TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/14 W179 2222630-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.01.2020
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Entscheidungsdatum

14.01.2020

Norm

AEUV Art267
AVG §10 Abs1
AVG §10 Abs4
AVG §13 Abs8
AVG §39 Abs2
AVG §8
B-VG Art133 Abs4
FMGebO §47
FMGebO §48
FMGebO §49
FMGebO §50
FMGebO §51
ORF-G §31 Abs1
RAO §8
RGG §2
RGG §3 Abs1
RGG §3 Abs5
RGG §4 Abs1
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs2
VwGVG §17
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §9 Abs1 Z3
VwGVG §9 Abs1 Z4

Spruch

W179 2222630-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. iur. Eduard Hartwig PAULUS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH, 1180 Wien, gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom XXXX , PNR: XXXX , zur Teilnehmernummer - der XXXX - XXXX , zu Recht erkannt:

A) Beschwerde

Der angefochtene Bescheid wird als rechtswidrig aufgehoben.

B) Revision

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Vorauszuschicken ist, der Beschwerdeführer XXXX und XXXX (kurz: Mitbewohnerin) leben seit dem XXXX im gemeinsamen Haushalt an der verfahrensgegenständlichen Adresse XXXX , und sind die dortigen Rundfunkempfangseinrichtung seit dem XXXX auf XXXX als Rundfunkteilnehmerin unter der Teilnehmernummer XXXX bei der belangten Behörde angemeldet.

Zuvor wohnte XXXX (allerdings nicht XXXX ) vom XXXX an der hier nicht verfahrensgegenständlichen Adresse XXXX , und waren in diesem Zeitraum die dortigen Rundfunkempfangseinrichtungen auf ihn unter der Teilnehmernummer XXXX angemeldet.

2.1. Mit Schriftsatz vom XXXX gab die im Spruchkopf genannte Rechtsvertreterin der belangten Behörde die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers bekannt und führte dieses Schreiben den folgenden Betreff: "[Name des Beschwerdeführers], XXXX , Teilnehmernummer ab XXXX : XXXX und Teilnehmernummer von XXXX : XXXX ; Antrag auf Rückerstattung der bezahlten Umsatzsteuer iHv 10% auf die Rundfunkgebühren.

2.2 Beantragt wurde, die belangte Behörde möge mit Bescheid festlegen, dass die "seit XXXX unionsrechtswidrig bezahlte Umsatzsteuer auf das Programmentgelt von insgesamt XXXX Euro" rückerstattet werde, sowie weiters mit Bescheid feststellen, dass die von der belangten Behörde "vorgeschriebenen Rundfunkgebühren gemäß dem Rundfunkgebührengesetz", welche dem Beschwerdeführer, XXXX , Teilnehmernummer XXXX , vorgeschrieben werden, steuerfrei seien.

2.3. Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens sind ausschließlich die zur Teilnehmernummer XXXX und damit zur Teilnehmernummer der Mitbewohnerin gestellten Anträge, nicht jedoch die zur eigenen Teilnehmernummer des Beschwerdeführers ( XXXX ) gestellten Anträge, welche hiergerichtlich im Beschwerdeverfahren XXXX anhängig sind.

2.4. Die beschwerdeführende Partei begründete ihre Anträge im Wesentlichen damit, dass sie "Mehrwertsteuer für eine Dienstleistung bzw. für Leistungen des ORF" bezahlt habe, die unionsrechtlich nicht der Mehrwertsteuer unterliegen würden, und verwies dazu auf die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) sowie das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 22.06.2016 in der Rechtssache C-11/15 (Ceský rozhlas).

3. Mit E-Mail vom XXXX forderte die Mitbewohnerin von dem auf ihren Namen lautenden E-Mail-Account aus von der belangten Behörde eine Vertragskopie zur Teilnehmernummer XXXX seit Vertragsbeginn an, und war diese Email "gezeichnet" mit " XXXX "; woraufhin ihr die belangte Behörde mitteilte, sie sei unter dieser Teilnehmernummer am oben angeführten Standort seit XXXX im Wege einer Online-Meldung angemeldet. Daraufhin replizierte die Mitbewohnerin, die Erstanmeldung für diese Nummer müsste im Jahr XXXX oder XXXX erfolgt sein und bitte sie nochmals um Übermittlung der dementsprechenden Vertragsunterlagen. Daraufhin gab ihr die belangte Behörde bekannt, dass an der Standortadresse keine andere Teilnehmernummer bei der Behörde verbucht sei sowie die genannte Teilnehmernummer XXXX erst seit dem XXXX aktiv sei.

