Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, in der Beschwerdesache der Marktgemeinde S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Juni 1997, Zl. 63.220/20-VII/A/4/97, betreffend Bewilligung zur Herstellung von Bergbauanlagen (mitbeteiligte Partei: V-Ges.m.b.H.), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Juni 1997 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Berghauptmannschaft Wien vom 27. Dezember 1996, betreffend Herstellungsbewilligung für eine Trafostation, eine Naßaufbereitungsanlage und eine Brückenwaage mit Bürocontainer auf einem näher beschriebenen Standort als unbegründet abgewiesen. Hiezu wurde u.a. ausgeführt, die Erstbehörde habe aufgrund des Ansuchens der mitbeteiligten Partei, die Herstellung der genannten Anlagen zu bewilligen, eine mündliche Verhandlung abgehalten. In dieser Verhandlung sei von der Beschwerdeführerin vorgebracht worden, die betroffenen Liegenschaften befänden sich außerhalb der raumordnungs- und widmungsrechtlich für den Abbau und für die Aufbereitung von Kies vorgesehenen und bewilligten Liegenschaften. Die Beschwerdeführerin habe weiters die Zuständigkeit der Bergbehörde bestritten, weil das abzubauende Material ihrer Auffassung nach nicht abbauwürdig sei, jedenfalls aber eine entsprechende Überprüfung durch die Behörde unterblieben sei. Die von der mitbeteiligten Partei geplante Kiesaufbereitung werde nach Meinung der Beschwerdeführerin zu einer wesentlichen Erhöhung des Schwerverkehrsaufkommens wie auch zu einer Steigerung der Staubbelastung führen. Beide Faktoren erhöhten die Umweltbelastung und reduzierten die Lebensqualität der Gemeindebürger deutlich. Durch den Kiesabbau und die Kiesaufbereitung könnten Staubimmissionen in einem Ausmaß entstehen, das sämtliche fachspezifische Grenzwerte deutlich und nachhaltig überschreite. Durch den Kiesabbau und die Kiesaufbereitung würde die Gesundheit der Gemeindebürger gefährdet. Insoweit seien auch die örtliche Gesundheitspolizei, wie überhaupt die öffentlichen Interessen des Umweltschutzes und der örtlichen Raumplanung betroffen. Schließlich sei von der Beschwerdeführerin die Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung der Umweltverträglichkeit beantragt bzw. angeregt worden. Die Beschwerdeführerin sei Eigentümerin eines Grundstückes, das an jenes Grundstück angrenze, auf dessen Oberfläche die von der mitbeteiligten Partei geplanten Anlagen errichtet werden sollen. Sie habe daher im gegenständlichen Verfahren jedenfalls Parteistellung und sei somit legitimiert, Berufung gegen den Erstbescheid zu erheben. Allerdings erweise sich die Berufung der Beschwerdeführerin - aus näher dargelegten Gründen - als unbegründet, sodaß sie abzuweisen gewesen sei.
Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluß vom 30. September 1997, B 1934/97, abgelehnt hatte, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Berücksichtigung der öffentlichen Interessen der Gesundheitspolizei, des Umweltschutzes und der Raumplanung, "die der Beschwerdeführerin gemäß § 146 Abs. 3 und 7 Berggesetz zustehen", sowie im Recht auf Entscheidung durch die zuständige Behörde verletzt.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer durch diesen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zumindest die Möglichkeit bestehen muß, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 25. November 1997, Zl. 97/04/0124).
Gemäß § 146 Abs. 1 Berggesetz sind zur Herstellung (Errichtung) und zum Betrieb (zur Benützung) von obertägigen Bergbauanlagen, ferner von Zwecken des Bergbaus dienenden Stollen, Schächten, Bohrungen ab 100 m Tiefe und Sonden sowie von untertägigen Bergbauanlagen, soweit diese wegen ihrer Ausstattung mit Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise oder sonst geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit von Arbeitnehmern zu gefährden, sowie bei wesentlichen Änderungen an derartigen Bergbauanlagen Bewilligungen der Berghauptmannschaft einzuholen.
Die Bewilligungen sind gemäß § 146 Abs. 3 leg. cit., erforderlichenfalls unter Festsetzung von geeigneten Bedingungen und Auflagen, wenn nötig auch nur befristet, zu erteilen, wenn im konkreten Fall nach dem Stand der Technik (§ 134 Abs. 3) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit und keine unzumutbare Belästigung von Personen, keine Gefährdung von dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen und keine über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Umwelt und von Gewässern (Abs. 5) zu erwarten sind und weiters beim Betrieb der Bergbauanlage keine Abfälle entstehen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar oder nicht verwertbar sind. Soweit eine Vermeidung oder Verwertung der Abfälle wirtschaftlich nicht zu vertreten ist, muß gewährleistet sein, daß die entstehenden Abfälle ordnungsgemäß entsorgt werden. Bestehen Zweifel hinsichtlich der Erfüllung von Auflagen, ist die Leistung einer angemessenen Sicherstellung zu verlangen. Auf öffentliche Interessen (Abs. 7) ist Bedacht zu nehmen. Wenn es sich um Aufbereitungs-, Veredelungs- oder Weiterverarbeitungsanlagen mit Emissionsquellen handelt, sind die davon ausgehenden Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik (§ 134 Abs. 3) zu begrenzen und haben die Auflagen auch Maßnahmen betreffend Störfälle zu umfassen.
Parteien in den Bewilligungsverfahren sind gemäß § 146 Abs. 6 Berggesetz der Bewilligungswerber, die Eigentümer der Grundstücke, auf deren Oberfläche oder in deren oberflächennahen Bereich die Bergbauanlage errichtet oder betrieben wird, die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke und ferner alle dinglich Berechtigten und sonstigen sich nicht nur vorübergehend in der Nähe der Bergbauanlage aufhaltenden Personen, wenn ihr Leben oder ihre Gesundheit oder ihre dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen gefährdet oder sie unzumutbar belästigt werden und sie spätestens bei der mündlichen Verhandlung nach Abs. 2 Einwendungen gegen die Bergbauanlage aus diesen Gründen erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Weisen solche Personen nach, daß sie ohne ihr Verschulden daran gehindert waren, die Parteistellung zu erlangen, so dürfen sie ihre Einwendungen auch nach Abschluß der mündlichen Verhandlung bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen. Solche Einwendungen sind binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei jener Berghauptmannschaft einzubringen, welche die mündliche Verhandlung anberaumt hat, und von dieser Berghauptmannschaft oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden. Als Parteien sind auch Bergbau- und Gewerbeberechtigte anzusehen, soweit sie durch die Bergbauanlage in der Ausübung der Bergbauberechtigungen oder beim Schürfen nach sonstigen mineralischen Rohstoffen oder bei deren Gewinnung behindert werden können.
Gemäß § 146 Abs. 7 Berggesetz sind vor Erteilung der Bewilligung, soweit hiedurch öffentliche Interessen berührt werden, die zu ihrer Wahrnehmung berufenen Verwaltungsbehörden zu hören. Dies gilt besonders in den Fällen des § 172 Abs. 4 und, soweit es sich um obertägige Bergbauanlagen handelt, für die den Gemeinden zur Vollziehung zukommenden Angelegenheiten der örtlichen Gesundheitspolizei, vor allem aus dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes und der örtlichen Raumplanung.
Was zunächst die Parteistellung der Beschwerdeführerin nach § 146 Abs. 6 leg. cit. anlangt, so nehmen nach dieser Bestimmung nur jene Eigentümer der angrenzenden Grundstücke als Parteien am Bewilligungsverfahren teil, die rechtzeitig rechtserhebliche Einwendungen gegen die Bergbauanlage erhoben haben (vgl. den hg. Beschluß vom 10. Dezember 1996, Zl. 96/04/0065).
Ausgehend davon, daß eine Einwendung im Sinne des § 146 Abs. 6 Berggesetz nur dann vorliegt, wenn der Beteiligte (Eigentümer des angrenzenden Grundstückes) die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht, eine persönliche Gefährdung von Leben oder Gesundheit in Ansehung einer juristischen Person aber ebensowenig in Betracht kommt wie eine unzumutbare Belästigung, ist weiters nur eine solche Einwendung einer juristischen Person rechtserheblich und geeignet, dieser Parteistellung zu vermitteln, die die Gefährdung ihrer dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen geltend macht. Einem auf die Gefährdung oder die Belästigung Dritter abgestellten Vorbringen kommt die Qualifikation einer Einwendung im Sinne § 146 Abs. 6 Berggesetz von vorneherein nicht zu (vgl. den zu § 100 Abs. 3 leg. cit. ergangenen hg. Beschluß vom 25. November 1997, Zl. 97/04/0124).
Gemessen an dieser Rechtslage kommt dem - oben wiedergegebenen und in der Beschwerde auch nicht bestrittenen - Vorbringen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung die Qualifikation einer Einwendung im Sinne des § 146 Abs. 6 Berggesetz nicht zu. Diesem Vorbringen ist nämlich nicht zu entnehmen, daß dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassene Sachen der Beschwerdeführerin durch die Bergbauanlagen gefährdet würden, sondern vielmehr, daß dadurch Dritte gefährdet bzw. unzumutbar belästigt würden. Dieses Vorbringen ist daher nicht geeignet, der Beschwerdeführerin Parteistellung im gegenständlichen Bewilligungsverfahren zu vermitteln.
Der beschwerdeführenden Gemeinde kommt Parteistellung aber auch nicht im Grunde des § 146 Abs. 7 Berggesetz zu. Nach dieser Bestimmung ist die Gemeinde zum Schutz der hier genannten öffentlichen Interessen im Rahmen ihres Wirkungsbereiches (lediglich) zu hören. Daraus kann aber keineswegs abgeleitet werden, daß der Gemeinde Parteistellung zukomme; diese Bestimmung schließt eine solche Annahme vielmehr aus (vgl. nochmals den zitierten Beschluß vom 10. Dezember 1996).
Kam der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Bewilligungsverfahren Parteistellung aber nicht zu, so konnte sie durch die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Abweisung ihrer Berufung in diesbezüglichen Rechten auch nicht verletzt werden.
Da der Beschwerdeführerin somit die Möglichkeit einer Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes fehlt, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997040224.X00Im RIS seit
19.03.2001