TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/10 W101 2141368-1

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Veröffentlicht am 10.12.2019
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Entscheidungsdatum

10.12.2019

Norm

B-VG Art133 Abs4
EheG §55a
GEG §6a
GGG §1
GGG §12
GGG §2
GGG §9

Spruch

W101 2141368-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch RA Mag. Patrick THUN-HOHENSTEIN, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 10.10.2016, Zl. 100 Jv 76/16g-33, betreffend Gerichtsgebühren zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit elektronischer Eingabe vom 08.01.2016 übermittelte die Erstantragstellerin im betreffenden Grundverfahren dem Bezirksgericht Salzburg (in der Folge: BG) einen Schriftsatz betreffend eine einvernehmliche Scheidung ihrer Ehe mit dem Beschwerdeführer nach § 55a EheG.

In der darauffolgenden ersten Tagsatzung vom 20.01.2016 war der Antrag auf einvernehmliche Scheidung gemäß § 55a EheG von der Erstantragstellerin und dem Beschwerdeführer als Zweitantragsteller gemeinsam gestellt und deren Ehe daraufhin mit Beschluss vom selben Tag einvernehmlich geschieden worden. Gleichzeitig stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für das gegenständliche Scheidungsverfahren u.a. hinsichtlich der Befreiung von den Gerichtsgebühren, welchem das BG mit Beschluss vom selben Tag Folge gab.

2. Daraufhin schrieb die Kostenbeamtin des BG für den Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg (in der Folge: LG) mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 17.02.2016 dem Beschwerdeführer eine Pauschalgebühr nach TP 12 lit. a Z 2 GGG idF BGBl. I Nr. 156/2015 iHv ? 279,00, zuzüglich einer Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG iHv ? 8,00, insgesamt daher den Betrag von ? 287,00, zur Zahlung vor. Dieser Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) war dem Beschwerdeführer am 22.02.2016 rechtswirksam zugestellt worden.

3. Gegen den o.a. Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter fristgerecht eine Vorstellung.

Darin führte er im Wesentlichen Folgendes aus: Die Gebühr gemäß TP 12 lit. a Z 2 GGG idF BGBl. I Nr. 156/2015 iHv ? 279,00 entstehe gemäß § 2 Z 1 lit. h GGG mit Überreichung der ersten Eingabe. Der verfahrensleitende Antrag sei durch die Rechtsvertreterin der Erstantragstellerin am 08.01.2016 beim BG eingebracht worden. Die Rechtsvertreterin der Erstantragstellerin habe sich auf die bestellte Verfahrenshilfe berufen, sodass die Rechtsvertreterin nur die Erstantragstellerin rechtmäßig vertreten habe. Selbst wenn auf diesem Antrag auch der Beschwerdeführer als Zweitantragsteller mit einem namhaft gemachten (vorprozessualen) Rechtsvertreter angeführt sei, entfalte diese Ersteingabe für den Beschwerdeführer keinerlei Rechtswirkung, da es sich nicht um einen gemeinsamen Antrag gehandelt habe.

Am 20.01.2016 sei der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Rechtsvertreter erschienen, der sich erstmalig im Gerichtsverfahren auf die erteilte Bevollmächtigung berufen und sogleich die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von den Gerichtsgebühren beantragt habe. Unmittelbar danach sei die Bewilligung der Verfahrenshilfe mit Beschluss vom selben Tag auch noch schriftlich verfügt worden.

Gemäß § 9 GGG trete die Gebührenfreiheit aufgrund der bewilligten Verfahrenshilfe mit dem Tag ein, an dem sie beantragt worden sei. Sie erstrecke sich nur auf Schriften und Amtshandlungen, deren Gebührenpflicht zu diesem Zeitpunkt oder erst später entstehe. Werde einer Partei die Verfahrenshilfe aufgrund eines Antrages bewilligt, den sie anlässlich ihrer ersten Verfahrenshandlung gestellt habe, so erstrecke sich die Gebührenfreiheit auch auf das vorangegangene Verfahren. Die erste Verfahrenshandlung des Beschwerdeführers sei das Ersuchen zur Verhandlung am 20.01.2016, wobei er anlässlich dieser ersten Verfahrenshandlung sogleich einen Antrag auf Verfahrenshilfe gestellt und bewilligt erhalten habe. Ohne selbst im Rahmen der Ersteingabe eingeschritten zu sein, bleibe kein Raum, dem Vorstellungswerber Gebühren vorzuschreiben. Darüber hinaus habe er in der ersten Verfahrenshandlung den Verfahrenshilfeantrag gestellt, sodass sich die Gebührenfreiheit auch auf das vorangegangene Verfahren erstrecke. Der Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) sei daher zu beheben.

4. Mit Bescheid vom 10.10.2016, Zl. 100 Jv 76/16g-33, (zugestellt am 14.10.2016), verpflichtete der Präsident des LG den Beschwerdeführer zur Zahlung einer Pauschalgebühr nach TP 12 lit. a Z 2 GGG iHv ? 279,00, zuzüglich einer Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG iHv ? 8,00, insgesamt daher zur Zahlung eines Betrages iHv ? 287,00.

Begründend führte der Präsident des LG im Wesentlichen aus: Im gegenständlichen Fall sei für das Verfahren über die Scheidung einer Ehe nach § 55a EheG gemäß TP 12 lit. a Z 2 GGG für den Antrag auf einvernehmliche Scheidung eine Gebühr von ? 279,00 fällig, welche mit Überreichung des Antrages am 08.01.2016 entstanden sei, für die beide vertragschließende Parteien ohne Rücksicht auf entgegenstehende Abreden zahlungspflichtig seien. Da der Erstantragstellerin am 18.05.2016 zu 45 Nc 35/15i Verfahrenshilfe bewilligt worden sei, also vor Abgabe des Antrages auf einvernehmliche Scheidung gemäß § 55a EheG, und beide zur ungeteilten Hand für TP 12 lit. a Z 2 GGG zahlungspflichtig seien, sei in der gegenständlichen Familienrechtssache der Beschwerdeführer für diesen Betrag zahlungspflichtig, da mit Einbringung des Antrages auf einvernehmliche Scheidung die erste Verfahrenshandlung gesetzt und der Verfahrenshilfeantrag des Beschwerdeführers erst am 20.01.2016 gestellt worden sei. Entgegen der Vorstellung werde der Beschwerdeführer im Antrag auf einvernehmliche Scheidung nicht als beklagte Partei, sondern als Zweitantragsteller geführt. Zudem finde sich im Protokoll des BG vom 20.01.2016 kein Hinweis, dass es sich um keine einvernehmliche Scheidung handeln würde.

5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter am 08.11.2016 fristgerecht eine Beschwerde, wobei er im Wesentlichen die Ausführungen der Vorstellung wiederholte und ergänzend Folgendes anführte: Der gegenständliche Antrag auf einvernehmliche Scheidung sei von der Erstantragstellerin durch deren Rechtsvertreterin eingebracht worden. Der Beschwerdeführer sei zu diesem Zeitpunkt noch unvertreten gewesen. Daher entfalte dieser Antrag keinerlei Rechtswirkungen für den Beschwerdeführer, da es sich um keinen gemeinsamen Antrag handeln würde.

Die erste Verfahrenshandlung des Beschwerdeführers sei das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung am 20.01.2016 gewesen. Anlässlich dieser ersten Verfahrenshandlung habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verfahrenshilfe gestellt und sei diese am selben Tag mit Beschluss bewilligt worden. Dem Beschwerdeführer, der im Rahmen der Ersteingabe nicht selbst eingeschritten sei, könne - aufgrund der bewilligten Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung der Gerichtsgebühren - keine Gebühr rechtens vorgeschrieben werden. Die Gebührenfreiheit erstrecke sich somit auch auf das vorangegangene von der Erstantragstellerin eingeleitete Verfahren.

Schließlich beantragte der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

6. In der Folge legte der Präsident des LG mit Schreiben vom 30.11.2016 die Beschwerde samt dem dazugehörenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

7. Mit Schreiben vom 22.10.2019 forderte das Bundesverwaltungsgericht das BG dazu auf, den Beschluss über die Bewilligung der Verfahrenshilfe vom 20.01.2016 in Kopie vorzulegen. Diesem Auftrag leistete das BG mit dem am 04.11.2019 vorgelegten Beschluss Folge.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die gesetzlich vorgesehene gemeinsame Antragstellung der Erstantragstellerin und des Beschwerdeführers als Zweitantragsteller auf einvernehmliche Scheidung nach § 55a EheG erfolgte in der mündlichen Tagsatzung am 20.01.2016.

Der Beschwerdeführer hat im Rahmen dieser Tagsatzung am 20.01.2016 auch den Antrag auf Verfahrenshilfe zur einstweiligen Befreiung der Gerichtsgebühren gestellt, welcher mit Beschluss des BG vom selben Tag für das gesamte einvernehmliche Scheidungsverfahren bewilligt wurde.

Maßgebend ist, dass der Beschwerdeführer als Zweitantragsteller für den Zeitpunkt der gemeinsamen Antragstellung auf einvernehmliche Scheidung nach § 55a EheG gebührenbefreit war.

2. Beweiswürdigung:

Die obigen Feststellungen ergeben sich aus dem von der Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere aus dem Beschluss über die bewilligte Verfahrenshilfe vom 20.01.2016, Zl. 45 Fam 1/16k - 7.

Da die gemeinsame Antragstellung auf einvernehmliche Scheidung nach § 55a EheG am 20.01.2016 erfolgt ist, lag zu diesem Zeitpunkt für den Beschwerdeführer aufgrund seines am selben Tag gestellten (und bewilligten) Verfahrenshilfeantrages Gebührenfreiheit vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2.2. Gemäß § 1 Abs. 1 GGG unterliegt den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren im Sinne dieses Bundesgesetzes die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben sowie die Führung der öffentlichen Bücher, Urkundensammlungen sowie einsichtsfähigen Register nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.

Gemäß § 2 Z 1 lit. h GGG wird der Anspruch des Bundes hinsichtlich der Pauschalgebühren für die in der Tarifpost 12 lit. a bis c, f und j angeführten außerstreitigen Verfahren mit der Überreichung der ersten Eingabe begründet.

TP 12 GGG legt Pauschalgebühren für sonstige Geschäfte des außerstreitigen Verfahrens fest. In lit. a Z 2 normiert TP 12 GGG in der damals maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 156/2015 eine Pauschalgebühr für Verfahren über die Scheidung einer Ehe nach § 55a Ehegesetz iHv ? 279,00.

§ 55a Ehegesetz idF BGBl. I Nr. 15/2013 (EheG) lautet:

"Einvernehmen

§ 55a. (1) Ist die eheliche Lebensgemeinschaft der Ehegatten seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben, gestehen beide die unheilbare Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses zu und besteht zwischen ihnen Einvernehmen über die Scheidung, so können sie die Scheidung gemeinsam begehren.

(2) Die Ehe darf nur geschieden werden, wenn die Ehegatten eine schriftliche Vereinbarung über die Betreuung ihrer Kinder oder die Obsorge, die Ausübung des Rechtes auf persönliche Kontakte und die Unterhaltspflicht hinsichtlich ihrer gemeinsamen Kinder sowie ihre unterhaltsrechtlichen Beziehungen und die gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zueinander für den Fall der Scheidung vor Gericht schließen."

(3) Einer Vereinbarung nach Abs. 2 bedarf es nicht, soweit über diese Gegenstände bereits eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vorliegt. Daß die für eine solche Vereinbarung allenfalls erforderliche gerichtliche Genehmigung noch nicht vorliegt, ist für den Ausspruch der Scheidung nicht zu beachten."

Wird gemäß § 9 Abs. 1 GGG die Verfahrenshilfe bewilligt, so tritt die Gebührenfreiheit mit dem Tag ein, an dem sie beantragt worden ist; sie erstreckt sich nur auf Schriften und Amtshandlungen, deren Gebührenpflicht zu diesem Zeitpunkt oder erst später entsteht (§ 2). Wird einer Partei die Verfahrenshilfe auf Grund eines Antrages bewilligt, den sie anläßlich ihrer ersten Verfahrenshandlung gestellt hat, so erstreckt sich die Gebührenfreiheit auch auf das vorangegangene Verfahren.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. gilt die Gebührenfreiheit auf Grund der Verfahrenshilfe nur für das Verfahren, für das sie bewilligt wurde, einschließlich des Rechtsmittelverfahrens und des Exekutionsverfahrens, solange keine Änderung an der Gewährung der Verfahrenshilfe eintritt. Die Gebührenfreiheit im Exekutionsverfahren gilt auch für die sich im Laufe und aus Anlass des Exekutionsverfahrens ergebenden Streitigkeiten.

Gemäß § 12 Abs. 1 GGG kommt die persönliche Gebührenfreiheit (§§ 8 und 10) nur der Partei, der sie durch Bewilligung der Verfahrenshilfe oder durch das Gesetz gewährt wird, und ihrem Bevollmächtigten sowie ihrem gesetzlichen Vertreter zu und geht auf die Rechtsnachfolger nicht über.

Wird nach Abs. 2 leg. cit. eine gebührenpflichtige Eingabe gemeinschaftlich von einer oder mehreren gebührenpflichtigen und gebührenbefreiten Personen eingebracht, so hat die gebührenpflichtige Partei den vollen Gebührenbetrag zu entrichten. Das gleiche gilt für Abschriften (Kopien, Ablichtungen, Auszüge und Ausdrucke), Amtsbestätigungen (Zeugnisse), Registerauskünfte Grundbuchs-, Firmenbuch- und Schiffsregisterauszüge und für Beglaubigungen, die auf gemeinsames Ansuchen gebührenpflichtiger und gebührenbefreiter Personen ausgefertigt werden, weiters für die Gebühren für sonstige Amtshandlungen, an denen gebührenpflichtige und gebührenbefreite Parteien teilnehmen, sofern die Amtshandlung durch gemeinschaftliches Ansuchen dieser Parteien veranlaßt wurde oder sie zur ungeteilten Hand zahlungspflichtig sind (§ 7 Abs. 4).

Nach ständiger Rechtsprechung knüpft die Gerichtsgebührenpflicht bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme hievon geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden (vgl. etwa VwGH 24.09.2009, Zl. 2009/16/0034, sowie die in Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren12, unter E 12 und 13 zu § 1 GGG wiedergegebene Rechtsprechung). Es geht auch nicht an, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen (vgl. die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren, in E 6 ff zu § 1 GGG zitierte Judikatur) (VwGH 10.04.2008, Zl. 2007/16/0228).

3.2.3. Im vorliegenden Fall war zu klären, ob die von der Behörde vorgeschriebene Pauschalgebühr nach TP 12 lit. a Z 2 GGG idF BGBl. I Nr. 156/2015 iHv ? 279,00 für den Antrag auf einvernehmliche Scheidung gemäß § 55a EheG dem Beschwerdeführer zu Recht vorgeschrieben wurde.

Nach Ansicht der belangten Behörde war bei der Einbringung des Antrages auf einvernehmliche Scheidung nach § 55a EheG am 08.01.2016 für den Beschwerdeführer noch keine Verfahrenshilfe beantragt und bewilligt worden.

Diese Ansicht erweist sich aus folgenden Gründen als verfehlt:

Gemäß § 55a Abs. 1 EheG ist für die Scheidung im Einvernehmen eine gemeinsame Antragstellung erforderlich. Wie oben festgestellt, ist diese gemeinsame Antragstellung in der mündlichen Tagsatzung am 20.01.2016 erfolgt. Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer im Rahmen dieser Tagsatzung auch den Antrag auf Verfahrenshilfe für das gesamte einvernehmliche Scheidungsverfahren gestellt (und bewilligt bekommen). Gemäß § 9 Abs. 1 GGG lag daher für den am 20.01.2016 gestellten Antrag auch für den Beschwerdeführer Gebührenfreiheit vor.

Aufgrund dieser Gebührenfreiheit ist die Vorschreibung der im Bescheid angeführten Pauschalgebühr nach TP 12 lit. a Z 2 GGG idF BGBl. I Nr. 156/2015 iHv ? 279,00 sowie der Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG iHv ? 8,00, insgesamt daher die Vorschreibung eines Betrages iHv ? 287,00, zu Unrecht erfolgt.

Da dem angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG anhaftet, war der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG Folge zu geben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

3.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte trotz eines entsprechenden Antrages in der Beschwerde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist). Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Antragstellung einvernehmliche Scheidung Gebührenbefreiung Gerichtsgebühren Pauschalgebühren Verfahrenshilfe Zeitpunkt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W101.2141368.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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