TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/13 I407 2125771-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.02.2020
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Entscheidungsdatum

13.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I407 2125771-3/29E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.07.2019, Zl. 733038704/190311717, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 06.10.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 11.12.2007 - nachdem das Verfahren am 16.01.2004 eingestellt worden war - in zweiter Instanz als unbegründet abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde von diesem mit Beschluss vom 02.02.2008 zur Behandlung abgelehnt.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 05.02.2010 wurde über den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt.

Am 22.03.2019 stellte der Beschwerdeführer im Stand der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, in dem er vorbrachte, er leide an HIV und benötige ärztliche Versorgung. Außerdem habe er Bluthochdruck und habe 2016 an Tuberkulose erlitten. Er würde in Nigeria keine entsprechende ärztliche Versorgung erhalten.

Am 01.04.2019 wurden dem Beschwerdeführer die aktuellen Länderfeststellungen zur Stellungnahme übermittelt.

In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 08.04.2019 gab der Beschwerdeführer an, dass seine Erkrankungen in Nigeria nicht behandelbar wären, da es dort für arme Menschen schwer sei zu leben.

Am 10.04.2019 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde einvernommen. Befragt zu den Gründen, weshalb er einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, teilte der Beschwerdeführer mit, dass es in Nigeria zu viel Korruption gebe und es für arme Leute nicht einfach sei, zu überleben, auch wegen seiner Krankheit, die er habe. Seine Fluchtgründe hätten sich gegenüber dem rechtskräftig erledigten Vorverfahren nicht verändert. Er sei wegen Grundstücksstreitigkeiten geflohen. Dazu sei gekommen, dass er HIV positiv infiziert worden sei und hiervon erst in Österreich erfahren habe. Er halte seine Fluchtgründe vollinhaltlich aufrecht. Er könne seinen Freunden und seiner Schwester nicht sagen, dass er HIV positiv sei.

Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 10.04.2019, Zl. 733038704-190368468, hob die belangte Behörde den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG auf.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.04.2019 wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG für rechtmäßig erklärt. Begründend wurde angeführt, dass der Beschwerdeführer keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vorgebracht habe, da er lediglich sein damaliges Fluchtvorbringen wiederholt habe. Die nunmehr vorgebrachten Gründe seien somit mit den Fluchtgründen des rechtskräftigen Vorverfahrens identisch. Auch das nunmehr weitere Vorbringen, er könne wegen seiner Krankheiten nicht nach Nigeria zurückkehren hätte der Beschwerdeführer bereits jederzeit im Rahmen des ersten Verfahrens mitteilen können. Zudem liege keine Grund vor und ist auch im Verfahren nicht hervorgekommen, dass ihm Gefahr bei Rückkehr nach Nigeria drohen könnte.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.07.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) bzw. des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde festgehalten, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkte VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkte VII.). Die belangte Behörde führte beweiswürdigend aus, dass der Beschwerdeführer keine neuen entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht habe, zumal er behauptet habe, dass seine bisherigen Fluchtgründe immer noch aufrecht seien und sich nichts geändert habe. Betreffend seine HIV-Erkrankung wurde seitens der belangten Behörde darauf hingewiesen, dass er diese bereits während seines Vorverfahrens anführen hätte können und, dass diese in Nigeria auch behandelbar sei. Der für die Entscheidung entscheidungswesentliche maßgebliche Sachverhalt habe sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 16.07.2019 zugestellt.

Mit Schreiben vom 22.07.2019 erhob der Beschwerdeführer - durch seine Rechtsvertretung - gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 12.07.2019 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer homosexuell sei, von 2010 bis 2015 mit einem Mithäftling eine gleichgeschlechtliche Beziehung geführt habe und regelmäßig in der Wiener LGBT-Community anzutreffen sei. Außerdem sei er HIV positiv, verfüge in Nigeria über keine familiären sowie sozialen Anknüpfungspunkte und sei dort aufgrund seiner Homosexualität von Diskriminierung betroffen. Außerdem sei das unbefristete Einreiseverbot zu hoch bemessen.

Mit Schriftsatz vom 22.07.2019 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer heißt XXXX in Nigeria in Edo State geboren und ist ein Staatsangehöriger Nigerias. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Der Beschwerdeführer ist Christ und gehört der Volksgruppe der Edo an.

Der Beschwerdeführer leidet an Bluthochdruck und HIV, jedoch nicht an AIDS, welche mit Medikamenten behandelt werden. Die vom Beschwerdeführer benötigten Medikamente Biktarvy FTBL und Exforge FTBL sind in Nigeria erhältlich. Die Präparate Neurobion DRG FTE und Oleovit D3 TR sind lediglich Vitaminpräparate und nicht lebensnotwendig. Außerdem konnten sie vom Beschwerdeführer im November 2019 bzw. im Dezember 2019 abgesetzt werden. Weitere Leiden oder körperliche oder geistige Gebrechen konnten nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer besuchte sechs Jahre lang die Grundschule.

Der Beschwerdeführer ist ledig, lebt in keiner Lebensgemeinschaft und hat einen 2008 geborenen Sohn namens XXXX. Den Nachnamen seines Sohnes kennt der Beschwerdeführer nicht. Die Vaterschaft ist jedoch nicht offiziell anerkannt. Er hat weder zur Kindesmutter, deren Nachnamen der Beschwerdeführer auch nicht kennt, noch zu seinem Sohn, den er ein einziges Mal gesehen hat, Kontakt. Zur Kindesmutter wie zu seinem Sohn ist der Kontakt 2008 abgebrochen. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer für seinen Sohn sorgepflichtig ist und Unterhaltszahlungen leistet. Weitere Verwandte hat der Beschwerdeführer in Österreich keine. Er verfügt in Österreich über keine sonstigen familiären Anknüpfungspunkte.

Die Familie des Beschwerdeführers lebt mit Ausnahme einer Schwester, die in Spanien lebt, in Nigeria.

Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig. Er lebt, sofern er nicht aufgrund seiner strafrechtlichen Verurteilungen in Justizanstalten Freiheitsstrafen verbüßt, von der Grundversorgung, geht keiner Beschäftigung nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Neben der Grundversorgung verschaffte er sich in der Vergangenheit ein Einkommen durch den Verkauf von Drogen.

Der Beschwerdeführer war seit 2003 mit Ausnahme eines kurzen Aufenthalts in Italien vor ca. 10 bis 11 Jahren durchgehend in Österreich, wobei er nicht durchgehend polizeilich gemeldet war und nach Verhängung des unbefristeten Aufenthaltsverbotes im Jahr 2010 gegen ihn untergetaucht war. Der Beschwerdeführer befindet sich seit 11.02.2019 neuerlich in Haft.

Der Beschwerdeführer ist mehrfach einschlägig in Österreich vorbestraft. Mit Urteil vom 25.08.2004, XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen der Begehung des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat, welche bedingt auf die Dauer von drei Jahren nachgesehen wurde, verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 15.04.2005, XXXX, wurde die bedingte Strafnachsicht widerrufen. Am 15.04.2005 verurteilte das Landesgericht XXXX den Beschwerdeführer zu XXXX wegen der Begehung des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 und 2/2 (1. Fall) SMG, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, welche am 15.09.2005 vollzogen wurde. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 30.05.2007,XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen der Begehung des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 und 2/2 (1. Fall) SMG, § 15 StGB und § 27 Abs. 1 (1. 2. Fall) SMG zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, welche am 08.01.2008 vollzogen wurde. Mit weiterem Urteil vom 05.05.2009,XXXX, verurteilte das Landesgericht XXXX den Beschwerdeführer wegen Begehens des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs. 1 StGB den Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Am 12.01.2016 verurteilte das Landesgericht XXXX den Beschwerdeführer mit Urteil zu XXXX wegen Begehens des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, die am 20.04.2016 vollzogen wurde. Mit Urteil vom 03.05.2017, XXXX, wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht XXXX wegen Begehens des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall SMG, § 15 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Aus der Freiheitsstrafe wurde der Beschwerdeführer am 07.07.2018 unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren vorzeitig entlassen. Mit Urteil vom 15.05.2019, XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen Begehens des Vergehens des Unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

Im Rahmen seines Aufenthalts in Österreich seit 2003 hat der Beschwerdeführer einen Deutschkurs des Niveaus A1 besucht. Es kann nicht festgestellt werden, ob er eine Deutschprüfung über dieses Niveau erfolgreich absolviert hat. Weitere Deutschkurse hat er nicht besucht. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer über eine maßgebliche Integration in sozialer, kultureller oder sprachlicher Hinsicht in Österreich aufweist. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer keine Kontakte zu Verwandten und Freunden in Nigeria unterhält.

1.2. Zum Vorverfahren und zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer stellte am 06.10.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 17.12.2007 rechtskräftig negativ entschieden wurde. Dem mit Bescheid vom 05.02.2010 verhängten unbefristeten Aufenthaltsverbot ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen.

Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor. Die geltend gemachte Verfolgung war bereits Gegenstand des abgeschlossenen Verfahrens.

Sein Vorbringen hinsichtlich einer Diskriminierung in Nigeria aufgrund seiner angeblichen Homosexualität wurde erstmals in der Beschwerde erstattet und weist keinen glaubhaften Kern auf.

Die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates Nigeria hat sich nicht in einem Umfang verändert, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts auszugehen ist, weshalb festgestellt wird, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria weder eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeutet noch für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat ist seit der letzten Entscheidung nicht eingetreten, insbesondere nicht auf das Vorbringen bezogen. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid wurden die aktuellen Länderinformationen zu Nigeria zitiert. Im Beschwerdeverfahren sind keine Änderungen dieser entscheidenden Sachverhaltselemente bekannt geworden. Im gegebenen Zusammenhang sind daher mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.3.1. Homosexuelle:

Homosexuelle Handlungen jeglicher Art sind - unabhängig vom Geschlecht der betroffenen Personen - sowohl nach säkularem Recht (AA 10.12.2018; vgl. GIZ 4.2019b) als auch nach Scharia-Recht (Körperstrafen bis hin zum Tod durch Steinigung in besonderen Fällen) strafbar. Allerdings sind kaum Fälle strafrechtlicher Verfolgung einvernehmlicher homosexueller Handlungen bekannt geworden (AA 10.12.2018). § 214 des Strafgesetzbuchs sieht 14 Jahre Haft für gleichgeschlechtliche Beziehungen vor (ÖB 10.2018). Der im Jänner 2014 verabschiedete Same Sex Marriage Prohibition Act (SSMPA) sieht zudem vor, dass homosexuelle Paare, die heiraten oder öffentlich ihre Zuneigung zeigen, mit Haft bestraft werden können. Das Gesetz sieht bis zu 14 Jahre Haft für Eheschließungen und zivilrechtliche Partnerschaften zwischen zwei Frauen oder zwei Männern vor (ÖB 10.2018; vgl. USDOS 13.3.2019, GIZ 4.2019b). Wer seine Liebesbeziehung zu einem Menschen des gleichen Geschlechts direkt oder indirekt öffentlich zeigt, soll dem Gesetz zufolge mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden können (ÖB 10.2018). Die gleiche Strafe ist für die Gründung und Unterstützung von Clubs, Organisationen oder anderen Einrichtungen für Schwule und Lesben vorgesehen (ÖB 10.2018; vgl. AA 10.12.2018).

In den zwölf nördlichen Bundesstaaten, wo das islamische Recht in Kraft ist, können homosexuelle Handlungen mit Haft, Stockschlägen oder Tod durch Steinigung bestraft werden (USDOS 13.3.2019; vgl. HL1 16.11.2015; DS1 20.11.2015). Aktivisten sind keine Fälle bekannt, bei denen die Todesstrafe umgesetzt wurde (USDOS 13.3.2019; vgl. HL1 16.11.2015; DS1 20.11.2015).

Insgesamt kam es auch unter der Scharia nur zu wenigen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. DS1 20.11.2015).

