Entscheidungsdatum
13.01.2020Norm
BDG 1979 §14Spruch
W221 2166880-2/9E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 04.12.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Beate WASCHICZEK und Mag. Johannes PEHAM als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. Martin Dercsaly, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 10.10.2018, Zl. BMVRDJ-3001465/0008-II 4/b/2018, betreffend amtswegige Ruhestandsversetzung, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.12.2019, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Am 25.07.2016 unterzog sich der Beschwerdeführer im Auftrag der belangten Behörde einer fachärztlichen Untersuchung, im Hinblick darauf, ob beim Beschwerdeführer - der sich im Krankenstand befand - die Erlangung der Exekutivdienstfähigkeit in absehbarer Zeit zu erwarten, bzw. ob aufgrund seines Zustandes eine dauernde Exekutivdienstunfähigkeit vorliege und dadurch ein Ruhestandsversetzungsverfahren erforderlich sei.
Am selben Tag wurde von einem Nervenarzt ein nervenärztliches Sachverständigengutachten angefertigt und am 03.08.2016 ein polizeichefärztlicher Befund erstellt.
Mit Schreiben vom 12.08.2016 wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben, zum Befund vom 03.08.2016 Stellung zu nehmen. Weiter wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) zu ersuchen, ein ärztliches Gutachten über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu erstellen.
Von der BVA wurde am 21.10.2016 von einer Fachärztin für Psychiatrie ein ärztliches Gutachten erstellt, in dem festgestellt wurde, dass beim Beschwerdeführer eine Tic-Störung vorliege, wobei in der Spezialambulanz von einem Tourettesyndrom gesprochen worden sei.
Am 15.11.2016 wurde von der BVA eine Stellungnahme der Oberbegutachtung mit zusammenfassender Leistungsfeststellung erstellt, in der eine motorische Tic -Störung und eine leichte depressive Episode festgestellt wurde.
Mit Schreiben vom 15.03.2017 teilte der chefärztliche Dienst der BVA nach Rücksprache mit der Fachärztin für Psychiatrie der belangten Behörde mit, dass eine Prognose hinsichtlich des weiteren Krankheitsverlaufs im Moment nicht möglich sei. Eine abschließende Beurteilung betreffend eine eventuelle Besserungsfähigkeit innerhalb der nächsten zwei Jahre könne aus medizinischer Sicht derzeit nicht erfolgen. Eine Nachuntersuchung Ende 2017 werde empfohlen.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 21.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass eine Ruhestandsversetzung von Amts wegen aufgrund dauernder Dienstunfähigkeit gemäß § 14 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) beabsichtigt sei. Weiter wurde der Beschwerdeführer auf die Möglichkeit einer Zuweisung eines Alternativarbeitsplatzes im Bereich der gesamten Bundesverwaltung hingewiesen und aufgefordert zur beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand Stellung zu nehmen.
Zum Parteigehör vom 21.03.2017 ist keine Stellungnahme eingelangt.
Mit Bescheid vom 24.04.2017 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 von Amts wegen in den Ruhestand versetzt. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass bei einer voraussichtlich mehr als zweijährigen Abwesenheit auch nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass der Beschwerdeführer wieder im Exekutivdienst einer Justizanstalt Fuß fassen könne, zumal in dieser Zeit viele Neuerungen in allen Bereichen des Strafvollzugs stattgefunden hätten. Der Schicht- und Wechseldienst, wobei Nachtdienst, sowie das Ausführung von Insassen, Dienst mit der Waffe bedeute, sei ein wichtiger Bestandteil des Exekutivdienstes. Aufgrund des langen Krankenstands des Beschwerdeführers und den ungewissen Heilungschancen sei eine Aufnahme einer normalen Exekutivdienstfähigkeit im Laufe des Jahres 2018 als unwahrscheinlich anzusehen. Der Justizwachedienst sei zu gefährlich, um beeinträchtigt Dienst zu versehen. Besonders im Nachtdienst müsse sich jeder Justizwachebeamte auf den anderen verlassen können. Deshalb sei die belangte Behörde zu dem Schluss gelangt, dass der Beschwerdeführer infolge seiner Tic-Störung nicht mehr in der Lage sei, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen. Auch habe die Prüfung eines mindestens gleichwertigen Arbeitsplatzes im Wirkungsbereich der Dienstbehörde ergeben, dass die Anforderungen aller anderen in Frage kommenden Arbeitsplätze zumindest den Anforderungen seines bisherigen Arbeitsplatzes entsprechen würden, und dass er wegen seiner bei ihm vorliegenden Leiden auch nicht mehr im Stande sei, die damit verbundenen dienstlichen Aufgaben zu erfüllen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht mit Beschwerdevorlage vom 07.06.2017 vor.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2018 wurde der Bescheid vom 24.04.2017 aufgehoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 01.02.2018 wurde die BVA abermals um Erstellung eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ersucht.
Von der BVA wurde von einem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie am 19.04.2018 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstellt. Darüber hinaus wurde von einer Ärztin für Allgemeinmedizin am 07.05.2018 eine Stellungnahme der Oberbegutachtung mit zusammenfassender Leistungsfeststellung angefertigt.
Mit Schreiben vom 29.05.2018 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass gemäß den Ausführungen im Befund und Gutachten der BVA der weitere Einsatz des Beschwerdeführers im Justizwachedienst aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr zulässig sei. Es handle sich um einen Dauerzustand. Es sei daher beabsichtigt, ihn gemäß § 14 BDG 1979 in den Ruhestand zu versetzen. Der Beschwerdeführer machte von seiner Möglichkeit, Stellung zu nehmen, nicht Gebrauch.
Mit im Spruch genannten Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 10.10.2018, zugestellt am 11.10.2018, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 von Amts wegen in den Ruhestand versetzt. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Dienstbehörde im Hinblick auf die in Befund und Gutachten der BVA enthaltenen Ausführungen zum Schluss gelangt sei, dass der Beschwerdeführer infolge seiner Leiden nicht mehr in der Lage sei, seine exekutivdienstlichen Aufgaben zu versehen. Es handle sich dabei um einen Dauerzustand. Der Beschwerdeführer sei auf die Möglichkeit der Zuweisung eines Alternativarbeitsplatzes statt einer Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit hingewiesen worden, jedoch habe er von der ihm hierzu eingeräumten Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht. Die Prüfung, ob dem Beschwerdeführer im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde ein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden könne, habe ergeben, dass die Anforderungen aller anderen in Frage kommenden Arbeitsplätze zumindest den Anforderungen seines bisherigen Arbeitsplatzes entsprechen würden und er wegen der Art und Schwere der bei ihm vorliegenden Leiden auch nicht mehr imstande sei, die mit diesen Arbeitsplätzen verbundenen dienstlichen Aufgaben zu erfüllen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin führt er zusammengefasst aus, dass das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 19.04.2018 eine Besserung gegenüber den vorangehenden Gutachten zeige, weil nun übliche Arbeitspausen ausreichend seien, eine Besserung zu erwarten und eine Nachuntersuchung in zwei Jahren empfehlenswert sei. Weiter habe der Beschwerdeführer alle Ausbildungen absolviert und sei im Kollegenkreis angesehen und beliebt. Darüber hinaus unterlasse es die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid jene Aufgaben seines zugewiesenen Arbeitsplatzes anzuführen, die er leidensbedingt nicht mehr bewältigen könne. Der Bescheid sei daher mangelhaft begründet, sodass er nicht auf seine Richtigkeit hin überprüft werden könne. Soweit im Bescheid vermeint werde, der Beschwerdeführer sei nicht waffenfähig, werde nicht spezifiziert auf welche Waffe sich diese Feststellung beziehe. Es werde weiter darauf hingewiesen, dass insofern nicht von einem Dauerzustand die Rede sein könne, als gemäß dem zuvor genannten Gutachten eine Besserung zu erwarten sei. Auch das Obergutachten vom 07.05.2018 enthalte keine Ausführungen zu einem Dauerzustand. Hinsichtlich eines Ersatzarbeitsplatzes wurde ausgeführt, dass die Eignung des Beschwerdeführers etwa sämtliche Bürotätigkeiten in Justizanstalten zulasse, die auch von Vertragsbediensteten verrichtet würden, da auch diese keinen Nachtdienst versehen und keine Waffe tragen würden. Der Beschwerde beigefügt war ein stationärer Patientenbrief des AKH Wien vom 18.09.2018.
Mit Schreiben vom 27.11.2019 führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, dass er befürchte, dass selbst bei einem langsamen beruflichen Einstieg, erneut Tics auftreten könnten. Auch verhindere das durch die Medikation verursachte hohe Körpergewicht die für einen Justizwachebeamten notwendige Nacheile. Er wolle daher auf einen Arbeitsplatz in administrativer Verwendung versetzt werden, wobei ein Einstieg mit vorerst zwanzig Wochenstunden ratsam sei.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 04.12.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und der belangten Behörde durch, in welcher den Parteien die Gelegenheit gegeben wurde, Stellung zu nehmen und die Sachverständigen gehört wurden. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet.
