Entscheidungsdatum
28.01.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W208 2223138-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Militärkommando ÖBERÖSTERREICH, GZ P1110865/17-MilKdo /Kdo/ErgAbt/2019, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG i.V.m. § 26 Abs. 3 WG 2001 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Tauglichkeit und Wehrpflicht des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) wurde erstmals am 16.07.2013 festgestellt.
2. Mit Einberufungsbefehl (zugestellt am 31.12.2018) wurde der BF zur Leistung des Wehrdienstes mit 02.09.2019 einberufen, nachdem ihm zuvor ein Aufschub bis 15.08.2018 wegen seines Studiums der technischen Physik gewährt worden war.
3. Mit Antrag vom 06.08.2019 ersuchte der BF beim Militärkommando (im Folgenden: MilKdo oder belangte Behörde) um Aufschub des Grundwehrdienstes bis zum Sommersemester 2021. Als Begründung führte er an, dass seine Bachelorarbeit bis Ende September abgeschlossen werde und er danach ohne Unterbrechung den Master der Physik absolvieren möchte.
4. Das MilKdo involvierte die Personalabteilung C des BMLV und antwortete diese mit Schreiben vom 08.08.2019, dass eine Abänderung des Einberufungsbefehles von Amts wegen gemäß § 26 Abs 1 Z 1 WG 2001 nicht erfolgen könne, weil die Prüfung ergeben habe, dass der BF den Studienerfolg nicht ausreichend aufweise. Eine nähere Begründung enthält dieses Schreiben nicht.
Das MilKdo ersuchte daraufhin den BF mit Schreiben vom 12.08.2019 um Kontaktaufnahme und reichte der BF offenbar nach einer telefonischen Kontaktaufnahme in mehreren E-Mails (das letzte am 29.08.2019) Unterlagen nach. Zusammengefasst geht daraus hervor, dass mehrere Noten und Praktika noch nicht eingetragen worden waren und die dafür vergebenen ECTS-Punkte daher noch nicht vorlagen, auch die Bahelorarbeit könne erst positiv nach der Abgabe bewertet werden, welche Ende September erfolge. Der BF führte darüber hinaus an, es stünden noch Prüfungen am 06.09., 19.09., 27.09. und 02.10. bevor und habe er die Zusage zu einem einmaligen Praktikum bei einem Projekt beim Forschungsinstitut XXXX für den Zeitraum 2019 bis Jänner 2020 erhalten.
5. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 29.08.2019 wies die belangte Behörde, ohne Einräumung eines Parteiengehörs zu den Beweisergebnissen, den Antrag des BF gem. § 26 Abs. 3 Wehrgesetz 2001 (WG 2001) ab. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, der BF habe mit den mit dem Schreiben vom 06.08.2019 vorgelegten Bestätigungen nur abgelegte Prüfungen im Wert von 17 ECTS im Sommersemester 2019 bestätigt und deshalb sei eine weitere Abänderung des Einberufungsbefehls auf Grund mangelnden Studienerfolgs nicht möglich gewesen. Es sei durch den mangelnden Fortschritt der Ausbildung kein bedeutender Nachteil erkennbar. Auch die Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 Z 2 WG 2001 seien nicht erfüllt, weil der BF keine weiterführende Ausbildung betreibe, sondern dieselbe wie vor Wegfall des Aufschubs des Antrittes. Dem Ansinnen, nach Abschluss des Bachelorstudiums das Masterstudium Physik zu absolvieren, könne nicht stattgegeben werden, weil dieses erst in der Zukunft liege.
6. Mit Schriftsatz vom 29.08.2019 brachte der BF Beschwerde (eingelangt am 30.08.2019) gegen den im Spruch angeführten Bescheid ein und beantragte die aufschiebende Wirkung im Hinblick auf den Einberufungsbefehl vom 02.09.2019.
Er beantragt implizit die Stattgebung des Antrags auf Aufschub vom Wehrdienst, bis zum Abschluss seines im Oktober 2014 begonnenen Studiums in Sommersemester 2021. Danach wolle er eine einjährige Freiwilligenausbildung beim Heer machen. Das Masterstudium werde er trotz der Einberufung beginnen.
Begründend führte er sinngemäß neben den oben bereits mitgeteilten Umständen aus, dass in den Unterlagen vom 06.08.2019 eine Leistung aus dem Sommersemester im Wert von 2,5 ECTS (positive Prüfung vom 09.07.2019 bereits eingetragen) und eine weitere von 10 ECTS (Aerosolpraktikum, dessen Punkte aber erst nach der Beurteilung der Bachelorarbeit eingetragen würden) noch nicht berücksichtigt worden sei. Mit Abschluss der Bachelorarbeit stünde er bei insgesamt 165 ECTS und sei das Studium beinahe abgeschlossen (180 ECTS).
Beigelegt war die Studienbuchbestätigung vom 06.08.2019 und die aktualisierte Studienbuchbestätigung vom 29.08.2019 aus der hervorgeht, dass der BF am 09.07.2019 eine weitere Prüfung im Wert von 2.5 ECTS abgelegt hat. Insgesamt hat er daher in diesem Semester 19,5 ECTS erreicht.
7. Mit Schriftsatz vom 05.09.2019 legte die belangte Behörde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen, jedoch unter Hinweis, dass der BF die Studiendauer für das Bachelorstudium der Physik, die 6 Semester betrage, bereits um 4 Semester überschritten habe - die Beschwerde und den elektronischen Verfahrensakt dem BVwG zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der im Verfahrensgang angeführte Sachverhalt wird festgestellt. Weiters wird festgestellt, dass der BF seinen Grundwehrdienst am 02.09.2019 angetreten hat und am 01.03.2020 beenden wird.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem im Punkt I dargestellten Verfahrensgang, dem angefochtenen Bescheid und den in der Beschwerde des BF angeführten Fakten. Der Sachverhalt wird im Wesentlichen durch entsprechende Urkunden im Akt belegt. Die belangte Behörde hat mitgeteilt, dass der BF am 02.09.2019 eingerückt und am 01.03.2020 abrüsten wird.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit und Verfahren
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen. Diese Frist wurde eingehalten und liegen auch sonst keine Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 2013/10, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da das hier anzuwendende Wehrgesetz 2001 (WG 2001) keine Senatszuständigkeit vorsieht, ist im vorliegenden Fall eine Einzelrichterzuständigkeit gegeben.
Gemäß § 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.
Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, es besteht kein Neuerungsverbot (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K2). Von Amts wegen hat das BVwG jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017 § 27, K3).
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Wie oben bereits ausgeführt steht der in der Angelegenheit maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest. Das BVwG hat daher in der Sache selbst zu entscheiden. Das BVwG hat seiner Entscheidung, den Sachverhalt und die Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung des Sachverhaltes oder der Rechtsfrage nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (keine "civil rights") noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 (kein Bezug zu EU-Normen) entgegen.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen
Die fallbezogen maßgeblichen Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001) lauten (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG):
"§ 10. (1) Alle österreichischen Staatsbürger männlichen Geschlechtes, die das 17. Lebensjahr vollendet und das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind wehrpflichtig. [...]
§ 19. (1) Der Präsenzdienst ist zu leisten als
1. Grundwehrdienst [...]
Befreiung und Aufschub
§ 26. (3) Tauglichen Wehrpflichtigen ist, sofern militärische Interessen nicht entgegenstehen, der Antritt des Grundwehrdienstes aufzuschieben, wenn
1. sie nicht zu einem innerhalb eines Jahres nach ihrer jeweiligen Heranziehbarkeit zum Grundwehrdienst gelegenen Termin zu diesem Präsenzdienst einberufen wurden und sie durch eine Unterbrechung einer bereits begonnen Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung einen bedeutenden Nachteil erleiden würden oder
2. sie vor der rechtswirksam verfügten Einberufung zum Grundwehrdienst eine weiterführende Ausbildung begonnen haben und eine Unterbrechung dieser Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.
Ein Aufschub ist auf Antrag der Wehrpflichtigen zu verfügen. Der Aufschub darf bis zum Abschluss der jeweiligen Berufsvorbereitung gewährt werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September jenes Kalenderjahres, in dem diese Wehrpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden.
(4) Mit Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, wird eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Zeitraum dieser Befreiung oder dieses Aufschubes für ihn unwirksam."
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
3.3.1. Der Gegenstand der Beschwerde ist, dass der BF vermeint er habe einen Rechtsanspruch auf neuerlichen Aufschub von der Einberufung zum Grundwehrdienst nachdem ihm bereits einmal wegen seines am 01.10.2014 begonnenen Bachelorstudiums der Physik ein Aufschub bis 15.08.2018 gewährt und der Einberufungstermin von 07.01.2019 auf 02.09.2019 abgeändert wurde. Er begehrt einen Aufschub bis zum Ende des an sein Bachelorstudium anschließenden Masterstudiums mit Ende des Sommersemesters 2021 und die Aufhebung des Einberufungsbefehls für den 02.09.2019.
