrag erforderlich war; zweitens, ob der Verbesserungsauftrag den Anforderungen des § 13 Abs 3 AVG im Sinne der zitierten Judikatur entsprach; sowie drittens, ob der Verbesserungsauftrag von der Beschwerdeführerin nicht befolgt wurde. Erst wenn alle diese drei Prüfungsschritte zu bejahen sind, erweist sich die Zurückweisung als rechtsrichtig.
Schon vor dem Hintergrund, dass dem bei der belangten Behörde am 5. Februar 2019 eingelangten Antrag der Beschwerdeführerin lediglich eine Kostenübernahmeerklärung der Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark vom 12. November 2018 angeschlossen war, welcher insbesondere der Nachweis eines aktuellen Einkommensbezuges der Beschwerdeführerin nicht entnommen werden kann, steht für das Bundesverwaltungsgericht fest, dass sich der Verbesserungsauftrag der belangten Behörde als erforderlich erwies.
Der von der belangten Behörde erteilte Verbesserungsauftrag wurde jedoch der Beschwerdeführerin zugestellt und nicht ihrem Erwachsenenvertreter.
Der Verbesserungsauftrag ist gemäß § 13 Abs 3 AVG grundsätzlich dem Einschreiter zu erteilen (vgl. VwGH 25.04.2002, 2002/15/0026). Einschreiter ist derjenige, der das Anbringen bei der Behörde stellt. Als Einschreiter kommt ua der gesetzliche Vertreter eines prozessunfähigen Beteiligten in Betracht.
Mangelt es dem Adressaten einer Verfahrenshandlung (insbesondere eines Bescheides) in Bezug auf den Verfahrensgegenstand an der Rechts- und damit an der Parteifähigkeit, so geht die Verfahrenshandlung insofern ins Leere, als sie diesem Adressaten gegenüber keinerlei Rechtswirkungen entfaltet. Handelt es sich um ein Einparteienverfahren, so ist ein solcher "Bescheid" absolut nichtig. Das Gleiche gilt sinngemäß auch für den Fall, dass Verfahrenshandlungen von einem oder gegen einen Prozessunfähigen selbst gesetzt werden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG [Stand 01.01.2014, rdb.at] § 9 Rz 5 ua mit Verweis auf VwSlg 16.728 A/2005).
Folglich ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass der an die Beschwerdeführerin direkt zugestellte Mängelbehebungsauftrag ins Leere ging und ihr gegenüber daher keine Rechtswirkungen entfaltete.
Ungeachtet dessen wies die belangte Behörde den verfahrensgegenständlichen Antrag der Beschwerdeführerin mit der Begründung zurück, dass eine "Kopie des Nachweises über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage" und ein "Nachweis über alle Bezüge" nicht nachgereicht worden seien.
Folglich wurde von der belangten Behörde - abgesehen von der nicht eingeholten Genehmigung des Erwachsenenvertreters - der angefochtene Bescheid zu Unrecht erlassen.
3.5. Da die Zurückweisung des vorliegenden Antrages nicht zu Recht erfolgte, war der angefochtene Bescheid folglich aufzuheben.
Als Folge der Aufhebung des verfahrensgegenständlichen Bescheides tritt das Verfahren einerseits in den Zustand vor Bescheiderlassung zurück, andererseits ist der verfahrenseinleitende Antrag der Beschwerdeführerin (wieder) unerledigt.
Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden gemäß § 28 Abs 5 VwGVG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Die belangte Behörde wird sohin im weiteren Verfahren zu prüfen haben, ob in Hinblick auf die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühr im Sinne des § 47 Abs 1 FGO (weiterhin) vorliegen und wird in weiterer Folge über den Antrag neuerlich zu entscheiden haben.
3.6. Bei diesem Ergebnis konnte eine öffentlich mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Abschließend wird darauf aufmerksam gemacht:
Eine Gebührenbefreiung gemäß § 49 Z 1 FGO setzt voraus, dass der Antragsteller an dem Standort, für welchen er die Befreiung von der Rundfunkgebühr beantragt, seinen Hauptwohnsitz hat.
Zudem enthält die FGO für die Gewährung einer Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren eine Verpflichtung des Antragstellers, den Befreiungsgrund durch den Bezug einer sozialen Transferleistung öffentlicher Hand der in § 47 Abs 1 FGO genannten Leistungen nachzuweisen.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die Rechtslage ist eindeutig und die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2019:W120.2223107.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020