Entscheidungsdatum
13.12.2019Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W204 2225329-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER als Vorsitzende sowie den Richter Dr. Stefan KEZNICKL als Beisitzer und die Richterin Dr. Birgit HAVRANEK als Beisitzerin über die Beschwerde des XXXX , gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 27.09.2017, Zl. FMA-UL0001.100/0069-LAW/2017, in einem Verfahren nach dem Kapitalmarktgesetz zu Recht erkannt:
A)
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde, welche sich nur gegen die Strafhöhe richtet, dahingehend Folge gegeben, als die von der FMA verhängte Strafe auf EUR 1.100,- herabgesetzt wird. Die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von 14 (in Worten: vierzehn) Stunden wird hingegen bestätigt.
II. Der Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens vor der belangten Behörde wird gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit EUR 110,- neu bestimmt, das sind 10% der nunmehr verhängten Geldstrafe.
III. Die beschwerdeführende Partei hat gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu tragen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Das angefochtene Straferkenntnis vom 27.09.2017, zugestellt am 02.10.2019, richtet sich gegen XXXX (im Folgenden: BF) und enthält folgenden Spruch:
"Sie betreiben als Medieninhaber zumindest seit dem 22.12.2015 die Homepage XXXX unter der Firma " XXXX ". In dieser Funktion haben Sie folgende Verstöße in Hinblick auf die von 22.12.2015 bis 14.01.2018 in Form eines öffentlichen Angebots via XXXX und von 10.12.2015 bis 31.12.2018 in Form eines öffentlichen Angebots via XXXX zur Zeichnung gestandenen, qualifizierten Nachrangdarlehen der XXXX GmbH zu verantworten:
I. Auf der Website XXXX (ON 04, ON 04a und ON 12, welche einen integrierenden Bestandteil dieses Straferkenntnisses bilden) wurde im Zeitraum von 22.12.2015 bis 14.01.2018 wider den Vorschriften des § 4 Abs 2 und Abs 3 KMG für die qualifizierten Nachrangdarlehen der XXXX GmbH geworben.
a. Es fand sich kein Hinweis auf den Prospekt über das öffentliche Angebot der qualifizierten Nachrangdarlehen der XXXX GmbH vom 10.12.2015 gemäß § 4 Abs 2 KMG.
b. Aufgrund der fehlenden Hinweise zur qualifizierten Nachrangigkeit sowie aufgrund falscher Aussagen auf der Homepage zur "Risikolosigkeit", wie etwa "sehr hohe Sicherheit für die Anleger", "Zur kurzfristigen Veranlagung bei der XXXX , einer sehr sicheren Veranlagung [...]" oder "Das einzige Risiko eines Pfandleihauses ist: Die Falschbewertung der Sachgüter (= des Kredit-Pfandes). Dieses Risiko wird in der Praxis jedoch auf beinahe Null reduziert", war die o.g. Werbung zur Irreführung geeignet. Tatsächlich enthielt die angeführte Website keinen entsprechenden Risikohinweis.
II. Im PDF-Flugblatt "Mein Gratisurlaub" (ON 06, welche einen integrierenden Bestandteil dieses Straferkenntnisses bildet) zum qualifizierten Nachrangdarlehen, welches von 08.03.2016 bis 14.01.2018 über XXXX zum Abruf bereit stand, wurde wider den Vorschriften des § 4 Abs 2 sowie Abs 3 KMG für die qualifizierten Nachrangdarlehen der XXXX GmbH geworben.
a. Es fand sich kein Hinweis auf den Prospekt über das öffentliche Angebot der qualifizierten Nachrangdarlehen der XXXX GmbH vom 10.12.2015 gemäß § 4 Abs 2 KMG.
b. Aufgrund der fehlenden Hinweise zur qualifizierten Nachrangigkeit sowie aufgrund falscher Aussagen auf der Homepage zur "Risikolosigkeit", wie etwa "Ihr Geld hat für Sie erfolgreicher als am traditionellen Sparbuch gearbeitet", war die o.g. Werbung zur Irreführung geeignet. Tatsächlich enthielt das angeführte PDF-Flugblatt keinen entsprechenden Risikohinweis.
