TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/12 95/21/1048

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.02.1998
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §6;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §9 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs2 Z4;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl,

Dr. Rosenmayr, Dr. Baur und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Oberdorfer, über die Beschwerde des GI (geboren am 6. September 1970), vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 28. August 1995, Zl. Fr-293/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer, ein sudanesischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 und Abs. 3 des Fremdengesetzes (FrG) ausgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am 24. Juni 1995 im Gemeindegebiet von Schattendorf unter Umgehung der Grenzkontrolle von Ungarn kommend nach Österreich eingereist, wo er unmittelbar danach von einer Bundesheerpatrouille betreten worden sei.

Die Hintanhaltung der illegalen Einreise von Fremden überwiegend ohne Barmittel und Reisedokumente liege im öffentlichen Interesse und es komme der Einhaltung fremdenpolizeilicher Bestimmungen ein großes Gewicht zu. Eine Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Asylgesetz 1991 habe der Beschwerdeführer nicht. Er sei weder im Besitz eines gültigen Reisedokumentes noch einer Aufenthaltsberechtigung für Österreich. Die Behörde erster Instanz habe festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht im Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt sei. In der Berufung gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer nicht dargelegt, daß er nunmehr über die Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfüge. Somit habe der Beschwerdeführer auch nach Ansicht der Berufungsbehörde den im § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG normierten Tatbestand verwirklicht. Ein ausführliches Eingehen auf die Berufungseinwände im Zusammenhang mit dem anhängigen Asylverfahren zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung erübrige sich nach Ansicht der Berufungsbehörde, weil dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht, resultierend aus dem Asylgesetz nur bei direkter Einreise zugekommen wäre, was im gegenständlichen Fall gerade nicht vorliege, zumal er offensichtlich über Ungarn illegal nach Österreich eingereist sei.

Von der Erstbehörde sei innerhalb eines Monates nach der Einreise des Beschwerdeführers die Ausweisung verfügt worden. Die Situation in seinem Heimatland sei bei einem Ausweisungsverfahren nicht zu untersuchen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende, zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 25. September 1995, B 2863/95, abgetretene Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde bleibt die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung, daß der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrolle, ohne das erforderliche Reisedokument und ohne Aufenthaltsberechtigung in das Bundesgebiet gelangt und unmittelbar danach von einer Bundesheerpatrouille betreten worden sei, unbestritten.

Auf dem Boden dieser Sachverhaltsannahme ist der von der Behörde gezogene rechtliche Schluß auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG unbedenklich.

Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, daß die Frage, ob eine Ausweisung zulässig sei, erst nach Klärung seiner Flüchtlingseigenschaft beurteilt werden könne, kann der Beschwerdeführer keine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzeigen. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 1991 durfte die Behörde die Bestimmungen des § 17 FrG auf ihn anwenden, weil sie zurecht das Vorliegen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 1991 verneinte. Nach den unbestrittenen Feststellungen gelangte der Beschwerdeführer nämlich weder "direkt" aus einem Gebiet, wo - nach seiner Behauptung - sein Leben oder seine Freiheit im Sinne des Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention bedroht war (Art. 31 Z. 1 der Kovention), noch "direkt" aus dem Staat, in dem er behauptete, insoweit Verfolgung befürchten zu müssen (§ 6 Abs. 1 AsylG 1991), nach Österreich; ferner wurde im Verwaltungsverfahren nicht behauptet, der Beschwerdeführer hätte gemäß § 37 FrG wegen Vorliegens der dort genannten Gründe nicht in den Staat, aus dem er direkt einreiste (Ungarn) zurückgewiesen werden dürfen und es wäre ihm deshalb die Einreise gestattet worden oder zu gestatten gewesen (§ 6 Abs. 2 zweiter Fall AsylG 1991). Der fristgerechte Asylantrag konnte daher dem Beschwerdeführer keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 verschaffen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 2. Oktober 1996, Zl. 96/21/0599).

Im Hinblick darauf, daß den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten ein hoher Stellenwert zukommt, handelt es sich bei der unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne Reisedokument erfolgten Einreise des Beschwerdeführers auch nicht um eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung, weshalb die verfügte Ausweisung nicht als rechtswidrig zu erkennen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1996, Zlen. 96/21/0341 bis 0343).

Konnte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid zutreffend auf § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG stützen, so kann dahingestellt bleiben, ob auch der weitere von der belangten Behörde herangezogene Grund des § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG erfüllt ist.

Zu den gegen § 17 Abs. 3 und § 27 Abs. 3 FrG vom Beschwerdeführer geäußerten Bedenken ob ihrer Verfassungsmäßigkeit ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1995, G 1306/95, Slg. Nr. 14.374, hinzuweisen, mit welchem diese Bestimmungen in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung aufgehoben wurden. Im Beschwerdefall waren sie jedoch deswegen nicht präjudiziell, weil mit dem angefochtenen Bescheid die Ausweisung des Beschwerdeführers ausgesprochen wurde (vgl. dazu bereits den in der Beschwerdesache ergangenen Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 25. September 1995, B 2863/95). Die Durchsetzung der von der Behörde erster Instanz ausgesprochenen Ausweisung, noch bevor über seine Berufung entschieden wurde, ist jedenfalls nicht Thema des angefochtenen Bescheides. Eine Anfechtung der genannten Bestimmungen beim Verfassungsgerichtshof ist daher mangels Präjudizialität unterblieben und käme im übrigen nach Aufhebung der geprüften Gesetzesbestimmungen nicht mehr in Betracht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995211048.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten