Entscheidungsdatum
21.01.2020Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I415 2148715-1/44E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Demokratische Republik Kongo, vertreten durch: ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien (RV1) und RA Dr. Joachim RATHBAUER, Weißenwolffstraße 1/4/23, 4020 Linz (RV2), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg vom 02.02.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.11.2017 und am 02.09.2019 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I., Spruchpunkt II. und den ersten Teil des Spruchpunktes III., mit dem kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 vergeben wurde, wird als unbegründet abgewiesen.
II. In Erledigung der Beschwerde werden der zweite und dritte Teil des Spruchpunktes III., mit dem gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit seiner Abschiebung in die DR Kongo festgestellt wurde, sowie Spruchpunkt IV. behoben und festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen XXXXauf Dauer unzulässig ist.
III. XXXX wird gemäß §§ 54, 55 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo, stellte am 13.02.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag erklärte er zu seinen Fluchtgründen: "Am 19.01.2015 wollte der Präsident der Dem. Rep. Kongo die Verfassung insofern ändern, dass er ein 3. Mandat bekommt und seine Amtszeit verlängern kann. Am selben Tag kam es zu Demonstrationen und ich sollte für meine Partei die Jugend mobilisieren. Diese Demonstrationen wurden mit Schüssen unterbrochen und viele Teilnehmer wurden verhaftet. Ich selber wurde auch verhaftet. In Haft wurde ich von den Polizisten mit dem Tod bedroht, weil ich gegen den Präsidenten demonstriert habe. Der Polizeichef fragte auch nach einem Major "XXXX" welcher mein Vater ist. 2 Tage später wurde ich entlassen und mit einem Jeep zu diesem Offizier "XXXX" gebracht. Dieser erklärte mir, in Anwesenheit meiner Mutter, dass ich auf Grund der Demonstrationen und der Position die mein Vater hatte, das Land verlassen sollte, da mein Leben in Gefahr ist." Im Falle einer Rückkehr habe er Angst, getötet zu werden.
2. Ein im Zuge der Erstbefragung sichergestellter, auf den Beschwerdeführer lautender Parteimitgliedsausweis der MLC ("Mouvement de Liberation du Congo") wurde nach erfolgter Dokumentenprüfung am 30.12.2015 für authentisch befunden.
3. Gegenüber dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA; belangte Behörde) erklärte der Beschwerdeführer am 25.07.2016 in einer niederschriftlichen Einvernahme, dass er die DR Kongo aufgrund einer persönlichen Verfolgung durch staatliche Behörden verlassen habe. Er sei seit 2005 politisch für die MLC tätig gewesen und habe am 19.01.2015 an einer Demonstration gegen eine geplante Verfassungsänderung teilgenommen. Seine Aufgabe sei gewesen, Jugendliche zu mobilisieren und sie zu informieren, dass der Präsident Joseph KABILA eine weitere Amtszeit an der Macht sein werde, wenn die Verfassungsänderung durchgehe. Die Demonstration sei angemeldet gewesen und habe friedlich begonnen. Plötzlich sei Tränengas eingesetzt worden, die Polizisten hätten begonnen, scharf zu schießen und Demonstranten zu verhaften. Auch der Beschwerdeführer sei festgenommen und an einen ihm unbekannten Ort des Geheimdienstes gebracht worden. Ein Polizeikommandant habe seinen Vater, einen bereits verstorbenen Militärangehörigen, gekannt und dem Beschwerdeführer zur Flucht verholfen. Der Kommandant habe gesagt, dass alle Leute, die sich in dem Gefängnis befinden, hingerichtet werden sollen und dem Beschwerdeführer eindringlich geraten, zu fliehen. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer den Tod. Es gebe Personen, die seit damals inhaftiert seien. Auch sei ein Massengrab gefunden worden, vielleicht handle es sich bei den dort Vergrabenen um Demonstranten von damals, die verschwunden seien. Es sei nicht richtig untersucht worden, weil die Regierung noch immer dieselbe sei. Man kenne seinen Namen und sein Haus. Der Vater des Beschwerdeführers sei beim Militär beschäftigt gewesen und der MLC nahegestanden. Er sei unter ungeklärten Umständen verstorben. Als der Beschwerdeführer diesbezüglich Nachforschungen angestellt habe, habe man ihm im Krankenhaus gesagt, er solle damit aufhören, er würde sich und seine Familie gefährden. Seine Mutter habe ihm gesagt, dass manchmal Leute vom Geheimdienst zu ihnen nach Hause kommen würden. Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer im Fall, dass Kabila nicht mehr Präsident sei in den Kongo zurückkehren wolle, erklärte er: "Wenn Kabila nicht mehr an der Macht ist, wenn man mich nicht weiter verfolgt, wenn mein Leben nicht mehr in Gefahr ist, ja." Der Beschwerdeführer legte ein Zertifikat Deutsch A1 vom 17.07.2015, zwei Teilnahmebestätigungen Deutsch A2 vom 02.12.2015 und vom 17.06.2016, eine Arbeitsbestätigung der Stadtgemeinde XXXX über gemeinnützige Tätigkeiten vom 30.09.2015, einen Studierendenausweis der Universität XXXX, sowie eine psychotherapeutische Stellungnahme des XXXX vom 20.05.2016 und einen vorläufigen Entlassungsbrief der XXXX vom 25.08.2015 vor.
4. Am 13.12.2016 fand eine weitere niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde statt. Der Beschwerdeführer erklärte, sein Vater sei im Jahr 2014 verstorben. Sein Vater sei Soldat gewesen und habe beim Militär in Gemena die Stelle des Finanzdirektors innegehabt. Zudem habe er ein Hotel besessen, eine NGO für Waisenkinder betrieben, für ein Ministerium gearbeitet und Felder besessen, auf denen Mais und Palmöl angebaut werde. Die restliche Familie habe in Kinshasa gelebt und sein Vater habe sie zwei bis dreimal im Monat besucht. Der Beschwerdeführer äußerte den Verdacht, dass sein Vater vergiftet worden sein könnte, er wisse aber nicht, von wem. Vor dem Jahr 2015 habe es keine Probleme gegeben, der eigentliche Fluchtgrund des Beschwerdeführers beziehe sich ausschließlich auf die Vorfälle rund um die Demonstration im Jänner 2015. Im Juni 2016 seien Leute in das Haus der Mutter des Beschwerdeführers eingebrochen. Sie haben den Fernseher, etwas Geld und die Handys der Familie mitgenommen und sich nach dem Beschwerdeführer erkundigt. Er vermute deshalb, dass dieser Vorfall etwas mit seiner Verhaftung zu tun haben könnte. Ansonsten sei seine Familie weitgehend von den staatlichen Behörden in Ruhe gelassen worden, nur unmittelbar nach seiner Flucht seien sie einmal gekommen, danach lange nicht. Bei einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer den Tod. Zu seiner Integration legte der Beschwerdeführer ein ÖSD Zertifikat A2 vom 07.09.2016, eine Kursbestätigung Deutsch B1/1 vom 25.11.2016, eine Kursbestätigung Deutsch B1/2 vom 12.12.2016, eine psychotherapeutische Stellungnahme vom 07.12.2016, sowie eine Bestätigung über seine Teilnahme am Lehrgang zur Vorbereitung auf den Pflichtschulabschluss vom 01.06.2016 vor.
5. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des BFA vom 02.02.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 11.02.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III., erster Spruchteil). Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt III., zweiter Spruchteil) und festgestellt, dass eine Abschiebung in die Demokratische Republik Kongo zulässig ist (Spruchpunkt III., dritter Spruchteil). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Das Vorbringen des Beschwerdeführers wurde für nicht glaubhaft befunden und daher keine reale Gefährdung für seine Person im Fall einer Rückkehr in die Demokratische Republik Kongo festgestellt. Ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich wurde von der belangten Behörde ebenso wenig festgestellt.
6. Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung (RV1) fristgerecht am 22.02.2017 Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 28.02.2017 vorgelegt. In der Folge wurde vom Beschwerdeführer ein ÖSD Zertifikat B1 vom 31.03.2017 vorgelegt.