Mit Schriftsatz vom 05.12.2019 beantragte der Beschwerdeführer rechtzeitig die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer steht als Justizwachebeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wurde als Beamter in der Verwendungsgruppe E2b ernannt.
Der Beschwerdeführer leidet im Rahmen des Tourette-Syndroms unter vokalen und multiplen motorischen Tics und leicht depressiven Episoden und befindet sich seit 26.03.2016 im Krankenstand.
Eine leistungskalkülrelevante Besserung der vorliegenden Hauptursachen der Minderung der Dienstfähigkeit, nämlich motorische Tic-Störung und leicht depressive Episode ist nicht möglich.
Ein Justizwachebeamter muss Dienst im Schicht- und Wechseldienst bei zeitweiser voller Beanspruchung während der Nachtstunden und häufig kürzeren Erholungsphasen leisten. Er braucht körperliche Konstitution und Kondition, die körperliche Fähigkeit zur Nacheile und die volle körperlich-seelische Verfügbarkeit der Voraussetzungen zum Führen und zum Einsatz von Dienstwaffen. Darüber hinaus muss er die uneingeschränkte Fähigkeit besitzen, Entscheidungen unter Zeitdruck oder sonst unter situativ bedingtem Stress zu treffen.
Festgestellt wird, dass dem Beschwerdeführer eine 40-stündige Arbeitstätigkeit im Exekutivdienst als Justizwachebeamter mit Waffenbesitz und Nachtdiensten und Stresssituationen nicht mehr zumutbar ist. Aufgrund seines medikamentenbedingten Übergewichts ist auch die für den Justizwachedienst notwendige Nacheile nicht mehr möglich.
Es stehen keine tauglichen Verweisarbeitsplätze zur Verfügung.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.12.2019.
Die Diagnose ergibt sich aus den im Zuge des Ruhestandsversetzungsverfahren erstellten Gutachten der BVA aus 2016 und vom 19.04.2018 sowie aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten stationären Patientenbrief des AKH Wien vom 18.09.2018, dessen Aktualität er in der mündlichen Verhandlung am 04.12.2019 bestätigte. Er führte dazu in der mündlichen Verhandlung aus, dass die Krankheit nicht heilbar ist, er aber momentan aufgrund der Medikamente tic-frei sei.
Die Anforderungen an den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers ergeben sich aus der im Akt befindlichen Arbeitsplatzbeschreibung und dem Anforderungsprofil, die dem Beschwerdeführer vorgehalten wurden und deren Zutreffen er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.12.2019 bestätigt hat.
Die Feststellungen zur Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den schlüssigen und widerspruchsfreien ärztlichen Gutachten sowie aus der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes.
Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens ergibt sich aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ein hinreichend schlüssiges Gesamtbild, sodass es im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu den getroffenen Feststellungen gelangt und von der Einholung eines weiteren medizinischen Gutachtens Abstand genommen werden konnte. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann der Beweiswert eines solchen, tauglichen Sachverständigengutachtens grundsätzlich nur mehr durch Vorbringen auf gleichem fachlichen Niveau oder durch ein fachlich fundiertes Gegengutachten erschüttert werden. Der Beschwerdeführer ist dem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und bestreitet letztlich auch gar nicht mehr, dass er für den Exekutivdienst und Justizwachedienst nicht mehr dienstfähig ist. Sowohl in seiner Stellungnahme vom 27.11.2019 als auch in der mündlichen Verhandlung führt er dazu aus, dass es bei langanhaltendem Stress zu einem verstärkten Auftreten von Tics kommen könne. Dies wäre insbesondere gegeben bei langen Wachzeiten während des Nachtdienstes, der mit einem Schlafentzug einhergeht, aber auch bei Einsätzen. Außerdem sei aufgrund seines Gewichts die erforderliche Nacheile nicht mehr gegeben. Auch die in der mündlichen Verhandlung als Zeugen einvernommenen Sachverständigen bestätigten, dass der Dienst mit der Waffe und die psychischen Belastungen ein Problem darstellen, ebenso wie ein Nachtdienst aufgrund der auftretenden Schlafstörungen. Auch eine Vollzeittätigkeit sei nicht möglich, sondern ein sanfter Einstieg mit Teilzeit erstrebenswert.