4. In der Folge räumte die belangte Behörde dem Österreichischen Rundfunk (ORF) gemäß § 8 AVG Parteistellung im Verfahren ein.

5. Zwischenzeitig informierte die belangte Behörde den Rechtsvertreter über das vorläufige behördliche Ermittlungsergebnis zur Teilnehmernummer XXXX , wonach es Widersprüche zwischen dem Antragsteller (dem hiergerichtlichen Beschwerdeführer) und den Angaben zum von der belangten Behörde geführten Rundfunkteilnehmer (der Mitbewohnerin) gibt, und räumte sie dem Rechtsvertreter die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme dazu ein. Zudem gab sie bekannt, dass dem ORF die Stellung einer Partei eingeräumt worden sei.

6. Mit Schreiben vom XXXX gab der Rechtsvertreter zur Teilnehmernummer XXXX zum Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab, die in keinem prima facie erkennbarem Zusammenhang zum mittgeteilten vorläufigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens steht.

7. Auf dieses Schreiben replizierte die belangte Behörde mit Schriftsatz vom XXXX (explizit) insoweit, als sie ausführte, Sie [gemeint: die Rechtsvertreterin] habe in Vertretung des eingangs näher bezeichneten Teilnehmers die dargestellten Anträge gestellt, woraufhin die Behörde das Ermittlungsverfahren eingeleitet habe, in dessen Rahmen sie verpflichtet sei, den vollständigen entscheidungsrelevanten Sachverhalt in alle Richtungen von amtswegen zu erheben. Aufgrund der bisherigen Ergebnisse gehe die Behörde vorläufig davon aus, dass die angeforderten Informationen entscheidungsrelevant sein könnten und weise sie den Antragsteller auf seine Verfahrensführung nach § 39 Abs 2a AVG hin. Sollte Behörde die angeforderten Informationen nicht erhalten, werde die Entscheidung aufgrund der im Entscheidungszeitpunkt im Ermittlungsakt sonst enthaltenen Informationen und Daten getroffen werden.

Dieses behördliche Schreiben ist allerdings im Adresskopf als auch in der Anrede an die Mitbewohnerin (!) gerichtet und weist der Betreff unter der Teilnehmernummer XXXX gleichermaßen die Mitbewohnerin als vertreten durch besagte Rechtsvertreterin aus.

8. Zu diesem behördlichen Schreiben vom XXXX antwortete die besagte Rechtsvertreterin zur Teilnehmernummer XXXX und der im Betreff angeführten Mitbewohnerin mit Schreiben vom XXXX , dass es nicht darum gehe, ob und warum die vorgeschriebenen Rundfunkgebühren zu bezahlen sind, sondern um die Tatsache, dass im gesamten Zeitraum seit der Anmeldung unionsrechtswidrig Umsatzsteuer auf das Programmentgelt vorgeschrieben worden sei, und wies auf die behördliche Entscheidungspflicht binnen sechs Monaten sowie daraufhin, dass sie bereits mit der Einbringung einer Säumnisbeschwerde im Falle einer Entscheidungssäumnis beauftragt worden sei.

9. Daraufhin informierte die belangte Behörde den ORF, dass es hinsichtlich der von der beschwerdeführenden Partei gestellten Anträge zwei Teilnehmernummern gebe, und dem ORF auch im zweiten Verfahren Parteistellung eingeräumt werde.

10. Mit Schreiben vom XXXX erstattete der ORF zur Mitbewohnerin unter ihrer Teilnehmernummer XXXX eine Stellungnahme samt Antrag auf Antragsabweisung, welche die belangte Behörde an die Mitbewohnerin, vertreten durch besagte Rechtsvertreterin, zustellte.

11. Zu dieser Stellungnahme des ORF bringt die Rechtsvertreterin für die Mitbewohnerin ihrerseits eine Gegenstellungnahme ein, ohne selbst einen (neuen) Antrag zu stellen, jedoch führte sie aus: dass sämtliche Anträge vollinhaltlich aufrechterhalten werden.

12. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde einerseits den Antrag des Beschwerdeführers auf Rückerstattung bezahlter Umsatzsteuer auf das ORF-Programmentgelt nach § 31 ORF-Gesetz (ORF-G) für den Zeitraum vom XXXX ab und andererseits den weiteren Antrag der beschwerdeführenden Partei auf bescheidmäßige Feststellung der Steuerfreiheit der nach dem Rundfunkgebührengesetz vorgeschriebenen Rundfunkgebühren zurück. (Der bekämpfte Bescheid weist sowohl als formellen Empfänger als auch materiellen Bescheidaddressaten den Beschwerdeführer aus.)

Begründend führt die belangte Behörde zusammengefasst zum ersten Antrag aus, die Mitbewohnerin der beschwerdeführenden Partei habe die Rundfunkempfangsgeräte angemeldet und sei somit Rundfunkteilnehmer der Teilnehmernummer XXXX im Sinne des § 31 Abs 1 ORF-G iVm § 2 Abs 1 RGG; was der Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Partei durch Nennung der Mitbewohnerin im Schreiben vom XXXX im Ergebnis auch bestätige. Da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Vertreter schon im Zeitpunkt seines Handelns zumindest schlüssig zu erkennen geben habe, dass er als Vertreter einer bestimmten Person tätig werde (mHa VwGH 24. Februar 2005, 2004/07/0170), was hier jedoch nicht vorliege (so enthalte der gestellte erste Antrag seinem objektiven Erklärungswert zufolge keinen Hinweis, dass dieser bloß im Namen der Mitbewohnerin und nicht im eigenen Namen des Beschwerdeführers gestellt worden sei), weshalb der Antrag der beschwerdeführenden Partei mangels Vertretung und mangels eigener Rundfunkteilnehmereigenschaft abzuweisen sei. Zumal dem Beschwerdeführer in der Vergangenheit auch keine Beiträge zur Zahlung vorgeschrieben worden seien.

Hinsichtlich des zweiten Antrages führt die Bescheidbegründung zusammengefasst aus, da der Beschwerdeführer weder Rundfunkteilnehmer sei noch ihm Beträge zur Zahlung vorgeschrieben wurden oder werden, mangle es ihm an einer Parteistellung und liege ein bloßes Interesse an einer abstrakt-theoretischen Rechtsfrage ohne unmittelbare Auswirkung auf seine eigene Rechtsposition vor, weswegen dieser Antrag zurückzuweisen sei.

13. Gegen diesen Bescheid wendet sich das vorliegende Rechtsmittel, erhoben von dem Beschwerdeführer (und nicht der Mitbewohnerin), vertreten durch den zitierten Rechtsvertreter, mit welcher der Bescheid zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten und der Antrag gestellt wird, das Bundesverwaltungsgericht möge:

"1. eine mündliche Verhandlung durchführen,

2. den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde [...] dahingehend abändern, dass dem Antrag des Beschwerdeführers auf Rückerstattung bezahlter Umsatzsteuer auf das ORF-Programmentgelt nach § 31 des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk für den Zeitraum XXXX stattgegeben wird,

3. den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde [...] dahingehend abändern, dass dem Antrag des Beschwerdeführersn auf bescheidmäßige Feststellung der Steuerfreiheit der nach dem Bundesgesetz betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren vorgeschriebenen Rundfunkgebühren stattgegeben wird,

in eventu

4. den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde [...] aufheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückverweisen."

Ferner regt die beschwerdeführende Partei an, das Bundesverwaltungsgericht möge einen Antrag gemäß Art 267 AEUV auf Vorabentscheidung der Frage der Auslegung der MwStSyst-RL 2006/122/EG an den EuGH stellen.

Schließlich wurde gemäß § 265 Abs 1 BAO der Antrag gestellt, die Beschwerde möge unverzüglich dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werden, sowie im Sinne des § 262 Abs 2 lit a BAO eine Beschwerdevorentscheidung unterbleibt.

Begründet wird die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass sich die beschwerdeführende Partei als Unionsbürger in ihrem dem Unionsrecht, insbesondere der MwStSystRL, entstammenden Recht verletzt erachte, nicht zur Bezahlung der Mehrwertsteuer verpflichtet zu werden, wenn gemäß Unionsrecht, insbesondere der MwStSystRL, keine der Mehrwertsteuer unterliegende Zahlungsverpflichtung vorliege. Die beschwerdeführende Partei fühlt sich ferner in ihrem Recht auf Feststellung der Steuerfreiheit nach Unionsrecht verletzt.

14. Daraufhin informiert die belangte Behörde den ORF über die eingelangte Beschwerde.

15. Mit Schreiben vom XXXX legt die belangte Behörde die verfahrensgegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt vor, ohne eine Gegenschrift zu erstatten noch Anträge zu stellen. Ebenso unterbleibt eine Gegenschrift des ORF in diesem Beschwerdeverfahren zur Teilnehmernummer XXXX .

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Als entscheidungswesentliche Sachverhalt werden zunächst die Punkte 1., 2.1. und 2.2. des Verfahrensganges festgestellt.

2. Der Verwaltungsakt enthält (neben der ersten Seite des angefochtenen Bescheides) keine Zustellverfügung des in Beschwer gezogenen Bescheides.

3. Die erste Seite des angefochtenen Bescheides lautet wortwörtlich:

"

Bild kann nicht dargestellt werden

"

4. Das behördliche Schreiben vom XXXX ist nicht an den Beschwerdeführer, sondern an die Mitbewohnerin als Empfängerin gerichtet, zudem enthält es zusätzlich den Satz: "Sie haben - auf das Wesentliche zusammengefasst - in Vertretung des eingangs näher bezeichneten Teilnehmers den Antrag auf Rückzahlung angeblich zu Unrecht bezahlte Umsatzsteuer auf das ORF-Programm Entgelt gestellt." Als Teilnehmer ist eingangs die Mitbewohnerin und nicht der Beschwerdeführer genannt.

5. Die belangte Behörde stellte die Stellungnahme des ORF vom XXXX mit Schreiben vom XXXX nicht dem Beschwerdeführer, sondern der Mitbewohnerin zur Äußerung zu. Besagte Stellungnahme des ORF spricht im ersten Satz von den Anträgen der Mitbewohnerin als Antragstellerin (und nicht des Beschwerdeführers), was die belangte Behörde bei der Zustellung an die Mitbewohnerin unkommentiert lässt.

6. Der letzte Absatz der Gegenstellungnahme der Mitbewohnerin vom XXXX zur Stellungnahme des ORF, bei der Behörde am XXXX eingegangen, lautet wortwörtlich: "Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sämtliche Ausführungen des ORF in der vorliegenden Stellungnahme am Wesen der Angelegenheit vorbeigehen und sämtliche Anträge vollinhaltlich aufrechterhalten werden."

2. Beweiswürdigung:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erschließt sich unzweifelhaft aus der vorliegenden Aktenlage und der darin einliegenden Schriftstücke, insbesondere aus den gestellten Anträgen, den behördlichen Schreiben vom XXXX , der Stellungnahme des ORF vom XXXX , dem Schreiben der Mitbewohnerin vom XXXX , aus dem angefochtenen Bescheid sowie der erhobenen Beschwerde.

Die Feststellungen der Punkte 1., 2.1. und 2.2. des Verfahrensganges beruhen gleichsam auf der Aktenlage sowie der damit übereinstimmenden hiergerichtlichen Abfragen des Zentralen Melderegisters.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Beschwerde:

1. Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben.

2. Die Beschwerde ist hinsichtlich der Frage des Vorliegens einer Beschwerdelegitimation auch zulässig, denn:

2.1. Wenngleich der Verwaltungsakt zum angefochtenen Bescheid keine Zustellverfügung im eigentlichen Sinne, wie dargestellt, enthält, ergibt sich der (formelle) Empfänger des angefochtenen Bescheides im Sinne des Zustellgesetzes - und damit der dementsprechende Wille (!) der Behörde - bereits aus der abgebildeten ersten Seite, wenn auf dieser (ganz oben noch vor dem Wort Bescheid) der Beschwerdeführer ad personam genannt ist, was einer Zustellverfügung noch am nächsten kommt.

2.2. Hinzutritt, dass der (materielle) Bescheidadressat (jedenfalls) der Beschwerdeführer ist, weil dieser im (rudimentär gehaltenen) Spruchkopf wiederum namentlich (neben dem zitierten Rechtsvertreter als seine Vertretung) genannt ist, sowie über seine Anträge mit dem angefochtenen Spruch entschieden wurde.