Homosexuelle versuchen auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen und weitverbreiteter Vorbehalte in der Bevölkerung, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen (AA 10.12.2018). Der SSMPA hat zu einer weiteren Stigmatisierung von Lesben und Schwulen geführt. Diese werden oftmals von der Polizei schikaniert und misshandelt und von der Bevölkerung gemobbt oder mittels Selbstjustiz verfolgt (GIZ 4.2019b). Erpressung und Gewalt treten oft schon beim Verdacht auf, homosexuell zu sein (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Die meisten Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle gehen von nicht-staatlichen Akteuren aus (LLM 16.11.2015; vgl. MSMK 19.11.2015). Die Verfügbarkeit von staatlichem Schutz ist in Frage zu stellen, manchmal interveniert die Polizei gar nicht oder verhaftet das Opfer (MSMA 17.11.2015; vgl. DS3 18.11.2015; DS1 20.11.2015). Opfer von Menschenrechtsverletzungen haben es extrem schwer, Vergehen bei den Behörden zu melden, denn es herrscht Angst vor Stigmatisierung, weiterer Gewalt und Diskriminierung. Es gibt viele Fälle, in denen Polizeibeamte Personen, von denen angenommen wird, dass sie sexuellen Minderheiten angehören, willkürlich verhaften. In der Folge werden hohe Geldsummen für die Freilassung gefordert. Staatliche Stellen sind häufig selbst die Täter bei Menschenrechtsverletzungen oder handeln in Kooperation mit nichtstaatlichen Akteuren (TIERS 12.2018).

Im Rahmen der Verabschiedung des SSMPA 2014 kam es zu einer Zunahme an Fällen von Belästigung und Drohung. Es wurde von zahlreichen Verhaftungen berichtet. Allerdings wurden die Verhafteten in allen Fällen ohne eine formelle Anklage nach Zahlung einer Geldsumme freigelassen, die oftmals nichts anderes als ein Bestechungsgeld war. Im Jahr 2017 kam es erstmals zu Anklagen unter dem SSMPA. Im November 2017 wurden ein Hotelbesitzer und zwei seiner Mitarbeiter wegen Unterstützung homosexueller Aktivitäten angeklagt. Im Dezember 2017 wurden die drei Angeklagten auf Kaution freigelassen und im August 2018 wurde das Verfahren eingestellt. Ansonsten ist keine strafrechtliche Verfolgung gemäß dem SSMPA feststellbar (USDOS 13.3.2018). Nach anderen Angaben wurden vereinzelt langjährige Haftstrafen verhängt; als Beispiel wird ein Fall aus dem Bundesstaat Kano vom Dezember 2016 genannt (ÖB 10.2018). Eine generelle bzw. systematische "staatliche Verfolgung" ist derzeit nicht gegeben (ÖB 10.2018; vgl. AA 10.12.2018). Die Rechtsänderung hat bisher nicht zu einer flächendeckenden verschärften Strafverfolgung geführt (AA 10.12.2018). Allerdings dient das Gesetz zur Rechtfertigung von Menschenrechtsverletzungen wie Folter, sexueller Gewalt, willkürlicher Haft, Erpressung von Geld sowie Verletzung von Prozessrechten (USDOS 13.3.2019).

Gesellschaftliche Diskriminierung bei offenem Zurschaustellen der sexuellen Orientierung ist vorhanden (ÖB 10.2018; vgl. AA 10.12.2018). Die Community wird nicht überwacht (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015; DS2 19.11.2015). Die Polizei wird nicht aus eigenem Antrieb aktiv und sucht gezielt nach Homosexuellen (HL1 16.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015). Die Polizei verhaftet Verdächtige in erster Linie mit dem Ziel, Geld zu erpressen. Grundsätzlich kommen Verdächtige nach der Zahlung einer "Kaution" wieder frei (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Aufgrund der bei der Polizei herrschenden Korruption ist es einfach, sich aus der Haft freizukaufen (VA1 16.11.2015).

Auch für betroffene Homosexuellen-NGOs hatte der SSMPA kaum Auswirkungen, keine der Organisationen musste die Arbeit einstellen (LLM 16.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015; DS2 19.11.2015). Im Gesundheitsbereich tätige NGOs mit Fokus auf Homosexuelle (v.a. HIV/AIDS) stellten zwar Anfang 2014 kurzfristig den Betrieb ein, doch wurde dieser nach wenigen Wochen wieder aufgenommen und läuft seither wie vor Inkrafttreten des SSMPA (IO1 20.11.2015).