III. Im PDF-Flugblatt "Fallbeispiel" (ON 07, welche einen integrierenden Bestandteil dieses Straferkenntnisses bildet) zum qualifizierten Nachrangdarlehen, welches von 08.03.2016 bis 14.01.2018 über XXXX zum Abruf bereit stand, wurde wider den Vorschriften des § 4 Abs 2 sowie Abs 3 KMG für die qualifizierten Nachrangdarlehen der XXXX GmbH geworben.
a. Es fand sich kein Hinweis auf den Prospekt über das öffentliche Angebot der qualifizierten Nachrangdarlehen der XXXX GmbH vom 10.12.2015 gemäß § 4 Abs 2 KMG.
b. Aufgrund der fehlenden Hinweise zur qualifizierten Nachrangigkeit sowie aufgrund falscher Aussagen auf der Homepage zur "Risikolosigkeit", wie etwa "Unternehmerisches Risiko für das Pfandhaus? Keines!" oder "sehr hohe[r] Sicherheit für die Anleger", war die o.g. Werbung zur Irreführung geeignet. Tatsächlich enthielt das angeführte PDF-Flugblatt keinen entsprechenden Risikohinweis.
IV. Im PDF-Flugblatt "Servicefolder" (ON 09, welche einen integrierenden Bestandteil dieses Straferkenntnisses bildet) zum qualifizierten Nachrangdarlehen, welches von 24.03.2017 bis 14.01.2018 über XXXX zum Abruf bereit stand, wurde wider den Vorschriften des § 4 Abs 2 sowie Abs 3 KMG für die qualifizierten Nachrangdarlehen der XXXX GmbH geworben.
a. Es fand sich kein Hinweis auf den Prospekt über das öffentliche Angebot der qualifizierten Nachrangdarlehen der XXXX GmbH vom 10.12.2015 gemäß § 4 Abs 2 KMG.
b. Aufgrund der fehlenden Hinweise zur qualifizierten Nachrangigkeit sowie aufgrund falscher Aussagen auf der Homepage zur "Risikolosigkeit", wie etwa "Krisensichere, sehr kurzfristige Kapitalanlage" oder "Gelder arbeiten im sicheren Pfandleihgeschäft", war die o.g. Werbung zur Irreführung geeignet. Tatsächlich enthielt das angeführte PDF-Flugblatt keinen entsprechenden Risikohinweis.
V. Im PDF-Flugblatt "Kurzinfo" (ON 08, welche einen integrierenden Bestandteil dieses Straferkenntnisses bildet) zum qualifizierten Nachrangdarlehen, welches von 24.03.2017 bis 14.01.2018 über XXXX zum Abruf bereit stand, wurde wider den Vorschriften des § 4 Abs 2 sowie Abs 3 KMG für die qualifizierten Nachrangdarlehen der GoLending AT GmbH geworben.
a. Es fand sich kein Hinweis auf den Prospekt über das öffentliche Angebot der qualifizierten Nachrangdarlehen der XXXX GmbH vom 10.12.2015 gemäß § 4 Abs 2 KMG.
b. Aufgrund der fehlenden Hinweise zur qualifizierten Nachrangigkeit sowie aufgrund falscher Aussagen auf der Homepage zur "Risikolosigkeit", wie etwa "Krisensichere, sehr kurzfristige Kapitalanlage" oder "Gelder arbeiten im sicheren Pfandleihgeschäft", war die o.g. Werbung zur Irreführung geeignet. Tatsächlich enthielt das angeführte PDF-Flugblatt keinen entsprechenden Risikohinweis.
