TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/7 I422 2228278-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.02.2020
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Entscheidungsdatum

07.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z5
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2228278-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Marokko, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.01.2020, Zl. 1101870900/200051333, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 15.01.2020, Zl. 1101870900/200051333 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte zugleich fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt III.). Des Weiteren erkannte sie einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.), gewährte ihm keine Frist für eine freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.) und erließ sie über den Beschwerdeführer ein befristetes Einreiseverbot in der Dauer von drei Jahren (Spruchpunkt VI.).

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, dass er die Entscheidung der belangten Behörde nicht bestreite. Er laboriere allerdings an einem Knieproblem und wolle sich davon in Österreich erholen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Marokko. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen derartigen physischen oder psychischen Leiden, die einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen. Er ist erwerbsfähig.

In seinem Herkunftsstaat besuchte der Beschwerdeführer mehrere Jahre lang die Grund- und Mittelschule. Die Schule hat der Beschwerdeführer nicht abgeschlossen und absolvierte er ebenfalls keine Berufsausbildung. Seinen Lebensunterhalt verdiente der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise als Fußballspieler. Darüber hinaus weist er Berufserfahrungen als Elektriker und Hilfsarbeiter auf Baustellen auf. Der Beschwerdeführer ist geschieden und Vater eines minderjährigen Sohnes, welcher bei seiner Exgattin lebt. Der Vater des Beschwerdeführers ist verstorben. Die Mutter und die Geschwister des Beschwerdeführers leben nach wie vor in Marokko. Der Beschwerdeführer steht nach wie vor in regelmäßigem Kontakt zu seiner Familie in Marokko.

Nachweislich hält sich der Beschwerdeführer zumindest seit 12.01.2016 in Österreich auf, wo er am 29.01.2016 einen Antrag internationalen Schutz stellte. Dieser wurde am 20.09.2017 rechtskräftig negativ entschieden. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet. Die verfahrensgegenständliche Entscheidung wurde durch den Beschwerdeführer nicht substantiiert bestritten.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte. Er spricht Deutsch, weist in Österreich über einen überschaubaren Freundeskreis auf und spielt bisweilen in einem Verein Fußball. Eine darüberhinausgehende maßgebliche integrative oder soziale Verfestigung des Beschwerdeführers in Österreich liegt nicht vor.

Er verfügt über keine ausreichenden Barmittel und sichert sich seinen Unterhalt in Österreich aus Leistungen aus der Grundversorgung und zuweilen als Fußballspieler und zeitweise aus Schwarzarbeit.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2 Zu den Feststellungen zur Lage in Marokko:

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 15.01.2020 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten und schließt sich das Bundesverwaltungsgericht diesen vollinhaltlich.

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Zudem wurde Einsicht in das vorangegangene Asylverfahren des Beschwerdeführers, insbesondere in den Gerichtsakt zu I413 2152321-1. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters (ZMR), des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister (IZR), des Betreuungsinformationssystems über die Grundversorgung (GVS) und des Strafregisters eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit und seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Administrativverfahren. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Durch eine sich im Verwaltungsakt befindlichen Kopie seines Reisepasses steht seine Identität fest.

Hinsichtlich seines Gesundheitszustandes ist auszuführen, dass sich der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme durch die belangte Behörde als gesund bezeichnete. Sein Beschwerdevorbringen, wonach er sich bezüglich Knieprobleme in Österreich bereits zwei Operationen unterzogen und er noch an Schmerzen im Knie habe, ist glaubhaft. Aus der Tatsache, dass die medizinische Grundversorgung in Marokko gesichert ist und es zudem in Rabat und Casablanca auch Privatkliniken mit hohen Standards gibt, gründet die Feststellung, dass sein Gesundheitszustand seiner Rückkehr nicht entgegensteht. In Zusammenschau mit seinen Angaben über seine bisherigen Tätigkeiten in Österreich beruht die Feststellung, dass er erwerbsfähig ist.

Die Feststellungen zu seiner familiären Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, insbesondere, dass er geschieden ist, er über eine mehrjährige Schul-, jedoch keine Berufsausbildung verfügt, er seinen Lebensunterhalt bislang als Fußballspieler verdiente ergibt sich aus seinen diesbezüglichen Angaben im Rahmen seines vorangegangen Asylverfahren. Im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens tätigte der Beschwerdeführer gleichbleibende Angaben und brachte er ergänzend vor, dass er über Berufserfahrungen als Elektriker und Baustellengehilfe aufweise und er nach wie vor mit seiner Mutter und seinem Bruder in aufrechtem Kontakt stehe.

Aus einer Zusammenschau in den vorgelegten Verwaltungsakt, dem Gerichtsakt zu I413 2152321-1 sowie den aktuellen IZR und ZMR Auszügen sind die Feststellungen zu seiner Einreise nach Österreich, dem vorangegangenen und rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahren sowie zur Nichtbefolgung seiner Ausreiseverpflichtung und seinem unrechtmäßigen Verbleib in Österreich belegt. Bestätigend gab er diesbezüglich in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vom 15.01.2020 an, dass er Österreich seit seinem Antrag auf internationalen Schutz nicht mehr verlassen habe. Der Ausreiseverpflichtung sei er nicht nachgekommen, weil er in Österreich leben und Fußballspielen wolle und weil er hier viele Freunde habe. In seiner Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, dass er die verfahrensgegenständliche Entscheidung der belangten Behörde nicht bestreite, er sich noch von seinem Knieproblem erholen wolle.

Zuletzt bestätigte der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vom 15.01.2019, dass er über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich verfüge. Eine "feste Freundin" habe er derzeit nicht. Hinsichtlich seiner sozialen Verfestigung gab der Beschwerdeführer an, bislang weder einen Deutschkurs besucht noch eine Deutschprüfung absolviert und alles alleine erlernt zu haben. Der einvernehmende Beamte vermerkte in der Niederschrift, dass sich der Beschwerdeführer auf Deutsch mäßig ausdrücke. Seine Angaben bezüglich seiner bisherigen Tätigkeit als Fußballer und dem sich daraus resultierenden Freundeskreis werden ebenso als glaubhaft erachtet. Darüber Hinausgehende Bindungen verneinte der Beschwerdeführer und legte er auch keine sonstigen allfälligen integrationsbezeugenden Dokumente vor. Aus dem Umstand, dass diese integrativen Bemühungen bereits im vorangegangenen Asylverfahren geltend gemacht wurden und sich diesbezüglich keinerlei Erweiterung erfahren haben, leitet sich die Feststellung ab, dass eine maßgebliche integrative oder soziale Verfestigung des Beschwerdeführers in Österreich nicht vorliegt.

Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 15.01.2020 gab der Beschwerdeführer an, dass er sich in der Grundversorgung befinde, - was durch einen aktuellen GVS-Auszug belegt ist - er aber ansonsten mittellos sei und kein Geld habe. Danach befragt, führte er in seiner niederschriftlichen Verhandlung aus, dass er im Bundesgebiet (der) auf Baustelle(n) - die ihm auf dem Arbeiterstrich vermittelt worden seien - gearbeitet habe. Darüber hinaus habe er bei einem Wiener Verein C[...] als Fußballspieler gespielt.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 05.02.2020.

2.3. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Marokko und den dort zitierten Quellen. Dieser Bericht fußt sowohl auf Berichten verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Es steht für das Bundesverwaltungsgericht nach Würdigung sämtlicher Umstände fest, dass Marokko ein Staat ist, der hinsichtlich seiner Bürger schutzfähig und schutzwillig ist und dass daher aufgrund der Lage im Herkunftsstaat dem mit höchster Wahrscheinlichkeit keine Gefahr an Leib und Leben oder einer unmenschlichen Strafe droht, wenn er nach Marokko zurückkehrt.

Hinsichtlich der Länderberichte räumte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer zuletzt im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme die Möglichkeit einer Stellungnahme ein und nahm er hievon mit den Worten "Nein." explizit keinen Gebrauch.

Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Marokko und den darin enthaltenen Quellen ist unzweifelhaft zu schließen, dass Marokko ein sicherer Herkunftsstaat ist und dass der Beschwerdeführer nicht Gefahr laufen wird, der Folter, der unmenschlichen Behandlung oder Strafe, der Todesstrafe ausgesetzt zu sein oder Opfer eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts in Marokko zu werden.

Marokko ist gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 145/2019, zudem ein sicherer Herkunftsstaat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat gemäß § 58 Abs. 3 AsylG über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Der Beschwerdeführer hält sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf und fällt auch nicht in den in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes I., des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG abzuweisen war.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ist Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Da sich der der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt.

In Weiterer Folge ist eine individuelle Abwägung der berührten Interessen vorzunehmen, um zu beurteilen, ob ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Zunächst zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner erstmaligen Einreise in das Bundesgebiet (spätestens) am 12.01.2016 rund vier Jahre gedauert hat. Die Aufenthaltsdauer für sich stellt allerdings lediglich eines von mehreren im Zuge der Interessensabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289). Spätestens seit der Abweisung seines Asylantrages mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.03.2017 - sohin rund dreizehn Monate nach seiner Einreise - war sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthaltes bewusst; ein allfälliges Privat- und Familienleben, das erst nach der Abweisung seines Asylantrages entstanden ist, verliert dadurch deutlich an Gewicht. Zudem erwuchs diese Entscheidung mit der Abweisung seiner Beschwerde durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht am 20.09.2017 in Rechtskraft und endete somit sein bislang auf dem Asylantrag beruhender rechtmäßiger Aufenthalt nach rund einem Jahr und acht Monaten. Nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens weigerte sich der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachzukommen und verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet. Somit fußt der überwiegende Teil seiner vierjährigen Aufenthaltsdauer - nämlich zwei Jahre und drei Monate - auf dem Ignorieren der geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen und seinem unrechtmäßigen Verbleib im Bundesgebiet. Zudem ist auch zu berücksichtigen, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289).

Das persönliche Interesse des Fremden an einem Verbleib in Österreich nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (VwGH 12.11.2019, Ra 2019/20/0422).

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet über keine familiären Anknüpfungspunkte. Er ist ledig, führt keine Lebensgemeinschaft in Österreich und hat keine Sorgepflichten.

Dass ein Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich gegeben ist, ergibt sich zweifelsohne aufgrund seines rund vierjährigen Aufenthaltes in Österreich. Das Gewicht seiner privaten Interessen wird aber dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 28.09.2019, Ro 2019/01/0003; 28.02.2019, Ro 2019/01/0003; 23.10.2019, Ra 2019/19/0405; ua).

Des Weiteren ist im gegenständlichen Fall die Integration des Beschwerdeführers zu beurteilen, wobei miteinzufließen hat, ob und inwieweit der Beschwerdeführer die in Österreich verbrachte Zeit genutzt hat um sich sozial und beruflich zu integrieren (VwGH 12.11.2019, Ra 2019/20/0422). Auch wenn der Beschwerdeführer bislang keinen Deutschkurs besuchte und er keine Sprachprüfung absolvierte hatte, ergibt sich bereits aus dem vorangegangenen Asylverfahren, dass einfache Deutschkenntnisse und Ansätze einer sprachlichen Integration vorhanden sind. Diese wurde auch im gegenständlichen Administrativverfahren bestätigt und festgehalten, dass er mittelmäßig Deutsch spricht. Gewertet wird auch sein soziales Umfeld, das sich auf seiner Tätigkeit als Fußballer eines Wiener Fußballverein und dem daraus resultierenden Freundeskreis aufbaut. Auch wenn - wie in der Beweiswürdigung bereits ausführt - dahingehend nicht verkannt wird, dass diese integrativen Bemühungen bereits in seinem vorangegangenen Asylverfahren bekannt waren und dahingehend keinerlei Neuerungen oder Erweiterungen vorgebracht wurden, bilden sie doch positive Aspekte seines Privatlebens. Sie konnten allerdings für sich genommen die Unzulässigkeit der Ausweisung nicht bewirken (schon wegen der Aufenthaltsdauer von erst rund vier Jahren), waren aber als solches zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. In Anbetracht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung sind die integrativen Bemühungen des Beschwerdeführers jedoch zu relativieren. Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (VwGH 26.01.2009, 2008/18/0720).

Demgegenüber verfügt der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er geboren, aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, über sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch über familiäre Anknüpfungspunkte.

Es sind aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; 30.06.2016, Ra 2016/21/0076). Im gegenständlichen Fall ist - auch unter der Berücksichtigung seines Knieproblems - dahingehend keine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers hervorgekommen und ist es dem Beschwerdeführer möglich, die weitere Heilung seines Knieproblems in Marokko auszustehen.

Hinsichtlich der strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass dies nach der Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im gegenständlichen Fall kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer mit der Verrichtung von Schwarzarbeit ein Verhalten gesetzt hat, dass ebenfalls der öffentlichen Ordnung widerstrebt. Es besteht ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit und wird dessen Ausübung eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar (vgl. VwGH 17.03.2000, 99/19/0163; 27.04.2000, 2000/02/0088)

Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Vor diesem Hintergrund und nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen kann ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers jedenfalls als im Sinne des Art 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden.

Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessenabwägung schlägt somit zuungunsten des Beschwerdeführers und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 1 Z 1 FPG abzuweisen war.

3.3. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1. Rechtslage:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; 25.09.2019, Ra 2019/19/0399; u.a.).

Im gegenständlichen Verfahren liegt betreffend der Rückkehrentscheidung auch kein geänderter Sachverhalt vor, sonst bei der Feststellung nach § 52 Abs. 9 FrPolG 2005 gegebene Bindung an die vorangegangenen Entscheidungen nach §§ 3 und 8 AsylG 2005 lösen würde (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; 16.05.2019, Ra 2018/21/0232).

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 52 Abs. 9 FPG abzuweisen war.

3.4. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist vom BFA die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und jenen Österreichs ergibt ein Überwiegen der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen den gegenständlichen bekämpften Bescheid zulässig war.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 2 Z1 BFA-VG abzuweisen war.

3.5. Zum Ausspruch, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 BFA-VG aberkannt wurde. Dies ist gegenständlich der Fall.

Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt, weil "die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist".

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.6. Verhängung eines Einreiseverbots in der Höhe von drei Jahren (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides)

3.6.1. Zur Rechtslage:

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

3.6.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gestützt und dies damit begründet, wonach der Beschwerdeführer seine Verpflichtung zur Ausreise beharrlich missachte und er dieser bis dato nicht nachgekommen sei, weshalb die grundsätzliche Verhängung eines Einreiseverbotes in richtlinienkonformer Auslegung von § 53 Abs. 2 FPG, welcher eine lediglich demonstrative Aufzählung von Tatbeständen enthält, bei deren Erfüllung anzunehmen ist, dass ein Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft, nicht zu beanstanden sei. Erschwerend komme im gegenständlichen Fall hinzu, dass er den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag und er sich seinen Aufenthalt im Bundesgebiet aus den Mitteln der Grundversorgung bzw. aus unbekannten Quellen finanziere, wodurch der Tatbestand des § 53 Abs.2 Z 6 FPG erfüllt sei. Ausgehend davon stelle der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

Bei der Bemessung eines Einreiseverbotes nach § 53 FPG ist jedoch eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen hat, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchem zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FPG anzunehmen. Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet (vgl. etwa VwGH 24.5.2018, Ra 2017/19/0311, Rn. 12 und 19, mwN).

Der Beschwerdeführer hat in keiner Weise dargelegt, dass er über Mittel zur nicht einmal kurzfristigen Sicherung seines Lebensbedarfes verfügt, was im Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht legal erwerbstätig ist, gründet. Wie aus der gegebenen Aktenlage und hierbei insbesondere die Einsichtnahme in das GVS zweifelsfrei dokumentiert und er im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme selbst bestätigte, war der Beschwerdeführer während seines rund vierjährigen Aufenthalts durchgehend auf fremde (staatliche) Unterstützungsleistungen angewiesen. Der Beschwerdeführer geht lediglich einer illegalen Erwerbstätigkeit in Form vermittelter Tätigkeiten auf dem Arbeiterstrich nach. Nachdem eine Selbsterhaltungsfähigkeit seiner Person auch zuletzt nicht zu prognostizieren war, ist der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG als erfüllt anzusehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Umstand, dass einem Fremden Grundversorgung gewährt wird, geradezu die Beurteilung bestätigt, dass der auf die Mittellosigkeit abstellende Tatbestand erfüllt ist (vgl. VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349, u.a.).

Wie umseits unter Punkt 3.2. bereits ausführlich dargelegt, hat der Beschwerdeführer im Zuge seiner rund vierjährigen Aufenthaltsdauer zwar durchaus erkennbare Integrationsschritte gesetzt, aber keine konkreten Bindungen privater und/oder familiärer Natur im Bundesgebiet begründet. Insofern stehen auch die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib bzw. neuerlichen Aufenthalt im Bundesgebiet der Erlassung eines Einreiseverbotes vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK nicht entgegen. Letztlich sind auch Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat auftreten können, im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzunehmen (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0180).

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose muss eine grundsätzliche Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften zum Schutz eines geordneten Fremdenwesens sowie der Einhaltung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen, als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH 19.05.2004, Zl. 2001/18/0074). Angesichts der Beharrlichkeit und des offensichtlichen Fehlens der Bereitschaft, den Unwert des Verhaltens einzusehen und einen rechtskonformen Zustand herzustellen, erweist sich die von der Behörde ausgesprochene Dauer des Einreiseverbotes in der Höhe von drei Jahren unter Berücksichtigung des Gesamtfehlverhaltens der Beschwerdeführerin als gerechtfertigt. In der Beschwerde wurden in Bezug auf das Einreiseverbot keine konkreten Gründe geltend gemacht - und ergaben sich solche auch nicht amtswegig - die dessen Rechtsmäßigkeit dem Grunde und der Höhe nach zu widerlegen vermochten.

Was den räumlichen Geltungsbereich des Einreiseverbotes anbelangt, ist festzuhalten, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland und Vereinigtes Königreich, sowie die assoziierten Schengen-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein an die Rückführungsrichtlinie gebunden sind (vgl. die Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/11/1097 vom 29. September 2011). Daraus folgt, dass sich der räumliche Umfang der in § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011 festgelegten Anweisung schon aus den gesetzlichen in Verbindung mit den unionsrechtlichen Bestimmungen ergibt und somit die Staaten erfasst, für die die Rückführungsrichtlinie gilt. Dieses Gebiet ist nicht deckungsgleich mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ausgenommen sind das Vereinigte Königreich und Irland und es kommen Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein dazu. In diesem Sinn ist der in § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011 verwendete, offenbar aus der Rückführungsrichtlinie übernommene Begriff "Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten" auszulegen. Es ist somit nicht erforderlich, im Spruch eines Bescheides, mit dem gemäß § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011, somit iSd. Art. 11 Abs. 1 iVm. Art. 3 Z 6 Rückführungsrichtlinie ein Einreiseverbot erlassen wird, jene Staaten, für die das Verbot der Einreise und des Aufenthaltes ausgesprochen wird, noch einmal konkret zu nennen, sofern deutlich wird, dass es sich um ein Einreiseverbot handelt (VwGH 22.05.2013, Zl. 2013/18/0021).

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG als unbegründet abzuweisen.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Den Umfang der Verhandlungspflicht aufgrund dieser Bestimmung umschrieb der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, worin die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes folgendermaßen zusammengefasst wurden (vgl. zum grundrechtlichen Gesichtspunkt auch VfGH 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11, betreffend die inhaltsgleiche Bestimmung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005): "Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."

Auch unter Berücksichtigung der vom VwGH immer wieder postulierten Wichtigkeit (jüngst wieder VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0200) der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, stellt sich der vorliegende Fall nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes als eindeutiger Fall dar, in dem bei Berücksichtigung aller zu Gunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten wäre, wenn sich das Verwaltungsgericht - im vorliegenden Fall erneut - von ihm einen persönlichen Eindruck verschaffen würde (VwGH 29.06.2017, Ra 2017/21/0068, Rn. 12).

Da für das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall die diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben sind und sich insbesondere aus der Beschwerde kein Hinweis auf die Notwendigkeit ergab, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer - nach der zuletzt am 15.01.2020 vom Bundesamt durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme- nochmals zu erörtern, wurde von einer Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung - insbesondere in Bezug auf die Interessensabwägung im Rahmen einer Rückkehrentscheidung (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289; 12.11.2019, Ra 2019/20/0422; 23.10.2019, Ra 2019/19/0405; 12.11.2019, Ra 2019/20/0422; u.a.) und die Verhängung eines Einreiseverbotes bei Mittellosigkeit (vgl. VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349) - von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Grundversorgung Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Persönlichkeitsstruktur Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2228278.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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