Entscheidungsdatum
25.11.2019Norm
BDG 1979 §50aSpruch
W129 2193746-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Hannes MAUTZ, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektorin Kärnten vom 22.02.2018, Zl. Pad/18/00244734/001/AA, betreffend Herabsetzung der Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979, zu Recht:
A)
1. Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.
2. Der Eventualantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 12.11.2017 ersuchte der Beschwerdeführer um Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit auf 20 Stunden gemäß § 50a BDG 1979 von 01.03.2018 bis 28.02.2019.
Mit Schreiben vom 13.02.2018 teilte die Landespolizeidirektion Kärnten mit, dass beabsichtigt werde, dem Antrag auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit wegen des Entgegenstehens wichtiger dienstlicher Interessen nicht statt zu geben.
Mit Stellungnahme vom 21.02.2018 wiederholte der Beschwerdeführer sein Ansuchen um Verlängerung der Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit auf 20 Stunden.
Mit Bescheid vom 22.02.2018 wurde das Ersuchen des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend angeführt wurde im Wesentlichen, dass dem Begehren des Beschwerdeführers (im Detail näher ausgeführte) wichtige dienstliche Interessen entgegenstünden.
Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde vom 26.03.2018 beantragte der Beschwerdeführer, dem Antrag auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit auf 20 Stunden nach § 50a BDG 1979 stattzugeben, beginnend mit 01.03.2018 für die Dauer von einem Jahr.
Mit Begleitschreiben vom 17.04.2018 erfolgte die Aktenvorlage an das Bundesverwaltungsgericht.
Mit Erledigung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.10.2019 wurde der Beschwerdeführer in Kenntnis gesetzt, dass der gegenständliche Beginnzeitpunkt bereits verstrichen wäre. Mit am 22.10.2019 eingegangener Stellungnahme bekräftigte der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung, seinen Antrag aufrecht zu erhalten. In eventu werde beantragt, dass das Bundesverwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides feststellen möge.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Polizeiinspektion Ferlach als Exekutivbeamter zur Dienstleistung zugewiesen.
Mit Schreiben vom 12.11.2017 ersuchte der Beschwerdeführer um Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit um 50% gemäß § 50a BDG 1979 von 01.03.2018 bis 28.02.2019.
Der Gegenstand des bekämpften Bescheides umfasst den Zeitraum von 01.03.2018 bis 28.02.2019.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und wurden nicht bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt mangels anderslautender Spezialnorm Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.2. Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seinen Entscheidungen vom 10.05.2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich) und vom 03.05.2007, Nr. 17.912 (Bösch/Österreich) unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt (VwGH 20.09.2012, Zl. 2007/07/0149), dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen (EGMR 13.03.2012, Nr. 13556/07, Efferl/Österreich, mwH). Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft (EGMR 18.07.2013, Nr. 56422/09, Schädler-Eberle/Liechtenstein, Rz 98).
Der Unterlassung der Verhandlung steht daher Art. 6 EMRK nicht entgegen, weil im gegenständlichen Verfahren die maßgeblichen Fakten nicht bestritten waren und es im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nur um Rechtsfragen ging. In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. zur Zulässigkeit des Absehens von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung bei klarer Sach- und Rechtslage zuletzt VwGH 19.02.2018, Ra 2017/12/0136-3). Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im vorliegenden Fall geklärt.
Zu A)
3.3. § 50a Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) BGBl. Nr. 333/1979 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2003 lautet:
Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus beliebigem Anlaß
§ 50a. (1) Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten kann auf seinen Antrag bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.
(2) Das Ausmaß der Herabsetzung ist so festzulegen, daß die verbleibende regelmäßige Wochendienstzeit ein ganzzahliges Stundenausmaß umfaßt. Das Ausmaß darf nicht weniger als 20 und nicht mehr als 39 Stunden betragen.
(3) Die Herabsetzung wird für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Übersteigen die gesamten Zeiträume einer solchen Herabsetzung für einen Beamten insgesamt zehn Jahre, bleibt das zuletzt gewährte Ausmaß der Herabsetzung ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner allfälligen Änderung gemäß § 50d Abs. 1 dauernd wirksam. Auf diese Obergrenze von zehn Jahren zählen auch Zeiten in früheren Dienstverhältnissen, in denen die Wochendienstzeit nach § 50a herabgesetzt war.
(4) Die regelmäßige Wochendienstzeit darf nicht herabgesetzt werden:
1. während einer Verwendung auf einem Arbeitsplatz an einer im Ausland gelegenen Dienststelle des Bundes;
2. während einer Entsendung nach § 1 des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), BGBl. I Nr. 38/1997, oder der unmittelbaren Vorbereitung einer solchen Entsendung;
3. in den übrigen Fällen, wenn der Beamte infolge der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus wichtigen dienstlichen Gründen weder im Rahmen seines bisherigen Arbeitsplatzes noch auf einem anderen seiner dienstrechtlichen Stellung zumindest entsprechenden Arbeitsplatz verwendet werden könnte.
3.4. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ausführt, ist eine ausdrückliche oder implizite Ermächtigung zu einer rückwirkenden Rechtsgestaltung dem § 50a BDG 1979 nicht zu entnehmen. Eine rückwirkende Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für Zeiträume, in denen ein Beamter bereits normal Dienst geleistet hat, erwiese sich daher als unzulässig (VwGH 01.07.2015, Ra 2015/12/0024).
3.5. Gemäß § 50a Abs. 3 BDG 1979 ist die Herabsetzung für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Der Bescheid sprach über den Zeitraum 01.03.2018 bis 28.02.2019 ab. Damit ist in eindeutiger Weise der zeitliche Rahmen der beantragten Herabsetzung und somit auch der Prüfungsumfang der Beschwerde gemäß § 27 VwGVG abgesteckt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu Verfahren über Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Bescheide festgehalten, dass - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfanges - als Sache eines solchen Verfahrens jedenfalls nur jene Angelegenheit anzusehen ist, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001 mwN).
3.6. Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Rechtsprechung aus, dass wenn in § 50a Abs. 1 BDG 1979 vom "Ausmaß" der Herabsetzung die Rede ist, damit freilich nicht nur der stundenmäßige Umfang der Reduktion der regelmäßigen Wochendienstzeit gemeint ist, sondern auch der Zeitraum der Herabsetzung, d.h. deren Dauer und zeitliche Lagerung. Ob der gewünschten Herabsetzung ein wichtiges dienstliches Interesse entgegensteht, kann nämlich nicht abstrakt beurteilt werden, sondern nur in Bezug auf den konkreten Zeitraum, für den die Herabsetzung beantragt wird. Aus der Antragsbedürftigkeit der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit ergibt sich, dass bereits der Antrag das begehrte Ausmaß der Herabsetzung konkret zu bezeichnen hat, d.h. sowohl den stundenmäßigen Umfang der Herabsetzung als auch den konkreten Zeitraum, für den diese gewährt werden soll (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0081). Demnach besteht keine Möglichkeit einen Antrag für die Dauer von einem Jahr zu stellen, ohne eine konkrete zeitliche Lagerung anzugeben. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich die Dienstbehörde bei der Beurteilung der dienstlichen Interessen auf rezente durchschnittliche Zahlen zu stützen hat, sodass bei der Bescheiderlassung die Zahlen festzustellen und darauf aufbauend die Prognose für den begehrten Herabsetzungszeitraum zu treffen wären (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0044).
Demnach ist im vorliegenden Fall Sache des Beschwerdeverfahrens der Bescheid über die Herabsetzung der Wochendienstzeit vom 01.03.2018 bis 28.02.2019.
Da nach der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über das eigentliche Begehren des Beschwerdeführers auf eine Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit ab 01.03.2018 bis 28.02.2019 nicht abgesprochen werden kann, weil eine rückwirkende Herabsetzung nicht möglich ist, wurde ein Wegfall der Zuständigkeit der Behörde bewirkt, weshalb der bekämpfte Bescheid ersatzlos zu beheben ist. Durch den bis zur Zustellung des gegenständlichen Erkenntnisses in Geltung gestandenen Bescheid wurde dem Recht auf eine meritorische Entscheidung über den zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch möglichen Antrag genüge getan. Da der Antrag im Zuge des Rechtsmittelverfahrens obsolet wurde, war dem Bescheid seine Grundlage entzogen und hatte eine separate Zurückweisung des Antrages nun nicht zu erfolgen.
Der Bescheid war daher ersatzlos zu beheben.
3.7. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit gewähren einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich, sondern - gegebenenfalls - nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (siehe etwa VwGH 31. 1. 2007, 2005/10/0205; zuletzt auch VwGH 5.11.2014, Ro 2014/10/0084, mit Verweis auf VwGH 28.11.2013, 2013/10/0084).
Aufgrund der ersatzlosen Behebung des Bescheides war der Eventualantrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides somit als unzulässig zurückzuweisen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vorliegenden Konstellation (einjähriger Antragszeitraum) fehlt. Zwar gibt es eindeutige (unter A. angeführte) Judikatur zum § 13 Abs. 8 AVG und der Sache eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowie zu § 50a BDG 1979, doch kann fallbezogen auch nicht verkannt werden, dass es in Fällen mit der vorliegenden Konstellation faktisch aufgrund des Zeitablaufs kaum möglich sein wird, einen Bescheid, der über eine einjährige Herabsetzung abspricht, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu bekämpfen. Andererseits würde die Zulässigkeit der Modifikation des Antrages im Beschwerdeverfahren - über den eigentlich begehrten Zeitraum hinaus - bedeuten, dass das Bundesverwaltungsgericht über diesen Antrag als erste und einzige Instanz zu entscheiden und das vollständige Ermittlungsverfahren zu tragen hätte, da für die Beurteilung der dienstlichen Interessen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die rezenten Zahlen (idR der letzten 17 Wochen unter Heranziehung des § 48a Abs. 3 BDG 1979) zugrunde zu legen sind. Die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.05.2017, Ra 2016/12/0076-5 zu einem ähnlichen Fall aufgeworfene Frage, ob eine inhaltliche Entscheidung in Frage kommt, war unter der hier getroffenen Prämisse der Gegenstandsänderung zu verneinen.
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes kann aus den soeben angeführten Gründen auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.04.2019, Zl. Ra 2019/12/0013, nicht zur vollständigen Lösung des gegenständlichen Falles, jedenfalls nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers, herangezogen werden. Dem durch die genannte Entscheidung des VwGH behobenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes lag ein auf zwei Jahre befristeter Antrag zu Grunde, dessen Beginnzeitpunkt zwar zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG bereits in der Vergangenheit lag, der Endzeitpunkt jedoch noch etwas mehr als ein Jahr in der Zukunft. Es bestand daher zum Zeitpunkt der damaligen Entscheidung des BVwG - im Unterschied zum gegenständlichen Beschwerdefall - die faktische Möglichkeit, über einen Zeitraum von zumindest einem Jahr abzusprechen, zumal dieser Zeitraum auch vom verfahrenseinleitenden Antrag umfasst war.
Schlagworte
Antragsänderung ersatzlose Behebung Eventualantrag Revision zulässig rückwirkende Herabsetzung Unzuständigkeit Wochendienstzeit Zeitraumbezogenheit ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W129.2193746.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020