VI. Im von der XXXX GmbH zur Verfügung gestellten Werbefolder (ON 10, welche einen integrierenden Bestandteil dieses Straferkenntnisses bildet), welcher von 01.10.2017 bis 14.01.2018 über XXXX zum Abruf bereit stand, wurde wider den Vorschriften des § 4 Abs 3 KMG für die qualifizierten Nachrangdarlehen der XXXX GmbH geworben.
Aufgrund des nicht hinreichenden Hinweises zur qualifizierten Nachrangigkeit sowie aufgrund der falschen Aussagen zur "Risikolosigkeit", wie etwa "Keine Kursschwankungen", war die o.g. Werbung zur Irreführung geeignet. Tatsächlich enthielt der Werbefolder keinen entsprechenden Risikohinweis.
VII. Im von der XXXX GmbH zur Verfügung gestellten Werbefolder (ON 11, welche einen integrierenden Bestandteil dieses Straferkenntnisses bildet), welcher von 01.10.2017 bis 14.01.2018 über XXXX zum Abruf bereit stand, wurde wider den Vorschriften des § 4 Abs 3 KMG für die qualifizierten Nachrangdarlehen der XXXX GmbH geworben.
Aufgrund des nicht hinreichenden Hinweises zur qualifizierten Nachrangigkeit sowie aufgrund der falschen Aussagen zur "Risikolosigkeit", wie etwa "Keine Kursschwankungen", war die o.g. Werbung zur Irreführung geeignet. Tatsächlich enthielt der Werbefolder keinen entsprechenden Risikohinweis.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
Ad I.a., II. a., III. a., IV.a., V.a.:
§ 4 Abs 2 KMG, BGBl Nr. 625/1991 idF BGBl I Nr. 78/2005 iVm § 16 Z 3 KMG, BGBl Nr. 625/1991 idF BGBl I Nr. 107/2017.
Ad I.b., II. b., III. b., IV.b., V.b., VI., VII.:
§ 4 Abs 3 KMG, BGBl Nr. 625/1991 idF BGBl I Nr. 78/2005 iVm § 16 Z 3 KMG, BGBl Nr. 625/1991 idF BGBl I Nr. 107/2017.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
Freiheitsstrafe von
Gemäß § 16 Z 3 KMG, BGBl. 625/1991 idF BGBl. I Nr. 107/2017.
5.000 Euro
14 Stunden
----
Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
--
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
* 500 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);
* 0 Euro als Ersatz der Barauslagen für ---.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
5.500 Euro."-
I.2. Dagegen erhob der BF mit Schriftsatz vom 02.10.2019, bei der Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden: FMA) am 04.10.2019 eingelangt, Beschwerde und beantragte die "Aufhebung dieser Strafe bzw. zumindest eine Reduktion auf maximal Euro 1.000,00 + anteilige Verwaltungskosten, also in Summe 1.100,00 Euro."
Begründend führte er im Wesentlichen aus, eine Behauptung des Geschäftsführers der XXXX in dessen Rechtfertigung sei nicht zutreffend. Gegen diesen werde zudem ein Verfahren wegen des Verdachts des Betrugs geführt, in dem auch der BF als Zeuge einvernommen worden sei.
Der BF sei in Hinblick auf eine Beendigung dieser Angelegenheit bereit, den im Antrag genannten Betrag als "Anerkenntnis eines Fehlverhaltens" umgehend zu bezahlen.
I.3. Am 13.11.2019 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
I.4. Am 10.12.2019 übermittelte die FMA eine bei ihr eingebrachte Beschwerdeergänzung des BF, in der er ausführte, dass ihm inzwischen klar sei, dass er in Unkenntnis der genauen Rechtslage falsch gehandelt habe. Auch wenn die XXXX in vollem Umfang über seine Aktivitäten informiert gewesen sei, erkenne er hier sein eigenes Fehlverhalten. Er habe jedoch nicht mit Vorsatz gehandelt, weswegen er die verhängte Strafe grundsätzlich für ungerechtfertigt halte, so wäre eine Verwarnung eher angemessen gewesen, auf jeden Fall sei diese in Summe zu hoch. Dazu legte er weiter dar, dass er derzeit mit existenziellen Herausforderungen zu kämpfen habe und ihm von mehreren Behörden Ratenzahlungen gestattet worden seien beziehungsweise ihm die Beträge gestundet worden seien und er in einem zivilgerichtlichen Verfahren überdies Verfahrenshilfe erhalten habe.
Zudem führte er aus, dass er "auf jeden Fall" auf eine Verhandlung verzichte.
I.5. Mit Schreiben vom 11.12.2019 teilte die FMA mit, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu verzichten und verwies darauf, dass sich gesetzliche Obligationen (zB Steuern, Sozialversicherungsbeiträge) sowie diesen wirtschaftlich gleichkommende Aufwendungen Selbständiger (private Kranken- und Altersversorgung) bereits bei der Ermittlung des Nettoeinkommens auswirkten und daher durch das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen des Abspruches über die Beschwerde zu berücksichtigen seien.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Verfahrensgegenstand:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichts (Bezugnahme durch OZ) und in den zugrundeliegenden Akt der belangten Behörde (Bezugnahme durch ON).
Wie aus dem Antrag in der Beschwerde und seinen Ausführungen in der Beschwerdeergänzung deutlich wird, bekämpft der BF lediglich die Strafhöhe. Weder in der Beschwerde noch in der Beschwerdeergänzung bekämpft er die objektive oder subjektive Verwirklichung des ihm vorgeworfenen Delikts. Die in der Beschwerde kritisierten Ausführungen der FMA sind nicht Teil des entscheidungswesentlichen Sachverhalts, betreffen vielmehr ein anderes Verfahren und sind insofern für die Lösung der Schuldfrage unbeachtlich. Der Schuldspruch aus dem bekämpften Straferkenntnis ist daher bereits in Rechtskraft erwachsen.
Damit ist die Schuldfrage nicht länger Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Es war daher lediglich die noch offene Frage der Strafbemessung in Behandlung zu ziehen.
II.2. Feststellungen zur Bemessung der Strafe:
Beim BF handelt es sich um einen selbständigen Wirtschafts-, Vorsorge- und Existenz-Sicherungs-Berater. Bei Verwirklichung des Tatbilds hat der BF nicht vorsätzlich gehandelt. Der BF zeigte sich im gesamten Verfahren kooperativ und einsichtig, so hat er die verfahrensgegenständlichen Informationen nach Erstattung der Rechtfertigung an die FMA von seiner Homepage entfernt.
Dem BF wurde aufgrund seiner finanziellen Lage in einem zivilgerichtlichen Verfahren Verfahrenshilfe durch kostenlose Beigebung eines Rechtsanwalts gewährt. Der BF hat dieses Verfahren verloren. Die noch offenen gegnerischen Anwaltskosten in Höhe von EUR 8.813,- begleicht der BF seit 15.03.2019 mit monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von EUR 500,-.
Vom Finanzamt wurde ihm zur Begleichung seiner Abgabenschulden in Höhe von EUR 10.578,07 eine Zahlungserleichterung in Form von Ratenzahlungen bewilligt, wobei er am 15.05.2019 und am 16.08.2019 jeweils eine Rate in Höhe von EUR 1.875,-, am 17.06.2019, am 15.07.2019, am 16.09.2019 und am 15.10.2019 jeweils eine Rate in Höhe von EUR 1.500,- und am 15.11.2019 eine Rate in Höhe von EUR 828,07 zu zahlen hatte.
Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft hat dem BF den ursprünglich am 30.11.2019 fälligen Betrag in Höhe von EUR 5.814,84 bis zum 31.12.2019 gestundet.
II.3. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie aus dem Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts und sind mangels Bestreitung der Parteien nicht strittig.
Dass es sich beim BF um einen selbständigen Wirtschafts-, Vorsorge- und Existenz-Sicherungs-Berater handelt, ergibt sich aus seinem Auftreten während des Beschwerdeverfahrens und aus seinem Internetauftritt.