3. Die Beschwerdegründe setzen sich nicht mit der Bescheidbegründung des angefochtenen Bescheides auseinander. Allerdings beschränken der Beschwerdeantrag und die Beschwerdegründe auf dem Boden der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht den Umfang der nach § 27 VwGVG vorzunehmenden hiergerichtlichen Überprüfung des angefochtenen Spruches.

Denn das Beschwerdebegehren (§ 9 Abs 1 Z 4 VwGVG 2014) bedeutet keine Einengung des Prüfungsumfanges der VwG, sondern der Wortlaut "auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4)" in § 27 VwGVG stellt lediglich klar, dass sich das VwG sowohl mit den Beschwerdegründen als auch mit dem Begehren der beschwerdeführenden Partei im Rahmen der Prüfung des bei ihm angefochtenen Bescheides inhaltlich auseinanderzusetzen hat (vgl VwGH 6.4.2016, Ro 2015/03/0026, mwHa die Erkenntnisse vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwH, vom 23. Juni 2015, Ra 2014/22/0199, vom 26. März 2015, Ra 2014/07/0077, sowie das E vom 9. September 2015, Ro 2015/03/0032).

Zudem besteht eine in jeder Richtung offene hiergerichtliche Prüfbefugnis des angefochtenen Spruches schon deshalb, weil erstens das Amtswegigkeitsprinzip durch das Gericht (vgl § 17 VwGVG iVm § 39 Abs 2 AVG) jedenfalls zu beachten ist, und es zweitens im (administrativen) Beschwerdeverfahren kein Verschlechterungsverbot (wie im Verwaltungsgerichts-strafverfahren; vgl § 42 VwGVG) gibt.

4. Aus dem vom Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Partei eingebrachten Antragsschreiben vom XXXX erschließt sich in Zusammenschau mit dessen Betreff, dass die in diesem ausformulierten Anträge - zweimal - für zwei unterschiedliche Teilnehmernummern samt divergierenden Zeiträumen gestellt wurden, nämlich einmal für die Teilnehmernummer XXXX ab XXXX , sowie zur Teilnehmernummer XXXX für einen früheren Zeitraum.

Der angefochtene Bescheid spricht ausschließlich über die zur Teilnehmernummer XXXX gestellten Anträge ab, die auch beide mit dem erhobenen Rechtsmittel in Beschwerde gezogen werden, sodass ausschließlich diese Gegenstand des hiergerichtlichen Beschwerdeverfahrens sind.

5. Unzweifelhaft hat die zitierte Rechtsvertreterin im - dem vorliegenden Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden - zur Teilnehmernummer XXXX abgeführten Administrativverfahren sowohl den Beschwerdeführer als auch seine Mitbewohnerin vertreten. Denn die von der Rechtsvertreterin für die Mitbewohnerin an die belangte Behörde gemachten Eingaben sind ihrem objektiven Erklärungswert zufolge und im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als "Berufung" auf die Vertretungsvollmacht iSd § 10 Abs 1 letzter Satz AVG zu verstehen, die den urkundlichen Nachweis ersetzt. Zumal die belangte Behörde ebenso an die Mitbewohnerin vertreten durch die zitierte Rechtsvertreterin zur verfahrensgegenständlichen Teilnehmernummer Schreiben zustellte (siehe dazu unten).

6.1. Die belangte Behörde hat richtigerweise einen Widerspruch zwischen den Namen des Antragstellers (des Beschwerdeführers) und der Mitbewohnerin als Rundfunkteilnehmerin erkannt, und ein diesbezügliches vorläufiges Ergebnis des Ermittlungsverfahrens dem Rechtsvertreter mit Schreiben vom XXXX bekanntgegeben; wobei auffällt, dass dieses ausschließlich an die Standortadresse, vertreten durch besagten Rechtsvertreter, doch weder an den Beschwerdeführer noch die Mitbewohnerin als Empfänger formell adressiert ist. Auf dieses vorläufige Ermittlungsergebnis antwortet der Rechtsvertreter wiederum für den Beschwerdeführer, allerdings ohne jedweden Bezug auf den aufgezeigten Widerspruch bzw. das Ermittlungsergebnis.

Wäre die belangte Behörde daraufhin bei ihrer Ansicht und damit bei ihrem mittgeteilten vorläufigen Ergebnis geblieben, könnte der Inhalt des angefochtenen Bescheides prima facie nachvollzogen werden.

6.2. Allerdings räumte die belangte Behörde daraufhin nochmals mit Schreiben vom XXXX ein Parteiengehör zum aufgeworfenen Widerspruch samt Hinweis auf die Verfahrensförderungspflicht ein [wenngleich dieses im behördlichen Aktenspiegel als Ergebnis der Beweisaufnahme tituliert ist, wird mit diesem kein klar abgegrenztes Ergebnis bekannt gegeben]. Dieses Schreiben ist nicht an den Beschwerdeführer, sondern an die Mitbewohnerin (!) als Empfängerin gerichtet, zudem enthält es zusätzlich den Satz: "Sie haben - auf das Wesentliche zusammengefasst - in Vertretung des eingangs näher bezeichneten Teilnehmers den Antrag auf Rückzahlung angeblich zu Unrecht bezahlte Umsatzsteuer auf das ORF-Programm Entgelt gestellt." Als Teilnehmer ist eingangs allerdings die Mitbewohnerin (!) und nicht der Beschwerdeführer genannt.

In der Folge stellte die belangte Behörde die Stellungnahme des ORF gleichermaßen nicht dem Beschwerdeführer, sondern wiederum der Mitbewohnerin (!) zur Äußerung zu. Zudem spricht besagte Stellungnahme des ORF bereits im ersten Satz von den Anträgen der Mitbewohnerin (und nicht des Beschwerdeführers), was die belangte Behörde bei der Zustellung an die Mitbewohnerin unkommentiert ließ.

Die belangte Behörde hat also selbst das Verfahren zur gegenständlichen Teilnehmernummer mit der Mitbewohnerin (und nicht dem Beschwerdeführer) fortgeführt, und durfte diese aufgrund dieses Umstandes und der zuvor dargestellten Inhalte der Schreiben davon ausgehen, dass die belangte Behörde die ursprünglich vom Beschwerdeführer gestellten Anträge zwischenzeitig als die Anträge der Mitbewohnerin als Rundfunkteilnehmerin anerkannt hatte, wovon die Behörde nicht einfach - überraschenderweise - einseitig (ohne erneutes Gehör) wieder abrücken kann.

6.3. Vor allem hält jedoch der letzte Absatz der Gegenstellungnahme der Mitbewohnerin (!) zur Stellungnahme des ORF, wie dargestellt, fest, dass sämtliche Anträge vollinhaltlich aufrechterhalten (!) werden. Damit hat die Mitbewohnerin spätestens zu diesem Zeitpunkt die vom Beschwerdeführer gestellten Anträge (außenwirksam) nachträglich genehmigt und als ihre anerkannt, was die belangte Behörde übersieht.

7. Vor diesem Hintergrund hätte die belangte Behörde hinsichtlich beider Anträge jeweils über einen Antrag der Mitbewohnerin, und nicht des Beschwerdeführers abzusprechen gehabt. Zumal ein Antrag in jedem Verfahrensstadium nach § 13 Abs 8 AVG abgeändert werden kann, solange kein aliud entsteht oder die Zulässigkeit der belangten Behörde betroffen ist, was beides nicht vorliegt.

Somit hat die belangte Behörde nicht über den Verfahrensgegenstand - nämlich Anträge der Mitbewohnerin - entschieden, sondern diesen überschritten, indem sie über nicht (mehr) verfahrensgegenständliche Anträge (nämlich jener des Beschwerdeführers) absprach, weshalb sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. Schon deshalb ist der angefochtene Bescheid ausweislich § 28 Abs 1, 2 u 5, § 17 VwGVG iVm § 10 Abs 1, Abs 4 und § 13 Abs 8 AVG iVm § 8 RAO als rechtswidrig aufzuheben.

8. Da der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine Verhandlung ausweislich § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Revision:

9. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren waren die Rechtsfragen zu klären, i) wer (formeller und materieller) Empfänger des angefochtenen Bescheides, ii) wer letztlich Antragsteller des Administrativverfahrens ist, sowie damit iii) der Verfahrensgegenstand zu definieren.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich.

Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher auch in diesem Punkt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Kassation Parteistellung Programmentgelt Prüfungsumfang Rückerstattung Rundfunkempfang Steuerfreiheit Umsatzsteuer Vertretungsbefugnis Vertretungsvollmacht Vorabentscheidungsersuchen Widerspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W179.2222630.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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