Die Behörde hat im angefochtenen Bescheid und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.12.2019 schlüssig ausgeführt, dass keine tauglichen Verweisarbeitsplätze zur Verfügung stehen. Da der Beschwerdeführer nicht exekutivdienstfähig ist, keinem Stress und Nachtdienst ausgesetzt werden darf und keine Waffe tragen kann, wäre eine Restarbeitsfähigkeit allenfalls für eine Stelle im Administrativbereich mit einem langsamen Wiedereinstieg gegeben. Der Vertreter der belangten Behörde verwies in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.12.2019 darauf, dass es zwar in der Zentralstelle in der Generaldirektion für Strafvollzug E2a-Beamte gibt, die Administrationstätigkeiten ausführen, diese jedoch in ihren Stammjustizanstalten auch Inspektionsdienste vollziehen. Auch wenn diese Inspektionsdienste freiwillig sind und somit beim Beschwerdeführer wegfallen könnten, hat die Behörde glaubhaft dargelegt, dass es derzeit keine freie Stelle in diesem Bereich gibt. Weiters erfordern diese Stellen auch Matura, über die der Beschwerdeführer nicht verfügt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes-oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Zufolge § 135a Abs. 1 BDG 1979 liegt gegenständlich eine Senatszuständigkeit vor.
Zu A)
Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des BDG 1979 lauten -auszugsweise -wie folgt:
"Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit
§ 14. (1) Die Beamtin oder der Beamte ist von Amts wegen oder auf ihren oder seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er dauernd dienstunfähig ist.
(2) Die Beamtin oder der Beamte ist dienstunfähig, wenn sie oder er infolge ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung ihre oder seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihr oder ihm im Wirkungsbereich ihrer oder seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben sie oder er nach ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihr oder ihm mit Rücksicht auf ihre oder seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.
(3) Soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes im Abs. 1 oder 2 von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen, ist von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter - ausgenommen für die gemäß § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996, den dort angeführten Unternehmen zugewiesenen Beamtinnen und Beamten - Befund und Gutachten einzuholen. Für die gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zugewiesenen Beamtinnen und Beamten ist dafür die Pensionsversicherungsanstalt zuständig.
(4) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf jenes Monats wirksam, in dem sie rechtskräftig wird.
(5) - (8) [...]"
Voraussetzung für eine amtswegige Ruhestandsversetzung ist gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten. Unter der bleibenden Unfähigkeit eines Beamten, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, ist alles zu verstehen, was seine Eignung, diese Aufgaben zu versehen, dauernd aufhebt. Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht, ist nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtsfrage, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse und Erfahrungen -allenfalls unter Zuhilfenahme von Hilfsbefunden -Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten und die Auswirkungen, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben, trifft, wobei auch eine Prognose über den weiteren Verlauf des Gesundheitszustandes zu treffen ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung der Frage der "dauernden Dienstunfähigkeit" zu ermöglichen. Das ärztliche Sachverständigengutachten muss ausreichend begründet, das heißt aus dem objektiven Befund schlüssig ableitbar sein. Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zugrunde gelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (VwGH 20.05.1985, 84/12/0121; 28.04.1993, 92/12/0055; 17.10.2008, 2007/12/0184).
Die Frage der Dienstunfähigkeit des Beamten ist zunächst in Ansehung seines aktuellen beziehungsweise des zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes zu prüfen. Maßgebend für eine Ruhestandsversetzung ist daher die Klärung der Frage der Dienstfähigkeit unter konkreter Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben an diesem Arbeitsplatz (Primärprüfung). Ergibt diese, dass der Beamte nicht mehr in der Lage ist, die konkreten dienstlichen Aufgaben seines Arbeitsplatzes in diesem Sinne zu erfüllen, ist zu prüfen, ob die Möglichkeit einer Zuweisung eines tauglichen Verweisungsarbeitsplatzes nach § 14 Abs. 2 BDG 1979 in Betracht kommt (Sekundärprüfung) (vgl. VwGH 14.10.2009, 2008/12/0212; 23.06.2014, 2010/12/0209 mwN).
Wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt, sind die eingeholten Gutachten in sich schlüssig und widerspruchsfrei sowie nachvollziehbar.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann der Beweiswert eines solchen, tauglichen Sachverständigengutachtens grundsätzlich nur mehr durch Vorbringen auf gleichem fachlichen Niveau oder durch ein fachlich fundiertes Gegengutachten erschüttert werden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 52 Rz 65 mwN). Der Beschwerdeführer ist den Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und bestritt im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.12.2019 letztlich auch gar nicht mehr, dass er für den Exekutivdienst und Justizwachedienst nicht mehr dienstfähig ist.