Dass der BF die verfahrensgegenständlichen Informationen nach Erstattung der Rechtfertigung von seiner Homepage entfernt hat, hat bereits die FMA festgestellt. Bereits die FMA hat daher zu Recht den Schluss gezogen, dass sich der BF während des gesamten Verfahrens kooperativ und einsichtig zeigte. Diese Feststellung wird auch durch seine Ausführungen in der Beschwerde und in der Beschwerdeergänzung noch einmal bestätigt, in der er explizit ein Fehlverhalten seinerseits anerkannte. Dass er nicht vorsätzlich handelte, nahm ebenfalls bereits die FMA im angefochtenen Straferkenntnis an.
Die FMA konnte mangels Angaben des BF keine Feststellungen zur Einkommens- und Vermögenslage des BF treffen. In der Beschwerdeergänzung hat der BF diese Informationen nunmehr nachgelegt. Es ist aufgrund der im gesamten Verfahren bestehenden Kooperationsbereitschaft kein Grund ersichtlich, warum diesen Angaben nicht gefolgt werden sollte, zumal er diese teils auch durch unbedenkliche Dokumente, an deren Echtheit und Richtigkeit kein vernünftiger Grund zu zweifeln besteht, belegen konnte. Auch die FMA tritt diesen Ausführungen des BF nicht entgegen.
II.4. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 22 Abs. 2a FMABG, BGBl I 97/2001 idF BGBl I 149/2017, entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der FMA das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, ausgenommen in Verwaltungsstrafsachen, wenn weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 600,-- Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Es liegt daher aufgrund der verhängten Strafhöhe gegenständlich Senatszuständigkeit vor.
Wird in einer Beschwerde nur der Ausspruch über die Strafe bekämpft, ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur die Frage der Strafbemessung. Hinsichtlich der Frage der Strafbarkeit ist diesfalls Teilrechtskraft eingetreten. Für die Beurteilung der Frage, ob in einer gegen ein Straferkenntnis gerichteten Beschwerde ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe angefochten wird, kommt es auf den Inhalt dieser Beschwerde in ihrer Gesamtheit an. Maßgebend ist, ob bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgegangen werden kann, dass der Beschuldigte auch den Schuldspruch bekämpft hat (VwGH 27.10.2014, Ra 2014/02/0053).
Aus dem Inhalt der verfahrensgegenständlichen Beschwerde und der Beschwerdeergänzung des BF ergibt sich bei objektiver Betrachtungsweise eindeutig, dass nur das Ausmaß der verhängten Strafe angefochten wird. Das ergibt sich neben dem von ihm gestellten Antrag vor allem auch daraus, dass er die entscheidungswesentlichen Feststellungen der FMA nicht bekämpft, sondern vielmehr sein Fehlverhalten anerkennt.
II.4.1. Maßgebliche Rechtsnormen:
II.4.1.1. Rechtslage bis zum 20.07.2019 und damit im Tatzeitraum:
§ 4 Abs. 2, 3 KMG, BGBl. Nr. 625/1991 idF BGBl Nr. 78/2005, lauteten:
"(2) In allen Werbeanzeigen ist darauf hinzuweisen, dass ein Prospekt samt allfälligen ändernden oder ergänzenden Angaben veröffentlicht wurde oder zur Veröffentlichung ansteht und wo die Anleger ihn erhalten können.
(3) Werbeanzeigen müssen als solche klar erkennbar sein. Die darin enthaltenen Angaben dürfen nicht unrichtig oder irreführend sein. Diese Angaben dürfen darüber hinaus nicht im Widerspruch zu den Angaben stehen, die der Prospekt und die allfälligen ändernden oder ergänzenden Angaben enthalten, falls die Genannten bereits veröffentlicht sind, oder zu den Angaben, die im Prospekt enthalten sein müssen, falls dieser erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht wird."
