TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/10 W203 2221052-1

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Veröffentlicht am 10.01.2020
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Entscheidungsdatum

10.01.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
StudFG §11 Abs1
StudFG §12 Abs3
StudFG §30
StudFG §31 Abs4
StudFG §49 Abs3
StudFG §51 Abs1 Z3
StudFG §6 Z1
StudFG §8 Abs1

Spruch

W203 2221052-1/9E

Ausfertigung des am 01.10.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX , Steuerberaterin in XXXX , gegen den Bescheid des an der Stipendienstelle Wien eingerichteten Senates der Studienbeihilfenbehörde vom 25.03.2019, DokNR.: 434285501, zu Recht erkennt:

I)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

II)

Die Revision ist gemäß Art. 133 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) begann im Wintersemester 2014/15 das Studium XXXX an der XXXX und beantragte dafür erstmals am 22.09.2014 die Gewährung von Studienbeihilfe/Studienzuschuss. Anlässlich der Antragstellung gab sie an, dass sie die Einkommensgrenze von 8.000 Euro bzw. - ab dem 01.01.2015 - 10.000 Euro nicht überschreiten werde.

2. Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 15.10.2014 wurde der BF Studienbeihilfe in der Höhe von 442 Euro monatlich ab November 2014 bewilligt, wobei bei der Berechnung der Beihilfenhöhe keine zumutbare Eigenleistung der BF berücksichtigt wurde.

3. Mit Bescheiden der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 10.09.2015, vom 15.09.2016 und vom 10.10.2017 wurde der BF aufgrund deren Antrages vom 22.09.2014 weiterhin Studienbeihilfe bewilligt, wobei wie schon bei der erstmaligen Zuerkennung bei der Berechnung der Höhe der Beihilfe keine zumutbare Eigenleistung der BF berücksichtigt wurde.

4. Am 26.09.2017 informierte die BF die zuständige Stipendienstelle per E-Mail darüber, dass sie sich ab dem 1. Oktober "vom Selbsterhalterstipendium abmelden" wolle.

5. Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 10.10.2017 wurde festgestellt, dass der Anspruch der BF gemäß § 49 Abs. 3 StudFG ab Oktober 2017 bis August 2018 auf Grund des Verzichtes auf die weitere Auszahlung von Studienbeihilfe ruhe.

6. Mit Bescheid vom 14.02.2019 entschied die Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, im Zuge einer "abschließenden Berechnung", dass der Anspruch auf Studienbeihilfe der BF während des Kalenderjahres 2017 im Ausmaß von 4.594 Euro ruhe und dieser Betrag daher zurückzuzahlen sei. Begründend wurde ausgeführt, dass eine Neuberechnung des Anspruches auf Studienbeihilfe durchgeführt worden sei. Diese habe ergeben, dass die BF im Kalenderjahr 2017 ein "tatsächlich zugeflossenes Einkommen" in der Höhe von 13.796,68 Euro erzielt habe. Die (aliquotierte) Zuverdienstgrenze von 7.500 Euro sei demnach um 6.296,88 Euro überschritten worden und dieser Betrag entspreche auch der "tatsächlichen zumutbaren jährlichen Eigenleistung". Die insgesamt im Kalenderjahr 2017 ausgezahlte Studienbeihilfe in der Höhe von 4.594 Euro sei daher zurückzuzahlen.

7. Am 21.02.2019 erhob die BF Vorstellung gegen den Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 14.02.2019 und begründete diese damit, dass sie im Zeitraum von Jänner bis September 2017 ein Einkommen lediglich in der Höhe von 7.431,01 Euro - somit ein Einkommen unterhalb der Zuverdienstgrenze - erzielt habe.

Sie legte ihrer Vorstellung eine Bestätigung ihrer Steuerberaterin vom 21.02.2019 bei, aus der hervorgeht, dass die BF im Zeitraum Jänner bis September 2017 ein Einkommen in der Höhe von 7.431,01 Euro erzielt habe, sowie eine "aus der Finanzbuchhaltung entnommene Einnahmen-Ausgaben-Rechnung per 30.09.2017".

8. Mit Bescheid des an der Stipendienstelle Wien eingerichteten Senates der Studienbeihilfenbehörde (im Folgenden: belangte Behörde) vom 25.03.2019, DokNr. 434285501 (im Folgenden: angefochtener Bescheid), wurde der Vorstellung keine Folge gegeben und der Bescheid vom 14.02.2019 bestätigt.

Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 11 StudFG das Einkommen durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides vorzuweisen (gemeint: nachzuweisen) sei. Das Finanzamt habe für das Kalenderjahr 2017 für die BF ein Einkommen in der Höhe von 19.385,30 Euro ermittelt, der aliquote Betrag für den Bezugszeitraum Jänner bis September 2017 belaufe sich daher auf 14.538,97 Euro. Die aliquote Zuverdienstgrenze (7.500 Euro) sei daher um 7.039,97 Euro überschritten worden, weshalb die gesamte im Kalenderjahr 2017 erhaltene Studienbeihilfe in der Höhe von insgesamt 4.594 Euro zurückzuzahlen sei. Die Berechnung und Aufstellung der von der Steuerberaterin der BF bestätigten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung sei für die Stipendienstelle "nicht nachvollziehbar". Für die rechtliche Beurteilung der hier einschlägigen Vorfrage - nämlich der Feststellung der Höhe des selbständigen Einkommens - sei die Finanzbehörde zuständig. Der Steuerbescheid 2017 sei daher für die belangte Behörde bindend.

Der Bescheid wurde am 11.04.2019 durch Hinterlegung zugestellt.

9. Am 06.05.2019 - eingelangt bei der belangten Behörde am 07.05.2019 - erhob die BF über ihre Vertretung Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass die BF ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG in Form einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittle. Die Stipendienstelle beziehe im angefochtenen Bescheid abermals Einkünfte der BF nach Beihilfenbezug mit ein, was gesetzlich aber nicht vorgesehen sei. Die BF habe nach Abschluss ihres Studiums "selbstverständlich voll gearbeitet" und somit nach dem Abschluss ihres Studiums mehr verdient. Gegenständlich entspreche eine reine Aliquotierung nicht den tatsächlichen Verhältnissen.

10. Mit Schreiben vom 05.07.2019 - einlangend am 09.07.2019 - legte die belangte Behörde die Beschwerde samt zugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen. Dabei wies sie darauf hin, dass seitens der belangten Behörde Zweifel hinsichtlich der Beschwerdelegitimation der Vertreterin der BF bestünden, da einerseits keine Vollmacht vorliege und andererseits diese als Steuerberaterin keine gemäß § 2 Abs. 1 WTBG 2017 zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person sei.

11. Einlangend am 11.07.2019 übermittelte die Vertreterin der BF dem Bundesverwaltungsgericht eine "Vollmacht" vom 18.04.2018, der zu Folge die Vertreterin der BF bevollmächtigt ist, diese "in allen steuerlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen rechtsgültig zu vertreten".

12. Am 01.10.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu der die BF und deren Vertreterin sowie die belangte Behörde als Parteien und die Vertreterin der BF auch als Zeugin geladen waren.

Im Zuge der Verhandlung gab die BF an, dass ihr von Beginn ihres Studiums an bewusst gewesen sei, dass es einen Zusammenhang zwischen Berufstätigkeit und Bezug von Studienbeihilfe gebe. Sie habe sich deswegen auch um einen Teilzeitjob bemüht, um die "Geringfügigkeitsgrenze" nicht zu überschreiten. Sie sei neben ihrem Studium zunächst unselbständig und ab ca. September 2016 selbständig berufstätig gewesen. Da Buchhaltung ein "schwieriges Kapitel" sei, habe sie sich dazu entschlossen, die Dienste einer Steuerberaterin in Anspruch zu nehmen. Im Jahr 2017 habe sie gemeinsam mit einer Partnerin ein berufliches Projekt gestartet, das sich ca. ab Oktober 2017 sehr erfolgreich entwickelt habe. Gemeinsam hätten sie Onlinekurse im Tierernährungsbereich angeboten, ein Konzept, das sich sehr gut entwickelt habe. Sie glaube, dass sie im Jahr 2017 ungefähr einen Umsatz in der Höhe von ca. 20.000 Euro gemacht habe. Das Projekt sei ab Oktober 2017 "richtig ins Laufen gekommen", sodass es durchaus stimmig wäre, dass die BF im Kalenderjahr 2017 im Zeitraum von Jänner bis September insgesamt nur etwa 7.400 Euro und ab Oktober ein durchschnittliches monatliches Einkommen von ca. 4.000 Euro erzielt habe. Nachgefragt gab die BF an, dass sie für die von ihr betreuten Kunden immer zeitnah am Monatsende eine Rechnung in Form von Honorarnoten erstelle. Sie habe alles unternommen, damit es zu keiner studienbeihilfenschädlichen Überschreitung der Zuverdienstgrenze komme und sich dabei auch von einer Expertin, nämlich einer Steuerberaterin, unterstützen lassen.