Die belangte Behörde hat dieses Ansinnen im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass der BF einen mangelnden Studienerfolg aufweise (Erreichung von nur 17 ECTS im Sommersemester 2019) und daher kein bedeutender Nachteil vorliege. Das Masterstudium liege in der Zukunft und könne daher als weiterführende Ausbildung nicht berücksichtigt werden.
Dazu ist zunächst festzustellen, dass die belangte Behörde kein Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens durchgeführt hat und daher ihre Entscheidung im Wesentlichen auf eine unrichtige ECTS-Zahl gestützt hat. Weil eine Prüfung in der Bestätigung vom 06.08.2019 noch nicht berücksichtigt war, liegen in Wirklichkeit 19,5 ECTS vor. Die Behörde ist in ihrer Begründung auch nicht auf die sonstigen Argumente des BF eingegangen, wonach er seine Bachelorarbeit bis Ende September abzugeben hat und noch vier Prüfungen (am 06.09., 19.09., 27.09. und 02.10.2019) zu absolvieren sowie ein Praktikum noch nicht berücksichtigt werden konnte. Weiters auch die einmalige Gelegenheit für ein weiteres Praktikum bis Ende Jänner 2020 habe.
3.3.2. Aus § 26 Abs. 3 WehrG 2001 folgt, dass es ein kumulatives Erfordernis für die Bewilligung eines Aufschubs ist, dass der betreffende Wehrpflichtige nicht binnen Jahresfrist nach Heranziehbarkeit einberufen wurde (VwGH 15.09.2009, 2008/11/0087). Diese Voraussetzung ist, wie die belangte Behörde auch richtig festgestellt hat, erfüllt, weil der BF nach dem Ende seines Aufschubes mit 16.08.2018 (wieder) heranziehbar gewesen wäre, aber erst mit 02.09.2019 einberufen wurde.
Weiters war daher zu prüfen, ob der BF durch die Einberufung am 02.09.2019 - und damit die Unterbrechung seines Studiums kurz vor Abschluss seines Bachelorstudiums und nicht nahtlose Fortsetzung mit dem Masterstudium - ein bedeutender Nachteil erwachsen würde.
Nach der Begründung der belangten Behörde ist dies ausschließlich deshalb nicht der Fall, weil der BF "nur" 17 ECTS im Sommersemester aufweisen konnte und damit der Studienfortschritt mangelhaft sei. Diese Beurteilung ist angesichts von sechs im Juni und Juli 2019 abgelegten einschlägigen Prüfungen (12 Semesterstunden; 19,5 ECTS) und gesetzlicher Bestimmungen zum Erbringung des Studienerfolges nicht nachvollziehbar. So fordert beispielsweise § 2 Abs. 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG idF BGBl. I Nr. 24/2019) für volljährige studierende Kinder, die das 24 Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die Ablegung von Prüfungen im Ausmaß von 8 Semesterstunden oder 16 ECTS (vgl dazu auch den VwGH zum Studienerfolg nach dem Niederlassungs- und aufenthaltsgesetz [NAG] bzw nach § 72 UniversitätsG, VwGH 11.02.2016, Ra 2015/22/0095, wonach es auch auf das jeweilige Curriculum ankommt).
Wobei hier auch noch ins Kalkül zu ziehen ist, dass der BF nebenbei seine Bachelorarbeit bearbeitet (Abgabetermin Ende September) und ein Praktikum (Aerosole) absolviert hat.
Im Übrigen hat der VwGH zur Vorgängerbestimmung des § 26a Abs. 4 Z 3 WG (§ 36a Abs. 3 Z 3 WehrG 1990 idF 1992/690) judiziert, dass bei der Prüfung, ob ein "angemessener Fortschritt" der für den Aufschub maßgeblichen Ausbildung iSd § 36a Abs. 6 WehrG 1990 idF 1992/690 beim Wehrpflichtigen gegeben ist, sich die Militärbehörden vornehmlich an der in § 36a Abs. 3 Z 3 WehrG 1990 idF 1992/690 normierten Altersgrenze zu orientieren haben und hiebei zu beurteilen haben, ob der Wehrpflichtige in der Lage sein wird, noch vor Erreichen der Höchstaltersgrenze sein Studium abzuschließen (VwGH 26.06.1997, 96/11/0036). Der BF wird erst im Jahr 2023 sein 28. Lebensjahr vollenden.
3.3.3. Aus dieser Fehleinschätzung der belangten Behörde ist für den BF aber nichts zu gewinnen, weil die oa Umstände allenfalls einen Aufschub bis Ende Oktober 2019 gerechtfertigt hätten, wenn es dem BF nicht möglich gewesen wäre die Prüfungen auch während des Grundwehrdienstes abzulegen. Das hat er nicht behauptet und war auch vor dem Hintergrund von Dienstfreistellungsmöglichkeiten für diese Zwecke nicht zu befürchten.
Aus § 26 Abs 3 WG 2001 kann kein Rechtsanspruch auf nahtlose Fortführung des Masterstudiums nach einem Bachelorstudium abgeleitet werden. Das Bachelorstudium ist als selbstständiges ordentliches Studium zu betrachten (OGH 21.08.2014, 3 Ob 69/14i) und vom Masterstudium zu unterscheiden, dass zum Zeitpunkt der Einberufung noch nicht begonnen wurde. Der VwGH hat festgestellt, dass die durch die Unterbrechung des Hochschulstudiums infolge Leistung des Grundwehrdienstes bewirkte zeitliche Verzögerung allein keinen bedeutenden Nachteil im Sinne des § 36a Abs 3 Z 2 lit b WehrG 1990 begründet (Hinweis E 17.12.1998, 98/11/0183, und E 24.8.1999, 99/11/0082; VwGH 11.04.2000, 2000/11/0072). Dieser mit jeder derartigen Unterbrechung einer Ausbildung verbundene Nachteil wird vom Gesetz grundsätzlich in Kauf genommen (VwGH 20.03.2001, 99/11/0044 zum diesbezüglich vergleichbaren Aufschub gemäß § 14 Abs 2 ZDG).
Auf die Rechtsprechung des VwGH zur sogenannten "Harmonisierungspflicht" ist, wenngleich diese primär auf die Vermeidung "besonders berücksichtigungswürdiger wirtschaftlicher, familiärer oder aufgrund einer eingetragenen Partnerschaft bestehender Interessen" (§ 26 Abs. 1 Z 2 WG 2001) abstellt, ebenso hinzuweisen. Ein Wehrpflichtiger hat die Planung und Gestaltung seiner privaten und wirtschaftlichen (beruflichen) Angelegenheiten im Interesse einer Harmonisierung mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des Wehrdienstes so vorzunehmen, dass für den Fall seiner Einberufung vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden oder möglichst verringert, nicht aber vergrößert oder gar erst geschaffen werden. Verletzt er diese Harmonisierungspflicht, können die daraus abgeleiteten Interessen nicht als erheblicher Nachteil angesehen werden. Daraus lässt sich ableiten, dass die Verpflichtung zu einem Praktikum bzw die Aufnahme eines Masterstudiums nach dem Erhalt des Einberufungsbefehls nicht zu Gunsten des BF zu berücksichtigen ist und er auch bei seiner Studienplanung (Bachelorarbeit, Prüfungen im September) auf den unmittelbar heranstehenden Wehrdienst Rücksicht zu nehmen hatte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt erst ein rechtskräftiger Ausspruch betreffend die Befreiung oder den Aufschub von der Präsenzdienstpflicht ein rechtliches Hindernis für die Erlassung eines Einberufungsbefehles dar. Die Stellung eines Antrages hindert demnach ebenso wenig die Einberufung zum Grundwehrdienst wie die Erhebung einer Beschwerde gegen einen abweisenden Bescheid oder die Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. aus vielen das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2012, Zl. 2012/11/0105, mwN). Dies gilt in gleicher Weise - im Hinblick auf die Gleichbehandlung beider Rechtsinstitute in § 26 Abs. 4 WG 2001 - in Ansehung eines Antrages auf Aufschub der Präsenzdienstpflicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2005, Zl. 2005/11/0157; VwGH 23.05.2013, 2013/11/0102). Dies hat der BF auch richtig erkannt und seinen Grundwehrdienst am 02.09.2019 angetreten.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die belangte Behörde vor diesem Hintergrund im Ergebnis zu Recht keinen Aufschub bis zum Abschluss des Masterstudiums gewährt hat. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.
Schlagworte
Aufschubantrag bedeutender Nachteil Harmonisierungspflicht Studienerfolg Studium WehrdienstEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W208.2223138.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020