TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/12 I422 2228390-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.02.2020
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Entscheidungsdatum

12.02.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs3
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2228390-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA Slowenien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.01.2020, Zl. 1199832910/180689186, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

"I. Gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein für die Dauer von acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Aufgrund einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung erließ die belangte Behörde mit verfahrensgegenständlichem Bescheid über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte ihm kein Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte sie einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot zugleich die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.).

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass eine unrichtige rechtliche Beurteilung erfolgt und ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt worden sei. Der Beschwerdeführer weise eine starke Bindung zu Österreich auf, da sein Vater seit rund 20 Jahren in Österreich ansässig sei. Das Aufenthaltsverbot beeinträchtige ihn daher in der Kontaktpflege und greife in sein Privat- und Familienleben ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist slowenischer Staatsangehöriger und somit EWR-Bürger bzw. Unionsbürger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Der Beschwerdeführer reiste (spätestens) am 18.07.2018 in das Bundesgebiet ein. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer im Bundesgebiet weder mit dem Haupt-, noch mit Nebenwohnsitz gemeldet. Erst seit seiner Inhaftierung am 19.07.2018 weist der Beschwerdeführer einen Hauptwohnsitz in der österreichischen Justizanstalt Graz-Karlau auf. Es liegt auch keine Anmeldebescheinigung gemäß § 53 Abs. 1 NAG vor und ist zudem auch keine Berufstätigkeit des Beschwerdeführers in Österreich gegeben.

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Sorgepflichten. Er verfügt im Bundesgebiet über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seines seit 1995 in Klagenfurt wohnhaften Vaters Bostjan P[...]. Berücksichtigungswürdige sprachliche, private oder soziale Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer weist in seinem Herkunftsstaat eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung auf. Er wurde mit Urteil des Kreisgerichtes Ljubljana vom 01.02.2018 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels rechtskräftig zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Höhe von drei Jahren verurteilt.

Der Beschwerdeführer wurde am 18.07.2018 im Bundesgebiet festgenommen und am 19.07.2018 im Auftrag der Staatsanwaltschaft Graz und in weiterer Folge wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen Suchtgifthandels gemäß § 28a SMG in die Justizanstalt Graz-Jakomini eingeliefert, wo über ihn mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen die Untersuchungshaft verhängt wurde. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 20.03.2019, 8 Hv 134/18x, wurde der Beschwerdeführer im Bundesgebiet rechtskräftig wegen der mehrfachen Verbrechen des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe in der der Dauer von dreieinhalb Jahren verurteilt.

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 13.01.2020 wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, ihm kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde gegen das gegen ihn verhängte Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung des bekämpften Bescheides und seinen Angaben im Beschwerdeschriftsatz. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters (ZMR), des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister (IZR) und des Strafregisters eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellung zur Person des Beschwerdeführers, insbesondere seiner Identität ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Durch eine sich dort einliegende Kopie seines Personalausweises ist die Identität des Beschwerdeführers belegt.

Aus der Einsichtnahme in das ZMR gründen die Feststellungen über die Einreise und den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet. Eine Anmeldebescheinigung liegt weder im Verwaltungsakt ein bzw. wurde sie bislang nicht vorgelegt. Dass er in Österreich bislang nicht berufstätig war, ist durch einen Auszug des Sozialversicherungsträgers belegt und wurde dies als solches auch nicht bestritten.

Aus der Einsichtnahme in das ZMR ist ebenfalls belegt, dass der Vater des Beschwerdeführers seit 1995 in Klagenfurt wohnhaft ist und er somit über familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt. Aus dem Verwaltungsakt ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer Deutsch spricht. Zudem erfolgte die Strafverhandlung des Beschwerdeführers unter Beiziehung einer Dolmetscherin für Slowenisch. Berücksichtigt man den Umstand, dass der Beschwerdeführer unmittelbar nach seiner Einreise festgenommen, er in eine Justizanstalt überstellt wurde und er die Zeit seither in der Justizanstalt verbrachte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass er private und soziale Integration im Bundesgebiet erfahren hat. Aus der Gesamtbetrachtung der vorangegangenen Ausführungen resultiert die Feststellung, dass keine berücksichtigungswürdigen sprachlichen, privaten oder sozialen Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers im Bundesgebiet vorliegen.

Die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers durch ein österreichisches Strafgericht gründet einerseits aus der Einsichtnahme in das Strafregister des Beschwerdeführers sowie aus dem sich im Verwaltungsakt befindlichen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 20.03.2019, 8 Hv 134/18x. Eine dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 25.06.2019 zurück und leitete sie die zugleich erhobene Berufung dem Oberlandesgericht Graz zu. Das Oberlandesgericht Graz leistete der Berufung mit Urteil vom 20.08.2019, 9 Bs 242/19k keine Folge.

Dass der Beschwerdeführer bereits in seinem Herkunftsstaat eine einschlägige rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung wegen des Suchtgifthandels aufweist, ergibt sich aus den Angaben des im Verwaltungsakt einliegenden Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 20.03.2019, 8 Hv 134/18x.

Der verfahrensgegenständliche Bescheid vom 13.01.2020, Zl. 1199832910/180689186 liegt im Verwaltungsakt ein.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die belangte Behörde begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer als EWR-Bürger das ihm zukommende Privileg der Sichtvermerks- und Niederlassungsfreiheit missbrauchte um sein kriminelles Verhalten in Form der Suchtgiftkriminalität durchzusetzen. Die belangte Behörde hob in diesem Zusammenhang auch das mit dem Suchtgifthandel einhergehende gezielte und gewerbsmäßige Handeln des Beschwerdeführers hervor. Zudem stelle sein Suchtgifthandel mit großen Mengen nicht nur eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar, sondern sei sie geeignet die Volksgesundheit zu gefährden.

Der Beschwerdeführer war bis zu seiner Festnahme am 18.07.2018 nicht in Österreich gemeldet. Er weist erst aufgrund seiner Inhaftierung am 19.07.2018 einen aufrechten Wohnsitz bei einer österreichischen Justizanstalt auf. Nachdem somit eine Aufenthaltsdauer von zehn Jahren nicht vorliegt, kommt nicht der erhöhte, sondern der einfache Prüfungsmaßstab nach § 67 Abs. 1 S 2 FPG, wonach für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eine aktuelle, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefordert wird, zur Anwendung.

Der Beschwerdeführer weist im Bundesgebiet eine strafgerichtliche Verurteilung auf. Er wurde wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 vierter Fall und Abs. 2 Z 3 SMG; des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter Fall SMG sowie des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Höhe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mildernd wertete das Strafgericht bei der Strafbemessung das überwiegende Geständnis des Beschwerdeführers, erschwerend die einschlägige Vorstrafe und die mehrfachen Verbrechenstatbestände.

Die belangte Behörde hat die verhängte Dauer des ausgesprochenen Einreiseverbots nicht (nur) auf die Tatsache der Verurteilungen bzw. der daraus resultierenden Strafhöhen, sohin gerade nicht auf eine reine Rechtsfrage abgestellt. Vielmehr hat sie unter Berücksichtigung des Systems der abgestuften Gefährdungsprognosen, das dem FPG inhärent ist, (vgl. VwGH 20.11.2008, 2008/21/0603; VwGH 22.11.2012, 2012/23/0030) sowie unter Würdigung des individuellen, vom Beschwerdeführer seit dem Jahr 2018 durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes eine Gefährdungsprognose getroffen und diese Voraussage ihrer administrativrechtlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

Dieses Verhalten stellt jedenfalls ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0054), dass einerseits ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität besteht und andererseits aufgrund der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität die ein Grundinteresse der Gesellschaft, im Besonderen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (insbesondere die Gesundheit Dritter), berührt werden (vgl. VwGH 22.05.2007, 2006/21/0115; 27.03.2007, 2007/21/0081; 24.02.2011, 2009/21/0387; ua.).

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FrPolG 2005 zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091).

Das Bundesverwaltungsgericht kam aufgrund der Verurteilungen des Beschwerdeführers in Slowenien und Österreich, des sich hieraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und der Gefährdungsprognose zur Überzeugung, dass vom Beschwerdeführer permanent einederart schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, welche ein Aufenthaltsverbot zu rechtfertigen vermag. Dahingehend ist insbesondere auszuführen, dass der Beschwerdeführer bereits im Februar 2018 von einem slowenischen Gericht rechtskräftig wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Höhe von drei Jahren verurteilt wurde. Diese Verurteilung hielt den Beschwerdeführer offenbar nicht ab, nur kurze Zeit später erneut - nunmehr in Österreich - mit Suchtgift zu handeln. Wie bereits das Landesgericht für Strafsachen dahingehend in seinen Entscheidungsgründen ausführte, beabsichtigte der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt durch den Suchtgifthandel aufzubessern und alte Schulden zu tilgen. Die Tatsache, dass er seinen Suchtgifthandel in Österreich erneut betrieb bzw. fortführte, ergab sich deshalb, da er gehört hatte, dass man das Suchtgift hier zu einem sehr guten bzw. besseren Preis weiterverkaufen könne. Sein Verhalten und seine an den Tag gelegte Profitgier, weisen eindeutig auf seine mangelnde Rechtstreue gegenüber der österreichischen Rechtsordnung hin und bringt er dadurch seine Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck. Es ist der belangten Behörde dahingehend beizupflichten, dass der Beschwerdeführer das ihm zukommende Privileg der Sichtvermerks- und Niederlassungsfreiheit somit offenkundig missbrauchte, um sich durch den gewinnbringenden Erwerb und Verkauf von Suchtgiften zu bereichern. Im gegenständlichen Fall lässt das erkennende Gericht auch nicht außer Acht, dass der Beschwerdeführer die Grenzmengen beim Anbot insgesamt um das 15fache überschritt und er zudem sehr rasch rückfällig wurde.