Die meisten Homosexuellen-NGOs haben ihre Basis in den Hauptstädten der Bundesstaaten (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; MSMA 17.11.2015). Üblicherweise sind die Homosexuellen- NGOs den Betroffenen bekannt (DS3 18.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Es existieren auch eigene HIV/AIDS-Kliniken, die gezielt für homosexuelle Patienten eingerichtet wurden (IO1 20.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015).

Verschiedene NGOs bieten Angehörigen sexueller Minderheiten rechtliche Beratung und Schulungen in Meinungsbildung, Medienarbeit und Bewusstseinsbildung in Bezug auf HIV an (USDOS 13.3.2019). Es existieren Netzwerke von Menschenrechtsanwälten, welche - im Falle der Verhaftung eines Homosexuellen - unmittelbar kontaktiert werden und die Person gegen "Kaution" freizukaufen versuchen (IO1 20.11.2015). Die Anwälte sind organisiert, es gibt unterschiedliche Vereine, z.B. Lawyers League for Minorities, Lawyers Alert oder die Coalition of Human Rights Lawyers (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Homosexuellen-Netzwerke verschiedener Landesteile bzw. Städte sind miteinander in Kontakt (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Die Netzwerke und Organisationen bieten auch Unterstützung und Zufluchtsmöglichkeiten an (USDOS 20.4.2018; vgl. MSMA 17.11.2015; LLM 16.11.2015).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

- DS1 - Diplomatic Source 1 (20.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

- DS2 - Diplomatic Source 2 (19.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

- DS3 - Diplomatic Source 3 (18.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

- DS4 - Diplomatic Source 4 (20.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019

- HL1 - Human Rights Lawyer 1 (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

- LLM - Representative of the Lawyers League for Minorities (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

- MSMA - MSM-related NGO, Abuja (17.11.2015): Gruppendiskussion im Rahmen einer Fact Finding Mission

- MSMK - MSM-reltated NGO, Kaduna (19.11.2015): Gruppendiskussion im Rahmen einer Fact Finding Mission

- IO1 - International Health and Development Research Organisation (20.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

- ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

- TIERSs - The Initiative for Equal Rights (12.2018): 2018 Human Rights Violations Report, https://theinitiativeforequalrights.org/wp-content/uploads/2018/12/2018-Human-Rights- Report.pdf, Zugriff 2.4.2019

- USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Nigeria, https://www.ecoi.net/en/document/2004182.html, Zugriff 20.3.2019

- VA1 - Vertrauensanwalt 1 der Österreichischen Botschaft Abuja (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

1.3.2. Medizinische Versorgung:

Insgesamt kann die Gesundheitsversorgung in Nigeria als mangelhaft bezeichnet werden (GIZ 4.2019b). Zwischen Arm und Reich sowie zwischen Nord und Süd besteht ein erhebliches Gefälle: Auf dem Land sind die Verhältnisse schlechter als in der Stadt (GIZ 4.2019b); und im Norden des Landes ist die Gesundheitsversorgung besonders prekär (GIZ 4.2019b; vgl. ÖB 10.2018). Die medizinische Versorgung ist vor allem im ländlichen Bereich vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. In den großen Städten findet man jedoch einige Privatkliniken mit besserem Standard (AA 12.4.2019). Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor (AA 10.12.2018).

Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser (AA 10.12.2018). Krankenhäuser sind bezüglich Ausstattung, Qualifikation des Personals und Hygiene nur in städtischen Zentren vereinzelt mit europäischem Standard vergleichbar. In größeren Städten ist ein Großteil der staatlichen Krankenhäuser mit Röntgengeräten ausgestattet, in ländlichen Gebieten verfügen nur einige wenige Krankenhäuser über moderne Ausstattung. Religiöse Wohltätigkeitseinrichtungen und NGOs bieten kostenfrei medizinische Versorgung (ÖB 10.2018).

In den letzten Jahren hat sich die medizinische Versorgung in den Haupt- und größeren Städten allerdings sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor deutlich verbessert. So ist mittlerweile insbesondere für Privatzahler eine gute medizinische Versorgung für viele Krankheiten und Notfälle erhältlich. Es sind zunehmend Privatpraxen und -kliniken entstanden, die um zahlungskräftige Kunden konkurrieren. Die Ärzte haben oft langjährige Ausbildungen in Europa und Amerika absolviert und den medizinischen Standard angehoben. In privaten Kliniken können die meisten Krankheiten behandelt werden (AA 10.12.2018).

Die Gesundheitsdaten Nigerias gehören zu den schlechtesten in Afrika südlich der Sahara und der Welt (ÖB 10.2018). Mit 29 Todesfällen pro 1.000 Neugeborenen hat Nigeria weltweit die elfthöchste Todesrate bei Neugeborenen (GIZ 2.2019). Die aktuelle Sterberate für Kinder unter fünf Jahren beträgt 109 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten. Die Prozentsätze der Unterernährung (Global Acute Malnutrition) liegen in den nördlichen Staaten konstant über der Alarmschwelle von 10 Prozent. Gemäß Schätzungen von UNICEF unterliegen mehr als 1,3 Millionen Kinder unter fünf Jahren in Nordnigeria einem hohen Risiko von schwerer akuter Unterernährung (ÖB 10.2018).

Psychische bzw. psychiatrische Erkrankungen werden in der großen Mehrheit der Bevölkerung immer noch als spiritueller Natur entspringend angesehen. Dementsprechend werden die entsprechenden Patienten besonders im ländlichen Bereich spirituellen Heilern zugeführt. Betreut werden sie in der Regel in der Familie, wenn vorhanden. Viele psychisch Kranke leben auf der Straße, in abgelegenen Regionen werden als gefährlich angesehene Personen in den Dörfern auch gelegentlich noch angekettet. Für die stationäre Unterbringung gibt es in ganz Nigeria acht staatliche psychiatrische Kliniken, die einen Langzeitbereich haben, außerdem sind zahlreiche psychisch Langzeitkranke in gesonderten Bereichen in Gefängnissen untergebracht. Im Wesentlichen findet dort eine reine Verwahrung unter ausgesprochen ärmlichen Bedingungen statt (WPA o.D.). Es existiert also kein mit westlichen Standards vergleichbares Psychiatriewesen, sondern allenfalls Verwahreinrichtungen auf sehr niedrigem Niveau. Dort werden Menschen mit psychischen Erkrankungen oft gegen ihren Willen untergebracht, können aber nicht adäquat behandelt werden (AA 10.12.2018).

Insgesamt gibt es für die inzwischen annähernd 200 Millionen Einwohner 100 Hospitäler mit psychiatrischer Abteilung (VAÖB 23.1.2019). Laut anderen Angaben gibt es psychiatrische Abteilungen in 15 Universitätskliniken, acht staatlichen psychiatrischen Spitälern und sechs Allgemeinen Spitälern sowie 15 psychiatrischen Privatkrankenhäusern (WPA o.D.). Das in Lagos befindliche Federal Neuro Psychiatric Hospital Yaba bietet sich als erste Anlaufstelle für die Behandlung psychisch kranker Rückkehrer an. Die Kosten für einen Empfang durch ein medizinisches Team direkt am Flughafen belaufen sich auf ca. 195.000 Naira (ca. 570 Euro). Zudem ist an diesem Krankenhaus auch die stationäre Behandlung psychischer Erkrankungen mit entsprechender Medikation möglich (AA 10.12.2018).

Nigeria verfügt über 110 registrierte Psychiater (WPA o.D.); nach anderen Angaben sind es derzeit 130 für 200 Millionen Einwohner (Österreich 2011: 20 Psychiater/100.000 Einwohner). Bei Psychologen ist die Lage noch drastischer, hier kamen im Jahr 2014 auf 100.000 Einwohner 0,02 Psychologen (Österreich 2011: 80 Psychologen/100.000 Einwohner). Aufgrund dieser personellen Situation ist eine regelrechte psychologische/psychiatrische Versorgung für die große Mehrheit nicht möglich, neben einer basalen Medikation werden die stationären Fälle in öffentlichen Einrichtungen im Wesentlichen "aufbewahrt". Die Auswahl an Psychopharmaka ist aufgrund der mangelnden Nachfrage sehr begrenzt (VAÖB 23.1.2019).