7. Am 28.11.2017 fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung (RV1), einer Dolmetscherin für die Sprache Französisch sowie seiner als Zeugin befragten österreichischen Lebensgefährtin G.K.T. und in entschuldigter Abwesenheit der belangten Behörde statt. Der Beschwerdeführer erklärte im Zuge der Verhandlung, dass der Tod seines Vaters nichts mit seinen Fluchtgründen zu tun habe. Seine eigene Verfolgung könne man alleine auf die Teilnahme an der Demonstration gegen den Präsidenten reduzieren. Die Gefahr, von staatlichen Behörden inhaftiert zu werden, bestehe nach wie vor. Auf die Frage, ob sich an seiner Verfolgungssituation etwas ändern würde, wenn ein anderer Präsident an der Macht wäre, erklärte der Beschwerdeführer, dass das davon abhänge, welcher Partei der künftige Präsident angehöre. Jedoch würden in absehbarer Zeit keine Wahlen stattfinden, es sehe fast so aus, als würde der amtierende Präsident noch eine vierte Amtsperiode anhängen. Auch eine innerstaatliche Fluchtalternative stehe ihm nicht offen, dieselben Machthaber würden im gesamten Land regieren. Ohne die von ihm geschilderten Probleme könne er in die DR Kongo zurückkehren, es sei ja seine Heimat.
8. Der Beschwerdeführer legte in weiterer Folge ein Pflichtschulabschluss-Zeugnis vom 08.03.2018, eine Heiratsurkunde über die am 10.04.2018 erfolgte Ehe mit Frau G.K.T., einen ZMR-Auszug, sowie einen österreichischen Führerschein vom 14.09.2018 vor.
9. Mit Schreiben vom 13.05.2019 gab der Rechtsvertreter (RV2) des Beschwerdeführers seine Vertretungsvollmacht bekannt. Es wurde ein Mutter Kind Pass samt ärztlicher Bestätigung vorgelegt und vorgebracht, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau ein Kind erwarten würden (errechneter Geburtstermin 27.11.2019). Am 15.07.2019 übermittelte der Beschwerdeführer ein Zeugnis zur Integrationsprüfung B1 vom 26.06.2019.
10. Am 02.09.2019 wurde eine weitere mündliche Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht abgehalten. Zur Verhandlung erschienen der Beschwerdeführer, seine Rechtsvertretung (RV1), ein Vertreter des BFA und die neuerlich als Zeugin einvernommene Ehefrau des Beschwerdeführers. Auf die Frage, ob sich etwas an seiner Situation geändert habe, seitdem der damalige Präsident Joseph KABILA nicht mehr an der Macht sei, entgegnete der Beschwerdeführer, dass es trotzdem zu keinen Änderungen gekommen sei. Der alte Präsident sei zwar offiziell nicht mehr an der Macht, habe jedoch immer noch maßgeblichen Einfluss auf alle Institutionen des Landes, zumal 80 % der Ministerposten seiner Partei bzw. Personen aus seinem Umfeld zuzurechnen seien. Er befürchte nach wie vor, getötet oder inhaftiert zu werden, sollte er in die DR Kongo zurückkehren.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der unbescholtene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo. Ein Identitätsnachweis wurde im Verfahren nicht vorgelegt. Der Beschwerdeführer kann in der Demokratischen Republik Kongo auf eine universitäre Ausbildung im Bereich Wirtschaft und Finanzwesen verweisen.
Der Beschwerdeführer kam im Februar 2015 nach Österreich und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Seither ist er vorläufig aufenthaltsberechtigt im Bundesgebiet. Er kam seinen Mitwirkungspflichten stets nach.
Er ist jung, gesund und arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer führt in Österreich ein schützenswertes Familienleben. Er befindet sich seit April 2016 in einer Beziehung mit der österreichischen Staatsbürgerin G.K.T. Sie sind seit April 2018 verheiratet und leben seit September 2018 im gemeinsamen Haushalt. Seither bezieht der Beschwerdeführer keine Leistungen mehr aus der Grundversorgung. Er ist bei seiner Ehefrau, die derzeit auch für sämtliche Lebenserhaltungskosten aufkommt, mitversichert. Am XXXX2019 wurde ihre gemeinsame Tochter geboren, die mit dem Beschwerdeführer und seiner österreichischen Ehefrau im gemeinsamen Haushalt lebt. Aktuell befindet sich die Ehefrau des Beschwerdeführers in Elternkarenz.
Die Ehefrau des Beschwerdeführers stammt aus der DR Kongo, hält sich aber seit dem Alter von 13 Jahren in Österreich auf und ist österreichische Staatsbürgerin. Sie verneint für sich und das gemeinsame Kind, welches ebenfalls die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt, die Möglichkeit eines Umzuges in die DR Kongo.
Der Beschwerdeführer hat in den beinahe fünf Jahren seines Aufenthaltes in Österreich außerordentliche Schritte zur Integration gesetzt, was sich insbesondere an seinen sehr guten Deutschkenntnissen zeigt. Der Beschwerdeführer legte innerhalb kürzester Zeit die Deutschprüfung B1 ab, holte den Pflichtschulabschluss nach, verrichtete gemeinnützige Tätigkeiten für eine Gemeinde und kann einen österreichischen Führerschein vorweisen. Er hat sich einen Freundeskreis aufgebaut. Zwar geht er derzeit keiner Erwerbstätigkeit nach, doch er hat glaubhaft dargelegt, dass er bemüht ist, sich beruflich zu integrieren und im Falle einer Aufenthaltserteilung einer geregelten Beschäftigung nachgehen werde. Insgesamt ist eine nachhaltige Aufenthaltsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich festzustellen.
In der DR Kongo leben seine Mutter und seine Geschwister, mit denen der Beschwerdeführer regelmäßig telefoniert. Weiters lebt dort seine Ex-Freundin mit einer gemeinsamen Tochter, zu denen der Beschwerdeführer jedoch keinen direkten Kontakt hat.
1.2 Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers
Es wird festgestellt, dass im Falle des Beschwerdeführers keine asylrelevanten Fluchtgründe vorliegen.
Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in die DR Kongo mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.
Eine Rückkehrgefährdung im Sinne einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung kann ebenfalls nicht festgestellt werden
1.3. Zur Situation in der Demokratischen Republik Kongo:
Die folgenden Feststellungen wurden dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur Demokratischen Republik Kongo entnommen:
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 9.12.2019: Unruhen in Ost-Kongo - Angriffe von ADF Rebellen, Abzug von Ebola- Helfern und Proteste gegen UN-Blauhelme im Osten des Landes (betrifft: Abschnitt 3/Sicherheitslage / Abschnitt 17/Medizinische Versorgung).
Das Klima im o¿stlichen Teil der Demokratischen Republik Kongo ist nach wie vor a¿ußerst angespannt (VN 2.12.2019). Anlass der Unruhen war ein Angriff von Rebellen am Wochenende, vom 23. auf den 24.11.2019, bei dem acht Menschen geto¿tet und neun Bewohner der Stadt Beni entfu¿hrt wurden (DW 26.11.2019a; vgl NZZ 25.11.2019). Fu¿r die na¿chtlichen Attacke in Beni soll die aus dem benachbarten Uganda vorstoßenden islamistische Miliz, Alliierte Demokratische Kra¿fte (ADF), verantwortlich sein. Im Osten des Landes treiben bis zu 160 verschiedene Rebellen-Gruppen ihr Unwesen (NZZ 25.11.2019). Im instabilen Ost-Kongo geht es bei den Ka¿mpfen der Milizen meist um die Kontrolle u¿ber Gebiete und deren Bodenscha¿tze wie Gold oder Kobalt (DW 26.11.2019a).
Der Generalsekreta¿r der Vereinten Nationen, Jean-Pierre Lacroix, besuchte am 30.11.2019 Be¿ni, wo seit dem 5.11.2019 mehr als 100 Zivilisten von bewaffneten Gruppen geto¿tet wurden (JA 30.11.2019; vgl JA 27.11.2019), und mehr als 1000 seit 2014 (JA 1.12.2019); gema¿ß Amnesty International wurden allein in Beni mindestens 2.000 Menschen von Rebellen geto¿tet (DW 26.11.2019; vgl. NZZ 25.11.2019). Mindestens 14 Personen wurden am 29.11.2019, bei einem erneuten Angriff no¿rdlich von Beni geto¿tet (JA 1.12.2019). Der Besuch von Jean-Pierre Lacroix fa¿llt in eine Zeit, in der der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das Mandat der UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo bis Ende Dezember 2019 verla¿ngern soll (JA 30.11.2019).
Die kongolesische Armee (FARDC) hat Anfang November 2019 eine Großoffensive gegen die Rebellengruppe gestartet, da es immer wieder zu Morden durch die Allied Democratic Forces (ADF) im Umland von Oicha kommt (TAZ 28.11.2019). Die To¿tung von Zivilisten ist nach Ansicht von Experten eine Vergeltung der ADF fu¿r laufende milita¿rische Operationen in der Region (JA 1.12.2019). Am Montag, den 25.11.2019, ku¿ndigte die kongolesische Armee (FARDC) gemeinsame Operationen mit den UN-Friedenstruppen MONUSCO an (TAZ 28.11.2019).
Proteste und Gewalt in der Region richten sich vor allem auch gegen die UN-Blauhelme (DW 26.11.2019b). Die Demonstranten verurteilen die Unta¿tigkeit der Beho¿rden und der UN- Friedenstruppe MONUSCO (VN 2.12.2019; vgl. JA 27.11.2019) und stu¿rmten und plu¿nderten am 25.11.2019 das Rathaus und einen Stu¿tzpunkt der UN-Friedenstruppen in der Stadt Beni (NZZ 25.11.2019; vgl. DW 26.11.2019). Zudem wurden beide Geba¿ude in Brand gesetzt (DW 25.11.2019; vgl NZZ 25.11.2019). Die Polizei ging gewaltsam gegen die Demonstranten vor, dabei kamen zwei Menschen ums Leben. Eine unbekannte Anzahl wurde verletzt. (NZZ 25.11.2019; vgl. DW 26.11.2019). Die MONUSCO-Friedenstruppe ra¿umte indirekt ihr Versagen ein und meint weiters, dass sie ohne Aufforderung seitens der Regierung nicht aktiv werden ko¿nne (DW 25.11.2019; vgl NZZ 25.11.2019). Die MONUSCO steht wegen ihrer hohen Kosten und geringen Effizienz in der Kritik. In einer Untersuchung von 2018 warfen Ermittler der UNO der seit 1999 in der Demokratischen Republik Kongo stationierten Blauhelm-Mission Fu¿hrungsprobleme und Ma¿ngel in der Ausbildung vor (DW 25.11.2019; vgl. NZZ 25.11.2019). Die Vereinten Nationen sind seit 20 Jahren in der Demokratischen Republik Kongo pra¿sent und haben mit 16.000 Soldaten und einem Jahresbudget von mehr als einer Milliarde Dollar (Zahlen fu¿r 2018) eine ihrer wichtigsten Missionen weltweit (JA 30.11.2019).
In der Nacht vom 26. auf den 27.11.2019 wurden 27 Zivilisten von mutmaßlichen Rebellen der ADF (Allied Democratic Forces) im Dorf Maleki 13 Kilometer außerhalb der Stadt Oicha geto¿tet (JA 27.11.2019; vgl. TAZ 28.11.2019). Die ADF ist seit einem Vierteljahrhundert in diesen Wa¿ldern pra¿sent, sie ist sehr mobil, bewegt sich nachts und kennt die Gegend. Die Lage wird dadurch verkompliziert, dass lokale Milizen, genannt Mai-Mai, versuchen, auf eigene Faust die ADF von der Zivilbevo¿lkerung fernzuhalten und sich auch mit der Armee anlegen. Eine Mai-Mai-Miliz unter dem Kommando von Kyantenga ha¿lt seit September 2019 die Region um Samboko besetzt. Die Mai-Mai Miliz hat bereits eine Polizeiwache in Brand gesetzt und Ha¿user geplu¿ndert. Allerdings bleibt unklar, wer genau die Ta¿ter der Massaker rund um Oicha waren (TAZ 28.11.2019).
Ebenso unklar bleibt, wer die medizinische Hilfskra¿fte in der Region angreift. In der Nacht auf den 28.11.2019 wurden zeitgleich Ebola-Hilfskra¿fte in Benis Stadtvierteln Mangina und Byakato angegriffen. In Byakato wurden drei Ebola-Hilfskra¿fte geto¿tet, drei verletzt und vier sind verschwunden. Zelte und Autos wurden angezu¿ndet (TAZ 28.11.2019). Nach den Angriffen stellten die Hilfskra¿fte ihre Arbeit vor Ort teilweise ein. In einer Klinik von A¿rzte ohne Grenzen (MSF) in Beni werden zwar weiterhin Ebola-Patienten behandelt, das Personal wurde aber aus Sicherheitsgru¿nden reduziert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ebenfalls aus Sicherheitsgru¿nden 49 Mitarbeiter aus Beni abgezogen. Insgesamt sind 120 WHO-Mitarbeiter im Einsatz. Die Kinderhilfsorganisation World Vision hat nach eigenen Angaben ihre Arbeit in Beni einstweilen komplett eingestellt (DW 26.11.2019b).
Seit mehr als einem Jahr wu¿tet in der Region eine Ebola-Epidemie [vgl. KI vom 12.11.2019]. Im Kongo kommt zudem ein Ausbruch der Masern dazu, seit Anfang des Jahres sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) daran mehr als 5100 Menschen gestorben (DW 26.11.2019a).
Quellen:
- DW - Deutsche Welle (26.11.2019a): Ebola-Helfer im Kongo ziehen nach Gewaltausbruch ab, https://www.dw.com/de/ebola-helfer-im-kongo-ziehen-nach-gewaltausbruch-ab/a- 51418110, Zugriff 5.12.2019
- DW - Deutsche Welle (26.11.2019b): Hass, Gewalt und Verschwo¿rungstheorien, https://www.dw.com/de/dr-kongo-hass-gewalt-und-verschw%C3%B6rungstheorien/a- 51423273?maca=de-rss-de-region-afrika-4022-rdf, Zugriff 5.11.2019
- DW - Deutsche Welle (25.11.2019): Demonstranten stu¿rmen UN-Basis, https://www.dw.com/de/demonstranten-st%C3%Bcrmen-un-basis/a-51409221, Zugriff 5.12.2019
- JA - Jeune Afrique (1.12.2019): RDC : une foule lynche deux personnes, dont un militaire, a- Beni, https://www.jeuneafrique.com/864354/politique/rdc-une-foule-lynche-deux-personnes- a-beni/, Zugriff 5.12.2019
- JA - Jeune Afrique (30.11.2019): RDC : visite a- Beni du chef des ope¿rations de la paix de l'ONU, https://www.jeuneafrique.com/864156/politique/rdc-visite-a-beni-du-chef-des- operations-de-la-paix-de-lonu/, Zugriff 5.12.2019
- JA - Jeune Afrique (27.11.2019): RDC: le bilan du massacre pre-s de Beni re¿e¿value¿ a- 27 morts, https://www.jeuneafrique.com/862806/politique/rdc-au-moins-19-civils-tues-dans-un- nouveau-massacre-pres-de-beni/, Zugriff 5.12.2019
- NZZ - Neue Zu¿rcher Zeitung (25.11.2019): Zornige Menschenmenge stu¿rmt Uno-Basis im Kongo, https://www.nzz.ch/international/zornige-menschenmenge-stuermt-uno-basis-im- kongo-ld.1524362, Zugriff 5.12.2019
- TAZ - taz.de (28.11.2019): Neue Angriffe im Kongo: Verworrene Fronten, https://taz.de/Neue-Angriffe-im-Kongo/!5645253/, Zugriff 5.12.2019
- VN - Vatikan News (3.12.2019): Kongo: "Schlachtfeld fu¿r andere La¿nder", https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2019-12/kongo-schlachtfeld-beni-nshole- ausbeutung-krieg-uno.html, Zugriff 5.12.2019
KI vom 12.11.2019: Fortschritte beim Kampf gegen Ebola (betrifft: Abschnitt 17/Medizinische Versorgung).
Der seit 1. 8.2018 anhaltende Ebola-Ausbruch in der Demokratischen Republik Kongo hat seinen Mittelpunkt im Nordosten des Landes, in den Provinzen Nordkivu und Ituri (MSF 5.11.2019). Seit dem Fru¿hsommer 2018 infizierten sich nach Regierungsangaben mehr als 3.200 Menschen, mehr als 2.100 kamen ums Leben (NZZ 18.10.2019; vgl. WHO 9.11.2019).
In den ersten acht Monaten der Epidemie bis Ma¿rz 2019 wurden in der betroffenen Region mehr als 1.000 Fa¿lle von Ebola gemeldet. Zwischen April und Juni 2019 hat sich diese Zahl noch verdoppelt (MSF 5.11.2019). Im April 2019 lag die Anzahl der pro Woche gemeldeten Neuerkrankungen im Durchschnitt bei 120 (NZZ 18.10.2019; vgl. WHO 9.11.2019); zwischen Anfang Juni und Anfang August 2019 zwischen 75 und 100 pro Woche. Seit August 2019 ist diese Rate langsam zuru¿ckgegangen und betrug im Durchschnitt immer noch knapp 50 pro Woche (MSF 5.11.2019; vgl. WHO 9.11.2019).
Die Zahl der neuen Fa¿lle ist zuletzt auf 15 pro Woche zuru¿ckgegangen (NZZ 18.10.2019; vgl. WHO 9.11.2019). Mitte Oktober 2019 entschied die Weltgesundheitsorganisation (WHO) trotz der Fortschritte, die Situation weiterhin als "gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite" einzustufen. Die WHO folgte damit dem Rat eines unabha¿ngigen Expertengremiums, das die Lage in drei Monaten neu beurteilt (NZZ 18.10.2019).
Bis Ende August 2019 haben 28 von insgesamt 47 Gesundheitszonen in den Provinzen Ituri und North Kivu Fa¿lle von Ebola gemeldet. Von diesen 28 gelten 13 als aktive U¿bertragungszonen, was bedeutet, dass sie in den letzten 21 Tagen neue besta¿tigte Fa¿lle gemeldet haben (maximale Inkubationszeit fu¿r Ebola). South Kivu hat ku¿rzlich Fa¿lle in der Gesundheitszone Mwenga registriert und ist damit die dritte Provinz in der Demokratischen Republik Kongo, die vom aktuellen Ausbruch betroffen ist (MSF 5.11.2019).
Mitte Oktober 2019 hat die Arzneimittelbeho¿rde der EU offiziell einen Impfstoff zur Zulassung empfohlen, mit dem bereits seit einem Jahr in der DR Kongo ohne Zulassung geimpft wird (SRF 18.10.2019; vgl. MSF 5.11.2019). Bis Ende September
2019 wurden u¿ber 230.000 Personen geimpft (MSF 5.11.2019). Seither hat sich das Virus viel langsamer ausgebreitet als noch vor vier Jahren bei der Epidemie in Westafrika (SRF 18.10.2019). Die neuen Fa¿lle konzentrieren sich zudem in einer kleineren Region im Osten des Landes; Stand Mitte Oktober 2019 ist das Ebola- Virus aus den Sta¿dten im Ostkongo fast verschwunden (NZZ 18.10.2019) und wurde in schwer erreichbare Gebiete zuru¿ckgedra¿ngt (NZZ 18.10.2019; vgl. DW 3.11.2019).
Ein hohes Maß an Unsicherheit behindert weiterhin die Bemu¿hungen zur Einda¿mmung der Epidemie (MSF 5.11.2019). Es gibt Meldungen von Gewalt und Angriffe gegen Ebola-Impfteams und lokales Gesundheitspersonal (MSF 5.11.2019; vgl. NZZ 18.10.2019, DW 3.11.2019).
Quellen:
- DW - Deutsche Welle (3.11.2019): Anti-Ebola fighter killed as new vaccine arrives in Congo, https://www.dw.com/en/anti-ebola-fighter-killed-as-new-vaccine-arrives-in- congo/a-51100166, Zugriff 11.11.2019
- MSF - Me¿decins sans frontie-res / A¿rzte ohne Grenzen (5.11.2019): DRC Ebola outbreaks - Crisis update - November 2019, https://www.msf.org/drc-ebola-outbreak- crisis-update, Zugriff 11.11.2019
- NZZ - Neue Zu¿rcher Zeitung (18.10.2019): WHO stuft Ebola-Epidemie in Kongo- Kinshasa weiterhin als Notlage "von internationaler Tragweite" ein, https://www.nzz.ch/international/who-stuft-ebola-epidemie-in-kongo-kinshasa- weiterhin-als-notlage-von-internationaler-tragweite-ein-ld.1516450, Zugriff 11.11.2019
- SRF - Schweizer Radio und Fernsehen (18.10.2019): Hoffnung im Kampf gegen Ebola wa¿chst, https://www.srf.ch/news/international/fortschritte-in-der-forschung- hoffnung-im-kampf-gegen-ebola-waechst, Zugriff 11.11.2019
- WHO - World Health Organization (9.11.2019.): Maladie a- Virus Ebola en RDC (EVD in DRC) - Situation en date du 09 novembre 2019, https://who.maps.arcgis.com/apps/ opsdashboard/index.html#/e70c3804f6044652bc37cce7d8fcef6c, Zugriff 11.11.2019
KI vom 11.1.2019: Oppositionskandidat der UDPS gewinnt Pra¿sidentschaftswahlen (betrifft: Abschnitt 2/Politische Lage, Abschnitt 10 / Allgemeine Menschenrechtslage)
Die nationale Wahlkommission CENI erkla¿rte am Donnerstag, den 10.1.2019, den Kandidaten der oppositionellen Union pour la De¿mocratie et le Progre-s social UDPS, Fe¿lix Tshisekedi, zum Sieger der Pra¿sidentschaftswahlen vom 30.12.2018 (JA 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019, ZO 10.1.2019, NZZ 10.1.2019). Es ko¿nnte der erste friedliche Machtwechsel seit 50 Jahren werden (FAZ 10.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019), wenn Tshisekedi den seit 2001 regierenden Joseph Kabila als Pra¿sident ablo¿st (NTV 10.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019). Pra¿sident Joseph Kabila ku¿ndigte an, die Verfassung zu respektieren und nicht fu¿r eine dritte Amtszeit anzutreten (JA 10.1.2019). Noch nie ist es im Land zu einem friedlichen Machtwechsel gekommen (NZZ 10.1.2019).
Der 55-ja¿hrige Felix Tshisekedi ist der Sohn des 2017 verstorbenen, ehemaligen Ministerpra¿sidenten und langja¿hrigen kongolesischen Oppositionsfu¿hrers Etienne Tshisekedi. Felix Tshisekedi versprach den Wa¿hlern, Korruption und Armut zu beka¿mpfen und das instabile Land zu befrieden, das immer noch von zahlreichen bewaffneten Konflikten erschu¿ttert wird (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019). Der neue Pra¿sident soll bereits am 18.1.2019 vereidigt werden (NTV 10.1.2019; vgl. RO 10.1.2019, VN 2.1.2019) und laut Wahlkommission mu¿ssen die endgu¿ltigen Ergebnisse der Wahl am 15.1.2019 vom Verfassungsgericht verku¿ndet werden (RO 10.1.2019).
Die Pra¿sidentschaftswahl ha¿tte laut Verfassung eigentlich schon vor zwei Jahren stattfinden mu¿ssen. Der bisherige Pra¿sident Kabila hatte sich jedoch 2016 nach Ablauf seiner zweiten Amtszeit geweigert abzutreten und ließ die Wahlen mehrmals verschieben (VN 9.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019). Proteste ließ Kabila niederschlagen (VN 2.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019) und die Wahlen wurde auf den 23.12.2018 verschoben (VN 2.1.2019).
Aufgrund organisatorischer Schwierigkeiten, zu denen auch die Zersto¿rung von mehr als 8.000 Wahlmaschinen bei einem Brand beigetragen hat, wurden die Wahlen nochmals um eine Woche verschoben (VN 2.1.2019), gewa¿hlt wurde der neue Pra¿sident somit am 30.12.2018 (TAZ 6.1.2019; vgl. VN 2.1.2019).
Gleichzeitig herrst im Osten des Landes eine Ebola-Epidemie (FAZ 10.1.2019; vgl. VN 2.1.2019, VN 9.1.2019). Es ist die bislang zweitgro¿ßte Epidemie weltweit mit mehr als 628 Erkrankten und 383 Toten (NTV 10.1.2019). In den Regionen Beni, Butembo und Yumbi wurde deswegen der Urnengang nicht durchgefu¿hrt (VN 2.1.2019; vgl. VN 9.1.2019). Damit waren rund 1,25 von 40 Millionen Wahlberechtigten ausgeschlossen. Die Stimmabgabe soll dort im Ma¿rz 2019 nachgeholt werden (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019, VN 2.1.2019).
Urspru¿nglich wollte die Wahlkommission (CENI) den Sieger der Wahl am Sonntag, den 6.1.2019, vermelden (BAMF 7.1.2019; vgl. SO 9.1.2019, ZO 10.1.2019). Die Ergebnisse der Wahlen wurden allerdings nicht vero¿ffentlicht und es entstand der Verdacht, dass die Zahlen manipuliert wurden (VN 8.1.2019). Wahlbeobachter hatten zahlreiche Unregelma¿ßigkeiten gemeldet (ZO 10.1.2019).
Die Opposition hatte vor der Bekanntgabe der Ergebnisse Wahlbetrug zugunsten des Regierungskandidaten und fru¿heren Innenminister Emmanuel Ramazani Shadarys befu¿rchtet. Viele Beobachter rechneten ebenfalls mit einem Sieg des Regierungskandidaten (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2018, TS 10.1.2019). Bereits am 3.1.2019 hatte die katholische Kirche, die als einzige Organisation mit 40.000 Wahlbeobachtern fla¿chendeckend in den Wahllokalen pra¿sent war, bekanntgegeben, dass es laut der von ihr vorgenommenen Stimmenausza¿hlung einen klaren Sieger gebe (BAMF 7.1.2019; vgl. VN 8.1.2019) und hatte unter Berufung auf ihre tausenden Wahlbeobachter den zweiten Oppositionskandidaten Martin Fayulu zum Sieger erkla¿rt (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019, TS 10.1.2019).
Fe¿lix Tshisekedi wurde mit 7.051.013 abgegebenen Stimme (38,57%) zum Pra¿sidenten der gewa¿hlt (JA 10.1.2019; vgl. RO 10.1.2019, ZO 10.1.2019), so die vorla¿ufigen Ergebnisse der Wahlkommission. Die Wahlbeteiligung betrug 47,56% (RO 10.1.2019), 18.329.318 Stimmen wurden abgegeben (JA 10.1.2019).
Auf dem zweiten Platz landete demnach mit u¿ber sechs Millionen (6.366.732) Stimmen der zweite Oppositionskandidat Martin Fayulu. Die Partei von Kabila stellte Emmanuel Ramazani Shadary als seinen Nachfolgekandidaten auf, da er selbst nicht wieder antreten durfte. Shadary kam nur auf gut vier Millionen (4.357.359) Stimmen (23,84%) (FAZ 10.1.2019; vgl. JA 10.1.2019, ZO 10.1.2019). Der unterlegene Fayulu zweifelt das amtliche Ergebnis an und spricht von Wahlputsch (TS 10.1.2019; vgl. ZO 10.1.2019) und es bleibt abzuwarten ob Oppositionskandidat Fayulu das Ergebnis akzeptieren wird (FAZ 10.1.2019; vgl. NTV 10.1.2019). Das Verfassungsgericht hat 14 Tage Zeit, um das Ergebnis zu besta¿tigen (ZO 10.1.2019). Nach anderen Angaben ist Tshisekedi bis 15.1.2019 provisorischer Sieger. Dann soll das Verfassungsgericht das definitive Resultat verku¿nden. Fu¿r 18.1.2019 ist die Vereidigung vorgesehen (NZZ 10.1.2019).
Quellen:
- BAMF - Bundesamt fu¿r Migration und Flu¿chtlinge (7.1.2019): Briefing Notes, DR Kongo, Zugriff 9.1.2019
- FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (10.1.2019): Oppositioneller Felix Tshisekedi gewinnt Pra¿sidentenwahl, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kongo- oppositioneller-felix-gewinnt-tshisekedi-praesidentenwahl-15981234.html, Zugriff
- 10.1.2019
- JA - Jeune Afrique (10.1.2019): RDC : Fe¿lix Tshisekedi e¿lu pre¿sident, selon les re¿sultats provisoires, https://www.jeuneafrique.com/701452/politique/rdc-felix-tshisekedi-elu- president-de-la-republique-selon-les-resultats-provisoires-proclames-par-la-ceni/, Zugriff 10.1.2019
- NTV - Nachrichtenfernsehen GmbH (10.1.2019): Ende der A¿ra Kabila Oppositioneller gewinnt u¿berraschend Wahlen im Kongo, https://www.n-tv.de/politik/Oppositioneller- gewinnt-ueberraschend-Wahlen-im-Kongo-article20804138.html, Zugriff 10.1.2019
- NZZ - Neue Zu¿rcher Zeitung (10.1.2019): Doppelte U¿berraschung in Kongo-Kinshasa, https://www.nzz.ch/international/machtwechsel-im-kongo-oppositioneller-gewinnt- praesidentenwahl-ld.1450321, Zugriff 11.1.2019
- -RO - Radio Okapi (10.1.2019): Fe¿lix Tshisekedi e¿lu pre¿sident de la Re¿publique de¿mocratique du Congo, https://www.radiookapi.net/2019/01/10/actualite/politique/felix- tshisekedi-elu-president-de-la-republique-democratique-du-congo, Zugriff 10.1.2019
- SO - Spiegel Online (9.1.2019): Wahlergebnis immer noch offen Der Kongo za¿hlt, der Kongo zittert, http://www.spiegel.de/politik/ausland/kongo-wahlkommission-verzoegert- ergebnis-der-praesidentschaftswahlen-weiter-a-1246951.html, Zugriff 9.1.2019
- TAZ - tageszeitung (6.1.2019): Pra¿sidentschaftswahl in der DR Kongo. Darf die Opposition gewinnen?, https://www.taz.de/Praesidentschaftswahl-in-der-DR-Kongo/!5560823/, Zugriff 9.1.2019
- TS - tagesschau.de (10.1.2019): Machtwechsel im Kongo Tshisekedi gewinnt historische Wahl, https://www.tagesschau.de/ausland/kongo-wahl-107.html, Zugriff 10.1.2019
- -VN - Vatican News (2.1.2019): Kongo nach den Wahlen: Bischo¿fe rufen zu Ruhe auf, https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2019-01/demokratische-republik-kongo- bischofskonferenz-appell-demokratie.html, Zugriff 9.1.2019
- VN - Vatican News (8.1.2019): Kongo: Noch keine Vero¿ffentlichung des Wahlergebnisses, https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2019-01/kongo-bischoefe- wahl-kabila-afrika-ergebnisse-konflikt.html, Zugriff 9.1.2019
- ZO - Zeit Online (10.1.2019): Kongo: Oppositionskandidat gewinnt Pra¿sidentschaftswahl, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-01/kongo-praesidentschaftswahl-f-lix-tshisekedi, Zugriff 10.1.2019
2. Politische Lage
Die Demokratische Republik (DR) Kongo befindet sich weiterhin in einer Übergangsphase. Die gewaltsamen nationalen und internationalen Auseinandersetzungen im Land endeten zwar offiziell 2002, jedoch können die Konflikte des Landes auch heute noch immer nicht als überwunden gelten (AA 6.9.2015). Das Parlament der DR Kongo besteht aus zwei Kammern: Nationalversammlung und Senat. Der Staatspräsident wird direkt gewählt und hat weitreichende Machtbefugnisse. In den nach Manipulationsvorwürfen umstrittenen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom 28.11.2011 errang das Parteienbündnis "Präsidentielle Mehrheit" im Parlament eine Mehrheit (340 von 500 Sitzen). Dazu gehören als größte Parteien die von Staatspräsident Kabila gegründete PPRD "Parti du Peuple pour la Reconstruction et la Démocratie" (Volkspartei für Wiederaufbau und Demokratie) mit 62 Sitzen, deren neugegründete Schwesterpartei PPPD (28 Sitze), der MSR (27 Sitze) sowie die PALU (19 Sitze) (AA 8.2016). Premierminister ist seit April 2017 Bruno Tshibala (Radio Okapi 10.4.2017, vgl. Rfi 7.4.2017).
Der Präsident wird für fünf Jahre direkt gewählt. Am 31.07.2006 fanden Präsidentschaftswahlen und Wahlen zu Kongos Provinzparlamenten statt. Knapp 26 Millionen Wahlberechtigte hatten zum ersten Mal seit über 40 Jahren die Chance, in freien Wahlen an ihrer politischen Zukunft mitzuwirken. Die letzten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen fanden am 28.11.2011 statt. Laut der vom Obersten Gericht verkündeten Endergebnisse gewann der Amtsinhaber Joseph Kabila die Präsidentschaftswahlen mit rund 49 Prozent. Unabhängige Beobachter, einschließlich Vertreter der Europäischen Union, der katholischen Kirche und der Zivilgesellschaft sprachen von massiven Wahlfälschungen. Bis zu drei Millionen Stimmen sollen gefälscht worden sein (LIPortal 7.2016).
Kabilas letzte Amtszeit lief endgültig im Dezember 2016 aus; seither versucht der Sohn des vorherigen Präsidenten Laurent Kabila, sich mit allen Mitteln an der Macht zu halten. Erst Ende 2016 unterzeichneten Regierung und Oppositionsparteien am Silvesterabend unter Vermittlung der katholischen Bischöfe einen Kompromiss. Zentrale Bestandteile: Neuwahlen binnen eines Jahres und Kabilas Zugeständnis, nicht mehr anzutreten und auch keine Verfassungsänderung anzustreben, die ihm dies ermöglichen könnte (derStandard 20.2.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (6.9.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, Zugriff 27.4.2017
- AA - Auswärtiges Amt (8.2016): Länderinformationen Kongo - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/KongoDemokratischeRepublik/Innenpolitik_node.html, Zugriff 25.4.2017
- derStandard (20.2.2017): Kabila, Sesselkleber und politischer Brandstifter im Kongo, http://derstandard.at/2000052869941/Kabila-Sesselkleber-und-politischer-Brandstifter-im-Kongo, Zugriff 25.4.2017
- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (7.2016): Kongo, https://www.liportal.de/kongo/geschichte-staat/, Zugriff 26.4.2017
- Radio Okapi (10.4.2017): Nomination de Bruno Tshibala: la France s'inquiète du manque de consensus, http://www.radiookapi.net/2017/04/10/actualite/politique/nomination-de-bruno-tshibala-la-france-sinquiete-du-manque-de#sthash.7pVOnjcJ.dpufhttp://www.radiookapi.net/2017/04/10/actualite/politique/nomination-de-bruno-tshibala-la-france-sinquiete-du-manque-de, Zugriff 25.4.2017
- Rfi Afrique (7.4.2017): RDC: l'ex-UDPS Bruno Tshibala devient Premier ministre, http://www.rfi.fr/afrique/20170407-rdc-opposant-bruno-tshibala-premier-ministre, Zugriff 26.4.2017
3. Sicherheitslage
Infolge des offiziellen Endes der zweiten Amtszeit des Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo am 19.12.2016 ist es in Kinshasa und anderen kongolesischen Städten zu - teilweise gewalttätigen - Protesten gekommen. Regierung und Opposition haben inzwischen zwar eine Vereinbarung über den politischen Übergang (Anm.: anstehende Präsidentenwahl) getroffen; deren Umsetzung ist bislang jedoch nicht vorangekommen. Am 28.3.2017 kam es in diesem Zusammenhang in der Hauptstadt Kinshasa zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Weitere Proteste, die jederzeit einen gewaltsamen Verlauf nehmen können, sind angekündigt. Dabei sind weitgehende Störungen des öffentlichen Lebens nicht auszuschließen (AA 26.4.2017).
Der Nordosten der Demokratischen Republik Kongo ist seit dem Genozid in Ruanda (1994) von Wellen der Gewalt gekennzeichnet. Hintergrund ist die "Gier" der unterschiedlichsten Waffenträger nach Rohstoffen wie Coltan, Gold und Diamanten. Zeitweise bewegten sich 14 verschiedene bewaffnete Gruppen und Rebellenorganisationen im Gelände. Ungelöst ist das Problem des Verbleibs der FDLR (Demokratische Front zur Befreiung Ruandas), jener Rest-Hutu-Armee, die seit dem Ende des Genozids 1994 ihr gewalttätiges Unwesen in der ganzen Region - einschließlich Ruanda - treibt. Am 08.1.2013 beschließt die Afrikanische Union 4.000 Soldaten in die Region zu entsenden. MONUSCO erhält von den Vereinten Nationen mit der Resolution 2098 erstmalig den Auftrag, die Befriedung der Region mit Gewalt zu erzwingen. Unter ugandischer Federführung kommt es am 13.12.2013 zur Unterzeichnung eines Friedensvertrags zwischen der kongolesischen Regierung und Repräsentanten der Rebellengruppe M-23. Die Kampfkraft der verschiedenen Rebellengruppen - allen voran die der FDLR nahestehenden - bleibt ungebrochen. Die im Oktober und November 2015 begonnenen aktiven Angriffe und Kämpfe der MONUSCO haben bisher nichts an der Situation verändert. Seit Januar 2017 operiert erneut die "wiederauferstandene" M-23 in den Bergen im Osten des Landes. Bereits im Januar kam es zu ersten militärischen Auseinandersetzungen mit regulären kongolesischen Truppen (LIPortal 7.2016).
Die Provinz Kasaï ist ein neuer Konfliktherd im Kongo. Seit der brutalen Ermordung des regionalen Milizenführers Kamwina Nsapu durch Soldaten im Sommer 2016 liefern sich die dort ansässigen Rebellen einen Kleinkrieg mit der Armee. Laut UNO, die 19.000 Blauhelme im Land stationiert hat, zwang der Konflikt seit letztem August 216.000 Menschen zur Flucht. 600 Personen seien insgesamt ums Leben gekommen. Der Osten des Riesenreichs wird schon seit Jahrzehnten von zahlreichen Milizen heimgesucht. Sie kämpfen um Einflussgebiete und die Kontrolle über reiche Mineralienvorkommen, etwa Gold, Diamanten und Coltan. Rebellengruppen aber auch Regierungssoldaten werden immer wieder für Massentötungen an der Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht. Sie mischen regelmäßig in den mafiösen Verteilungskämpfen mit oder gehen äußerst brutal gegen Oppositionelle oder Rebellen vor (derStandard 20.2.2017).
In den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Orientale, Ituri und Maniema finden häufig kriegerische Handlungen zwischen den zahlreichen Rebellengruppen und der Armee sowie der Mission der Vereinten Nationen (MONUSCO) statt (BMEIA 26.4.2017). Lokale und von außen beeinflusste Konflikte setzen sich insbesondere in den Ostprovinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Tanganyika, Ituri, Haut-Uele und Bas-Uele fort. Ausländische Rebellen- und Milizgruppen (RMGs) wie u.a. die demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR), die vereinten Kräfte zur Befreiung Ugandas (ADF/NALU), die nationalen Befreiungskräfte (FNL), die Lord's Resistance Army (LRA), aber auch indigene RMGs, wie die lokalen Mai-Mai-Gruppen (z.B. die Mazembe, Charles Shetani, Yakutumba und andere), bekämpften Regierungstruppen, sich gegenseitig und attackierten die Zivilbevölkerung. Dabei kam es immer wieder zu massiven Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten, die nur gelegentlich zur Anklage kamen. Zur Neutralisierung dieser bewaffneten Gruppen installierte die UNO die Mission MONUSCO mit ca. 17.500 Soldaten und einer Interventionsbrigade (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (26.4.2017): Demokratische Republik Kongo, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/KongoDemokratischeRepublikSicherheit.html?nn=340860#doc339618bodyText1, Zugriff 26.4.2017
- BMEIA (26.4.2017): Kongo - Demokratische Republik, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kongo-dem-rep/, Zugriff 26.4.2017
- derStandard (20.2.2017): Kabila, Sesselkleber und politischer Brandstifter im Kongo, http://derstandard.at/2000052869941/Kabila-Sesselkleber-und-politischer-Brandstifter-im-Kongo, Zugriff 26.4.2017
- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (7.2016): Kongo, https://www.liportal.de/kongo/geschichte-staat/, Zugriff 26.4.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Right Practices 2016 - Democratic Republic of the Congo, http://www.ecoi.net/local_link/337144/479907_de.html, Zugriff 5.5.2017
4. Rechtsschutz/Justizwesen
Während gesetzlich eine unabhängige Justiz vorgesehen ist, war die Justiz in der Praxis Korruption und politischer Einflussnahme unterworfen. Beamte und andere einflussreiche Personen zwangen Richter oft zur Nötigung um genehme Urteilssprüche zu erhalten. Richtermangel führte zu langwierigen Gerichtsverfahren, insbesondere in den Provinzen. Behörden missachteten regelmäßig Gerichtsurteile. Disziplinarkommissionen beschäftigten sich mit zahlreichen Fällen von Korruption und Amtsmissbrauch, die in Entlassungen und Suspendierungen von Richtern mündeten (USDOS 3.3.2017, vgl. AA 6.9.2015).
Gemäß der Verfassung ist die Demokratische Republik Kongo ein Rechtsstaat. Das Rechtssystem wurde in enger Anlehnung an das belgische Recht festgelegt. In der Praxis funktioniert das Rechtswesen nur sehr unzureichend. Es gibt eine sehr eingeschränkte Rechtssicherheit. Die Ursachen sind vielfältig: ausufernde Korruption, Postenschieberei und schlechte Bezahlung auf allen Ebenen sowie mangelnde Ausbildung, Bezahlung und Disziplin der Polizei. Besonders in den ländlichen Gebieten kommt das traditionelle Recht zum Tragen, hier werden örtliche Streitigkeiten von den traditionellen Entscheidungsträgern entschieden (LIPortal 7.2016).
Die Militärjustiz ist für alle Vergehen von und gegen Soldaten und Polizisten zuständig. Sie ist überlastet, aber nach Einschätzung des Menschenrechtsbüros von MONUSCO und des Menschenrechtskommissars sehr bemüht, ihrer Aufgabe gerecht zu werden, die Straflosigkeit bei Angehörigen der Sicherheitsdienste wirksam zu bekämpfen (AA 6.9.2015).
Straffreiheit blieb ein Problem, insbesondere im Falle von höherrangigen Personen und Mitgliedern bewaffneter Gruppen, resultierend aus mangelnder finanzieller Ausstattung der Richter und justizieller Unabhängigkeit (AI 22.2.2017, vgl. HRW 12.1.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (6.9.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, Zugriff 27.4.2017
- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Democratic Republic of the Congo, http://www.ecoi.net/local_link/336470/479121_de.html, Zugriff 26.4.2017
- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Democratic Republic of Congo, http://www.ecoi.net/local_link/334688/476440_de.html, Zugriff 26.4.2017
- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (7.2016): Kongo, https://www.liportal.de/kongo/geschichte-staat/, Zugriff 26.4.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Right Practices 2016 - Democratic Republic of the Congo, http://www.ecoi.net/local_link/337144/479907_de.html, Zugriff 26.4.2017
5. Sicherheitsbehörden
Die kongolesische Nationalpolizei (Police National Congolaise - PNC) untersteht dem Innenministerium. Zur PNC gehören die "Schnelle Eingreiftruppe" und die "integrierte Polizeieinheit". Die Streitkräfte der DR Kongo (FARDC) unterstehen dem Verteidigungsministerium und spielen auch eine Rolle im Bereich der inneren Sicherheit. Angehörige der PNC und FARDC sind regelmäßig für die Einhebung illegaler Bestechungsgelder und Erpressung von Zivilisten an Checkpoints verantwortlich. Die FARDC ist überdies durch schlechte Führung und Organisation, mangelnde Ausbildung und Loyalität, besonders im östlichen Landesteil gekennzeichnet. Obwohl es zu Verurteilungen aufgrund von Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte kam, blieb die Straffreiheit ein Problem. In diesem Zusammenhang betrieben die Behörden zusammen mit der UN-Schutztruppe MONUSCO gemeinsame Menschenrechtskomitees und nutzten diesbezügliche internationale Einrichtungen, um Vergehen von Mitgliedern der staatlichen Sicherheitskräfte bzw. disziplinäre Probleme zu untersuchen und zu bestrafen (USDOS 3.3.2017).
Bei Protesten gegen die Regierung kam es immer wieder zur Anwendung von übertriebener Gewalt mit Todesfolge durch die Sicherheitskräfte. Insbesondere im nach wie vor konfliktträchtigen Osten des Landes kommt es zu regelmäßigen und zahlreichen Menschenrechtsverletzungen durch das Militär aber auch durch Aufständische, wobei es nur in Einzelfällen zu Verurteilungen kam (AI 22.2.2017).
Laut einem Bericht von GlobalSecurity existiert eine richtige kongolesische Armee, gemessen an modernen Kriterien, gar nicht. Vielmehr gäbe der Staat nur vor eine zu haben. Die FARDC wurde 2003 aus verschiedenen bewaffneten Gruppen unterschiedlicher politischer Gruppierungen geformt, die seit dem kaum als einheitlicher Armeekörper in Erscheinung tritt und durch mangelnde Loyalität, Disziplin und eine kaum vorhandene Befehlskette gekennzeichnet ist. Daneben leidet die Armee unter schlechter Ausbildung und schlechtem Kriegsmaterial, Korruption, schwachen Kommandostrukturen, Versorgungsproblemen und unregelmäßiger Bezahlung, was dazu führt, dass Mitglieder der Armee oft in Plünderungen und Überfällen auf Zivilisten, einhergehend mit massiven Menschenrechtsverletzungen und selbst am ständigen Hin- und Her-Wechsel zwischen den Fronten beteiligt sind. Ein Reformplan zur Umwandlung der Truppe in eine moderne Armee, wurde 2009 dem Parlament präsentiert. Lt. MONUSCO hat die kongolesische Armee bedeutende Schritte zur Hebung der Armeedisziplin durch Verfolgung von durch Soldaten begangener Menschenrechtsverletzungen unternommen. Trotzdem bleibt Straffreiheit in der Armee weiterhin ein großes Problem (GlobalSecurity o.D.).
Quellen:
- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Democratic Republic of the Congo, http://www.ecoi.net/local_link/336470/479121_de.html, Zugriff 26.4.2017
- GlobalSecurity.org (o.D.): DR Congo Army, http://www.globalsecurity.org/military/world/congo/army.htm, Zugriff 4.5.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Right Practices 2016 - Democratic Republic of the Congo, http://www.ecoi.net/local_link/337144/479907_de.html, Zugriff 26.4.2017
6. Folter und unmenschliche Behandlung
Das Gesetz kriminalisiert zwar die Anwendung von Folter, dennoch gibt es Berichte von Menschenrechtsorganisationen, dass die Sicherheitskräfte weiterhin Zivilisten, vor allem Häftlinge, foltern und grausame und entwürdigende Bestrafungen anwenden. Andererseits gibt es auch einige Berichte, dass Regierungsbehörden gegen die für solche Taten verantwortliche Personen vorgehen und Gerichte Verurteilungen aussprechen (USDOS 3.3.2017, vgl. AA 6.9.2015).
Folter und andere Misshandlungen sind im ganzen Land weit verbreitet und werden von den Sicherheitskräften häufig während rechtswidriger Festnahmen und Inhaftierungen angewendet. Sowohl die Polizei als auch Angehörige der Geheimdienste werden beschuldigt, für Folter und andere Misshandlungen verantwortlich zu sein (AI 22.2.2017, vgl. FCO 21.7.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (6.9.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, Zugriff 27.4.2017
- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Democratic Republic of the Congo, http://www.ecoi.net/local_link/336470/479121_de.html, Zugriff 26.4.2017
- FCO - UK Foreign and Commonwealth Office (updated 21.7.2016): Human Rights and Democracy Report 2015 - Chapter IV: Human Rights Priority Countries - Democratic Republic of the Congo (DRC), http://www.ecoi.net/local_link/322984/470305_de.html, Zugriff 26.4.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Right Practices 2016 - Democratic Republic of the Congo, http://www.ecoi.net/local_link/337144/479907_de.html, Zugriff 26.4.2017
7. Korruption
Gesetzlich sind Strafen für Korruption durch Beamte zwar vorgesehen, jedoch setzte die Regierung diese Vorgaben nicht effektiv um und war oft mit Straflosigkeit verbunden. Auch auf dem Gebiet der Wirtschaft ist diese stark verbreitet. So kommt es z.B. im industriellen Bergbau durch Korruption auf allen Ebenen zu beträchtlichen staatlichen Einnahmeverlusten, insbesondere im ressourcenreichen Osten des Landes. Die Einrichtung des Korruptions- und Ethik-Watchdogs OSCEP soll die Korruption im zivilen Bereich mittels Datenbanken und Sensibilisierungsmaßnahmen in den Regierungsstellen besser überwachen und bekämpfen helfen, wobei auch eine Zusammenarbeit der OSCEP mit den Antibetrugseinheiten in verschiedenen Ministerien besteht. Weitere Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung der Korruption bestehen in Entlassungen von korrupten Beamten bzw. werden Beamte in den staatlichen Einrichtungen mittlerweile mittels direkt durchgeführter Überweisungen bezahlt. Die endemische Korruption im Land ist ein wesentlicher Hemmfaktor bei der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Landes (USDOS 3.3.2017, vgl. AI 25.2.2015).
Im aktuellen Ranking von Transparency International rangiert die DR Kongo an 156. Stelle bei insgesamt 176 gereihten Ländern (TI 25.1.2017).
Quellen:
- AI - Amnesty International (25.2.2015): Jahresbericht 2014/15 (Berichtszeitraum 2014 und wichtige Ereignisse von 2013), https://www.amnesty.de/jahresbericht/2015/kongo-demokratische-republik, Zugriff 27.4.2017
- TI - Transparency International (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016, http://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 27.4.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Right Practices 2016 - Democratic Republic of the Congo, http://www.ecoi.net/local_link/337144/479907_de.html, Zugriff 26.4.2017
8. NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen sind aktiv und können grundsätzlich frei agieren. Menschenrechtsorganisationen erfahren auch in der Presse Rückhalt. Allerdings sind ihre Mitglieder bei konkreten Recherchen, die Regierungsmitglieder oder Vertreter von Machteliten betreffen, Bedrohungen und Einschüchterungen (z.B. durch vorläufige Verhaftungen) ausgesetzt (AA 6.9.2015). Es gibt eine Vielzahl von Vereinigungen und NGOs im Großraum Kinshasa und anderen Großstädten. Sie arbeiten in den Bereichen Unterstützung vergewaltigter Frauen, Waisen, Straßenkinder und alleinerziehender Mütter (IOM 10.2014). Die Regierung kooperierte gelegentlich mit internationalen NGOs und der UNO. Es gibt zwar ein interministerielles Menschenrechtskomitee, seine Effektivität ist aber begrenzt (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (6.9.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, Zugriff 28.4.2017
- IOM - International Organization for Migration (10.2014): Länderinformationsblatt Demokratische Republik Kongo, Zugriff 28.4.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Right Practices 2016 - Democratic Republic of the Congo, http://www.ecoi.net/local_link/337144/479907_de.html, Zugriff 28.4.2017
9. Wehrdienst und Rekrutierungen
Es gibt keine allgemeine Wehrpflicht. Desertion kann gem. Art 45 des Militärstrafgesetzbuchs mit dem Tod bestraft werden. In den Unruheprovinzen wird Fahnenflucht strenger kontrolliert und verfolgt. Generell werden Deserteure zur Bewährung wieder an die Front geschickt (AA 6.9.2015). Zwischen dem 18. und 45. Lebensjahr kann Militärdienst geleistet werden (CIA 1.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (6.9.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, Zugriff 28.4.2017
- CIA - Central Intelligence Agency (Last updated 1.2017): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/cg.html, Zugriff 28.4.2017
10. Allgemeine Menschenrechtslage
In der Republik Kongo ist die Wahrung grundlegender Menschenrechtsnormen und Prozessstandards nicht garantiert. Willkür ist im Justiz- und Polizeiwesen und bei den Streitkräften verbreitet. Die Menschenrechtslage in den Konfliktregionen im Osten des Landes ist äußerst problematisch: Zivilisten werden häufig Opfer von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt, verübt durch Regierungstruppen sowie Rebellengruppen. Viele Menschen haben keinen Zugang zu ausreichender Nahrung, Bildung, und Gesundheitsversorgung. Auch grundlegende Arbeitsnormen (darunter das Verbot von Kinderarbeit, Höchstarbeitszeiten, Gesundheitsnormen etc.) werden kaum beachtet. Rechtlich besteht Gleichheit der Geschlechter; in der Realität werden Frauen benachteiligt. Medien- und Versammlungsfreiheit sind eingeschränkt (AA 8.2016, vgl. USDOS 3.3.2017). Die Lage politischer Parteien, NGOs und Journalisten, die der Opposition zugerechnet werden, sind zwar keiner systematischen staatlichen Verfolgung ausgesetzt, können aber jederzeit willkürlich durch die Polizei oder Armee verfolgt bzw. deren Versammlungen aufgelöst werden. Versammlungen und Demonstrationen sind grundsätzlich erlaubt, diesbezügliche Verbote können aber bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit verhängt werden (AA 6.9.2015, vgl. HRW 12.1.2017, LIPortal 7.2016).
Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo sind seit Anfang November 2006 erstmals Gegenstand eines internationalen Strafprozesses. Dem ehemaligen kongolesischen Milizenführer Thomas Lubanga wird vor dem Internationalen Strafgerichtshof IStGH in Den Haag vorgeworfen, in den Jahren 2002 und 2003 Kindersoldaten in einen grausamen Bürgerkrieg geschickt zu haben. Auch Germain Katanga, der wie Lubanga zu jenen Warlords gehört, die zwischen 1999 und 2003 in Ituri, im Nordosten des Kongo, Massaker und Massenvergewaltigungen verübten, wurde im Oktober 2007 aus Kinshasa nach Den Haag überstellt. Im Februar 2008 traf mit Mathieu Ngudjolo Chui der dritte Untersuchungshäftling in Den Haag ein (LIPortal 7.2016).
Politische Parteien können sich betätigen. Zu den Parlamentswahlen 2006 waren insgesamt 213 Parteien angetreten. Auch ehemalige Rebellengruppen wie MLC oder RCD-Goma wurden als Parteien anerkannt und registriert. Die Lage ethnischer Minderheiten im Vielvölkerstaat DR Kongo (rund 250 ethnische Gruppen) bleibt zum Teil schwierig, eine systematische und zielgerichtete Verfolgung ist jedoch nicht auszumachen. In den Auseinandersetzungen in Nord- und Süd-Kivu spielen auch ethnische Dimensionen eine zunehmende Rolle, wobei diese zu politischer und militärischer Mobilisierung einzelner Bevölkerungsgruppen eingesetzt werden (AA 6.9.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (8.2016): Demokratische Republik Kongo, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/KongoDemokratischeRepublik/Innenpolitik_node.html, Zugriff 4.5.2017
- AA - Auswärtiges Amt (6.9.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, Zugriff 4.5.2017
- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Democratic Republic of Congo, http://www.ecoi.net/local_link/334688/476440_de.html, Zugriff 4.5.2017
- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (7.2016): Kongo, https://www.liportal.de/kongo/geschichte-staat/, Zugriff 4.5.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Right Practices 2016 - Democratic Republic of the Congo, http://www.ecoi.net/local_link/337144/479907_de.html, Zugriff 4.5.2017
11. Haftbedingungen
Die Bedingungen in den meisten Gefängnissen waren weiterhin hart und lebensbedrohend und durch Überbelegung, mangelnde Ausstattung der Gebäude und Versorgung der Gefangenen gekennzeichnet. Das Strafvollzugssystem war weiterhin unterfinanziert, unterbesetzt und schlecht unterhalten, was oft zur Flucht genutzt wurde. Untersuchungshäftlinge und verurteilten Straftäter sind in maroden Gebäuden unter