§ 16 Z 3 KMG, BGBl. Nr. 625/1991 idF BGBl. I Nr. 107/2017 lautete:
"Wer im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder Veranlagungen, das nach diesem Bundesgesetz prospektpflichtig ist, oder im Zusammenhang mit der Zulassung zum geregelten Markt § 46 BörseG 2018),
3. entgegen der Vorschrift des § 4 wirbt;
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit einer Geldstrafe von bis zu 100.000 Euro zu bestrafen."
II.4.1.2. Rechtslage ab dem 21.07.2019:
§ 4 Abs. 2, 3 KMG 2019, BGBl. I Nr. 62/2019 lauten:
"(2) In allen Werbeanzeigen ist darauf hinzuweisen, dass ein Prospekt samt allfälligen ändernden oder ergänzenden Angaben veröffentlicht wurde oder zur Veröffentlichung ansteht und wo die Anleger ihn erhalten können.
(3) Werbeanzeigen müssen als solche klar erkennbar sein. Die darin enthaltenen Angaben dürfen nicht unrichtig oder irreführend sein. Diese Angaben dürfen darüber hinaus nicht im Widerspruch zu den Angaben stehen, die der Prospekt und die allfälligen ändernden oder ergänzenden Angaben enthalten, falls diese Angaben bereits veröffentlicht sind, oder zu den Angaben, die im Prospekt enthalten sein müssen, falls dieser erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht wird."
§ 10 Abs. 1 Z 3 KMG 2019, BGBl. I Nr. 62/2019 lautet:
"Wer im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot von Veranlagungen, das nach diesem Bundesgesetz prospektpflichtig ist,
3. entgegen der Vorschrift des § 4 wirbt;
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit einer Geldstrafe von bis zu 100.000 Euro zu bestrafen."
II.4.1.3. Günstigkeitsvergleich:
Gemäß § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre.
Da sich weder die materielle Rechtslage noch die Strafhöhe geändert hat, hat die FMA zu Recht das zur Zeit der Tat geltende Recht angewandt.
II.4.2. Zu A) - Strafbemessung:
Nach § 22 Abs. 8 FMABG ist, wenn - wie hier - durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen wurden oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, eine einzige Verwaltungsstrafe zu verhängen.
Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschwerdeführers sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (§ 19 Abs. 2 VStG).
Wichtig ist, dass im Verwaltungsstrafrecht, anders als im gerichtlichen Strafrecht, Grundlage für die Strafbemessung nicht primär das Verschulden ist, sondern der objektive Unrechtsgehalt der Tat (vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 19 Rz 7).
Dabei war nun zu berücksichtigen, dass die im öffentlichen Interesse gelegenen Aufsichtsziele der FMA, nämlich die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes sowie der Schutz der Anleger, durch die Übertretungen nicht nur geringfügig beeinträchtigt wurden. Die Einhaltung der Bestimmungen hinsichtlich der Werbung im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot von Veranlagungen ist für das reibungslose Funktionieren am Kapitalmarkt sowie die Gewährleistung einer effektiven Information des Kapitalmarkts und eines wirksamen Schutzes der Interessen der Anleger unerlässlich. Da der BF weiterhin gewerblicher Vermögensberater (§ 136a GewO 1994) sowie Versicherungsagent (§ 94 Z 76 GewO 1994) ist, ist die Verhängung der Strafe zur Abhaltung weiterer Verstöße gegen die relevanten Bestimmungen im KMG erforderlich. Eine von ihm angestrebte Ermahnung ist dagegen nicht ausreichend.
Mildernd waren beim BF, wie bereits von der FMA festgehalten, die Unbescholtenheit sowie die Kooperationsbereitschaft des BF heranzuziehen. Demgegenüber hat die FMA erschwerend zu Recht die großteils langen Tatzeiträume berücksichtigt. Weitere Milderungs- oder Erschwerungsgründe wurden vom BF nicht vorgebracht und sind auch aus dem Verfahrensakt nicht ersichtlich.
Die von der FMA verhängte Strafe erweist sich daher grundsätzlich als tat- und schuldangemessen. Die FMA ist dabei allerdings mangels anderer Angaben des BF über seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ausgegangen. Wie der BF im Beschwerdeverfahren nunmehr jedoch darlegen konnte, trifft diese Annahme der FMA gerade nicht zu. Vielmehr konnte der BF nachweisen, dass seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse derzeit unterdurchschnittlich sind. So hat der BF größere Schulden bei öffentlichen Behörden, die ihm aufgrund seiner finanziellen Lage Ratenzahlungen beziehungsweise Stundungen bewilligten. Ebenfalls war er nicht in der Lage, die Kosten der zivilrechtlichen Prozessführung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, weswegen ihm Verfahrenshilfe gewährt wurde. Insofern war daher aufgrund der Einkommens- und Vermögenslage des BF die von der FMA verhängte Strafe, wie aus dem Spruch ersichtlich - beträchtlich - zu senken (vgl. zur Ermittlung des Nettoeinkommens Lässig in: Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 19 Rz 17, bzw. zum Vorrang von Obligationen und der Hintanstellung privater Schulden, Tröndle, ÖJZ 1975, 592; Lässig aaO; Zipf, JBI 1977, 310; Platzgummer, ÖJZ 1980, 33).
Da zufolge § 19 Abs. 2 VStG letzter Satz die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten nur bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen sind, war die von der FMA bemessene Ersatzfreiheitsstrafe nicht neu zu bemessen.
Bei diesem Ergebnis war der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit 10% der nunmehr verhängten Strafe neu zu berechnen (§ 64 Abs. 2 VStG) und dem BF vorzuschreiben.
Da damit der Beschwerde, die auf die Strafbemessung eingeschränkt worden ist, durch das Bundesverwaltungsgericht Folge gegeben wurde, waren dem BF keine Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 52 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG).
Von einer Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 2, Abs. 5 VwGVG abgesehen werden, weil sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtete und zudem sowohl der BF wie auch die FMA explizit auf eine Verhandlung verzichteten.
II.4.3. Zu B) - Unzulässigkeit einer Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die oben zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor und erweist sich eine Abwägung über die zu verhängende Strafe als im Allgemeinen nicht reversibel.
Zahlungsinformation:
Sie haben den Gesamtbetrag von 1.320,-- Euro binnen 2 Wochen zu bezahlen. Die FMA und das BVwG betrachten es als schuldbefreiend, wenn die Zahlung auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) mit dem IBAN AT840100000005010167 (BIC BUNDATWW) unter Angabe der Verfahrenszahl spesenfrei für den Empfänger oder unter Mitnahme dieses Erkenntnisses beim Bundesverwaltungsgericht erfolgt. Bei Verzug muss damit gerechnet werden, dass der Betrag nach erfolgter Mahnung zwangsweise eingetrieben wird.
Dieser Gesamtbetrag von 1.210,-- Euro besteht aus:
- 1.100,- Euro Spruchpunkte I bis VII des Straferkenntnisses gemäß § 16 Z 3 KMG BGBl. Nr. 625/1991 idF BGBl. I Nr. 107/2017
- 110,- Euro 10 % Kostenbeitrag zum verwaltungsbehördlichen Verfahren (§ 64 Abs. 2 VStG)
Schlagworte
Anlegerschutz Darlehen Erschwerungsgrund Finanzmarktaufsicht Geldstrafe Günstigkeitsvergleich Irreführung Kapitalmarktüberwachung Kostenbeitrag Milderungsgründe öffentliche Interessen Ratenzahlung Risikoaufdeckung Strafbemessung Unrechtsgehalt Vermögensverhältnisse Verwaltungsstrafe Verwaltungsstrafverfahren Verwaltungsübertretung Werbung wirtschaftliche SchwierigkeitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W204.2225329.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020