Entscheidungsdatum
15.01.2020Norm
AsylG 2005 §8 Abs1Spruch
W105 2126667-1/26E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald Benda als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. DR Kongo, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.05.2016, Zl. 1049920601-150032142/BMI-BFA_KNT_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.01.2019, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat DR Kongo zuerkannt.
II. Gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15.01.2021 erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo, stellte am 12.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer wurde am 13.01.2015 niederschriftlich durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einvernommen.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 28.10.2015 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwies der Antragsteller auf vorliegende massive gesundheitliche Probleme.
2. Aufgrund der im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren bereits vorgelegten umfangreichen medizinischen Unterlagen zu verschiedenen Krankheitsbildern sowie der genauen Darlegung einer notwendigen Medikation trat die Behörde erster Instanz in Ermittlungen zur Verfügbarkeit adäquater medizinischer Behandlung sowie zur Verfügbarkeit einer hinreichenden Medikation in der Demokratischen Republik Kongo ein. Mit 08.04.2016 erstattete die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl eine umfassende Expertise zu erhältlichen Medikamenten, Wirkstoffen sowie zur Erreichbarkeit adäquater medizinischer Behandlung und Versorgung in der Demokratischen Republik Kongo.
3. Mit Bescheid des BFA vom 03.05.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat DR Kongo abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach der DR Kongo zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Zentral wurde hiezu ausgeführt wie folgt:
"Somit besteht keine medizinische Notwendigkeit einer Weiterbehandlung in Österreich.
Auszug aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 08.04.2016 (MEDCOI = Medical Country of Origin Information):
Stationäre Behandlung, sowie auch ambulante Behandlung und Nachsorge durch einen Neurologen sind an der University Clinics of Kinshasa, Commune de la Gombe, in Kinshasa, einem öffentlichen Krankenhaus, verfügbar.
Stationäre Behandlung, sowie auch ambulante Behandlung und Nachsorge von einem Facharzt für Innere Medizin (Internist) sind an der University Clinics of Kinshasa, Avenue By Pass, Commune de Lemba, Kinshasa, einem öffentlichen Krankenhaus, verfügbar.
Stationäre Behandlung, sowie auch ambulante Behandlung und Nachsorge durch einen Augenarzt (Ophthamologe) sind an der University Clinics of Kinshasa, Commune de la Gombe, in Kinshasa, einem öffentlichen Krankenhaus verfügbar. Lesebrillen sind in einer privaten Praxis erhältlich Die Adresse dieser Praxis ist 226 Colonel Mondjiba, habitation #134b, Commune de la Gombe, Kinshasa,.
Stationäre Behandlung, sowie auch ambulante Behandlung und Nachsorge durch einen Psychiater sind an der University Clinics of Kinshasa, Commune de la Gombe, in Kinshasa, einem öffentlichen Krankenhaus, verfügbar. Auch eine Stationäre Behandlung durch einen Psychologen ist in dieser Einrichtung verfügbar.
Stationäre Behandlung, sowie auch ambulante Behandlung und Nachsorge durch einen Kardiologen sind an der University Clinics of Kinshasa, Commune de la Gombe, in Kinshasa, einem öffentlichen Krankenhaus, verfügbar.
Stationäre Behandlung, sowie auch ambulante Behandlung und Nachsorge durch einem Lungenfacharzt (Pulmologe) sind an der University Clinics of Kinshasa, Commune de la Gombe, in Kinshasa, einem öffentlichen Krankenhaus, verfügbar. Dazu besteht die Möglichkeit privat eine CPAP Therapie (Therapie der Schlafapnoe mithilfe eines Beatmungsgeräts) im Centre Medical de Kinshasa, 168 Avenue Wagenias, Commune de la Gombe, Kinshasa durchzuführen. Die Instandhaltung und Reparatur des Beatmungsgeräts werden ebenso in diesem Zentrum angeboten.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit einer stationären Rehabilitation an der University Clinics of Kinshasa, Commune de la Gombe, in Kinshasa.
Privat kann auch ein Rollstuhl erworben werden in der Pharmacie du 30.Juin, Avenue Betetela/Boulevard du 30.Juin in Kinshasa.
Aus dem Inhalt der Länderfeststellungen ergibt sich zudem, dass die Grundversorgung mit Nahrungsmittel im Heimatland gewährleistet ist. Es besteht weiters ein Sozialhilfesystem auf niedrigem Niveau und kann humanitäre Hilfe bei den in der Demokratischen Republik Kongo tätigen internationalen und nationalen humanitären Organisationen gefunden werden.
Trotz schwieriger wirtschaftlicher Verhältnisse besteht somit im Herkunftsstaat keine Situation, wonach Sie lebensgefährdend in Ihrer Existenz bedroht wären. Von einer finanziellen Notsituation haben Sie weder von sich, noch von Ihren Angehörigen berichtet. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass Sie in keine existentielle Notlage in Ihrem Heimatland kommen könnten.
Da Ihnen wie bereits erörtert im Herkunftsstaat keine Verfolgung droht, Sie über Anknüpfungspunkte (mindestens Ihre Familie, Eltern und Bruder) verfügen, geht die Behörde davon aus, dass Ihnen im Herkunftsstaat auch keine Gefahren drohen, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.
Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass Sie in keine existentielle Notlage in Ihrem Heimatland kommen könnten und Unterstützung durch das staatliche bzw. familiäre Netzwerk finden würden."
5. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und führte der Antragsteller im Rahmen des Beschwerdeschriftsatzes auszugsweise aus, er habe Gedächtnislücken und vergesse viel und habe ihm der Arzt gesagt, dass dies bei einer Parkinson-Krankheit so sei. Er habe einen Neurologen aufgesucht und sich testen lassen und habe auch seine Freundin den Eindruck, dass er viel vergesse.
Was seine Gesundheit betreffe, sei er überrascht, wie man sagen könne, dass man seine Krankheit in Kinshasa behandeln könne. Er brauche regelmäßig mehrere Medikamente, müsse diese aber selbst bezahlen und sei er nicht fähig zu arbeiten. Natürlich sei es auch sehr teuer, wenn man in Kinshasa ins Krankenhaus gehe. Wenn man kein Geld für eine Behandlung habe, sterbe man.
6. Mit einer Mehrzahl von Eingaben führte der Antragsteller einerseits zentral ins Treffen, dass die scheinbaren Widersprüche in den Angaben des Antragstellers auf den geistigen Gesundheitszustand des Antragstellers zurückzuführen seien und sei dies bei der Beweiswürdigung nicht hinreichend berücksichtigt worden. In diesem Zusammenhang wurde darauf verwiesen, dass der Antragsteller aufgrund eines erlittenen Schlaganfalles sowie weiterer Krankheitsbilder unter Gedächtnislücken leide. Aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen gehe hervor, dass der Beschwerdeführer psychisch schwerst belastet und suizidgefährdet sei. Auch leide der Beschwerdeführer an Störungen hinsichtlich seiner Merkfähigkeit. Im Falle der Abschiebung würde der Antragsteller in eine ausweglose Situation geraten. Auch die herangezogene Anfragebeantwortung sei nicht geeignet den Feststellungen zugrunde gelegt zu werden. In der Anfragebeantwortung sei lediglich angeführt, dass bestimmte Ärzte und bestimmte Medikamente verfügbar wären. Weiters legte der Antragsteller die Kopie eines sogenannten Laissez-Passer, ausgestellt durch die Justizbehörden der DR Kongo vor.
7. Im Rahmen der anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 16.01.2019 wurde zentral auf die medizinischen Probleme des Antragstellers Bezug genommen sowie war der Antragsteller neuerlich aufgefordert seine Ausreisegründe bzw. eine bestehende Verfolgungsbefürchtung darzulegen. Das Beschwerderechtsgespräch stellt sich wie nachstehend dar:
* "RI: Ich ersuche sie nun genau den medizinischen Status Ihres Mandanten genau darzulegen.
BFV: Beim BF wurden folgende Diagnosen gestellt:
Primäres Parkinson-Syndrom, essentielle Hypertonie (Bluthochdruck), Anpassungsstörung, weswegen er im November 2015 in der Psychiatrie im LKH XXXX aufgenommen war. Weiters eine Depression, Prespiobtie, ein Schlafapnoe-Syndrom, erhöhtes Schlaganfallrisiko. Aufgrund des Parkinson-Syndroms leidet der BF unter einer rechtseitigen Lähmung, vor allem ist die rechte Hand und Unterarm betroffen. Der BF ist Suizid gefährdet, wie aus der fachlichen Äußerung vom 14.12.2015 hervorgeht. Der BF ist aufgrund seiner Suizidalität in psychotherapeutischer Behandlung und aufgrund des Schlafapnoe-Syndrom muss der BF eine Schlafmaske tragen, damit die Atmung in der Nacht nicht aussetzt, die nur mit Anschluss an das Stromnetz funktioniert. Der BF leidet weiters an Rückenschmerzen nach einem Sturz.
Letzteres geht ua. aus der ärztlichen Bestätigung von XXXX (Allgemein Medizinerin) vom 10.12.2018 vor.
Zum Atemtherapiegerät lege ich einen Compliance-Nachweis vor.
RI: Gibt es aktuelle Befunde oder Unterlagen zum Stadium der Parkinson-Erkrankung zwischenzeitlich etwa einen Befund oder ein Gutachten inwieweit es dem BF zugemutet werden kann, sich über die in der Vergangenheit liegende Ereignisse wahrheitsgemäß zu äußern?
BFV: Es gibt hierzu nichts Neues. Ich verweise auf die Eingabe vom 31.05.2016, womit eine ärztliche Bestätigung vom 20.05.2016 vorgelegt wurde, in welcher Störungen der Merkfähigkeit festgehalten werden und es immer wieder zu sprach-. Und Verständnisschwierigkeiten kommt.
Zur ärztlich verordneten Schlafmaske, die an den Strom angeschlossen werden muss, wird festgehalten, dass der BF bei einer Rückkehr in sein Heimatland, wie auch im Bescheid auf Seite 37 des gegenständlichen Bescheides festgestellt, Elektrizität im Herkunftsland aufgrund technischer Probleme nicht regelmäßig gewährleitet ist.
Zur Parkinson-Erkrankung: Ein absetzen der Medikamente, nicht nur aber vollem jener gegen Parkinson, würden für den BF wie die belangte Behörde auf Seite 50 feststellt, mit einer dramatischen Verschlechterung Verlust der Arbeitsfähigkeit und deutlich früherem Tod einhergehen. Die Medikamente, welcher de BF gegen seine Parkinson-Erkrankung benötigt, sind nicht regelmäßig verfügbar, wie auf Seite 40 er Beschwerde zum Stand 2016 festgehalten wird. In diesem Zusammenhang und zur Behandlung psychischer Erkrankungen im Herkunftsland möchte ich den Länderbericht vom 19.06.2018 der SFH vorlegen. Hier geht auf
Seite 5 des Berichts hervor, dass der Zugang zu gesundheitlichen Leistungen sehr eingeschränkt ist und der Großteil der Bevölkerung von direkten Zahlungen abhängig ist. Auf
Seite 6 wird ausgeführt, dass öffentliche Einrichtungen zur Behandlung psychischer Erkrankungen in Kinshasa eine mangelnde Kapazität der Betten aufweisen, Patienten und Patientinnen sich selbst überlassen und zum Betteln auf die Straße getrieben werden.
Auf Seite 8 wird ausgeführt, dass es in der DR KONGO keine auf die Behandlung von PTBS spezialisierte Einrichtungen gibt.
Bezogen auf Art. 15 lit. B RL 2011-9 EU (Statusrichtlinien) ist nach Ansicht des EuGH nur dann erfüllt, wenn diese Gefahr der Folter oder unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung oder Strafe von einem "Akteur" ausgeht. Im Zusammenhang mit dem Zugang der Gesundheitsversorgung ist daher für einen nach Art. 15 lit. b der RL ernsthafte Schäden erforderlich, dass diese durch das Verhalten eines Dritten verursacht werden und dass sie demnach nicht bloß die Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten des Gesundheitssystems des Herkunftslandes sein können. Als "Akteure" sehe ich in Art. 6
a) den Staat selbst oder
b) Parteien oder Organisationen die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen;
oder c) Nichtstaatliche Akteure, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaften Schaden im sinne es Art. 7 zu bieten.
Wie aus dem Bericht von Safe-Guarding- Health in Conflict mit dem Titel "Violence on the Frontlinie: "Attack on Health-Care in 2017" hervorgeht, gibt es gezielte Angriffe auf den Zugang zur Gesundheitsversorgung durch regierungsfeindliche Gruppen bzw. staatliche und nichtstaatliche Akteure. Diese etwa auf Krankenhäuser und Gesundheitspersonal.
Nun Zum Asylvorbringen: Aus der Anfrage-Beantwortung der Staatendokumentation vom 08.04.2016 geht hervor, dass das Vorbringen des BF, er habe ohne spezielle Berechtigung oder Papiere einen Diamantenhandel durchgeführt, möglich ist und darüber hinaus davon ausgegangen werden kann, dass der BF für den Staatsanwalt als Leibwächter gearbeitet hat, Seite 47 des Bescheides.
RI: Können Sie nun ausführen, aus welchem der Gründe der GFK eine Verfolgung indiziert erscheint?
BFV: Hinsichtlich Spruch I wird ausgeführt: Der BF brachte vor, dass ihm in seinem Herkunftsstaat Verfolgung auf seiner (zumindest unterstellten) politischen Gesinnung droht. Wie das BFA im angefochtenen Bescheid festgestellt hat, kann davon ausgegangen werden, dass der BF für den Staatsanwalt als Leibwächter gearbeitet hat. Mit Berücksichtigung der Vielzahl an psychischen und physischen Erkrankungen, die das Aussageverhalten des BF nachweislich beeinträchtigen, wird ausgeführt, dass der BF im Wesentlichen ein gleichbleibendes und schlüssiges Vorbringen erstattet. Dass etwaige Abweichungen in Zeitangaben in den einzelnen Einvernahmen nicht zwangsläufig gegen die Glaubwürdigkeit des BF sprechen belegt etwa der Bericht des UNHCR-Beyond Proof vom Mai 2013. Der BF wäre bei einer aktuellen Rückkehr Verfolgungshandlungen von mehreren Seiten ausgesetzt, dem Staatsanwalt für den er tätig war, da er sich weigerte den Auftragsmord zu begehen sowie dem Bekanntenkreis der durch diesen Staatsanwalt ermordeten Richtern - es war aus der Übersetzung nicht ganz klar, ob er nicht nur Juristen in der Beamtenschaft gemeint hat. Bei der vorliegenden Konstellation kann auch nicht angenommen werden, dass der BF über die Möglichkeit verfügen würde, sich in einer anderen Region des Herkunftslandes niederzulassen. Auch die Präsidentschaftswahlen 2019 und damit einhergehenden Unruhen haben bisher keinen Anhaltspunkt dafür geboten, dass sich die Verfolgungssituation in der Zwischenzeit geändert hätte. Der vom BF genannte Staatsanwalt ist nach wie vor im Amt.
Ich stelle den Beweisantrag hinsichtlich des Staatsanwaltes weitere Erhebungen anzustellen. Insbesondere, ob dieser noch im Amt ist oder in einer staatlichen Behörde arbeitet.
RI an BF gerichtet: Es wurde nun umfassend über Ihre bedauerlicherweise vorliegenden Erkrankungen berichtet und wurde ihr medizinischer Zustand bescheinigt.
Sind Sie in der Lage heute einige Fragen zu beantworten?
BF: Ja, ich fühle mich wohl.
RI: Können Sie sagen, wie verhält sich das bei Ihnen tatsächlich, unabhängig von den medizinischen Unterlagen: Können Sie sich an etwas in der Vergangenheit liegenden Ereignisse erinnern?
BF: Ja, ich kann mich schon erinnern.
RI: Meinen Sie damit, dass Sie in der Lage sind, über Ereignisse zu berichten, die einige Jahre zurückliegen?
BF: Das ist abhängig, um welche Sache es sich handelt.
RI: Beispielsweise, dass was Sie im Kongo vor der Ausreise selbst erlebt haben:
BF: ja, das kann ich, wenn Sie wollen. Ich bin aus dem Kongo. Bei uns gibt es Diamanten-Minen. Ich war in der Mine um Diamanten zu kaufen. Ich war Händler. Aber der Staat hat uns weggejagt, denn sie wollten die Minen verkaufen.
RI: Können Sie angeben, wer die Beschwerde in Ihrem Fall verfasst hat?
BF: Das war ein österreichischer Freund.
RI: Kennen Sie den Inhalt der Beschwerde?
Bf. Ja, ja.
RI: Wie ist der Inhalt der Beschwerde zustande gekommen?
BF: Ich habe mit diesem Freund über alles gesprochen. Er spricht französisch mit mir. Mein Freund ist Juli.
RI: In der Beschwerde wurde geschrieben, dass Sie Lücken hätten und sich nur schwer erinnern können. Heute sagen Sie, dass Sie sich an Vergangenes erinnern können. Können Sie das erklären?
BF: Ich kann mich nicht an alles erinnern, weil die rechte Gehirnhälfte beschädigt ist.
RI: Wo sind Sie geboren und aufgewachsen?
BF: Ich bin in Kinshasa/DR Kongo geboren und aufgewachsen.
RI: Über welche Schulbildung verfügen Sie?
BF: Ich habe Matura, aber ich habe vergessen, wann ich sie gemacht habe. Ein Jahr habe ich an der Uni verbracht. Ich habe eine Sozial-technische Schule besucht. Das ist eigentlich keine Universität, sondern eine Hochschule.
RI: Was ist Ihre Muttersprache?
BF: Lingala, ich spreche eigentlich Suaheli-Lingala.
RI: Den Unterlagen ist entnehmbar, dass Sie einen Schlaganfall erlitten haben. Können Sie darüber berichten?
BF: Ja, das ist so. Es ist lange her, seit ich hier bin. Nach den Untersuchungen hier, haben sie das festgestellt.
RI: Waren Sie schon auf Ihrer Reise nach Europa gesundheitlich beeinträchtigt?
BF: Ich hatte schon Panikattacken. Früher hatte ich nie Angst. Als ich mein Land verlassen habe, habe ich die Panikattacken bekommen.
RI: Sie sind verheiratet. Wo lebt Ihre Familie?
BF: Ich bin geschieden. Ich war verheiratet, bevor ich hierherkam. Ich hatte eine Frau, aber wir waren nicht verheiratet. Ich war nur traditionell verheiratet.
RI: Sie haben bei der EV über Ihre Ehefrau berichtet, deshalb bin ich davon ausgegangen, dass Sie gesetzlich verheiratet waren.
BF: Ich habe nur gesagt, dass ich traditionell verheiratet bin.
RI: sie haben aber offensichtlich keinen Hinweis geliefert, dass Sie sich getrennt hätten oder geschieden wären.
BF: Als ich hier in Ö angekommen bin, hat sich meine Frau von mir getrennt.
RI: Sie haben auch angegeben, standesamtlich verheiratet gewesen zu sein.
BF: Ich war nie gesetzlich verehelicht.
RI: Können Sie sich erinnern, wann Sie Ihren Heimatstaat DR Kongo verlassen haben?
BF: 2014, aber ich kann mich nicht an ein genaues Datum erinnern.
RI: Haben Sie Kinder?
BF: Ja, ich habe vier Kinder, ich meine damit ich habe vier Söhne.
RI: Können Sie sich erinnern, ob Sie ein Visum für die Türkei hatten, als Sie einreisen?
BF: Nein. Es war der Reisepass meines Freundes. Dort war ein Visum drinnen.
RI: Sie waren damals in der Türkei .... Warum sind Sie nach Ö gereist?
BF: Es gibt dort keine Menschenrechte.
RI: Sie haben angegeben, für einen gewissen Staatsanwalt tätig gewesen zu sein. Was können Sie darüber berichten?
BF: Ja. Ich habe mit ihm gearbeitet, ich war sein Leibwächter.
RI: Kann das Gericht Ihnen zumuten, dass Sie im Detail über alles in Ihrem Heimatland berichten; dies vor dem Hintergrund, dass Sie unter dem schweren Krankheitsbild Parkinson leiden und auch medizinisch belegt ist, allenfalls durch den Schlaganfall beeinträchtigt sind?
BF: Ich kann ein bisschen etwas erzählen.
RI: Kann das Gericht von Ihnen nicht erwarten, dass Sie schlüssig und detailliert alles erzählen, was sich damals zugetragen hat?
BF: Ich kann Ihnen etwas erzählen, dass ist aber von meinem Gedächtnis abhängig. Ich habe ein Problem mit meinem Gedächtnis. Ich werde versuchen, etwas zu erzählen.
RI: Ich habe folgendes Problem: Wenn Sie selbst sagen, Sie können sich nicht an alles wahrheitsgemäß zu erinnern, dann hat es keinen Sinn Sie zu befragen, da dem Gericht nachher vorgehalten wird, dass Sie nicht in der Lage waren zu antworten, und darf es auch nicht nach den allgemeinen logischen Grundsätzen einer Beweiswürdigung unterzogen werden.
BFV an BF: Können Sie über die Tätigkeit beim Staatsanwalt etwas vorbringen?
BF: Ja.