Der Beschwerdeführer befindet sich gegenwärtig in Strafhaft, sodass die Zeit noch zu wenig weit fortgeschritten ist, um ihm einen allenfalls gegebenen - im Verfahren aber nicht einmal ansatzweise dokumentierten - positiven Gesinnungswandel zu attestieren (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0276).

Die gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmende Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen kann nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen. Eine sprachliche, private oder soziale Verfestigung des Beschwerdeführers in Österreich ist de facto nicht gegeben. Dem Beschwerdeeinwand, wonach sein Vater bereits seit rund 20 Jahren in Österreich ansässig sei und durch das Aufenthaltsverbot die Kontaktpflege des Beschwerdeführers beeinträchtig und auch in das Privat- und Familienleben eingegriffen werden, kann nicht gefolgt werden. Einfach aus dem Grund, weil laut höchstgerichtlicher Rechtsprechung allfällige Konsequenzen des Aufenthaltsverbotes - wie mögliche zeitweilige Trennung von seinen Angehörigen - im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Suchtgifthandel in Kauf zu nehmen sind (VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0054). Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass der Vater des Beschwerdeführers rund eine Autostunde entfernt vom slowenischen Wohnort des Beschwerdeführers lebt. Das Familienleben kann in dieser Zeit sowohl durch Besuche des Vaters, als auch durch anderweitige Kommunikationsformen gepflegt und aufrecht gehalten werden.

Angesichts des zuvor aufgezeigten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig und zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch den Beschwerdeführer) auch dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen, privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl. VwGH 06.12.2019, Ra 2019/18/0437).

Was die Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, erscheint diese angesichts des Verhaltens des Beschwerdeführers jedoch als zu lang. Keineswegs wird verkannt, dass der Beschwerdeführer bereits wegen eines ähnlichen kriminellen Verhaltens (Suchgifthandel) von der slowenischen Justiz rechtskräftig verurteilt wurde. Das zeigt offensichtlich, dass der Beschwerdeführer aus seinem Fehlverhalten nicht gelernt hat, ihm die österreichische Rechtsordnung offenbar gleichgültig ist und ihn offensichtlich nicht von der Begehung weiterer Straftaten (nunmehr) im österreichischen Bundesgebiet abgehalten hat. Ohne die Schwere und den Unrechtsgehalt seines Verhaltens verharmlosen zu wollen, darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass durch das von der belangten Behörde verhängte Aufenthaltsverbot in der Dauer zehn Jahren das Höchstmaß ausgeschöpft wird. Somit würde für jene Fälle, in denen eine Person eine noch größere Anzahl von Delikten begeht, es sich um zu schützende Rechtsgüter noch höheren Ranges handelt oder in Fällen organisierter Kriminalität nicht genug Spielraum lassen, diese mit einer längeren Aufenthaltsverbotsdauer adäquat zu sanktionieren. Berücksichtigt man zudem im Vergleich dazu, dass die verhängte Freiheitsstrafe lediglich etwa ein Drittel der Höchststrafe umfasst, deutet dies darauf, dass die Höhe des Aufenthaltsverbotes mit dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftat nicht im Einklang steht. Aufgrund dieser Überlegungen war das Aufenthaltsverbot daher auf die Dauer von acht Jahre zu reduzieren. Eine darunterliegende Dauer eines Aufenthaltsverbotes ist jedoch wegen des Gewichts des deliktischen Handelns des Beschwerdeführers nicht denkbar.

Der Beschwerde war daher spruchgemäß dahingehend stattzugeben, dass das von der belangten Behörde erlassene zehnjährige Aufenthaltsverbot auf die Dauer von acht Jahre herabgesetzt wird.

3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus und hat er anhand seines Gesamtfehlverhalten unzweifelhaft gezeigt, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen war.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Den Umfang der Verhandlungspflicht aufgrund dieser Bestimmung umschrieb der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, worin die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes folgendermaßen zusammengefasst wurden (vgl. zum grundrechtlichen Gesichtspunkt auch VfGH 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11, betreffend die inhaltsgleiche Bestimmung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005): "Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."

Auch unter Berücksichtigung der vom VwGH immer wieder postulierten Wichtigkeit (jüngst wieder VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0200) der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, stellt sich der vorliegende Fall nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes als eindeutiger Fall dar, in dem bei Berücksichtigung aller zu Gunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten wäre, wenn sich das Verwaltungsgericht - im vorliegenden Fall erneut - von ihm einen persönlichen Eindruck verschaffen würde (VwGH 29.06.2017, Ra 2017/21/0068, Rn. 12).

Da für das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall die diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben sind und sich insbesondere aus den Ausführungen der Beschwerde kein Hinweis auf die Notwendigkeit ergab, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern, wurde von einer Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In der gegenständlichen Angelegenheit setzte sich das erkennende Gericht ausführlich mit der Thematik der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (VwGH 24.02.2011, 2009/21/0387; VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0054; 22.08.2019, Ra 2019/21/0091; 19.12.2019, Ra 2019/21/0276; ua.). auseinander.

Dabei weicht die der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegte Rechtsprechung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Gesamtbetrachtung Haft Haftstrafe Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2228390.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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