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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerde der MT in Wien, geboren 1967, vertreten durch Dr. Günther Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Jänner 1996, Zl. 304.610/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Oktober 1995 wurde der gemäß § 7 Abs. 7 FrG so gewertete Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. August 1993 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 13 Abs. 1 AufG als unbegründet abgewiesen. Aus der Begründung dieses Bescheides geht hervor, daß die Beschwerdeführerin lediglich über einen Besucher-Einreisesichtvermerk der österreichischen Botschaft in Belgrad mit Gültigkeit vom 10. November bis 10. Dezember 1992 verfügt habe und sich seither nicht mehr rechtmäßig in Österreich aufhalte. Zur Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) käme daher nur mehr eine Erstantragstellung vor der Einreise vom Ausland aus in Betracht, was nicht geschehen sei.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und wies darauf hin, daß sie aufgrund des § 3 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995 (BGBl. Nr. 408/1995) zur Antragstellung vom Inland aus berechtigt sei. Sie verfüge über eine Arbeitserlaubnis für den Zeitraum vom 17. November 1994 bis 16. November 1996.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Jänner 1996 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG sowie § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen.
Die belangte Behörde stellte fest, daß der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nicht vor der Einreise der Beschwerdeführerin in das Bundesgebiet eingebracht worden sei und dieser Sachverhalt nicht bestritten werde. Im vorliegenden Fall falle die Beschwerdeführerin unter keine gesetzlich vorgesehene Ausnahmebestimmung hinsichtlich der Antragstellung. Darüber hinaus halte sie sich seit Ablauf ihrer Aufenthaltsberechtigung (10. Dezember 1992) unerlaubt im Bundesgebiet auf und habe ihren illegalen Aufenthalt auch nach Erhalt des abweislichen Bescheides der Behörde erster Instanz fortgesetzt. Daher sei der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht. Nennenswerte persönliche Interessen lägen nicht vor. Lediglich eine kurzfristige Versäumung der Frist zur rechtzeitigen Antragstellung gemäß § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG berechtigten den Fremden trotzdem zur Inlandsantragstellung, wenn er sich jahrelang bzw. seit seiner Geburt rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Die Versäumung sei bei der Beschwerdeführerin, auch unter Heranziehung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, als nicht kurzfristig anzusehen. Dies gelte auch im Hinblick darauf, daß sich die Beschwerdeführerin "nicht lange Zeit legal" im Bundesgebiet aufgehalten habe, weshalb ein hoher Integrationsgrad nicht anzunehmen sei. Im Hinblick darauf, daß eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG geboten sei und aufgrund des illegalen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG zum Tragen komme, sei die Inlandsantragstellung am 30. August 1993 ausgeschlossen. Die Ablehnung des Antrages der Beschwerdeführerin sei bezüglich des Art. 8 MRK verfassungskonform.
In der nach Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 13. März 1996 dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen und im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Sie stützt ihre Beschwerdeausfürungen darauf, daß sie aufgrund der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 zur Antragstellung vom Inland aus berechtigt sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat hierüber erwogen:
Im Hinblick auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 15. Jänner 1996 hatte die belangte Behörde das AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 anzuwenden. Die für die Beurteilung des Beschwerdefalles danach maßgebenden Bestimmungen lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 6.
...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 festgelegt ist. ...
§ 13.(1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.
2. ..."
§ 4 Z. 4 der von der belangten Behörde bereits anzuwendenden Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 (insofern gleichlautend mit § 3 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995) lautet:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
...
4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."
Nach den von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Feststellungen der Behörde erster Instanz, die sich mit den Angaben im Antrag decken, verfügte die Beschwerdeführerin im Jahr 1992 über einen Besucher-Einreisesichtvermerk für die Dauer von insgesamt einem Monat. Am 1. Juli 1993 (Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes) konnte die Beschwerdeführerin ihren Aufenthalt auf keinen aufrechten Aufenthaltstitel stützen. Schon aus diesem Grund konnte § 13 Abs. 1 erster Satz AufG auf die Beschwerdeführerin keine Anwendung finden und kam für sie eine Verlängerung dieser Berechtigung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligung geltenden Vorschriften nicht in Frage. Die belangte Behörde wertete den vorliegenden Antrag somit zu Recht als Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, für den die Vorschriften des § 6 Abs. 2 AufG gelten.
Gemäß § 6 Abs. 2 erster Satz AufG ist der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Nach dem u.a. aus den Gesetzesmaterialien erschließbaren Normzweck des § 6 Abs. 2 AufG wird für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung allerdings nicht nur vorausgesetzt, daß der Antrag vor der Einreise in das Bundesgebiet gestellt wird, sondern auch, daß die Entscheidung über den Antrag grundsätzlich vom Ausland aus abgewartet wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/1703, mwN). Das in § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierte Erfordernis, einen Bewilligungsantrag vom Ausland aus zu stellen, ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als bloße Formvorschrift zu werten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010), sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 95/19/0895).
Die Beschwerdeführerin bestreitet weder im Verwaltungsverfahren noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, daß sie den Antrag vom Inland aus gestellt hat. Sie beruft sich aber darauf, daß ihr gemäß der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 ein ausnahmsweises Recht zur Inlandsantragstellung zustünde. Die von der Beschwerdeführerin diesbezüglich angesprochene Bestimmung des § 3 Z. 3 der zitierten Verordnung ist inhaltsgleich mit § 4 Z. 4 der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde bereits anzuwendenden Verordnung
BGBl. Nr. 854/1995. Die Möglichkeit einer zulässigen Inlandsantragstellung ergibt sich jedoch für die Beschwerdeführerin deshalb nicht aus dieser Bestimmung , weil die Beschwerdeführerin nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte.
Mit Aufenthaltsbewilligung im Sinne der zitierten Verordnungsbestimmung ist die in § 1 Abs. 1 AufG beschriebene besondere Bewilligung gemeint. Diese - im AufG "Bewilligung" genannte - Berechtigung ist Gegenstand des Antrages nach § 6 Abs. 2 AufG. § 4 der Verordnung bezeichnet diesen als "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung". Die Verordnung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Begriff "Aufenthaltsbewilligung" im § 4 erster Satz etwas anderes bedeuten soll als jener in Z. 4 leg. cit. (vgl. das zu § 3 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 ergangene hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 95/19/0897).
Dem angefochtenen Bescheid ist somit keine inhaltliche Rechtswidrigkeit anzulasten, weil nach dem bisher Gesagten eine ausnahmsweise Antragstellung im Inland im Fall der Beschwerdeführerin ausschied und die Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 AufG zwingend die Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach sich zieht.
Auf den von der belangten Behörde weiters herangezogenen Abweisungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG und die dagegen erhobenen Beschwerdeausführungen war daher nicht näher einzugehen.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996190925.X00Im RIS seit
02.05.2001