TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/18 W208 2223437-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.12.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.12.2019

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §17
GebAG §18
GebAG §19 Abs2
GebAG §3

Spruch

W208 2223437-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde des Revisors des Oberlandesgerichts WIEN gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichtes XXXX , AZ 32 U 75/18x vom 08.11.2018 wegen Zeugengebühren zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Mitbeteiligte XXXX (im Folgenden: Zeuge), wurde in einer mündlichen Verhandlung am 30.10.2018 in einem Strafverfahren XXXX vor dem Bezirksgericht WIEN XXXX (im Folgenden: BG) von 11:15 Uhr bis 12:55 Uhr als Zeuge einvernommen.

Der Zeuge beantragte am selben Tag ua einen Verdienstentgang von ? 500,-- (10 Stunden zu je ? 50,--) und legte eine Bestätigung vor, wonach er als Tischler selbstständig erwerbstätig sei. Weiters legte er eine Bestätigung der XXXX WIRTSCHAFTSTREUHANDGESELLSCHAFT - STEUERBERATUNGSGESELLSCHAFT vom 24.10.2018 vor, in der ausgeführt wurde, dass sein Netto-Stundenlohn ? 50,-- betrage und er täglich abzüglich einer Mittagspause von einer Stunden von 07:00 bis 18:00 Uhr arbeite. Der Verdienstentgang sei daher mit ? 500,-- anzusetzen.

2. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid der Vorsteherin des BG (im Folgenden belangte Behörde) wurden die Gebühren des Zeugen für die Teilnahme an der Verhandlung gemäß dem Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG) mit insgesamt ? 609,80, davon unter Punkt 3. "Entschädigung für Zeitversäumnis (§§ 17-18)" ein tatsächlicher Verdienstentgang von ? 500,-- bestimmt. (Anmerkung BVwG: Die in den Punkten 1. und 2. zugesprochenen "Reisekosten" und "Aufenthaltskosten" iHv insgesamt ? 104,80 sind mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen.)

Begründend wurde lediglich ausgeführt, die Entscheidung finde in den angegebenen Bestimmungen des GebAG ihre Deckung.

3. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 14.11.2018) richtet sich die am selben Tag eingebrachte Beschwerde des Revisors des Oberlandesgerichts WIEN. In dieser wird der Bescheid insofern angefochten, als dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von ? 500,-- zugesprochen wurden. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt der Nachweis für den Verdienstentgang reiche nicht aus, weil keine Bescheinigung des Zeugen vorliege, dass die Tätigkeit des Zeugen nicht nachholbar gewesen sei. Das BVwG möge die Gebühren des Zeugen mit ? 246,80 bestimmen und das Mehrbegehren abweisen.

4. Mit Schreiben vom 06.09.2019 (!), eingelangt am 16.09.2019, legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem BVwG zu Entscheidung vor.

5. Das BVwG veranlasste mit Schreiben vom 18.09.2019 eine Beschwerdemitteilung an die Partei des Grundverfahrens sowie den Zeugen und räumte diesen die Möglichkeit zu einer Stellungnahme binnen zwei Wochen ein. Die Zustellungen der Schreiben erfolgte am 20.09.2019. Die Partei des Grundverfahrens gab keine Stellungnahme ab. Der Zeuge brachte sinngemäß vor, dass er an dem Tag für eine Küchenmontage eingeplant gewesen sei, die ein anderer durchgeführt habe und er dadurch einen Gewinnausfall erlitten habe. Als Bestätigung legte er ein Schreiben einer Tischlerei und Möbelhandlung vom 26.09.2019 vor, aus dem hervorgeht, dass der Zeuge am 30.10.2018 einen Kücheneinbau hätte vornehmen sollen und er diesen Auftrag nicht habe ausführen können (ON 3).

6. Dieses Schreiben wurde sowohl dem Revisor als auch der Partei des Grundverfahrens zugestellt (Zustellung am 28. bzw 29.10.2019) und wiederum eine Frist zur Stellungnahme von 2 Wochen eingeräumt. Es langten bis dato keine Stellungnahmen ein .

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Punkt I. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt wird festgestellt.

Der Zeuge ist als selbstständiger Tischler erwerbstätig und lukriert eine Nettostundensatz von ? 50,--. Am Tag der Verhandlung hatte er einen Auftrag für eine Küchenmontage einer Möbelhandlung, den er aufgrund seiner Reise von TIROL nach WIEN, der Zeugenaussage und der Rückreise verloren hat. Die Montage hätte 10 Arbeitsstunden in Anspruch genommen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie der im Beschwerdeverfahren eingelangten Stellungnahme (samt Bestätigungsschreiben) des Zeugen, die von den Parteien des Beschwerdeverfahrens kommentarlos zur Kenntnis genommen wurde.

Zwar hat der Zeuge die für die Zuerkennung auschlaggebende Bestätigung erst im Beschwerdeverfahren vorgelegt, doch wurde von der belangten Behörde nach Vorlage seiner Bestätigungen 2018 kein Verbesserungsauftrag erteilt und ihm der verlangte Betrag zuerkannt. Die vorgelegte Bestätigung der Möbelhandlung aus 2019 - deren Auftrag er verlor - wird als glaubhaft angesehen, da nicht unterstellt werden kann, dass ein am Verfahren nicht beteiligter Unternehmer in einem Gerichtsverfahren ein falsches Beweismittel einbringt und auch sonst keine Anhaltspunkte vorliegen, dass der als selbständiger Tischler tätige Zeuge am 30.10.2018 (einem Dienstag) nicht wie üblich zu den von ihm angeführten Stundensätzen gearbeitet hätte.

Gemäß § 19 Abs 2 GebAG hat der Zeuge die Umstände die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu bescheinigen. Nach der ständigen Rsp des VwGH bedeutet "bescheinigen", dass der über den Anspruch entscheidende Organwalter von der Richtigkeit des Anspruches nicht überzeugt zu sein braucht, sondern ihn lediglich für wahrscheinlich halten muss (VwGH 18.09.2000, 96/17/0360; 08.09.2009, 2008/17/0235; 20.06.2012, 2010/17/0099).

Dem Zeugen ist es durch die vorgelegten Bestätigungen somit gelungen zu bescheinigen, dass er einen Einkommensentgang in der von ihm genannten Höhe erlitten hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung liegt somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, wobei kein Verbot einer "reformatio in peius" besteht und kein Neuerungsverbot (vgl Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K2; stRsp des VwGH, zB 29.06.2017, Ra 2017/16/0085 mwN).

Auch hinsichtlich des Beschwerdebegehrens nach § 9 Abs 1 Z 4 VwGVG ist eine Bindung des Verwaltungsgerichtes grundsätzlich zu verneinen; allerdings ist eine durch die Prozesserklärung bewirkte Teilrechtskraft (etwa von einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides) vom Verwaltungsgericht zu beachten (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K6).

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Das war hier der Fall und wurde durch die Einholung der schriftlichen Stellungnahme und deren Offenlegung im Parteiengehör der Sachverhalt ausreichend geklärt, sodass auch keine mündliche Verhandlung vor dem BVwG erforderlich war.

Die Durchführung einer - von keiner der Parteien beantragten - mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des VwGH (Erkenntnis vom 26.01.2012, 2009/09/0187 und in diesem Sinne wohl auch 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) ist nicht erforderlich. Ein Entfall der Verhandlung widerspricht weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl 1958/210, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 389.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen (Auszug, Hervorhebung durch BVwG)

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG) lauten:

"Umfang der Gebühr

§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfasst

1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet. [...]

Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 17. Die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z 2) bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muß.

Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen

1. 14,20 ? für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,

2. anstatt der Entschädigung nach Z 1

a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,

b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,

c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,

d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.

(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen."

Geltendmachung der Gebühr

§ 19. (1) Der Zeuge hat den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen, im Fall des § 16 binnen vier Wochen nach Abschluß seiner Vernehmung, oder nachdem er zu Gericht gekommen, aber nicht vernommen worden ist, bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen. Dies gilt für die Beiziehung zur Befundaufnahme durch den Sachverständigen (§ 2 Abs. 1) mit der Maßgabe sinngemäß, daß der Zeuge den Anspruch auf seine Gebühr bei dem Gericht geltend zu machen hat, das den Sachverständigen bestellt hat.

(2) Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, hat der Zeuge die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft, gegebenenfalls durch Vorlage einer von der zuständigen Dienststelle ausgestellten Bestätigung über die Höhe der sonst zustehenden Reisegebühren § 3 Abs. 2), zu bescheinigen. [...]

In der Regierungsvorlage zu BGBl. 136/1975 [zu Abs. 2 (gemeint: § 18 Abs. 2 GebAG)] wurde ausgeführt: "Der Ersatz [nach § 1 Z 2] soll dem Zeugen aber nur dann zustehen, wenn er seine Ansprüche bescheinigt (s. Abs. 2). Die Art der Bescheinigung wird verschieden sein, je nachdem, ob es sich um einen unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigen handelt. Der Lohn- oder Gehaltsempfänger wird in der Regel eine Bestätigung seines Arbeitgebers beizubringen haben, aus der hervorgeht, dass ihm wegen der Befolgung seiner Zeugenpflicht für jede Stunde seiner Abwesenheit von der Arbeit ein bestimmter Betrag an Arbeitseinkommen, das heißt auf dasjenige, was der Zeuge auf die Hand bekommen hätte. Ausdrücklich wird bestimmt, dass auch die dem Zeugen zusätzlich zu seinem Lohn oder Gehalt zustehende Vergütungen zu ersetzen sind (Abs. 1). Bei einem selbständig Erwerbstätigen wird im Einzelfall zu prüfen sein, welche Bestätigung entspricht [...]."

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat dazu im Wesentlichen ausgeführt:

Die Entschädigung für Zeitversäumnis gebührt dem Zeugen nur, soweit er in dem in § 17 GebAG genannten Zeitraum (i.e. jener Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muss) durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet (vgl. VwGH 25.05.2005, Zahl: 2005/17/0085), denn das GebAG will dem Zeugen die mit seiner Mitwirkung an der Rechtspflege verbundenen finanziellen Einbußen ausgleichen, ihn aber nicht entlohnen (s. Krammer/Schmidt, SDG - GebAG³ [2001] Anmerkung 6 zu § 18 GebAG).

Nach stRsp des VwGH kann von einem tatsächlichen Einkommensentgang bei einem selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren ging. Unter "tatsächlich entgangenem" Einkommen iSd § 18 Abs 1 Z 2 lit b GebAG ist nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen zu verstehen. Dass der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, aber nicht nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten (VwGH 22.11.1999, 98/17/0357).

Die Frage der BESCHEINIGUNG muss von jener der BEHAUPTUNG eines konkreten Vermögensschadens unterschieden werden. Der selbständig erwerbstätige Zeuge hat KONKRET den Entgang einer oder mehrerer Verdienstmöglichkeiten zu behaupten, was in vielen Fällen eine Aufgliederung erforderlich macht. Lediglich für die DARTUUNG eines solcherart konkret behaupteten Vermögensschadens begnügt sich das Gesetz mit einer Bescheinigung (Glaubhaftmachung), dh, dass der über den Anspruch entscheidende Organwalter von der Richtigkeit des Anspruches nicht überzeugt zu sein braucht, sondern ihn lediglich für wahrscheinlich halten muss. Ob hiefür die bloßen Behauptungen des Antragstellers genügen, ist von Fall zu Fall zu prüfen (VwGH 25.05.2005, 2004/17/0004).

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

Strittig ist im gegenständlichen Verfahren ausschließlich die in Punkt 3. des bekämpften Bescheides bestimmte Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß §§ 17, 18 GebAG in Höhe von ? 500,--, wobei der Revisor - das geht aus seinem Antrag hervor, dem Zeugen nur ? 246,-- zuzuerkennen - dem Zeugen die Pauschale von 10 x 14,80 (= ? 104,80) gemäß § 18 Abs 1 Z 1 GebAG zuerkennt und damit implizit die angeführten 10 Arbeitsstunden akzeptiert hat. Die übrigen Spruchpunkte 1) und 2) für die Reise- und Aufenthaltskosten (in Summe ? 104,80) des Bescheides sind mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen.

Die Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 18 Abs 1 Z 2 lit b GebAG umfasst gemäß § 3 Abs 1 Z 2 GebAG beim selbständig Erwerbstätigen das durch die Befolgung der Zeugenpflicht tatsächlich entgangene Einkommen.

Die Geltendmachung der Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 18 Abs 1 Z 2 GebAG umfasst sowohl den Grund des Anspruches als auch dessen Höhe (vgl VwGH 15.04.1994, 92/17/0231).

Unter dem "tatsächlich entgangenen Einkommen" ist nicht ein fiktiv nach Durchschnittsätzen errechnetes Einkommen zu verstehen. Vielmehr kann von einem tatsächlichen Einkommensentgang beim selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren gegangen ist, also ein konkreter Vermögensschaden. Die Tätigkeiten, die während der versäumten Zeit ausgeübt worden wären und dem selbstständig Erwerbstätigen Einkommen gebracht hätten, können idR bezeichnet, beschrieben und allenfalls durch Urkunden oder Aussagen bescheinigt werden (siehe Gebührenanspruchsgesetz [GebAG 1975], bearbeitet und kommentiert von Mag. Erich FEIL, siebente Auflage, Wien 2015, S. 35 und die vorne zitierte Judikatur des VwGH).

Dem Zeugen soll die Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 18 Abs 2 iVm § 19 Abs 2 GebAG dann gebühren, wenn er die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, bescheinigt; dies ist dem Zeugen im vorliegenden Fall - durch die Vorlage des Schreibens seines Auftraggebers vom 26.09.2019 - gelungen.

Damit hat er ein tatsächlich entgangenes Einkommen für 10 Stunden iHv insgesamt ? 500,-- nach § 3 Abs 1 Z 2 iVm § 18 Abs 1 Z 2 lit b GebAG bescheinigt und steht ihm nicht nur die Pauschalentschädigung nach Z 1 leg cit iHv ?104,80 zu. Wobei dem Revisor Recht zu geben ist, dass die belangte Behörde bloß aufgrund des Schreiben des Steuerberaters dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß §§ 17, 18 GebAG nicht zuerkennen hätte dürfen. Die belangte Behörde hätte einen Verbesserungsauftrag zu erteilen gehabt.

Vor den Verwaltungsgerichten gibt es allerdings kein Neuerungsverbot (Hinweis B vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/10/0044; VwGH 29.03.2017, Ra 2016/05/0069) und hat das Verwaltungsgericht, wenn es in der Sache selbst entscheidet, seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten; allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts und der Rechtslage sind zu berücksichtigen (VwGH 30.03.2017, Ro 2015/03/0036).

Vor diesem Hintergrund, ist die Beschwerde abzuweisen und war der Bescheid letztlich rechtskonform.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.

Schlagworte

Bescheinigungspflicht Revisor Verdienstentgang Zeitversäumnis Zeugengebühr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W208.2223437.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten