TE Vfgh Beschluss 2007/6/29 G163/07

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Veröffentlicht am 29.06.2007
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
AuslBG §1 Abs2 litm
Niederlassungs- und AufenthaltsG (NAG) §21 Abs1, Abs2 Z1
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Abweisung von Verfahrenshilfeanträgen zur Einbringung vonIndividualanträgen auf Aufhebung von Bestimmungen des Niederlassungs-und Aufenthaltsgesetzes sowie des Ausländerbeschäftigungsgesetzes alsaussichtslos infolge Zumutbarkeit der Erwirkung von Bescheiden bzwmangels Eingriffs in die Rechtssphäre der Zweit- undDrittantragstellerin

Spruch

Die Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe werden abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Einschreiter beantragen die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Individualantrages auf Aufhebung des §21 Abs1 und Abs2 Z1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz. Der Erstantragsteller begehrt darüber hinaus die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Individualantrages auf Aufhebung des §1 Abs2 litm Ausländerbeschäftigungsgesetz.

2. Der Erstantragsteller ist serbischer Staatsangehöriger und mit der Zweitantragstellerin, einer österreichischen Staatsangehörigen, in aufrechter Ehe verheiratet. Die Drittantragstellerin, eine österreichische Staatsangehörige, ist das eheliche Kind der Erst- und Zweitantragsteller.

II. 1.1. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes setzt die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen. Der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf ist dazu bestimmt, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.684/1988, 13.871/1994, 15.418/1999).

1.2. Eine Rechtsverfolgung des Erstantragstellers durch einen Individualantrag gemäß Art140 Abs1 B-VG erscheint hinsichtlich des §21 Abs1 und Abs2 Z1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz als offenbar aussichtslos, weil es dem Einschreiter offen steht, einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Inland zu stellen. Gegen den in diesem Verfahren ergangenen - letztinstanzlich - Bescheid könnte er beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde gemäß Art144 B-VG erheben. Darin könnte er seine Bedenken gegen die genannten Normen zum Ausdruck bringen. In der Erwirkung eines solchen Bescheides liegt daher ein zumutbarer Weg, wobei noch anzumerken ist, dass es bei der Beurteilung dieser Frage nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes auf die Erfolgsaussichten der Partei in der Sache nicht ankommt (VfSlg. 16.722/2002).

1.3. Dasselbe gilt hinsichtlich des §1 Abs2 litm Ausländerbeschäftigungsgesetz, weil der Einschreiter einen Antrag gemäß §3 Abs8 Ausländerbeschäftigungsgesetz stellen könnte. Gegen den in diesem Verfahren ergangenen Bescheid könnte er letztlich ebenfalls eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erheben, in der er die Einleitung eines amtswegigen Normprüfungsverfahren anregen könnte.

2.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist grundlegende Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Individualantrages, dass die bekämpfte Norm nicht bloß faktische Wirkungen zeitigt, sondern in die Rechtssphäre der betreffenden Person eingreift und sie im Falle der Rechtswidrigkeit verletzt. Die Anfechtungslegitimation kann - wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. etwa VfSlg. 15.184/1998, 17.399/2004) - von vornherein nur einem Rechtsträger zukommen, an den oder gegen den sich die angefochtene Norm wendet (Normadressat).

2.2. Auf Grund des Geltungsbereiches des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes und des Umstandes, dass es sich um österreichische Staatsangehörige handelt, ist von vornherein auszuschließen, dass die Zweit- und Drittantragstellerinnen Adressaten dieser Normen sind.

III. Da eine Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof somit hinsichtlich aller Antragsteller als aussichtslos erscheint, sind die Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe mangels der Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) abzuweisen.

IV. Dies konnte gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Individualantrag, Aufenthaltsrecht,Ausländerbeschäftigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:G163.2007

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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