Insgesamt kann folglich im vorliegenden Fall die von der belangten Behörde durchgeführte Primärprüfung nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Zur Prüfung des Vorliegens eines tauglichen Verweisungsarbeitsplatzes:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die frühere, mit der geltenden Rechtslage aber inhaltlich identen Bestimmung des § 14 Abs. 3 (nunmehr Abs. 2) BDG 1979 sind bei Vorhandensein einer Restarbeitsfähigkeit des Beamten vorerst alle Tätigkeiten der in Betracht kommenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der Dienstbehörde anzuführen und dazu anzugeben, ob der Beamte auf Grund seiner festgestellten Restarbeitsfähigkeit imstande ist, diese Tätigkeiten auszuüben, wobei es vorerst nicht darauf ankommt, ob diese Arbeitsplätze frei sind (Prüfung der Verweisungstauglichkeit). Wenn sich herausstellt, dass der Beamte auf Grund seiner Restarbeitsfähigkeit überhaupt keine der Verwendungen der betreffenden Verwendungsgruppe wahrnehmen kann, so darf die Behörde vom Nichtvorliegen von Verweisungsarbeitsplätzen und der Unmöglichkeit eines Vorgehens nach § 14 Abs. 3 leg. cit. Ausgehen. Ergibt die Prüfung hingegen, dass Verweisungsarbeitsplätze existieren, so ist weiter zu prüfen, ob diese in Frage kommenden Verweisungsarbeitsplätze zumindest gleichwertig sind und dem Beamten mit Rücksicht auf die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden können. Die solcherart ermittelten Verweisungsarbeitsplätze sind schließlich auf ihre Verfügbarkeit zu überprüfen. Erst wenn auch diese Prüfung ergibt, dass auf Dauer kein freier Verweisungsarbeitsplatz für den Beamten zur Verfügung steht, kann davon ausgegangen werden, dass die Zuweisung eines solchen nicht erfolgen und der Beamte nach § 14 Abs. 3 leg. cit. nicht als dienstfähig angesehen werden kann. Das Ergebnis dieser Prüfung ist dem Beamten mit einer nachvollziehbaren Begründung mitzuteilen (vgl. etwa VwGH 13.03.2001, 2001/12/0138; 09.04.2004, 2003/12/0229; 02.07.2007, 2006/12/0131).
Die belangte Behörde ist zurecht davon ausgegangen, dass aufgrund der Gutachten keine Restarbeitsfähigkeit der betreffenden Verwendungsgruppe für eine Verwendung im Exekutivdienst im Justizwachebereich mehr vorliegt. Der Beschwerdeführer ist nicht exekutivdienstfähig, darf keinem Stress und Nachtdienst ausgesetzt werden und kann keine Waffe tragen. Die Exekutivdienste im Justizwachebereich sind jedoch alle mit dem Tragen einer Waffe, Stress und Journaldiensten, mit denen Nachtdienste einhergehen, verbunden.
Eine Restarbeitsfähigkeit wäre allenfalls gegeben für eine Stelle im Administrativbereich mit einem langsamen Wiedereinstieg. Der Vertreter der belangten Behörde verwies in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.12.2019 darauf, dass es in der Zentralstelle in der Generaldirektion für Strafvollzug E2a-Beamte gibt, die Administrationsaufgaben erledigen, diese jedoch in ihren Stammjustizanstalten auch Inspektionsdienste vollziehen. Auch wenn diese Inspektionsdienste freiwillig sind und somit beim Beschwerdeführer wegfallen könnten, hat die Behörde glaubhaft dargelegt, dass es derzeit keine freie Stelle in diesem Bereich gibt. Darüber hinaus erfordern diese Stellen auch die Matura, über die der Beschwerdeführer nicht verfügt.
Ein berufskundlicher Sachverständiger zu Frage eines tauglichen Verweisarbeitsplatzes im BMVRDJ, insbesondere in der Generaldirektion für den Strafvollzug, ist vor diesem Hintergrund nicht mehr notwendig.
Ein Mangel in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die Sekundarprüfung ist somit nicht zu erkennen.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
Die Ruhestandsversetzung wird gemäß § 14 Abs. 4 BDG 1979 mit Ablauf jenes Monats wirksam, in dem sie rechtskräftig wird. Das ist aufgrund der mündlichen Verkündung am 04.12.2019 der 01.01.2020.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die unter A) zitierte Rechtsprechung des VwGH ist auf den vorliegenden Fall übertragbar.
Schlagworte
Amtswegigkeit Dienstunfähigkeit Exekutivdienst Ruhestandsversetzung Sachverständigengutachten VerweisungsarbeitsplatzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W221.2166880.2.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020