Die Vertreterinnen der belangten Behörde gaben an, dass die Behörde erst im September 2017 erfahren habe, dass die BF (auch) selbständige Einkünfte lukriere. Als Einkommensnachweise sehe das Studienförderungsgesetz nur und ausschließlich den Einkommensteuerbescheid als Nachweisquelle vor. Das in der belangten Behörde verwendete Studienbeihilfenberechnungsprogramm greife automatisch auf die Daten aus dem Einkommensteuerbescheid zu, sobald dieser vorliege, das aktive Zutun eines Sachbearbeiters sei dafür nicht erforderlich. Bei selbständigen Einkünften sei es sehr schwierig, verlässlich zu prüfen, in welchen Monaten eines Kalenderjahres diese erzielt worden seien, da vom Einkommensteuerbescheid über das gesamte Kalenderjahr auszugehen sei. Bei der "Aufrollung" sei die von der BF vorgelegte Umsatzsteuervoranmeldung berücksichtigt worden, da eine solche von der BF verpflichtend gegenüber den Finanzbehörden abzugeben gewesen wäre, nicht aber die ebenfalls vorgelegte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, weil eine solche im einschlägigen § 11 StudFG nicht vorgesehen sei. Auch unter Berücksichtigung der Umsatzsteuervoranmeldung hätte sich im Falle der BF im Jahr 2017 ein aliquotiertes Einkommen in der Höhe von 15.000 Euro ergeben, was ebenfalls eine Verpflichtung zur Rückzahlung der gesamten in diesem Kalenderjahr erhaltenen Studienbeihilfe zur Folge gehabt hätte. Die von der BF vorgelegte, von deren Steuerberaterin erstellte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung sei für die belangte Behörde nur schwer nachvollziehbar gewesen, da die Mitarbeiter der belangten Behörde keine Steuerexperten wären. Kontakt mit der Steuerberaterin zur Abklärung der Unklarheiten sei seitens der belangten Behörde nicht aufgenommen worden.

Die Vertreterin der BF, die gleichzeitig auch deren Steuerberaterin ist, gab als Zeugin befragt an, dass sie die BF ca. Anfang 2017 auf Grund ihrer Funktion als Steuerberaterin kennengelernt habe, vorher habe sie die BF nicht gekannt. Die im Akt aufliegenden Unterlagen wie Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, Umsatzsteuervoranmeldung und Einkommensteuererklärung erstelle sie alleine und nicht zusammen mit der BF. Die im Falle der BF durchzuführende Einnahmen-Ausgaben-Rechnung orientiere sich am Bankkonto, also konkret daran, wann welche Zahlungen ein- bzw. ausgegangen wären. Man könne das alles sehr präzise einem bestimmten Datum zuordnen. Die bereits oben erwähnten, im Akt aufliegenden Unterlagen habe sie sowohl zur Verwendung für das Finanzamt als auch für die belangte Behörde erstellt, die Aufgliederung für den Zeitraum Jänner bis September 2017 sei aber ausschließlich zwecks Vorlage bei der belangten Behörde erfolgt. Nachgefragt gab die Zeugin an, dass man zu jedem beliebigen Datum eines Kalenderjahres feststellen könne, wie hoch das bis dahin erzielte Einkommen sei, da dies der Sinn einer ordentlichen Buchführung wäre. Der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung könne man detailliert entnehmen, wie hoch jeweils die Einnahmen bzw. Ausgaben gewesen seien - das sei alles in der Buchhaltung durch Zahlungsnachweise und/oder Bankauszüge verifizierbar. Für jeden ausgewiesenen Posten gebe es selbstverständlich einen Beleg, das sei ein wichtiges Buchhaltungsprinzip. Die Frage, ob das im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelte Einkommen dem Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG entsprechen würde, beantwortete die Zeugin wie folgt: "Ja, selbstverständlich. Ich habe mir das nicht nur im EStG, sondern auch im StudFG angesehen."

13. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung verkündete der zuständige Richter das im Spruch wiedergegebene Erkenntnis samt den wesentlichen Entscheidungsgründen.

Die belangte Behörde behielt sich vor, eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG zu beantragen.

14. Am 02.10.2019 beantragte die belangte Behörde die schriftliche Ausfertigung des am 01.10.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF bezog im Kalenderjahr 2017 in den Monaten Jänner bis September Studienbeihilfe in der Höhe von insgesamt 4.594 Euro.

Im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2017 bezog die BF keine Studienbeihilfe.

Die BF erzielte im Kalenderjahr 2017 ein zu versteuerndes Einkommen in der Höhe von 19.385,30 Euro.

Die BF erzielte im Zeitraum von Jänner bis September 2017 insgesamt Einkünfte von weniger als 7.500 Euro.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, der Beschwerde und den Ergebnissen der am 01.10.2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Die Feststellung über den Studienbeihilfenbezug der BF im Kalenderjahr 2017 ergibt sich aus den dem Gericht vorliegenden Bescheiden der belangten Behörde vom 15.09.2016 und vom 10.10.2017, mit denen der BF Studienbeihilfe für alle Monate des Kalenderjahres 2017 zuerkannt bzw. festgestellt wurde, dass der Anspruch der BF auf Studienbeihilfe ab Oktober 2017 ruht.

Die Feststellung betreffend das während des Kalenderjahres 2017 erzielte Einkommen der BF ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Einkommensteuerbescheid 2017 der BF vom 21.11.2018.

Die Feststellung, dass die BF im Zeitraum Jänner bis September 2017 insgesamt Einkünfte von weniger als 7.500 Euro erzielte, ergibt sich aus der von der Steuerberaterin der BF erstellten und dem Gericht vorliegenden Einnahmen-Ausgaben-Rechnung sowie den glaubhaften Angaben der BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung, denen zu Folge sie bewusst darauf geachtet habe, während des Studienbeihilfenbezuges die im StudFG vorgesehene Zuverdienstgrenze nicht zu überschreiten und sich ihre Einkünfte ab Oktober 2017 aufgrund der Ausweitung ihres beruflichen Engagements deutlich erhöht haben. Die in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung enthaltenen und von der Zeugin im Zuge der mündlichen Verhandlung bestätigten und erläuterten Angaben erwiesen sich als plausibel, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen, sodass das erkennende Gericht keine Zweifel an deren inhaltlicher Richtigkeit hegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG sind die Erkenntnisse im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen. Sie sind zu begründen.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat in der Regel das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden, wenn eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden hat.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist den Parteien eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen. Eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses ist in den in Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG genannten Rechtssachen auch dem zuständigen Bundesminister zuzustellen.

Gemäß Abs. 5 leg. cit. kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.

3.2. Zu Spruchpunkt I)

3.2.1. Gemäß § 6 Z 1 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG), BGBl. Nr. 305/1992 idgF, ist Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, dass der Studierende sozial bedürftig ist (§§ 7 bis 12).

Gemäß § 8 Abs. 1 StudFG ist Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes

1. das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, in der jeweils geltenden Fassung zuzüglich

2. der Hinzurechnungen gemäß § 9 und

3. des Pauschalierungsausgleichs gemäß § 10.

Gemäß § 11 Abs. 1 StudFG ist das Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes wie folgt nachzuweisen:

1. grundsätzlich durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides über das zuletzt veranlagte, spätestens jedoch über jenes Kalenderjahr, das dem Beginn des laufenden Studienjahres vorangegangen ist; der Einkommensteuerbescheid einer Arbeitnehmerveranlagung ist nicht heranzuziehen, wenn das zuletzt veranlagte Jahr mehr als drei Jahre zurückliegt und im gemäß Z 2 maßgeblichen Kalenderjahr ausschließlich lohnsteuerpflichtige Einkommen bezogen wurden,

2. bei lohnsteuerpflichtigen Einkünften außerdem durch die Vorlage sämtlicher Lohnzettel über jenes Kalenderjahr, das dem Beginn des laufenden Studienjahres vorangegangen ist,

3. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, die nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988) ermittelt werden, durch die Vorlage des zuletzt ergangenen Einheitswertbescheides,

4. bei steuerfreien Bezügen gemäß § 9 Z 1 und Z 3 durch eine Bestätigung der bezugsliquidierenden Stelle über die Bezüge jenes Kalenderjahres, das dem Beginn des laufenden Studienjahres vorangegangen ist.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist über Sonderausgaben, allfällige steuerfreie Bezüge, Beträge gemäß § 9 Z 2 sowie ausländische Einkünfte eine Erklärung abzugeben. Es können, insbesondere bei ausländischen Einkünften, auch andere Nachweise über das Einkommen oder Teile desselben gefordert werden.

Gemäß § 12 Abs. 3 StudFG ist das Einkommen des Studierenden nur insoweit für die Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit heranzuziehen, als es in Zeiträumen bezogen wird, für die auch Studienbeihilfe zuerkannt wird. Der Studierende hat anlässlich der Antragstellung eine Erklärung über sein Einkommen in den Zeiträumen abzugeben, für die er Studienbeihilfe beantragt.

Gemäß § 30 Abs. 1 StudFG ist für die Höhe der Studienbeihilfe das Ausmaß der sozialen Bedürftigkeit maßgebend.

Gemäß Abs. 2 Z 3 leg. cit. ist die Studienbeihilfe zu berechnen, indem die jährlich jeweils mögliche Höchststudienbeihilfe vermindert wird um die zumutbare Eigenleistung des Studierenden (§ 31 Abs. 4).

Gemäß § 31 Abs. 4 StudFG umfasst die zumutbare Eigenleistung für Studierende den 10 000 Euro übersteigenden Betrag ihrer Bemessungsgrundlage; diese Grenze verringert sich aliquot, wenn nicht während des gesamten Jahres Studienbeihilfe bezogen wird. Bei der Berechnung der Studienbeihilfe ist hinsichtlich der zumutbaren Eigenleistung vorerst von den Angaben des Studierenden gemäß § 12 Abs. 3 auszugehen. Nach Vorliegen sämtlicher Nachweise über das Jahreseinkommen ist eine abschließende Berechnung durchzuführen. Die Differenz der ausbezahlten Studienbeihilfe zu einer sich dabei ergebenden höheren Studienbeihilfe ist von der Studienbeihilfenbehörde an den Studierenden auszubezahlen.

Gemäß § 49 Abs. 3 StudFG ruht der Anspruch auf Studienbeihilfe während eines Kalenderjahres in dem Ausmaß, in dem die Bemessungsgrundlage des Studierenden den Betrag gemäß § 31 Abs. 4 übersteigt. Einkünfte des Studierenden in Monaten, für die keine Studienbeihilfe ausbezahlt wird, bleiben dabei außer Betracht. Ein Verzicht auf die weitere Auszahlung der zuerkannten Studienbeihilfe wirkt für den verbleibenden Zeitraum der Zuerkennung.

Gemäß § 51 Abs. 1 Z 3 StudFG haben Studierende Studienbeihilfenbeträge, die nach dem Eintritt eines gesetzlichen Erlöschensgrundes oder während des Ruhens des Anspruches ausbezahlt wurden, zurückzuzahlen.

3.2.2. Den einschlägigen Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes lässt sich zusammengefasst der Grundsatz entnehmen, dass Studierende in den Monaten, in denen sie Studienbeihilfe beziehen, durchschnittlich maximal ein Zwölftel des in § 31 Abs. 4 StudFG genannten Betrages (derzeit 10.000 Euro) an Einkünften erzielen dürfen, damit sich dieser Zuverdienst nicht auf die Höhe der Studienbeihilfe auswirkt (vgl. dazu insbesondere §§ 12 Abs. 3, 31 Abs. 4 und 49 Abs. 3 StudFG). Wird dieser Betrag überschritten, kommt es zu einer Kürzung der zu gewährenden Studienbeihilfe bzw. im Zuge der sogenannten "Aufrollung" zu einer nachträglichen Verpflichtung zur Rückzahlung (eines Teiles) der bereits ausgezahlten Studienbeihilfe.

Verfahrensgegenständlich wurde der BF im Kalenderjahr 2017 für die Monate von Jänner bis September Studienbeihilfe gewährt und auch ausbezahlt, wobei es aufgrund der der Berechnung der Höhe der Studienbeihilfe zugrundeliegenden Angaben der BF zu keiner Kürzung der Beihilfe wegen "zumutbarer Eigenleistung" der Studierenden kam. Da der BF nur während 3/4 des Kalenderjahres 2017 Studienbeihilfe ausbezahlt wurde, verringert sich aufgrund der Aliquotierungsbestimmung des § 31 Abs. 4 StudFG die für diese maßgebliche Zuverdienstgrenze im selben Ausmaß auf 7.500 Euro.

Der belangten Behörde ist beizupflichten, soweit sie sich darauf beruft, dass als Nachweisquelle für das erzielte Einkommen der maßgeblichen Personen in erster Linie vom Einkommensteuerbescheid auszugehen ist (in diesem Sinn auch VwGH 13.09.2001, 97/12/0344). Dies ergibt sich insbesondere aus den Regelungen der §§ 8 und 11 StudFG. Aus der zuletzt genannten Bestimmung ergibt sich aber auch, dass das Einkommen "grundsätzlich durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides nachzuweisen ist" und dass - abgesehen von den in § 11 Abs. 1 Z 1 bis 4 StudFG genannten Nachweisquellen - "insbesondere bei ausländischen Einkünften auch andere Nachweise über das Einkommen oder Teile desselben gefordert werden können". Aus den dabei verwendeten Formulierungen "grundsätzlich" bzw. "insbesondere" geht einerseits hervor, dass der Einkommensteuerbescheid zwar als die wichtigste, aber nicht als die einzige und ausschließliche Nachweisquelle in Bezug auf Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt sind, heranzuziehen ist, und andererseits, dass neben den in § 11 Abs. 1 Z 1 bis 4 StudFG genannten Quellen gegebenenfalls auch andere, nicht abschließend genannte Nachweise von der Behörde gefordert werden können, wobei sich die zuletzt angeführte Ermächtigung der Behörde in erster Linie, aber eben nicht ausschließlich auf Personen mit ausländischen Einkünften bezieht. Gerade im gegenständlichen Verfahren erscheint die Anwendung dieser beiden Ausnahmeregelungen - nämlich Abstandnahme vom Einkommensteuerbescheid als einziger Nachweisquelle und Berücksichtigung sonstiger Nachweise auch bei inländischen Einkünften - geboten, da sich eine für den Ausgang des Verfahrens maßgebliche Frage - nämlich, in welchen Zeiträumen des Kalenderjahres 2017 welche Einkünfte erzielt wurden - nicht aus dem sich auf das gesamte Kalenderjahr erstreckenden Einkommensteuerbescheid alleine beantworten lässt. Insbesondere seit der Implementierung der "Aliquotierungsbestimmung" des § 31 Abs. 4 in das Studienförderungsgesetz im Jahr 2015 ist es im Falle eines nicht ganzjährigen Bezuges einer Studienbeihilfe erforderlich, auch bei selbständigen Einkünften oder Einkünften aus Gewerbebetrieb Ermittlungen dahingehend durchzuführen, wie sich die erzielten Einkünfte auf die für die Berechnung der Studienbeihilfe maßgeblichen Zeiträume innerhalb eines bestimmten Kalenderjahres verteilen. Die Heranziehung des Einkommensteuerbescheides erscheint dabei als erster Anhaltspunkt durchaus geeignet, bei bestimmten, wie z.B. auch verfahrensgegenständlich vorliegenden Sachverhaltskonstellationen ist aber die Heranziehung weiterer Nachweis geboten, insbesondere und umso mehr dann, wenn ein Studierender bereits während des laufenden Verfahrens eine nicht gleichmäßige Verteilung seiner Einkünfte während des Kalenderjahres geltend macht. Die von einer Steuerberaterin erstellte und von der BF unaufgefordert der belangten Behörde vorgelegte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, an deren inhaltlicher Richtigkeit - wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - keine Bedenken bestehen., erscheint dabei verfahrensgegenständlich als "sonstige Nachweisquelle" iSd § 11 Abs. 2 letzter Satz StudFG durchaus geeignet. Die belangte Behörde hätte die sich aus der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ergebenden Informationen hinsichtlich der Verteilung der Einkünfte im maßgeblichen Kalenderjahr bei der Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides berücksichtigen müssen bzw. - bei Unklarheiten - vor Erlassung des Bescheides ein entsprechendes Ermittlungsverfahren, z.B. durch Befragung der BF bzw. deren Steuerberaterin, durchführen müssen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die BF die für sie maßgebliche Zuverdienstgrenze iSd § 31 Abs. 4 StudFG im Kalenderjahr 2017 nicht überschritten hat, sodass die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Rückzahlungsverpflichtung zu Unrecht erfolgte. Der insofern mit Rechtswidrigkeit behaftete angefochtene Bescheid war daher ersatzlos zu beheben.

Es war daher gemäß Spruchpunkt II) zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt II)

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 i.d.g.F., hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Die hier anzuwendenden Regelungen des Studienförderungsgesetzes erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. OGH 22.03.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, VwGH vom 28.05.2014, Ro 2014/07/0053 und vom 27.08.2014, Ra 2014/05/0007). Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher gemäß Spruchpunkt II) zu entscheiden.

Schlagworte

Bemessungsgrundlage Berechnung Einkommenssteuerbescheid Rückzahlung Studienbeihilfe Zeitraumbezogenheit Zuverdienstgrenze

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W203.2221052.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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