Es gibt eine allgemeine Kranken- und Rentenversicherung, die allerdings nur für Beschäftigte im formellen Sektor gilt. Die meisten Nigerianer arbeiten jedoch als Bauern, Landarbeiter oder Tagelöhner im informellen Sektor. Leistungen der Krankenversicherung kommen schätzungsweise nur zehn Prozent der Bevölkerung zugute (AA 10.12.2018). Nur weniger als sieben Millionen der 180 Millionen Einwohner Nigerias sind beim National Health Insurance Scheme leistungsberechtigt (Punch 22.12.2017). Eine Minderheit der erwerbstätigen Bevölkerung ist über das jeweils beschäftigende Unternehmen mittels einer Krankenversicherung abgesichert, die jedoch nicht alle Krankheitsrisiken abdeckt (VAÖB 27.3.2019).

Wer kein Geld hat, bekommt keine medizinische Behandlung (GIZ 4.2019b). Selbst in staatlichen Krankenhäusern muss für Behandlungen bezahlt werden (AA 10.12.2018). Die Kosten medizinischer Betreuung müssen im Regelfall selbst getragen werden. Die staatlichen Gesundheitszentren heben eine Registrierungsgebühr von umgerechnet 10 bis 25 Cent ein: Tests und Medikamente werden unentgeltlich abgegeben, sofern vorhanden (ÖB 10.2018). Eine basale Versorgung wird über die Ambulanzen der staatlichen Krankenhäuser aufrechterhalten, jedoch ist auch dies nicht völlig kostenlos, in jedem Fall sind Kosten für Medikamente und Heil- und Hilfsmittel von den Patienten zu tragen, von wenigen Ausnahmen abgesehen (VAÖB 27.3.2019).

Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet keine kostenfreie Medikamentenversorgung. Jeder Patient - auch im Krankenhaus - muss Medikamente selbst besorgen bzw. dafür selbst aufkommen (AA 10.12.2018). In der Regel gibt es fast alle geläufigen Medikamente in Nigeria in Apotheken zu kaufen, so auch die Antiphlogistika und Schmerzmittel Ibuprofen und Diclofenac sowie die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden (AA 10.12.2018). Medikamente gegen einige weit verbreitete Infektionskrankheiten wie Malaria und HIV/AIDS können teilweise kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben. Schutzimpfaktionen werden von internationalen Organisationen finanziert, stoßen aber auf religiös und kulturell bedingten Widerstand, überwiegend im muslimischen Norden (ÖB 10.2018).

Die Qualität der Produkte auf dem freien Markt ist jedoch zweifelhaft, da viele gefälschte Produkte meist aus asiatischer Produktion - vertrieben werden (bis zu 25% aller verkauften Medikamente). Diese wirken aufgrund unzureichender Dosisanteile der Wirkstoffe nur eingeschränkt. Es gibt zudem wenig zuverlässige Kontrollen hinsichtlich der Qualität der auf dem Markt erhältlichen Produkte (AA 10.12.2018). Gegen den grassierenden Schwarzmarkt mit Medikamenten gehen staatliche Stellen kaum vor (ÖB 10.2018).

Der Glaube an die Heilkräfte der traditionellen Medizin ist nach wie vor sehr lebendig. Bei bestimmten Krankheiten werden eher traditionelle Heiler als Schulmediziner konsultiert (GIZ 4.2019b). Gerade im ländlichen Bereich werden "herbalists" und traditionelle Heiler aufgesucht (ÖB 10.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

- AA - Auswärtiges Amt (12.4.2019): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/ 205788#content_6, Zugriff 12.4.2019

- ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019

- Punch (22.12.2017): NHIS: Health insurance still elusive for many Nigerians, https://punchng.com/nhis-health-insurance-still-elusive-for-many-nigerians/, Zugriff 3.4.2019

