TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/12 95/21/1176

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Veröffentlicht am 12.02.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
FrG 1993 §61 Z1;
FrG 1993 §62 Abs5;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 95/21/1172 E 10. Juni 1999

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl,

Dr. Rosenmayr, Dr. Baur und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Oberdorfer, über die Beschwerde der C G in T, geboren am 28. Oktober 1956, vertreten durch Dr. Hermann Fromherz, Dr. Friedrich Fromherz und Mag. Dr. Wolfgang Fromherz, Rechtsanwälte in 4010 Linz, Graben 9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 31. Oktober 1995, Zl. St 352/95, betreffend Entziehung eines Konventionsreisepasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 31. Oktober 1995 wurde der Beschwerdeführerin, einer rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 61 Z. 1 iVm § 62 Abs. 5 Fremdengesetz (FrG), BGBl. Nr. 838/1992, der ihr am 10. April 1995 von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ausgestellte Konventionsreisepaß mit der Nummer 097151 entzogen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß gemäß § 61 Z. 1 FrG der Konventionsreisepaß zu entziehen sei, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden. Dazu sei auf den rechtskräftigen Bescheid des Bundesasylamtes vom 31. Juli 1995 zu verweisen, mit dem festgestellt worden sei, daß hinsichtlich der Person der Beschwerdeführerin der in Art. 1 Abschnitt C Z. 5 der Genfer Flüchtlingskonvention genannte Tatbestand eingetreten sei und die Beschwerdeführerin infolgedessen das Asyl verloren habe. Da Konventionsreisepässe nur Flüchtlingen über Antrag auszustellen seien, denen in Österreich Asyl gewährt werde (§ 62 Abs. 1 FrG), liege der Tatbestand des § 61 Z. 1 leg. cit. vor. Mit der Feststellung gemäß § 5 Asylgesetz 1991, daß einer der im Art. 1 Abschnitt C genannten Tatbestände eingetreten sei, sei "ex lege" der Verlust des Asylrechtes verbunden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, diesen aufzuheben. Darin führt die Beschwerdeführerin aus, die mit Bescheid des Bundesasylamtes getroffene Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 reiche nicht hin,

"ex lege den Verlust des Asyls eintreten zu lassen. Der Verlust tritt nämlich nur dann ein, wenn in einem Bescheid festgestellt wird, daß die in Art. 1 Abschnitt C Z. 5 der Genfer Konvention genannten Voraussetzungen vorliegen. Der Spruch des Bescheides des Bundesasylamtes vom 31. Juli 1995 enthält allerdings entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht die für den Verlust des Asyls notwendigen Feststellungen. Der Bescheid wiederholt nämlich lediglich die verba legalia des § 5 (1) Z. 3 AsylG auszugsweise und zitiert darin nur Art. 1 Abschnitt C Z. 5 der Genfer Flüchtlingskonvention. Das Vorliegen der Voraussetzungen des Tatbestandes des Art. 1 Abschnitt C Z. 5 der Genfer Flüchtlingskonvention wird allerdings in diesem Spruch gerade nicht genannt. Es wäre somit zumindest notwendig gewesen, die verba legalia des Art. 1 Abschnitt C Z. 5 der Genfer Flüchtlingskonvention in den Spruch des Bescheides aufzunehmen, verweist doch auch § 5 (1) Z. 3 AsylG ausdrücklich auf diese Bestimmung und ist es nicht hinreichend, daß im Spruch dieser Verweis wiederholt wird, ohne daß die entsprechenden Feststellungen, die nach § 5 (1) AsylG notwendig sind, tatsächlich getroffen werden".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 verliert ein Flüchtling das Asyl, wenn festgestellt wird, daß hinsichtlich seiner Person einer der in Art. 1 Abschnitt C oder F lit. a oder c oder Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Tatbestände eingetreten ist.

Gemäß Art. 1 Abschnitt C Z. 5 der Genfer Flüchtlingskonvention wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet, wenn die Umstände, aufgrund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.

In dem im Akt erliegenden bezogenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 31. Juli 1995, BAL-72/95, der spruchmäßig nur die Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 enthält, daß

"in der Person der Beschwerdeführerin der in Art. 1 Abschnitt C Z. 5 der Genfer Flüchtlingskonvention genannte Tatbestand eingetreten"

sei, wird in der Begründung im wesentlichen ausgeführt, daß die der seinerzeitigen Asylgewährung zugrunde gelegten Umstände aufgrund der seither stattgefundenen politischen Umwälzungen in Rumänien weggefallen seien. Die Befürchtungen der Beschwerdeführerin, als Angehörige der Bevölkerungsgruppe der Roma und Sinti in Rumänien verfolgt zu werden, seien nicht mehr gerechtfertigt. Aufgrund der nunmehr geänderten Rechtslage und Rechtsanwendung bestehe in Rumänien regelmäßig keine begründete Gefahr der Verfolgung wegen der politischen Gesinnung durch das mittlerweile demokratisch gewählte Regime. Rumänien sei seit 4. Oktober 1993 Mitglied des Europarates und habe die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet und wende diese auch an. Das Bundesasylamt komme daher bei Wertung aller Fakten zu der Auffassung, daß jene Gründe, die zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft mit Bescheid vom 31. März 1989 geführt hätten, nunmehr weggefallen seien.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß ihr der Bescheid des Bundesasylamtes zugestellt und von ihr nicht bekämpft wurde.

Dem Beschwerdevorbringen ist daher entgegenzuhalten, daß der Spruch des Bescheides des Bundesasylamtes durch die in der Begründung enthaltenen Feststellungen hinreichend konkretisiert wird. Es kann zwar grundsätzlich nur dem Spruch eines Bescheides die Rechtskraft mit der Wirkung der Bindung anderer Behörden zukommen, jedoch spielt die Begründung des Bescheides insofern eine Rolle, als sie zur Auslegung des Spruches des Bescheides heranzuziehen ist. Demgemäß erfaßt die Rechtskraft eines Bescheides den Spruch und zugleich jene Teile der Begründung, aus denen sich der von der Behörde angenommene Sachverhalt, d.h. der als Anknüpfungspunkt für die rechtliche Beurteilung dienende Sachverhalt, ergibt (vgl. dazu die in Hauer-Leukauf5 zu § 68 Abs. 1 AVG zitierte hg. Judikatur). Davon ausgehend hatte die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrundezulegen, daß hinsichtlich der Person der Beschwerdeführerin aufgrund der im rechtskräftigen Bescheid des Bundesasylamtes angeführten Erwägungen diejenigen Umstände, die zu ihrer Anerkennung als Flüchtling geführt hatten, nicht mehr bestehen und sie mit Eintreten der Rechtskraft dieses Bescheides gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 das ihr seinerzeit gewährte Asyl verloren hat. Die weiters gezogene rechtliche Schlußfolgerung, es läge somit gemäß § 61 Z. 1 iVm § 62 Abs. 1 und Abs. 5 FrG ein Entziehungstatbestand hinsichtlich des der Beschwerdeführerin ausgestellten Konventionsreisepasses vor, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995211176.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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