TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/16 W227 2160318-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.01.2020
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Entscheidungsdatum

16.01.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
UG §74

Spruch

W227 2160318-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von Mag. (FH) XXXX gegen den Bescheid des Vizerektors für Lehre und Studierende an der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz vom 5. Dezember 2016, Zl. 6-30-8/1056116, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Beschwerdevorentscheidung wie folgt abgeändert: "Dem Antrag auf Abschluss des Studienschwerpunktes Strafrecht (Vertiefung) im Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der JKU Linz im Ausmaß von 24 ECTS-Punkten wird stattgegeben".

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin stellte am 7. Juli 2016 an der JKU Linz einen Antrag auf "Anrechnung" ihres "Studienschwerpunktes im Ausmaß von 24 ECTS".

Daraufhin wurde der Beschwerdeführerin infolge (mehrfacher) E-Mail Korrespondenzen mitgeteilt, dass ihr Studienschwerpunkt mit bloß 21-ECTS Punkte abgeschlossen werden könne. Die Anzahl der ECTS-Punkte für die jeweiligen Lehrveranstaltungen würden sich aus dem derzeit geltenden Curriculum ergeben und nicht aus jenem, welches bei tatsächlicher Absolvierung der Lehrveranstaltungen in Kraft gewesen sei. Der Beschwerdeführerin stehe es somit offen, den Studienschwerpunkt mit 21-ECTS Punkten abzuschließen oder die (noch fehlende) Lehrveranstaltungsprüfung Rechtsphilosophie zu absolvieren und sodann den Studienschwerpunkt mit 24 ECTS-Punkten abzuschließen.

2. Mit Eingabe vom 30. September 2016 begehrte die Beschwerdeführerin (nochmals) den Abschluss des Studienschwerpunktes Strafrecht (Vertiefung) im Ausmaß von 24 ECTS-Punkten. Zusätzlich stellte sie den Eventualantrag auf Abschluss des Studienschwerpunkts Strafrecht (Vertiefung) im Ausmaß von 21 ECTS-Punkten.

Weiters legte die Beschwerdeführerin Screenshots von Einträgen der Studierenden im Internetforum der JKU Linz vor, aus welchen hervorgeht, dass einige Studierende ihren Studienschwerpunkt - unter Anwendung der tatsächlich im Kepler University Study Support System eingetragenen ECTS-Punkte (d.h. nach dem damals gültigen Curriculum) - mit 24 ECTS-Punkten abschließen konnten.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Vizerektor für Lehre und Studierende an der JKU Linz den Antrag der Beschwerdeführerin auf Abschluss des Studienschwerpunktes Strafrecht (Vertiefung) im Ausmaß von 24 ECTS-Punkte gemäß § 8 Abs. 3 i.V.m. § 19 Abs. 4 Z 7 des Curriculums für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften (MBl. vom 29. Juni 2016, 29. Stk., Nr. 271) ab.

Begründend führte der Vizerektor für Lehre zusammengefasst aus:

Mit Inkrafttreten des Curriculums für das Diplomstudium Rechtswissenschaften am 1. Oktober 2012 habe sich u.a. eine Änderung der ECTS-Bewertung der Studienschwerpunkte ergeben, welche lediglich zur "Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten" gedient habe. Dies bedeute, dass "Prüfungen", die vor dem 1. Oktober 2012 absolviert worden seien, (nun) nach dem am 1. Oktober 2012 in Kraft getretenen Curriculum bewertet würden. Unter Zugrundelegung dieser Bewertung habe die Beschwerdeführerin Lehrveranstaltungen im Ausmaß von 21 ECTS-Punkte im Studienschwerpunkt Strafrecht absolviert, weshalb der Primarantrag der Beschwerdeführerin vom 30. September 2016 abzuweisen sei.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die JKU Linz habe in gleichgelagerten Fällen gegenteilig entschieden, sei entgegenzuhalten, dass keine Gleichheit im Unrecht bestehe.

Abschließend werde darauf hingewiesen, dass über den Eventualantrag erst abgesprochen werde, wenn der (nun) angefochtene Bescheid in Rechtskraft erwachse.

4. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde, in der sie im Wesentlichen Folgendes vorbringt:

Der Bestätigung des Studienerfolges sei zu entnehmen, dass sie die Lehrveranstaltungen Konversatorium (KO) "Polizeirecht als Schnittstelle zwischen Strafprozess- und Sicherheitspolizeirecht" (4 ECTS-Punkte), Vorlesung (VL) "Kriminologie/Abweichendes Verhalten" (4 ECTS-Punkte), KO "Gerichtliche und soziale Medizin" (2 ECTS-Punkte) und VO "Forensische und soziale Psychiatrie" (2 ECTS-Punkte) mit insgesamt 12 ECTS-Punkten abgeschlossen habe. Bei Hinzuzählung der in der Bestätigung des Studienerfolges erfolgten Bewertung dieser Lehrveranstaltungen sowie der anderen für den Abschluss maßgeblichen Lehrveranstaltungen, habe sie den Studienschwerpunkt Strafrecht daher mit 24 ECTS-Punkten abgeschlossen. Die Bestätigung des Studienerfolges stelle eine öffentliche Urkunde dar; so komme einem Ausdruck eines amtssignierten Dokuments gemäß § 20 E-Government-Gesetz die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde gemäß § 47 AVG i.V.m. § 292 ff. ZPO zu.

Abgesehen davon habe ihr die JKU Linz kein Parteiengehör gemäß § 45 Abs. 3 AVG gewährt. Hätte die Beschwerdeführerin ihr Parteiengehör wahrnehmen können, hätte sie ihr Vorbringen im Hinblick auf die "ECTS Punkte [anhand] der ?Bestätigung des Studienerfolgs' präzisieren können".

Überdies verletze sie der abweisende Bescheid in ihrem Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz nach Art. 7 B-VG und Art. 2 StGG. So finde sich weder im Universitätsgesetz 2002 (UG) noch in einem anderen Gesetz eine Rechtsgrundlage, die die Studienkommission oder ein anderes universitäres Organ zur Kürzung von bereits erbrachten ECTS-Punkten berechtige. Zu einer solchen De-facto-Kürzung von ECTS-Punkten sei es jedoch aufgrund der Übergangsbestimmung des § 18 Abs. 3 letzter Satz des Curriculums vom 1. Oktober 2012 gekommen, da diese Bestimmung anordne, dass Prüfungen die auf Grundlage der bisher geltenden Bestimmungen abgelegt worden seien, ex lege als solche nach den entsprechenden neuen Vorschriften gelten würden.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 2. Mai 2017 wies der Vizerektor für Lehre und Studierende an der JKU Linz gemäß § 19 Abs. 4 Z 9 des Curriculums für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften (MBl. vom 29. Juni 2016, 29. Stk. Nr. 271) die Beschwerde als unbegründet ab.

Begründend führte er Folgendes aus:

Zunächst sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin ihren Studienschwerpunkt im Ausmaß von 21 ECTS-Punkten gemäß § 8 Abs. 3 des Curriculums für das Diplomstudium Rechtswissenschaften hätte abschließen können, weshalb sie nicht beschwert sei. Der "Auffassungsunterschied" - Abschluss des Studienschwerpunktes im Ausmaß von 24 ECTS-Punkten - komme bloß insoweit zum Tragen, als sich die Beschwerdeführerin bei einem solchen die Lehrveranstaltungsprüfung Rechtsphilosophie (3 ECTS-Punkte) "ersparen" könne.

Weiters hätten Studierende bis zur Reform des Curriculums für das Diplomstudium Rechtswissenschaften im Jahr 2015 Lehrveranstaltungen im Ausmaß von 27 ECTS-Punkte für den Abschluss von Studienschwerpunkten benötigt. Die mit 1. Oktober 2012 in Kraft getretene Kürzung auf 21 ECTS-Punkte beruhe nicht (bloß) auf einer Neubewertung der einzelnen Lehrveranstaltungen, sondern sei für alle Studienschwerpunkte aufgrund des Wegfalls von Lehrveranstaltungen bzw. Lehrveranstaltungsprüfungen nötig gewesen. Im Studienschwerpunkt Strafrecht (Vertiefung) seien die Lehrveranstaltungen KO "Nebenstrafrecht" (1,5 ECTS-Punkte), KO "Sonstige ausgewählte Gebiete des Nebenstrafrechts" (3 ECTS-Punkte) und die VL "Umweltstrafrecht" (1,5 ECTS-Punkte") weggefallen.

Studierende des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften, die bei Inkrafttreten dieser Kürzung bereits den ersten Studienabschnitt abgeschlossen gehabt hätten, hätten gemäß § 19 Abs. 4 Z 8 und 9 des Curriculum für das Diplomstudium Rechtswissenschaften ihren Studienschwerpunkt mit 21 bzw. 24 ECTS-Punkten abschließen können.

Dies hätte vorausgesetzt, dass Studierende innerhalb eines Jahres ab Inkrafttreten der Reform "Lehrveranstaltungsprüfungen [ihres Schwerpunktes] nach den bisher geltenden Vorschriften" (dem zuletzt gültigen Curriculum und der zuletzt gültigen ECTS-Bewertung) absolviert hätten.

Der Annahme der Beschwerdeführerin, dass die Übergangsvorschrift auf die im Zeitpunkt der Absolvierung der Lehrveranstaltungen geltende ECTS-Bewertung Bezug nehme, ist somit nicht zu folgen. Abgesehen davon verkenne die Beschwerdeführerin, dass Prüfungen, die auf Grundlage der bisher geltenden Bestimmungen abgelegt worden seien, ex lege als solche nach den entsprechenden neuen Vorschriften gelten würden.

Somit seien die Lehrveranstaltungen KO "Polizeirecht als Schnittstelle zwischen Strafprozess- und Sicherheitspolizeirecht" mit 3 ECTS-Punkten (anstatt mit 4 ECTS-Punkten), VL "Kriminologie/Abweichendes Verhalten" mit 3 ECTS-Punkten (anstatt mit 4 ECTS-Punkten), KO "Gerichtliche und soziale Medizin" mit 1,5 ECTS-Punkten (anstatt mit 2 ECTS-Punkten) und VO "Forensische und soziale Psychiatrie" mit 1,5 ECTS-Punkten (anstatt mit 2 ECTS-Punkten) zu bewerten. Zusammengerechnet mit den von der Beschwerdeführerin absolvierten ECTS-Punkten der übrigen Lehrveranstaltungen ergebe sich daraus eine Summe von 21 ECTS-Punkten im Studienschwerpunkt Strafrecht (Vertiefung).

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die mit 1. Oktober 2012 in Kraft getretene Novelle des Curriculums für das Diplomstudium der Rechtswissenschaft und die damit verbundenen "neuen ECTS-Bewertungsvorschriften" gegen verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte verstoßen würden, sei zu entgegnen, dass die "Abwertung der Schwerpunkts-Lehrveranstaltungen vice versa mit einer Aufwertung anderer Prüfungsleistungen" im Rahmen des Curriculums verbunden gewesen sei. Die Nachteile, die die Beschwerdeführerin durch die Abwertung der von ihr absolvierten Lehrveranstaltungen erfahren habe, seien durch die korrespondierende Aufwertung anderer Prüfungsleistungen hinreichend kompensiert worden.

6. In Folge stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Vorlageantrag.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführerin ist ordentliche Studierende des Diplomstudiums Rechtswissenschaften an der JKU Linz.

Sie absolvierte folgende dem Studienschwerpunkt Strafrecht zugehörige Lehrveranstaltungen:

* KO "Polizeirecht als Schnittstelle zwischen Strafprozess- und Sicherheitspolizeirecht" (4 ECTS-Punkte), absolviert am 31. Jänner 2012

* VO "Forensische und soziale Psychiatrie" (2 ECTS-Punkte), absolviert am 11. Juli 2012

* VL "Kriminologie/Abweichendes Verhalten" (4 ECTS-Punkte), absolviert am 25. Juni 2012

* KO "Gerichtliche und soziale Medizin" (2 ECTS-Punkte), absolviert am 21. August 2012

* VL "Umweltstrafrecht" (1,5 ECTS-Punkte), absolviert am 12. Dezember 2013

* KO "Vertiefung Sanktionsrecht und Kriminalpolitik (1,5 ECTS-Punkte), absolviert am 14. Juli 2014

* KO "Viktimologie" (1,5 ECTS-Punkte), absolviert am 15. Juli 2014

* KO "Sexualstrafrecht" (1,5 ECTS-Punkte), absolviert am 1. Dezember 2015

* VL "Internationales Strafrecht" (1,5 ECTS-Punkte), absolviert am 1. Juni 2016

* KO "Nebenstrafrecht: Schutz geistigen Eigentums, Gesellschafts-, Bank- und Wettbewerbsstrafrecht" (1,5 ECTS-Punkte), absolviert am 12. Jänner 2016

* KO "Sonstige ausgewählte Gebiete des Nebenstrafrechts, besonderes Finanzstrafrecht (3 ECTS-Punkte), absolviert am 29. Jänner 2016

2. Beweiswürdigung

Dass die Beschwerdeführerin als ordentliche Studierende zum Diplomstudium Rechtswissenschaften an der JKU Linz zugelassen ist, ergibt sich aus ihrem Studienblatt vom 4. Dezember 2019.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin die oben genannten Lehrveranstaltungen an der JKU Linz absolvierte, ergibt sich aus der Bestätigung über den Studienerfolg vom 16. April 2019, der Einsicht in die hier relevanten Curricula sowie des Studienhandbuches für das Diplomstudium Rechtswissenschaften an der JKU Linz.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde (Spruchpunkt A)

3.1.1. Gemäß § 74 Abs. 1 UG ist die Beurteilung von Prüfungen und wissenschaftlichen sowie künstlerischen Arbeiten jeweils durch ein Zeugnis zu beurkunden. Sammelzeugnisse sind zulässig.

Gemäß § 74 Abs. 2 Z 6 UG sind Zeugnisse vom Senat festzulegen und haben u.a. jedenfalls die Bezeichnung der Prüfung oder das Fach und die erfolgte Beurteilung sowie die ECTS-Anrechnungspunkte zu enthalten.

Gemäß § 18 Abs. 3 des Curriculums für das Diplomstudium Rechtswissenschaften (MBl. vom 27. Juni 2012, 25. Stück, Nr. 196 [alte Fassung]) bedingen die mit 1. Oktober 2012 in Kraft tretenden Änderungen in der ECTS-Bewertung der Fächer Privatrecht I, Öffentliches Recht I, Bürgerliches Recht, Handels- bzw. Unternehmensrecht, Arbeits- und Sozialrecht, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht und Europarecht sowie in der ECTS-Bewertung der Studienschwerpunkte keine inhaltliche Änderungen im Lehrveranstaltungs- und Prüfungsbetrieb, sondern dienen lediglich der Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten. Prüfungen, die auf Grundlage der bisher geltenden Bestimmungen abgelegt wurden, gelten daher ex lege als solche nach den entsprechenden neuen Vorschriften.

Gemäß § 8 Abs. 3 des Curriculums für das Diplomstudium Rechtswissenschaften (MBl. vom 29. Juni 2016, 29. Stk., Nr. 271 [im Antragszeitpunkt geltende Fassung]) erfolgt die Wahl des Studienschwerpunkts durch Einbringung des Antrages, der die zur Bildung der Fachnote heranzuziehenden Lehrveranstaltungen spezi?ziert (§ 16 Abs. 1 Z 2 letzter Satz ST-StR).

Gemäß § 19 Abs. 4 des Curriculums für das Diplomstudium Rechtswissenschaften kommen für Studierende, die bei Inkrafttreten des neuen Curriculums den ersten Studienabschnitt nach den bisher geltenden Vorschriften bereits abgeschlossen haben, die neuen Vorschriften nur insoweit zur Anwendung, als sie sich auf den zweiten Studienabschnitt beziehen. Dies mit der Maßgabe, dass

"[...]

8. Studierende, die vor 1.10.2016 im Rahmen eines Studienschwerpunkts Lehrveranstaltungsprüfungen nach den bisher geltenden Vorschriften im Ausmaß von mindestens 21 ECTS-Punkten erfolgreich abgelegt und einen darauf bezogenen Antrag im Sinne von § 8 Abs. 3 gestellt haben, das Erfordernis der erfolgreichen Absolvierung eines Studienschwerpunkts damit erfüllen;

9. für Studierende, die vor 1.10.2016 im Rahmen eines Studienschwerpunkts Lehrveranstaltungsprüfungen nach den bisher geltenden Vorschriften im Ausmaß von mindestens 24 ECTS-Punkten erfolgreich abgelegt haben, bei Einbringung eines darauf bezogenen Antrags im Sinne von § 8 Abs. 3 der Studienschwerpunkt 24 (anstelle von 21) ECTS-Punkten umfasst und sie das Fach Grundzüge der Rechtsphilosophie (im Ausmaß von 3 ECTS-Punkten) nicht zu absolvieren haben."

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 des Satzungsteils Studienrecht (ST-StR) der JKU Linz (MBl. 15. Juni 2016, 25. Stk., Nr. 201 [im Antragszeitpunkt geltende Fassung]) erfordern kumulative Fachprüfungen für die Absolvierung keinen gesonderten Prüfungsvorgang, sondern errechnen sich aus der gewichteten Beurteilung der Lehrveranstaltungsprüfungen im jeweiligen Studienfach. Es gibt daher für kumulative Fachprüfungen keine Anmeldung und keine Fristen; die Ablegung der Fachprüfung in dieser Form bedarf lediglich eines Antrages, der die zur Bildung der Fachnote heranzuziehenden Lehrveranstaltungen spezifiziert.

3.1.2. Zum Antrag vom 7. Juli 2016

Als Anträge werden jene Anbringen qualifiziert, die einen Rechtsanspruch auf ein Tätigwerden der Behörde auslösen. Sie können unmittelbar auf die Einleitung eines mit Bescheid abzuschließenden Verfahrens oder aber primär auf die Erbringung einer faktischen behördlichen Leistung (z.B. auf Ausstellung einer Urkunde, auf Erteilung einer Auskunft oder auf Zustellung eines Bescheides) abzielen.

Die Beschwerdeführerin begehrte bereits mit Antrag vom 7. Juli 2016 - und nicht (entgegen der Annahme des Vizerektors für Lehre und Studierende) erst mit Eingabe vom 30. September 2016 - die Ausstellung eines Zeugnisses für den Studienschwerpunkt Strafrecht (Vertiefung) im Ausmaß von 24 ECTS-Punkten.

Dass eine solche Antragbefugnis vorliegt, ergibt sich zweifelsfrei aus § 19 Abs. 4 Z 9 und § 8 Abs. 3 des Curriculums für das Diplomstudium Rechtswissenschaften i.V.m. § 16 Abs. 1 Z 1 des ST-StR der JKU Linz. So bedarf es für die Ablegung von kumulativen Fachprüfungen - welche sich gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 des ST-StR der JKU Linz aus der gewichtigen Beurteilung der Lehrveranstaltungen im jeweiligen Studienfach ergeben (u.a. Studienschwerpunkte) - eines auf § 8 Abs. 3 des Curriculums für das Diplomstudium Rechtswissenschaften gestützten Antrages, der die Wahl des Studienschwerpunkts zur Bildung der für die Fachnote heranzuziehenden Lehrveranstaltungen spezi?ziert.

Nach der Übergangsbestimmung des § 19 Abs. 4 Z 9 des Curriculums für das Diplomstudium Rechtswissenschaften können Studierende, die vor dem 1. Oktober 2016 Lehrveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 24 ECTS-Punkten erfolgreich abgelegt haben, bei Einbringung eines Antrags nach § 8 Abs. 3 leg. cit. ihren Studienschwerpunkt mit 24 ECTS-Punkten abschließen.

Da die Beschwerdeführerin, die - wie den Feststellungen zu entnehmen ist - vor dem 1. Oktober 2016 Lehrveranstaltungsprüfungen im Rahmen des Studienschwerpunktes Strafrecht (Vertiefung) von mindestens 24 ECTS-Punkten absolviert hat, war sie gemäß § 19 Abs. 4 Z 9 und § 8 Abs. 3 des Curriculums für das Diplomstudium Rechtswissenschaften i.V.m. § 16 Abs. 1 Z 1 des ST-StR der JKU Linz jedenfalls antragslegitimiert, den Abschluss ihres Studienschwerpunktes im Ausmaß von 24 ECTS-Punkten zu begehren.

3.1.3. Aus nachstehenden Erwägungen hat die Beschwerdeführerin ihren Studienschwerpunkt Strafrecht (Vertiefung) im Ausmaß von 24 ECTS-Punkten abgeschlossen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung des Studienerfolges das jeweils relevante Curriculum heranzuziehen (vgl. etwa VwGH 11.02.2016, Ra 2015/22/0095, m.w.N.). Die Beurteilung von Prüfungen (und Lehrveranstaltungen) ist gemäß § 74 Abs. 1 UG durch ein Zeugnis zu beurkunden (vgl. dazu Perthold-Stoitzner in Perthold-Stoitzner, UG5 2018, § 74 Rz 2). Die Beurkundung umfasst gemäß § 74 Abs. 2 Z 6 UG auch die ECTS-Punkte, weshalb im vorliegenden Fall daher auch die ECTS-Punkte - 1 ECTS-Punkt steht für 25 Echtstunden á 60 Minuten an tatsächlichen Arbeitsaufwand für den Studierenden - der jeweiligen Lehrveranstaltungen nach dem im Beurteilungszeitpunkt gültigen Curriculum maßgeblich sind.

Da der Studienerfolgsnachweis eine öffentliche Urkunde darstellt (vgl. dazu Perthold-Stoitzner in Perthold-Stoitzner, UG, 3. Auflage, § 76 Rz 7) und öffentliche Urkunden vollen Beweis dessen begründen, was darin von der Behörde amtlich verfügt, erklärt oder bezeugt wurde (vgl. VwGH 24.04.2018, Ro 2018/10/0004, m.w.N.), ist eine nachträgliche "Kürzung" bereits erworbener ECTS-Punkte unzulässig.

Der in § 18 Abs. 3 des Curriculums für das Diplomstudium Rechtswissenschaften (alte Fassung) normierten Übergangsbestimmung ist zu entnehmen, dass die mit 1. Oktober 2012 in Kraft tretenden Änderungen der ECTS-Bewertung der Studienschwerpunkte keine inhaltlichen Änderungen im Lehrveranstaltungs- und Prüfungsbetrieb bedingen. Wenn der zweite Satz dieser Übergangsbestimmung jedoch lautet, dass "Prüfungen, die auf Grundlage der bisher geltenden Bestimmungen abgelegt wurden, ex lege als solche nach den entsprechenden neuen Vorschriften gelten", ist dies im Sinne einer teleologischen Interpretation jedenfalls so auszulegen, dass bereits absolvierte Prüfungen inhaltlich vergleichbaren Prüfungen des neuen Curriculums entsprechen und somit nicht (nochmal) absolviert werden müssen.

Der Ansicht der JKU Linz, dass mit dem am 1. Oktober 2012 in Kraft getretenen Curriculum eine "Kürzung" bereits erworbener ECTS-Punkte in den Fächern KO "Polizeirecht als Schnittstelle zwischen Strafprozess- und Sicherheitspolizeirecht", VL "Kriminologie/Abweichendes Verhalten", KO "Gerichtliche und soziale Medizin" und VO "Forensische und soziale Psychiatrie" erfolgt sei, weshalb die Beschwerdeführerin für den Abschluss ihres Studienschwerpunktes Strafrecht bloß 21 ECTS-Punkte erreicht habe, ist daher nicht zu folgen.

Abgesehen davon knüpfen auch andere Bestimmungen an das Vorliegen eines bestimmten - in ECTS-Punkten gemessenen - Studienerfolges innerhalb eines gewissen Zeitraumes (Gewährung von Studienbeihilfe nach Studienförderungsgesetz, Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz, Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung "Studierende" nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) an. Eine nachträgliche "Minderung" des - vom Studierenden erbrachten Arbeitspensums würde somit jedenfalls auch den in diesen Gesetzen normierten Bestimmungen zuwiderlaufen und den Grundsatz der Rechtssicherheit massiv gefährden.

Zusammenfasst hat die Beschwerdeführerin daher ihren Studienschwerpunkt Strafrecht (Vertiefung) im Ausmaß von 24 ECTS-Punkten abgeschlossen, weshalb die Beschwerdevorentscheidung abzuändern ist.

Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. VwGH 24.04.2018, Ra 2017/10/0137, m.w.N.; VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR 07.03.2017, 24.719/12, Tusnovics v. Österreich).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass eine nachträgliche "Kürzung" bereits erworbener ECTS-Punkte unzulässig ist, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie der hier anzuwendenden klaren Verordnungs- und Gesetzeslage (zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vgl. etwa VwGH 13.12.2018, Ro 2018/07/0048; 11.12.2017, Ra 2015/11/0102; 27.08.2014, Ra 2014/05/0007, m.w.N.; 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Anrechnung Antragslegimitation Curriculum Diplomstudium Lehrveranstaltung Punktevergabe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2160318.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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