- VAÖB - Vertrauensarzt der ÖB Abuja (23.1.2019): medizinische Stellungnahme

- VAÖB - Vertrauensarzt der ÖB Abuja (27.3.2019): medizinische Stellungnahme

- WPA - World Psychiatric Association (o.D.): Association of Psychiatrists in Nigeria (APN), http:// www.wpanet.org/detail.php?section_id=5&content_id=238, Zugriff 3.4.2019

1.3.3. HIV/AIDS:

HIV/AIDS hat sich in den letzten Jahren sehr schnell ausgebreitet. Gründe dafür sind u.a. Promiskuität, seltene Verwendung von Kondomen, Armut, eine niedrige Alphabetisierungsrate und schlechte Bildung, der insgesamt schlechte Gesundheitszustand, der niedrige gesellschaftliche Status von Frauen sowie die Stigmatisierung von Erkrankten (GIZ 4.2019b). In Nigeria leben über 3 Millionen Menschen, die mit HIV infiziert sind (AA 3.4.2019). 1,6 Millionen davon sind Frauen im Alter ab 15 Jahren. Die Anzahl HIV-positiver Kinder im Alter bis 14 Jahren wird auf 220.000 geschätzt. 2017 gab es 210.000 HIV-Neuinfektionen und 150.000 Todesfälle aufgrund von HIV (UNAIDS 12.7.2018). 30 Prozent der mit HIV infizierten Personen nehmen Antiretrovirale Medikamente ein. Von den HIV-infizierten schwangeren Frauen unterziehen sich etwa 31 Prozent einer Therapie, um die Übertragung auf ihr Kind zu verhindern (UNAIDS o.D.). Medikamente gegen HIV/Aids können teilweise kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben (ÖB 10.2018).

Zur Bekämpfung der weiteren Ausbreitung von HIV/AIDS wurde 2002 die National Agency for the Control of HIV/AIDS" (NACA) gegründet. Die internationale Organisation AVERT führt vielfältige Kampagnen zur Steigerung der öffentlichen Aufmerksamkeit, Aufklärung und Prävention durch (GIZ 4.2019b). Für 2017 bis 2021 gibt es von NACA einen strategischen Rahmenplan zur Verringerung der HIV-Neuinfektionen und Reduzierung des Stigmas für HIV-Infizierte (NACA o.D.).

Personen mit HIV/AIDS verlieren oft ihre Jobs oder es wird ihnen Gesundheitsversorgung verweigert (USDOS 13.3.2019). Der damalige Präsident, Goodluck Jonathan, unterzeichnete 2014 ein neues Gesetz, das Menschen mit HIV/AIDS vor Diskriminierung schützen soll. Laut diesem ist es illegal, Menschen aufgrund ihrer Infektion zu diskriminieren. Arbeitgebern, Einzelpersonen oder Organisationen ist es untersagt, einen HIV-Test als Voraussetzung für eine Anstellung oder Zugriff auf Dienste zu fordern (UNAIDS 11.2.2015).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

- AA - Auswärtiges Amt (3.4.2019): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/ 205788#content_6, Zugriff 3.4.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019

- ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

- NACA - National Agency for the Control of HIV/AIDS (o.D.): National HIV/AIDS Strategic Framework, https://www.childrenandaids.org/sites/default/files/2017-11/NATIONAL-HIV-AND- AIDS-STRATEGIC-FRAMEWORK.pdf, Zugriff 26.11.2018

- UNAIDS (12.7.2018): UNAIDS Data 2018, http://www.unaids.org/sites/default/files/media_asset/ unaids-data-2018_en.pdf, Zugriff 26.11.2018

- UNAIDS (o.D.): Country - Nigeria - Overview, http://www.unaids.org/en/regionscountries/countries/nigeria, Zugriff 26.11.2018

- UNAIDS (11.2.2015): Nigeria passes law to stop discrimination related to HIV, http://www.unaids.org/en/resources/presscentre/featurestories/2015/february/ 20150211_nigeria_law, Zugriff 26.11.2018

- USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Nigeria, https://www.ecoi.net/en/document/2004182.html, Zugriff 20.3.2019

1.3.4. Rückkehr:

Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 10.12.2018). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation" (ÖB 10.2018). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 10.12.2018).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 10.12.2018). