TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/9 I413 1243500-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.01.2020
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Entscheidungsdatum

09.01.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §52
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

Schriftliche Ausfertigung des am 11.10.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses

I413 1243500-2/31E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX), geb. XXXX, StA. Algerien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnütze GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien (BAW) vom 20.03.2019, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.10.2019 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Beschwerde stattgegeben und festgestellt, dass die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-Verfahrensgesetz auf Dauer unzulässig ist. XXXX wird gemäß §§ 54, 55 Abs. 2 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 die Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der damals noch minderjährige Beschwerdeführer ist am 29.12.2002 gemeinsam mit seinen Eltern in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Die Eltern des Beschwerdeführers haben am 02.01.2003 einen Asylerstreckungsantrag für den Beschwerdeführer gem. § 10 AsylG 1997 eingebracht; dieser Asylerstreckungsantrag war verbunden mit dem Asylantrag des Vaters des Beschwerdeführers, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.10.2003 abgewiesen wurde. Da somit zum Entscheidungszeitpunkt keine Asylgewährung eines in § 10 Abs. 2 AsylG 1997 angeführten Angehörigen vorlag, wurde der Asylerstreckungsantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.10.2003, GZ: XXXX, abgewiesen.

2. Aufgrund einer hiergegen erhobenen Berufung wurde der Bescheid vom 08.10.2003 mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.03.2011, GZ: XXXX, behoben.

3. In weiterer Folge wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 02.01.2003 mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.12.2011, GZ: XXXX, abgewiesen (Spruchpunkt I.), die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien wurde hingegen als nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt II.) und wurde ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 12.12.2012 erteilt (Spruchpunkt III.). Begründend wurde ausgeführt, dass der Mutter des Beschwerdeführers mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 12.12.2011 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, sodass auch der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs 1 AsylG den gleichen Schutz erhält.

4. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX, GZ XXXX, vom 25.11.2010, wegen §§ 15, 127 StGB und § 241e Abs 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Als erschwerend wertete das Gericht das Zusammentreffen mehrere strafbarer Handlung, als mildernd jedoch sein Geständnis und bisher tadelloses Vorleben.

5. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX, GZ XXXX, vom 25.07.2012, rechtskräftig mit 15.03.2013, wurde der Beschwerdeführer wegen § 91 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Erschwerende Umstände wurden vom Gericht nicht gewertet; als mildernd wurde das Alter des Angelklagten unter 21 Jahren zum Tatzeitpunkt gewertet.

6. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.01.2013 wurde die bis zum 12.12.2012 befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers weiter bis zum 12.12.2013 erteilt, da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verlängerung vorlagen. Zuletzt wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA, belangte Behörde) vom 06.06.2018, Zl. XXXX, die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 12.12.2019 erteilt.

7. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX, GZ XXXX, vom 04.04.2013, rechtskräftig mit 09.04.2013, wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 83 Abs 1, 84 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten, davon sechs Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Auch hier wertete das Gericht das Alter des Beschwerdeführers unter 21 Jahren als mildernd, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen.

8. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt XXXX, GZ XXXX, vom 14.01.2016, rechtskräftig mit 18.01.2016, wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je EUR 7,00, im Nichteinbringlichkeitsfall zu 100 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

9. Mit dem gegenständlichen Bescheid des BFA vom 20.03.2019, Zl. XXXX, wurde dem Beschwerdeführer der mit Bescheid vom 23.12.2011 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und wurde ihm die mit demselben Bescheid erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Ferner wurde seine Abschiebung für zulässig erklärt (Spruchpunkt V.) und die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen bestimmt (Spruchpunkt VI.). Außerdem wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten ausschließlich aufgrund seiner Familienzugehörigkeit als damals Minderjähriger erteilt bekommen habe; es seien damals keine individuellen Fluchtgründe für den Beschwerdeführer geltend gemacht worden, sondern haben seine gesetzlichen Vertreter für ihn einen Erstreckungsantrag gestellt. Mittlerweile sei der Beschwerdeführer volljährig und in einem arbeitsfähigen Alter. Weiters stellte die belangte Behörde fest, dass mit dem Zeitpunkt der Volljährigkeit des Beschwerdeführers der Grund für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten weggefallen sei und seien im gegenständlichen Verfahren keine Gründe hervorgetreten, die eine originäre Zuerkennung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden. Es können keine weitergehenden außergewöhnlichen Umstände festgestellt werden, wonach für den Beschwerdeführer eine Rückkehr nach Algerien tatsächlich unmöglich wäre. Ein schützenswertes Privatleben und eine maßgebliche Integration des Beschwerdeführers in Österreich wurde von der belangten Behörde nicht erkannt.

10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 10.04.2019 (bei der belangten Behörde eingelangt am 11.04.2019) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften.

11. Mit Schriftsatz vom 12.04.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 16.04.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

12. Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX, GZ XXXX, vom 12.04.2019, wegen §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2, 125, §§ 15, 269 Abs 1 1. Fall, § 107 Abs 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von einem Jahr rechtskräftig verurteilt.

13. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 11.10.2019 eine mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertreterin und einer Dolmetscherin als Partei sowie die Zeugen XXXX und XXXX einvernommen wurden und das Erkenntnis mündlich verkündet wurde.

14. Mit Schreiben vom 25.10.2019 beantragte die belangte Behörde gem. § 29 Abs 4 VwGVG die Ausfertigung des in der Verhandlung am 11.10.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, Staatsangehöriger von Algerien und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer hat keine Kinder und ist nicht verheiratet. Er hat eine Freundin, doch lebt er mit dieser nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Bis zu seiner gegenwärtigen Haft wohnte er bei seiner Mutter, welche er finanziell unterstützt.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich ab der vierten Klasse Volksschule die Schule besucht; er hat die Schule bis zum Polytechnikum absolviert, einen Beruf hat er nicht erlernt, jedoch hat er seinen Lebensunterhalt als Kellner verdient. Derzeit absolviert er seine Lehrabschlussprüfung als Kellner in der Haft.

Die Familie des Beschwerdeführers, nämlich seine Eltern und Brüder, leben ebenfalls in Österreich; zu seiner Mutter und seinen Brüdern hat er einen intensiven Kontakt. Da der Beschwerdeführer bereits im Alter von neun Jahren nach Österreich gekommen ist, hat er keine sozialen Anknüpfungspunkte zu seinem Herkunftsstaat oder zu dort lebenden Verwandten.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich mehrfach strafgerichtlich verurteilt. Das Strafregister weist folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX, vom XXXX, GZ XXXX, wegen des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB und des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB und zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Als erschwerend wertete das Gericht das Zusammentreffen mehrere strafbarer Handlung, als mildernd jedoch sein Geständnis und bisher tadelloses Vorleben.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 25.07.2012, GZ XXXX, rechtskräftig mit 15.03.2013, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Raufhandels gemäß § 91 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Erschwerende Umstände wurden vom Gericht keine gewertet; als mildernd wurde das Alter des Angelklagten unter 21 Jahren zum Tatzeitpunkt gewertet.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 04.04.2013, GZ XXXX, rechtskräftig mit 09.04.2013, wurde der Beschwerdeführer des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten, davon sechs Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Auch hier wertete das Gericht das Alter des Beschwerdeführers unter 21 Jahren als mildernd, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt XXXX vom 14.01.2016, GZ XXXX, rechtskräftig mit 18.01.2016, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je EUR 7,00, im Nichteinbringlichkeitsfall zu 100 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Als strafmildernd wertete das Gericht das reumütige Geständnis, als erschwerend die offene Probezeit und die einschlägigen Vorstrafen.

Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 12.04.2019, GZ XXXX, wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 1. Satz StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von einem Jahr rechtskräftig verurteilt. Als mildernd wertete das Gericht, dass der Beschwerdeführer teilweise geständig war und dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, die Begehung innerhalb zwei offener Probezeiten und das Zusammentreffen mehrerer Vergehen.

Derzeit befindet sich der Beschwerdeführer in Haft; hier nimmt er an einer Suchttherapie teil.

Der Beschwerdeführer bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung; er war vor seiner Inhaftierung selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer weist insgesamt in Österreich ein hohes Maß an sozialer, kultureller und beruflicher Integration auf. Er spricht akzentfreies und grammatikalisch korrektes Deutsch; er spricht auch Arabisch, kann die Sprache jedoch nicht lesen oder schreiben. Er verfügt über einen großen Bekannten- und Freundeskreis und pflegt er mit seinen Freunden eine intensive und vertraute Beziehung und unternimmt er mit ihnen auch zahlreiche Freizeitaktivitäten, so macht er etwa mit ihnen Musik. Außerdem ist er Mitglied in einem Sportklub. Beruflich war er bisher Kellner in Wiener Kaffeehäusern, darunter in den als Wiener Institutionen anzusehenden Cafés, dem Café Landtmann und dem Café Museum in Wien.

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Algerien:

Algerien ist ein sicherer Herkunftsstaat. Algerien ist sowohl fähig als auch willig, seinen Bürgern Schutz zu gewähren. Algerien weist eine funktionierende, unabhängige Justiz sowie einen funktionierenden Sicherheitsapparat auf. Behördliche Korruption steht unter Strafe, mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren. Dieses Gesetz wird nicht effektiv durchgesetzt, wenn es auch ein eigenes Zentralbüro zur Bekämpfung der Korruption gibt. Daneben sorgt die Nationale Organisation zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption für eine beratende Funktion. Die Sicherheitslage in Algerien ist, abgesehen von einigen Grenzregionen im Süden und Osten und den Bergregionen im Westen als sicher zu qualifizieren. Algerien ist allen wesentlichen internationalen Menschenrechtsabkommen beigetreten. Die Menschenrechtssituation in Algerien hat sich seit den 1990-er Jahren sukzessive verbessert. In Algerien besteht ein aufwändiges Sozialsystem. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Die medizinische Versorgung ist allgemein zugänglich und kostenfrei. In jeder größeren Stadt existieren Krankenhäuser. Grundnahrungsmittel, Energie und Wasser werden stark subventioniert. Die Wirtschaft in Algerien ist als Konsumwirtschaft zu bezeichnen, mit wenig produzierenden Unternehmen, sodass die Arbeitsplatzsituation insbesondere für junge Algerier angespannt ist. Illegal Ausreisenden droht im Falle der Rückkehr eine Geld- und/oder Freiheitsstrafe, wobei in der Praxis lediglich Bewährungsstrafen verhängt werden. Nach Algerien angeschobene Personen werden 24 Stunden festgehalten und verhört, um den Grund der Ausweisung zu erfahren. Eine behördliche Rückkehrhilfe existiert nicht.

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat. Ihm droht auch keine Strafe nach seiner Rückkehr nach Algerien wegen seiner Ausreise.

Eine nach Algerien zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 11.10.2019.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem allgemeinen Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 11.10.2019. Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Konventionsreisepasses und steht daher seine Identität fest.

Die Feststellung über die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 27.11.2019 sowie den im Gerichtsakt einliegenden Strafurteilen und den eingeholten Strafakten. Hieraus und aus einer aktuellen Abfrage des Zentralen Melderegisters ergibt sich auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer derzeit seine letzte Verurteilung in Strafhaft verbüßt. Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung bezieht und er selbsterhaltungsfähig ist, ergibt sich einerseits aus einem aktuellen Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem und andererseits aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Sowohl aufgrund der widerspruchsfreien Aussage des Beschwerdeführers als auch dessen Mutter, welche als Zeugin vor dem Bundesverwaltungsgericht einvernommen wurde, ergibt sich, dass die beiden - vor der Inhaftierung des Beschwerdeführers - gemeinsam gewohnt haben und der Beschwerdeführer seine Mutter finanziell unterstützt hat (Protokoll vom 11.10.2019, S. 7, 22).

Die Aussagen des Beschwerdeführers zu seiner Integration in Österreich und dass er hier intensive Freundschaften pflegt, wird auch durch die übereinstimmenden, glaubhaften Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 11.10.2019 unterstrichen.

Der erkennende Richter konnte sich auch in der mündlichen Verhandlung persönlich einen Eindruck von den einwandfreien guten Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers verschaffen, der in der gesamten mündlichen Verhandlung nie auf die Hilfe des beigezogenen Dolmetschers für die arabische Sprache angewiesen war. Aufgrund der persönlicher Wahrnehmungen in der mündlichen Verhandlung kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer in Österreich sowohl beruflich als auch sozial und kulturell stark integriert ist und er keinerlei Anknüpfungspunkte zu seinem Herkunftsstaat Algerien hat, was dem Umstand geschuldet ist, dass er bereits mit neun Jahren nach Österreich gekommen ist und er den Großteil seines bisherigen Lebens in Österreich verbracht hat. Die besondere berufliche Integration wird auch durch die erstklassigen Adressen, an denen der Beschwerdeführer beschäftigt war - und nach glaubhafter Aussage des Beschwerdeführers wieder beschäftigt sein wird - eindrücklich unterstrichen, sind doch die genannten Kaffeehäuser erste Adressen in Wien und zweifellos Personen verschlossen, die nicht über tadellose Manieren, Deutschkenntnisse und Umgangsformen verfügen. Ein Fremder, der es schafft, in solchen Institutionen zu arbeiten, muss daher zweifellos als beruflich, aber auch sozial und kulturell in Österreich und dessen landestypische Kaffeehauskultur integriert angesehen werden.

Aus der als Beilage ./A zum Akt genommenen Therapiebestätigung der Justizanstalt geht hervor, dass der Beschwerdeführer derzeit an einer Suchttherapie teilnimmt.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Algerien vom 12.03.2018 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Algerien ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten:

- AA - Auswärtiges Amt (10.2017): Algerien - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/algerien-node/-/222160, Zugriff 15.02.2018

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Algeria Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Algeria.pdf, Zugriff 15.02.2018

- ÖB - Österreichische Botschaft Algier (3.2015): Asylländerbericht Algerien

- SO - Spiegel Online (21.2.2017): Staatschef Bouteflika - Der kranke Mann von Algier, http://www.spiegel.de/politik/ausland/abdelaziz-bouteflika-ist-schwerkrank-wer-regiert-algerien-a-1135607.html, Zugriff 12.03.2018

- AA - Auswärtiges Amt (16.2.2018): Algerien: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AlgerienSicherheit_node.html, Zugriff 16.2.2018

- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (16.2.2018): Reiseinformationen Algerien, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/algerien-de.html, Zugriff 16.2.2018

- FD - France Diplomatie (16.2.2018): Conseils aux Voyageurs - Algérie - Sécurité, http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/algerie/, Zugriff 16.2.2018

- AA - Auswärtiges Amt (23.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Algeria Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Algeria.pdf, Zugriff 15.2.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Algerien - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/algerien/geschichte-staat/, Zugriff 19.2.2018

- USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Algeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395180.html, Zugriff 19.2.2018

- TI - Transparency International (2016): Table of Results: Corruption Perceptions Index 2017,

http://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 19.2.2018

- Algeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395180.html, Zugriff 19.2.2018

- CIA - Central Intelligence Agency (22.2.2018): The World Factbook - Algeria https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ag.html, Zugriff 1.3.2018

- UKBA - UK Home Office Border Agency (17.1.2013): Country of Origin Information Report - Algeria, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1359360623_report-17jan13.pdf, Zugriff 19.2.2018; Originalquelle: Jane's Sentinel Country Risk Assessments: Algeria - Armed Forces, 1.6.2012

- SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (24.2.2010): Algerien: Desertion aus der Garde Communale, Auskunft der SFH-Länderanalyse, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/algerien/algerien-desertion-aus-der-garde-communale.pdf, Zugriff 14.2.2017

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Algeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422113.html, Zugriff 20.2.2018

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Algeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425000.html, Zugriff 28.2.2018

- USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): 2016 Report on international Religious Freedom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1406681.html, Zugriff 1.3.2018

- SOS - SOS-Kinderdorf (o.D.): Algerien, http://www.sos-kinderdorf.at/sos-kinderdorf-erleben/wo-wir-arbeiten/international/wo-wir-helfen/afrika/algerien

- Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016c): Algerien - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/algerien/gesellschaft/, Zugriff 2.3.2018

- SGG Algérie - Secrétariat Général du Gouvernement (o.D.): Code Pénal, http://www.joradp.dz/TRV/FPenal.pdf, Zugriff 2.3.2018

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

Gemäß § 9 Abs 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn 1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen; 2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder 3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 9 Abs 2 AsylG hat sofern der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs 1 abzuerkennen ist, eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn 1. einer der in Art 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt; 2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder 3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl Nr 60/1974, entspricht. In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 9 Abs 3 AsylG ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs 3 leg cit) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs 1 oder 2 wahrscheinlich ist.

§ 9 Abs 4 AsylG ordnet schließlich an, dass die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden ist. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.

Gemäß § 34 AsylG gilt ein von einem Familienangehöriger von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder einem Asylwerber gestellter Antrag auf internationalen Schutz, als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Gemäß § 34 Abs 3 AsylG hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist, gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist. Gemäß § 34 Abs 4 AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs 2 und 3 leg cit erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 4 AsylG zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Dem Beschwerdeführer wurde, wie bereits im Verfahrensgang ausgeführt und festgestellt, aufgrund des Umstandes, dass seiner Mutter der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, als minderjähriger Familienzugehöriger der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Aufgrund der mittlerweile erlangte Volljährigkeit des Beschwerdeführers sind jene Gründe, die zur Zuerkennung seines von seiner Mutter im Familienverfahren abgeleiteten Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt haben, weggefallen. Die belangte Behörde ging damit zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes gem. § 9 Abs 1 AsylG nicht mehr vorliegen.

Die Aberkennungstatbestände des § 9 Abs 2 AsylG sind nur subsidiär anzuwenden, wenn die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs 1 leg cit zu erfolgen hat. Dies ergibt sich daraus, dass in den Fällen einer Aberkennung nach Abs 1 leg cit die Gefahr einer durch die Abschiebung drohenden Menschenrechtsverletzung jedenfalls nicht gegeben ist und die Ausweisung und Abschiebung dieser Fremden daher zulässig ist. Der Berufung auf diese Aberkennungstatbestände ist sohin konsequenterweise der Prüfvorrang einzuräumen. Da die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bei einer drohenden Verletzung der Rechte nach der EMRK im Sinne des Refoulementverbots selbstverständlich nicht zu einer Abschiebung des Fremden führen soll, ist die Aberkennung nach Abs 2 mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist (vgl EBRV 330 24. GP zu § 9 Abs 2 AsylG).

Aufgrund oben dargestellter Erwägungen hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten fallgegenständlich zu Recht nicht mit der Feststellung verbunden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sondern stattdessen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geprüft.

Wie bereits ausgeführt, wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.12.2003 der Status des subsidiär Schutzberechtigten ausschließlich deshalb eingeräumt, weil dieser Status von seiner Mutter abzuleiten war. Auch die damit einhergehende Unzulässigerklärung der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien resultiert aus von seiner Mutter abgeleiteten Gründen; im Bescheid wurde zutreffend ausgeführt, dass sich die Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers aus anderen Gründen als den von seinen Eltern vorgebrachten und als unglaubwürdig festgestellten Fluchtgründen ergibt.

Vollständigkeitshalber ist anzuführen, dass dem Beschwerdeführer in Algerien keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung droht. Es droht ihm auch keine reale Gefahr, im Falle seiner Rückkehr entgegen Art 3 EMRK behandelt zu werden. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK - was in Algerien aufgrund der Sicherheitslage grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann - ist hingegen für die Zuerkennung bzw die Beibehaltung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht ausreichend. Diese Lebensumstände betreffen sämtliche Personen, die in Algerien leben und können daher nicht als Grund für die Zuerkennung eines Status eines subsidiär Schutzberechtigten herangezogen werden. So liegt hinsichtlich des Beschwerdeführers kein stichhaltiger Grund dafür dar anzunehmen, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat tatsächlich in Gefahr liefe, die Todesstrafe oder Hinrichtung, die Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung des Beschwerdeführers in Algerien und auch nicht eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Beschwerdeführers in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in Algerien erleiden würde. Nachdem im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen ist, dass der Beschwerdeführer jemals ernstliche Probleme mit den Behörden von Algerien gehabt hätte und auch keine Gründe ersichtlich sind, die auf den Vorwurf einer Straftat, welche zu der Verhängung der Todesstrafe, der Folter oder Bestrafung des Antragstellers im Herkunftsstaat hindeuten könnten, ist ein "ernsthafter Schaden" im Sinne des Art 15 der Statusrichtlinie auszuschließen. Ein bewaffneter Konflikt besteht in Algerien ebenfalls nicht. Zwar ist es so, dass in Algerien die Sicherheitslage nicht mit der österreichischen vergleichbar ist, jedoch erreichen die nach dem Länderinformationsblatt für Algerien möglichen Gewaltakte nicht ein so hohes Niveau, dass stichhaltige Gründe dafür bestehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Algerien alleine durch seine Anwesenheit im Gebiet von Algerien tatsächlich in Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein. Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass er aufgrund seiner persönlichen Situation in Algerien und den hiermit verbundenen Umständen spezifisch von willkürlicher Gewalt in Algerien betroffen wäre.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Aufgrund seiner beruflichen Erfahrung und seiner Sprachkenntnisse ist es dem Beschwerdeführer zweifellos möglich in Algerien als Kellner in der dortigen Gastronomie Fuß zu fassen und sich ein Einkommen zu sichern, das ausreicht, um zumindest ein bescheidenes Leben führen zu können. Dass der Beschwerdeführer in Österreich bessere Verdienstmöglichkeiten vorfindet als in Algerien ist in diesem Zusammenhang nicht von Belang und kein Grund für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Algerien.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Algerien nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Algerien besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Algerien keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Wie bereits oben ausgeführt, ist gemäß § 9 Abs 4 AsylG die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 23.12.2011 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter somit zu Recht entzogen.

Damit erweist sich die Beschwerde, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides richtet, als unbegründet, weshalb die Beschwerde diesbezüglich abzuweisen war.

3.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1. Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Zu prüfen ist daher, ob die von der belangten Behörde verfügte Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit der Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen nicht gegeben:

Der im siebenundzwanzigsten Lebensjahr stehende Beschwerdeführer lebt seit seinem neunten Lebensjahr in Österreich. Er hat in Österreich die Schule bis zum Polytechnikum absolviert und im Anschluss in unterschiedlichen Gaststätten und Kaffehäusern als Kellner gearbeitet.

Er hat zudem einen Freundeskreis und pflegt in Österreich teilweise intensive freundschaftliche Beziehungen.

Hinzu kommt, dass der Großteil seiner Familie - die Eltern und die Geschwister - in Österreich lebt. Er lebt mit seiner Mutter im gemeinsamen Haushalt. Er pflegt mit seinen Geschwistern einen intensiven Kontakt. Auch zum von der Mutter geschiedenen Vater hat der Beschwerdeführer Kontakt. Es besteht somit in Österreich ein maßgebliches Familienleben. Insbesondere ist beachtlich, dass er mit seiner Mutter zusammenlebt und sie auch finanziell unterstützt. Der Beschwerdeführer führt somit ein intensives Privat- und Familienleben in Österreich. In Algerien hingegen kennt er keinen von seien dort lebenden Verwandten, da er bereits mit neun Jahren und somit vor 16 Jahren nach Österreich gekommen ist.

Der Beschwerdeführer spricht ausgezeichnet Deutsch; zwar spricht er auch Arabisch, kann die Sprache aber weder lesen noch schreiben. Aus all dem ergibt sich die intensive sprachliche, kulturelle und berufliche Integration des Beschwerdeführers in Österreich, während hinsichtlich seines Herkunftsstaates keinerlei Verwurzelung oder Bezug besteht.

Seine privaten Interessen entstanden auch zu einem Zeitpunkt, in dem er sich eines rechtmäßigen Aufenthaltstitels bewusst war und auch darauf vertrauen konnte, dass er in Österreich dauerhaft ansässig bleiben wird. Vor diesem Hintergrund und der Dauer seines seit 2003 andauernden rechtmäßigen Aufenthalts kommt seinen privaten Interessen im Sinne des Art 8 EMRK entscheidende Bedeutung zu.

Dem bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem eine Person, die ein Verhalten gesetzt hat, das keine Achtung der (straf)rechtlich in Österreich (und insgesamt in der Union) geschützten Werte zeigt, durchgesetzt wird. Bei einer Abwägung der privaten Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich und dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kann diesen Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), höheres Gewicht zukommen als die privaten Interessen des Fremden am Verbleib in Österreich.

Im Fall des Beschwerdeführers hat dieser fünf, zT einschlägige strafgerichtliche Verurteilungen ua wegen Vergehen der Körperverletzung, der schweren Körperverletzung, des Raufhandels und des Widerstands gegen die Staatsgewalt in Österreich begangen. Er verbüßt gegenwärtig in einer österreichischen Justizanstalt eine Freiheitsstrafe. Dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit kommt grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu. Aufgrund der Verbüßung der Freiheitsstrafe ist es auch nicht möglich eine für den Beschwerdeführer günstige Gefährdungsprognose abzugeben. Positiv ist zwar, dass er sich einer Suchttherapie unterzieht, die ihn möglicherweise vom Alkoholkonsum, der zweifellos eine Triebfeder seiner bisherigen Untaten war, heilen kann, jedoch ist es zu früh, hieraus eine positive Prognose abzuleiten. Auch der Umstand, dass die letzten Delikte während laufender Probezeiten begangen wurden, spricht nicht unbedingt für den Beschwerdeführer, sodass die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr für die Sicherheit und Ordnung nicht zu verkennen ist.

Dennoch überwiegen im vorliegenden Fall die gewichtigen familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich, wo er sechzehn seiner siebenundzwanzig Lebensjahre verbracht hat, gerade noch das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung im Interesse eines geordneten Fremdenwesens. Eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer würde zum maßgeblichen aktuellen Entscheidungszeitpunkt unverhältnismäßig im Sinne von Art 8 Abs 2 EMRK in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, auf deren Führung in Österreich er sich wegen seines langjährigen legalen Aufenthalts in Österreich mit Recht verlassen durfte, erweisen.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher aufgrund der vorgenommenen Interessenabwägung unter Berücksichtigung der genannten besonderen Umstände dieses Beschwerdefalles zum Ergebnis, dass eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer unzulässig ist. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer sind und es war daher gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer auf Dauer unzulässig ist.

Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG im Fall des Beschwerdeführers gegeben sind, war der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids stattzugeben und dem Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, da sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels iSd §§ 54, 55 Abs 2 AsylG vorliegen. Die Erteilung des Aufenthaltstitels war von Amts wegen (§ 58 Abs 2 AsylG) zu erteilen, weil die Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wurde und war auf die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen (§ 54 Abs 2 AsylG).

Aufgrund der Erteilung eines Aufenthaltstitels und der Unzulässigerklärung der Rückkehrentscheidung wurden Spruchpunkte V., VI. und VII. des angefochtenen Bescheides gegenstandslos, sodass auf diese nicht mehr weiter einzugehen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung Aufenthaltstitel befristete Aufenthaltsberechtigung begründete Furcht vor Verfolgung Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Integration Interessenabwägung mündliche Verhandlung mündliche Verkündung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig schriftliche Ausfertigung subsidiärer Schutz Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I413.1243500.2.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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