BFV: Nach meinem Eindruck und Einschätzung tut sich der BF sehr schwer zeitliche Einschätzungen zu treffen, ist aber sonst durchaus in der Lage detailliert zu berichten. Weshalb vorgeschlagen wird, eine Einvernahme zumindest zu versuchen. Der BF ist auch tagesabhängig in unterschiedlicher Lage über Geschehnisse zu berichten. Es geht aus der medizinischen Unterlagen hervor, dass er mit der Medikation etwas beständiger wirkt. Das ergibt sich aus den Aussagen der betreuenden Personen aus dem Akt.
RI: Wie lange in etwa haben Sie für diesen Staatsanwalt gearbeitet?
BF: Eineinhalb Jahre.
RI: Was können Sie über diesen Staatsanwalt erzählen?
BF: Er ist ein böser Mann. Er hat einen Beamten vor meinen Augen vergiftet.
RI: Wie ist das abgelaufen?
BF: Wir sind beisammengesessen. Er hat etwas in das Glas gegeben, während der andere auf der Toilette war. Er hat etwas herausgenommen und das ins Glas getan. Als Bodyguard musste ich immer neben ihm sein, er hat es zugelassen, dass ich das sehe. Dann hat er noch ein anderes Mal versucht einen anderen Beamten (Dolm: der BF verwendet den Begriff Magistrat, der im franz. Auch mit Richter übersetzt werden kann) zu vergiften.
RI: Waren Sie auch bei dem zweiten Giftmord anwesend?
BF: Ja, da war ich persönlich anwesend, da ich als Leibwächter immer persönlich anwesend sein musste.
RI: Können Sie angeben, warum die das Land verlassen mussten?
BF: Der Staatsanwalt hat mir Geld angeboten, um einen dritten "Richter" zu vergiften.
RI: Hat der Staatsanwalt persönlich zwei Beamte oder Richter selbst getötet und nicht jemand anderen damit beauftragt?
BF: Ja, er selbst hat diese beiden getötet, da es selbst gesehen habe, da ich anwesend war.
RI: Erzählen Sie nun darüber, wie Sie selbst beauftragt wurde, jemanden zu töten.
BF: Die dritte Person, war Vize-Staatsanwalt. Er hatte große Macht und deswegen wollte mein Staatsanwalt ihn loswerden. Der Staatsanwalt hat mir aufgetragen, ich solle mich mit dem Vize-Staatsanwalt anfreunde, damit ich ihm näherkomme. Er war ein Trinker, ich meine damit er war Alkoholiker. Mein Staatsanwalt hat mir Geld angeboten um der Zielperson etwas ins Glas zu geben.
RI: Vor dem BFA haben Sie angegeben, dass Sie einen Richter hätten töten sollen. Heute haben Sie angegeben, es hätte sich um den Vize-Staatsanwalt gehandelt. Was sagen Sie dazu?
BF: Ja, ich hätte einen Richter töten sollen.
RI: Warum haben Sie dann den Begriff "Procureur" verwendet und nicht den Begriff Magistrat, wenn Sie einen Richter gemeint haben. Sie sind offensichtlich in Kenntnis betreffend den Unterschied.
BF: Die Richter haben dort mehr Macht, als die Staatsanwälte.
RI: Offensichtlich können Sie die Begriffe sehr wohl auseinanderhalten und ergibt sich daher trotzdem ein Aussagewiderspruch.
BF: Nein, einen Richter.
RI: Wieviel Geld haben Sie bekommen?
BF: Er hat mir 10.000 US-Dollar gegeben.
RI: Sie haben also das Geld tatsächlich bekommen?
BF: Ja.
RI: Wie heißt die Person, die Sie töten sollten?
BF: XXXX .
RI: Das ist doch der Name Ihres Staatsanwaltes und nicht die Person die Sie hätten töten sollen?
BF: Ja, das ist mein Staatsanwalt. Ich kenne von der Zielperson nur den Vornamen: XXXX .
RI: Haben Sie die Zielperson persönlich gekannt?
BF: Ja, ich kenne ihn.
RI: Woher kannten Sie ihn?
BF: Ich kenne ihn vom Gericht I.Instanz.
RI: Beschreiben Sie die Situation, als man Ihnen den Auftrag zum Mord gab.
BF: Der Staatsanwalt hatte immer Angst vor diesem Richter. Die Zielperson war lange schon Richter. Mein Staatsanwalt hat mich beauftragt, der Zielperson näher zukommen. Wir sind Freunde geworden. Als mein Staatsanwalt merkte, dass ich mit der Zielperson angefreundet hatte, hat mir mein Staatsanwalt Geld angeboten. Ich habe aber abgelehnt.
RI: Ich habe gedacht, Sie haben das Geld genommen.
BF: Ja, ich habe das Geld genommen aber es abgelehnt, die Zielperson zu täten.
RI: Das ist unlogisch, denn bei einer Ablehnung hätte Ihnen Ihr Staatsanwalt das Geld nicht gegeben?
BF: Das ist mein Fluchtgrund. Ich habe das Geld genommen, ohne den Mordauftrag auszuführen.
RI: Die Sache mit den Morden: War das eine persönliche Sache zwischen Staatsanwalt und den Opern?
BF: Man wollte alle, die gegen die Regierung bzw. den Präsidenten waren, töten.
RI: Sie haben vor dem BFA die Sache so dargestellt, dass der Staatsanwalt drei Richter mit Gift habe töten lassen. Daraus ergibt sich, dass er die beiden Richter nicht selbst getötet hat, wie Sie heute berichten. Was sagen Sie dazu?
BF: Mein Staatsanwalt hat das selbst gemacht. Ich habe es selbst gesehen.
RI. Warum machen Sie dann vor dem BFA andere Angaben zu diesem Thema?
BF: Er hat es selbst gemacht. Ich war anwesend.
RI wiederholt die Frage nach der Tötung.
BF: Die Übersetzung war damals nicht gut. Ich musste dem damaligen Dolmetscher übersetzen. Er sprach nicht so gut, wie Sie heute. (BF an den D).
RI: sie haben das Geld genommen und dem Staatsanwalt zugesagt, die Zielperson(Richter) zu töten. Stimmt das?
BF: Ja, als sich das Geld genommen habe, habe ich den Mord zugesagt. Ich hatte Angst vor meinem Staatsanwalt.
RI: Die Person, die Sie hätten töten sollen: War das der dritte oder vierte Mord?
BF: Das war der dritte Mord.
RI: Sie haben vor dem BFA wörtlich angegeben: "Zu diesem Zeitpunkt waren diese drei Richter bereits getötet. Das wäre dann der vierte Mord gewesen."
BF: Nein, es war nicht der vierte. Es war der dritte Mord."
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.03.2019 wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 50 FPG wurde des weiteren festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach der demokratischen Republik Kongo unzulässig sei.
Nach Beschwerdeerhebung wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 04.12.2019, E1199/2019-10, das angefochtene Erkenntnis, soweit die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat demokratische Republik Kongo, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und gegen die Festsetzung einer 14-tägigen Frist zur freiwilligen Ausreise abgewiesen wurde aufgehoben.
Im Übrigen wurde die Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten errichtete, abgelehnt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Antragsteller ist Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo. Er führt den im Verfahren angegebenen Namen; seine Identität steht nicht eindeutig fest. Der Antragsteller verfügt im Herkunftsstaat über kein finanziell belastbares familiäres Netzwerk. Der Antragsteller ist nicht arbeitsfähig.
1.2. Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und zur medizinischen Versorgung in der DR Kongo:
Der Antragsteller leidet unter einem primären Parkinsonsyndrom, essentieller Hypertonie, einer Anpassungsstörung, Depression, Schlafapnoesyndrom, erhöhtem Schlaganfallrisiko sowie Prespiobtie.
Der Antragsteller ist suizidgefährdet. Der Antragsteller befindet sich aufgrund latenter Suizidalität in psychotherapeutischer Behandlung sowie trägt er aufgrund des bestehenden Schlafapnoe-Syndroms eine Schlafmaske.
Der Antragsteller steht in stetiger Medikation seiner Parkinsonerkrankung und geht damit einher eine schwere Störung der Merkfähigkeit sowie immer wieder auftauchende Sprach- und Verständnisschwierigkeiten.
1.3. Zentral ist zur medizinischen Versorgung im Herkunftsland festzuhalten:
In der Demokratischen Republik Kongo können grundsätzlich alle - auch die beim Antragsteller vorliegenden Krankheitsbilder - behandelt werden. Grundsätzlich sind in der Demokratischen Republik Kongo alle Medikamente und Wirkstoffe erhältlich. In der Demokratischen Republik Kongo besteht insbesondere die Möglichkeit der Behandlung psychischer Erkrankungen; wobei jedoch nur wenige Einrichtungen zur Behandlung psychischer Erkrankungen frei zugänglich sind. Die Gesundheitsversorgung inklusive psychiatrischer Behandlung konzentriert sich auf den Großraum Kinshasa, das öffentliche Gesundheitssystem leidet unter einer eklatanten Mangelwirtschaft. Jegliche medizinische Behandlung ist kostenpflichtig. Die Regierung bemüht sich zwar eine flächendeckende Gesundheitsversorgung sicherzustellen, jedoch ist festzustellen, dass das in Ansätzen vorhandene Sozialversicherungssystem keinen Schutz für weite Teile der Bevölkerung und sohin eine Risikoverteilung im Gesundheitsbereich bietet. Der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen ist von hohen privaten Zuzahlungen abhängig. Auch in der Hauptstadt Kinshasa existieren nur wenige Einrichtungen zur Behandlung psychischer Erkrankungen (landesweit existieren nur sechs psychiatrische Kliniken) die Patienten sind weitgehend sich selbst überlassen und sind unter anderem darauf angewiesen auf der Straße zu betteln um ihre vitalen Interessen wahrzunehmen. (Weitere Informationen im Länderprofil)
1.4. Zur Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers:
Für das erkennende Gericht ist - ungeachtet der grundsätzlich in der DR Kongo, insbesondere in Kinshasa, vorhandenen allgemeinen Existenzmöglichkeiten sowie der grundsätzlich vorhandenen Infrastruktur für medizinische Behandlung sowie der Erlangbarkeit von Medikamenten für Rückkehrer - eine allenfalls erzwungene Rückkehr des Beschwerdeführers in die Heimat mittels Abschiebung angesichts der bei ihm ärztlich diagnostizierten physischen und psychischen Erkrankungen, welche zu einer Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit führen, in Verbindung mit der fehlenden belastbaren familiären Anbindung, nicht zumutbar bzw. ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in eine sehr prekäre wirtschaftliche und soziale Situation geraten würde, welche ihm eine weitere Behandlung seiner Erkrankungen verunmöglichen würde. Der Antragsteller würde bei Rückkehr in eine existenzbedrohende Situation geraten.
1.5. Zur Situation im Herkunftsstaat:
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
* KI vom 11.1.2019: Oppositionskandidat der UDPS gewinnt Präsidentschaftswahlen (betrifft: Abschnitt 2/Politische Lage, Abschnitt 10 / Allgemeine Menschenrechtslage)
* Die nationale Wahlkommission CENI erklärte am Donnerstag, den 10.1.2019, den Kandidaten der oppositionellen Union pour la Démocratie et le Progrès social UDPS, Félix Tshisekedi, zum Sieger der Präsidentschaftswahlen vom 30.12.2018 (JA 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019, ZO 10.1.2019, NZZ 10.1.2019). Es könnte der erste friedliche Machtwechsel seit 50 Jahren werden (FAZ 10.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019), wenn Tshisekedi den seit 2001 regierenden Joseph Kabila als Präsident ablöst (NTV 10.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019). Präsident Joseph Kabila kündigte an, die Verfassung zu respektieren und nicht für eine dritte Amtszeit anzutreten (JA 10.1.2019). Noch nie ist es im Land zu einem friedlichen Machtwechsel gekommen (NZZ 10.1.2019).
* Der 55-jährige Felix Tshisekedi ist der Sohn des 2017 verstorbenen, ehemaligen Ministerpräsidenten und langjährigen kongolesischen Oppositionsführers Etienne Tshisekedi. Felix Tshisekedi versprach den Wählern, Korruption und Armut zu bekämpfen und das instabile Land zu befrieden, das immer noch von zahlreichen bewaffneten Konflikten erschüttert wird (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019). Der neue Präsident soll bereits am 18.1.2019 vereidigt werden (NTV 10.1.2019; vgl. RO 10.1.2019, VN 2.1.2019) und laut Wahlkommission müssen die endgültigen Ergebnisse der Wahl am 15.1.2019 vom Verfassungsgericht verkündet werden (RO 10.1.2019).
* Die Präsidentschaftswahl hätte laut Verfassung eigentlich schon vor zwei Jahren stattfinden müssen. Der bisherige Präsident Kabila hatte sich jedoch 2016 nach Ablauf seiner zweiten Amtszeit geweigert abzutreten und ließ die Wahlen mehrmals verschieben (VN 9.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019). Proteste ließ Kabila niederschlagen (VN 2.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019) und die Wahlen wurde auf den 23.12.2018 verschoben (VN 2.1.2019).
* Aufgrund organisatorischer Schwierigkeiten, zu denen auch die Zerstörung von mehr als
* 8.000 Wahlmaschinen bei einem Brand beigetragen hat, wurden die Wahlen nochmals um eine Woche verschoben (VN 2.1.2019), gewählt wurde der neue Präsident somit am 30.12.2018 (TAZ 6.1.2019; vgl. VN 2.1.2019).
* Gleichzeitig herrst im Osten des Landes eine Ebola-Epidemie (FAZ 10.1.2019; vgl. VN 2.1.2019, VN 9.1.2019). Es ist die bislang zweitgrößte Epidemie weltweit mit mehr als 628 Erkrankten und 383 Toten (NTV 10.1.2019). In den Regionen Beni, Butembo und Yumbi wurde deswegen der Urnengang nicht durchgeführt (VN 2.1.2019; vgl. VN 9.1.2019). Damit waren rund 1,25 von 40 Millionen Wahlberechtigten ausgeschlossen. Die Stimmabgabe soll dort im März 2019 nachgeholt werden (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019, VN 2.1.2019).
Ursprünglich wollte die Wahlkommission (CENI) den Sieger der Wahl am Sonntag, den 6.1.2019, vermelden (BAMF 7.1.2019; vgl. SO 9.1.2019, ZO 10.1.2019). Die Ergebnisse der Wahlen wurden allerdings nicht veröffentlicht und es entstand der Verdacht, dass die Zahlen manipuliert wurden (VN 8.1.2019). Wahlbeobachter hatten zahlreiche Unregelmäßigkeiten gemeldet (ZO 10.1.2019).
Die Opposition hatte vor der Bekanntgabe der Ergebnisse Wahlbetrug zugunsten des Regierungskandidaten und früheren Innenminister Emmanuel Ramazani Shadarys befürchtet. Viele Beobachter rechneten ebenfalls mit einem Sieg des Regierungskandidaten (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2018, TS 10.1.2019). Bereits am 3.1.2019 hatte die
katholische Kirche, die als einzige Organisation mit 40.000 Wahlbeobachtern flächendeckend in den Wahllokalen präsent war, bekanntgegeben, dass es laut der von ihr vorgenommenen Stimmenauszählung einen klaren Sieger gebe (BAMF 7.1.2019; vgl. VN 8.1.2019) und hatte unter Berufung auf ihre tausenden Wahlbeobachter den zweiten Oppositionskandidaten Martin Fayulu zum Sieger erklärt (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019, TS 10.1.2019).
Félix Tshisekedi wurde mit 7.051.013 abgegebenen Stimme (38,57%) zum Präsidenten der gewählt (JA 10.1.2019; vgl. RO 10.1.2019, ZO 10.1.2019), so die vorläufigen Ergebnisse der Wahlkommission. Die Wahlbeteiligung betrug 47,56% (RO 10.1.2019), 18.329.318 Stimmen wurden abgegeben (JA 10.1.2019).
Auf dem zweiten Platz landete demnach mit über sechs Millionen (6.366.732) Stimmen der zweite Oppositionskandidat Martin Fayulu. Die Partei von Kabila stellte Emmanuel Ramazani Shadary als seinen Nachfolgekandidaten auf, da er selbst nicht wieder antreten durfte. Shadary kam nur auf gut vier Millionen (4.357.359) Stimmen (23,84%) (FAZ 10.1.2019; vgl. JA 10.1.2019, ZO 10.1.2019). Der unterlegene Fayulu zweifelt das amtliche Ergebnis an und spricht von Wahlputsch (TS 10.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019) und es bleibt abzuwarten ob Oppositionskandidat Fayulu das Ergebnis akzeptieren wird (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019). Das Verfassungsgericht hat 14 Tage Zeit, um das Ergebnis zu bestätigen (ZO 10.1.2019). Nach anderen Angaben ist Tshisekedi bis 15.1.2019 provisorischer Sieger. Dann soll das Verfassungsgericht das definitive Resultat verkünden. Für 18.1.2019 ist die Vereidigung vorgesehen (NZZ 10.1.2019).
2. Politische Lage
3. Allgemeine Menschenrechtslage
In der Republik Kongo ist die Wahrung grundlegender Menschenrechtsnormen und Prozessstandards nicht garantiert. Willkür ist im Justiz- und Polizeiwesen und bei den Streitkräften verbreitet. Die Menschenrechtslage in den Konfliktregionen im Osten des Landes ist äußerst problematisch: Zivilisten werden häufig Opfer von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt, verübt durch Regierungstruppen sowie Rebellengruppen. Viele Menschen haben keinen Zugang zu ausreichender Nahrung, Bildung, und Gesundheitsversorgung. Auch grundlegende Arbeitsnormen (darunter das Verbot von Kinderarbeit, Höchstarbeitszeiten, Gesundheitsnormen etc.) werden kaum beachtet. Rechtlich besteht Gleichheit der Geschlechter; in der Realität werden Frauen benachteiligt. Medien- und Versammlungsfreiheit sind eingeschränkt (AA 8.2016, vgl. USDOS 3.3.2017). Die Lage politischer Parteien, NGOs und Journalisten, die der Opposition zugerechnet werden, sind zwar keiner systematischen staatlichen Verfolgung ausgesetzt, können aber jederzeit willkürlich durch die Polizei oder Armee verfolgt bzw. deren Versammlungen aufgelöst werden. Versammlungen und Demonstrationen sind grundsätzlich erlaubt, diesbezügliche Verbote können aber bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit verhängt werden (AA 6.9.2015, vgl. HRW 12.1.2017, LIPortal 7.2016). Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo sind seit Anfang November 2006 erstmals Gegenstand eines internationalen Strafprozesses. Dem ehemaligen kongolesischen Milizenführer Thomas Lubanga wird vor dem Internationalen Strafgerichtshof IStGH in Den Haag vorgeworfen, in den Jahren 2002 und 2003 Kindersoldaten in einen grausamen Bürgerkrieg geschickt zu haben. Auch Germain Katanga, der wie Lubanga zu jenen Warlords gehört, die zwischen 1999 und 2003 in Ituri, im Nordosten des Kongo, Massaker und Massenvergewaltigungen verübten, wurde im Oktober 2007 aus Kinshasa nach Den Haag überstellt. Im Februar 2008 traf mit Mathieu Ngudjolo Chui der dritte Untersuchungshäftling in Den Haag ein (LIPortal 7.2016).
* Politische Parteien können sich betätigen. Zu den Parlamentswahlen 2006 waren insgesamt
* 213 Parteien angetreten. Auch ehemalige Rebellengruppen wie MLC oder RCD-Goma wurden als Parteien anerkannt und registriert. Die Lage ethnischer Minderheiten im Vielvölkerstaat DR Kongo (rund 250 ethnische Gruppen) bleibt zum Teil schwierig, eine systematische und zielgerichtete Verfolgung ist jedoch nicht auszumachen. In den Auseinandersetzungen in Nord- und Süd-Kivu spielen auch ethnische Dimensionen eine zunehmende Rolle, wobei diese zu politischer und militärischer Mobilisierung einzelner Bevölkerungsgruppen eingesetzt werden (AA 6.9.2015).
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4. Grundversorgung und Wirtschaft
Die Demokratische Republik Kongo ist ein reiches - armes Land. Reich an Rohstoffen profitiert nur eine sehr kleine Minderheit von den Schätzen des Bodens und der Natur. Zwei Drittel der Bevölkerung lebt in absoluter Armut. Mangel- und Fehlernährung sind an der Tagesordnung, besonders bei den Kindern. Kinderarbeit ist überall im Land verbreitet, in den provisorischen Bergwerken in Katanga als Bergleute, in den Kriegsgebieten des Ostens als Kindersoldaten oder in den Haushalten der Reichen von Kinshasa als Haushaltssklaven. In den Städten fehlt es an Arbeitsplätzen, Nahrungsmitteln, Wasser und der elementarsten sanitären Versorgung. Auf dem Land fehlt es an Straßen zur Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte. Zusätzlich behindern die innenpolitischen Konflikte und die allgegenwärtige Korruption eine erfolgreiche Armutsbekämpfung (LIPortal 1.2017, vgl. AI 22.2.2017).
Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt am Rande des Existenzminimums. Großfamilien gelingt es nicht immer, Härten durch wechselseitige Unterstützung aufzufangen. Die Stadtbevölkerung sichert die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hauptsächlich durch Kleinstlandwirtschaft und Kleinviehhandlung, die Lage bleibt aber prekär. Die Regierungen versuchen jedoch der angespannten Versorgungslage mit Nahrungsmitteln in den Städten mit agro-industriellen Projekten gegenzusteuern. Eine Unterversorgung besteht jedoch noch nicht. Eine Ausnahme bilden die Unruheprovinzen im Osten, wo es Vertriebenen durch die ständigen Kampfhandlungen oft nicht möglich ist, sich zumindest mit Subsistenzwirtschaft über Wasser zu halten (AA 6.9.2015).
Trotz seiner wertvollen natürlichen Ressourcen (Bodenschätze, Holz, Wasserkraft, fruchtbare Böden) ist die Demokratische Republik Kongo ein armes Land. Es ist geprägt vom Bergbau, von landwirtschaftlicher Subsistenzwirtschaft und Kleinhandel. Die Landwirtschaft macht etwa 40% des Bruttoinlandsprodukts aus. Die Demokratische Republik Kongo ist sehr schwach industrialisiert. Die Rohstoffindustrie ist ein wachsender Wirtschaftszweig. Der Bergbausektor (Kupfer, Kobalt, Gold, Diamanten, Coltan, Kasserit, seltene Erden) trägt bedeutend zum Wirtschaftswachstum bei. Trotz starker Wachstumsraten in den letzten Jahren leben weite Teile der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Im "Human Development Index" der Vereinten Nationen belegte die Demokratische Republik Kongo im Jahr 2015 Platz 176 von 188 betrachteten Ländern (AA 8.2016).
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5. Medizinische Versorgung
Zentralen Krankenhäusern (Hôpital de Reference) sind sekundäre Gesundheitsstrukturen (Zone de Santé, Centre de Santé, Poste de Santé), entsprechend der Bevölkerungszahl und Siedlungsdichte, zugeordnet. Jede Gesundheitszone versorgt ca. 150.000 Menschen. Es gibt grundsätzlich keine Doppelung von Krankenhäusern im Einzugsgebiet der Referenzkrankenhäuser. Das System ist kostengünstig und könnte eine gute medizinische Versorgung der Bevölkerung garantieren. In der Realität zeigen sich vielerorts die Defizite der Umsetzung. In einem großen Teil der DR Kongo sind die Gesundheitseinrichtungen in den 306 Gesundheitszonen sehr unzureichend ausgestattet. Es fehlt an Geldern für Medikamente, Ausrüstung und qualifiziertem medizinischem und administrativem Fachpersonal. Die meisten der 400 Krankenhäuser wurden in der Kolonialzeit gebaut und befinden sich in einem schlechten Zustand. Das Personal ist extrem schlecht bezahlt, man arrangiert sich durch Korruption und private Dienstleistungen, die aber häufig nur für Wohlhabende zugänglich sind. So kommt es, dass der öffentliche Haushalt nur spärliche Mittel für das Gesundheitswesen verwendet. Diese sind vollkommen unzureichend, denn sie machen nur bis zu 2 % des BIP aus. Durch das Zusammenbrechen der Infrastruktur ist die medizinische Versorgung im Landesinneren oft nur noch in kirchlichen Gesundheitseinrichtungen vorhanden. Viele Menschen sterben an behandelbaren Krankheiten wie Magen-Darm-Erkrankungen oder Malaria. In den meisten ländlichen Regionen kann meist nur eine Notfallmedizin betrieben werden (LIPortal 1.2017).
Der Großteil der Bevölkerung kann nicht ausreichend versorgt werden. UNHCR bezeichnet die Gesundheitsversorgung im ganzen Land als katastrophal. Nur im formellen Sektor (1,5 Mio. Beschäftigte) gibt es eine gesetzlich vorgeschriebene Krankenversicherung, allerdings mit eingeschränktem Leistungsspektrum. Für zahlungskräftige Patienten stehen in den großen Städten hinreichend ausgestattete private Krankenhäuser zur Verfügung. Ebenso gibt es in Kinshasa einen Pharmagroßhandel, der so gut wie alle auf dem europäischen Markt zur Verfügung stehenden Medikamente liefern kann. Viele Krankheiten können zwar behandelt werden, sind aber für die meisten Kongolesen unbezahlbar. Dies gilt ebenso bei diversen operativen Eingriffen (AA 6.9.2015).
Die medizinische Versorgung im Land ist mit der in Europa nicht zu vergleichen, sie ist vielfach technisch und apparativ problematisch, die hygienischen Standards sind oft unzureichend, im unzugänglichen Landesinneren ist eine medizinische Versorgung oft gar nicht verfügbar. In der Hauptstadt Kinshasa sind die meisten Medikamente erhältlich, aber sehr teuer - vorübergehende Engpässe können nie ausgeschlossen werden. In Kinshasa und anderen Städten des Landes sind private Arztpraxen und Kliniken verfügbar (AA 8.5.2017).
Grundsätzlich gibt es in den großen Städten ein städtisches Krankenhaus, private Kliniken und Behandlungszentren für die Bevölkerung. In ländlichen Regionen stehen solche Einrichtungen nicht immer in der unmittelbaren Umgebung zur Verfügung. Die vorhandene Ausstattung ist häufig bereits mehrere Jahrzehnte alt. Behandlungen in öffentlichen Krankenhäusern stehen den meisten Menschen des Landes aufgrund der allgemeinen Armut nur selten zur Verfügung.
Struktur der medizinischen Versorgung:
- Kleinere medizinische Einrichtungen (Armenapotheken mit ärztlichem Beistand, medizinische Versorgungsstellen) für kleinere Gesundheitsprobleme
- Behandlungszentren: für kleinere und ernsthafte Gesundheitsprobleme
- Städtische Krankenhäuser und Fachzentren: für kleinere, ernsthafte und spezielle Gesundheitsprobleme
- Klinik: für ernsthafte, spezielle und komplizierte Gesundheitsprobleme
Medikamente für die Behandlung einiger Krankheiten (Tuberkulose, Malaria, Hepatitis, Kinderkrankheiten, HIV) stehen in kleinen medizinischen Einrichtungen (Armenapotheken mit ärztlichem Beistand, kleine Behandlungsstationen), Gesundheitszentren, städtischen Krankenhäusern und Fachzentren sowie Spezialkliniken zur Verfügung. Es gibt viele kleine medizinische Einrichtungen (Armenapotheken, medizinische Stationen) in jeder Gemeinde in Kinshasa und in jedem Verwaltungsbezirk in bestimmten Regionen. Große Städte sowie bestimmte Regionen der Verwaltungsbezirke verfügen über je ein städtisches Krankenhaus sowie eine Spezialklinik. Darüber hinaus gibt es in Kinshasa einige öffentliche und private Kliniken (IOM 10.2014).
Fast alle Geberorganisationen, die in der DR Kongo aktiv sind, fördern medizinische Einzelprojekte. In der Regel übernehmen sie direkt oder in Zusammenarbeit mit einer kirchlichen Trägerstruktur ganze Gesundheitszonen, einschließlich die Referenzkrankenhäuser. Andere Geber, wie beispielsweise die EU, sichern für mehrere Jahre die Versorgung mit Medikamenten für mehrere Gesundheitszonen. Eine kleine Minderheit profitiert von privaten sozialen Sicherungssystemen (besonders bei der Gesundheitsversorgung und bei Pensionen). Ca. 95% der Bevölkerung lebt ohne staatliche soziale Sicherungssysteme, auch wenn es formal solche Systeme gibt (LIPortal 1.2017).
6. Dokumente
Angesichts der weit verbreiteten Korruption der Justiz- und Verwaltungsbehörden kann jedes Dokument mit vom Besteller vorgegebenem Inhalt von der formal zuständigen Stelle gekauft werden. Normale Reisepässe werden nach offiziellen Angaben vom Außenministerium gegen eine Verwaltungsgebühr von USD 150.- ausgestellt. Reisepässe sind jedoch kein zuverlässiger Nachweis der Identität, da sie mit einem bestimmten Inhalt gekauft werden oder bereits die für eine Ausstellung notwendigen Dokumente (Geburtsurkunde etc.) gefälscht sein können (AA 6.9.2015).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Sachverhaltsfeststellungen zur Situation in der Demokratischen Republik Kongo sowie zu den Spezialthemen und Versorgung und medizinische Versorgung basieren auf der Berücksichtigung nachstehender Länderinformationsquellen: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - DR Kongo, Schweizerische Flüchtlingshilfe - DR Kongo, Behandlung psychischer Erkrankungen.
2.2. Die weiteren Feststellungen zum Gesundheitszustand des Antragstellers basieren auf den umfassenden von ihm im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen.
Die tatsächliche Identität des Antragstellers ist mangels erweislicher Personenstandsdokumente nicht feststellbar.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
§ 8 Abs. 1 AsylG 2005 (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017) lautet:
Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Nach der langjährigen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen waren, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (VwGH, 21.02.2017, Ro 2017/18/005). Der Verwaltungsgerichtshof stellte daher für die Gewährung von subsidiärem Schutz insbesondere auf den Maßstab des Art. 3 EMRK ab (vgl. etwa VwGH, 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).
Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.03.2019 wurde aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.11.2018, Ra 2018/01/0461 ua.
wie folgt ausgeführt:
"Allerdings hatte der EuGH in seinem Urteil vom 18.12.2014, M¿Bodj/Belgien, C-542/13, klargestellt, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK nicht automatisch zur Gewährung des Status von subsidiärem Schutz nach Art 15 der Status-Richtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004) führt. Konkret führt er in Rz 40 aus: "Der Umstand, dass ein an einer schweren Krankheit leidender Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 EMRK in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in absoluten Ausnahmefällen nicht in ein Land abgeschoben werden kann, in dem keine angemessene Behandlung vorhanden ist, bedeutet deswegen aber nicht, dass es ihm erlaubt werden muss, sich auf der Grundlage des subsidiären Schutzes nach der Richtlinie 2004/83 in einem Mitgliedstaat aufzuhalten." Subsidiärer Schutz nach Art. 15 lit. a und b der Statusrichtlinie verlangt nach dieser Auslegung durch den EuGH, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten verursacht werden muss und nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist. Zugleich hielt der EuGH in dieser Entscheidung auch fest, dass es unionsrechtlich unzulässig sei, den in der Statusrichtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen.
Die in dem Urteil vom 18.12.2014, M¿Bodj/Belgien vom EuGH entwickelten Grundsätze wurden im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 aufgenommen und festgestellt, dass der österreichische Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status subsidiär Schutzberechtigter in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 entgegen der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH umgesetzt habe.
In seiner Entscheidung vom 21.11.2018, Ra 2018/01/0461 wiederholt der Verwaltungsgerichtshof, dass es der Statusrichtlinie widerspreche, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen.
Zur Frage der unionsrechtskonformen Auslegung des innerstaatlichen Rechts hat der EuGH zuletzt in der Rechtssache C-384/17 vom 04.10.2018 (Dooel Uvoz-Izvoz Skopje Link Logistic M&N gegen Budapest Rendorfokapitanya) festgelegt, dass von Gerichten alles zu tun sei, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten, wobei dies seine Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen finde und nicht als Grundlage einer Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen dürfe. Wenn eine konforme Auslegung nicht möglich sei, sei das nationale Gericht verpflichtet, das Unionsrecht in vollem Umfang anzuwenden und die Rechte, die dieses dem Einzelnen einräumt, zu schützen, indem es notfalls jede Bestimmung unangewendet lasse, deren Anwendung im konkreten Fall zu einem unionsrechtswidrigen Ergebnis führe.
Die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten ist nach den Kriterien des Art. 15 der Statusrichtlinie zu prüfen.
Artikel 15 der Statusrichtlinie, der die Voraussetzung für die Vergabe des Status eines subsidiär Schutzberechtigten festlegt, lautet:
Als ernsthafter Schaden gilt
a) die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe oder
b) Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland oder
c) eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
Im gegenständlichen Fall ist der Beschwerdeführer weder durch die Todesstrafe noch durch einen bewaffneten Konflikt bedroht. In der DR Kongo herrscht weder flächendeckend Bürgerkrieg noch eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Antragstellers infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes. Art 15 lit. a bzw. c der Statusrichtlinie sind nicht erfüllt.
Nach der oben zitierten Rechtsprechung des EuGH, der für die Auslegung des Unionsrechts zuständig ist, ist es für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie erforderlich, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten (Akteuren) verursacht wird. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzungen von Art. 3 EMRK.
Wie bereits im Zuge der Prüfung des Status des Asylberechtigten festgestellt wurde, ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer in der von ihm geschilderten Art bei Rückkehr bedroht wäre.
Der Europäische Gerichtshof stellte in seinem Urteil vom 24.04.2018 in der Rs C-353/16, MP fest, dass die Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustandes eines an einer schweren Krankheit leidenden Drittstaatsangehörigen, die auf das Fehlen angemessener Behandlungsmöglichkeiten in seinem Herkunftsland zurückzuführen ist, ohne dass diesem Drittstaatsangehörigen die Versorgung absichtlich verweigert würde, keine ausreichende Rechtfertigung dafür sein könne, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen. Der Beschwerdeführer brachte nie vor, dass gerade ihm aus einem bestimmten Grund eine medizinische Versorgung verweigert werden würde, vielmehr ergibt sich eine Gefährdung seiner Person aufgrund der aktuell allgemeinen Unzulänglichkeiten des Gesundheitssystems im Herkunftsstaat und seiner Minderung der Erwerbsfähigkeit und der damit einhergehenden finanziellen Beschränkung.
Dem Beschwerdeführer war daher angesichts der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes und der jüngst dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen und die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen."
Die dargelegte rechtliche Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofes im obig zitiertem Judikat, auf Basis dessen der negative Ausspruch über die Gewährung subsidiären Schutzes durch das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 11.03.2019 im gegenständlichen Fall ergangen ist, wurde mittlerweile durch jüngere Entscheidungen revidiert und wurde zur langjährigen Spruchpraxis zurückgekehrt.
Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 04.12.2019, E1199/2019-10 wurde zentral ausgeführt wie folgt:
"[...] Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen - sofern ihm nicht der Status des Asylberechtigten gewährt wurde -, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von § Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines Internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
2.2. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass bei der Prüfung der Zuerkennung des subsidiären Schutzes lediglich die Bedrohung durch die Todesstrafe oder durch einen bewaffneten Konflikt und eine damit zusammenhängende Verletzung von Art. 2, 3 EMRK zu berücksichtigen sei. Es hänge davon ab, ob die Verletzung von einem Akteur ausgehe. Dem Beschwerdeführer drohe aber aus anderen als den genannten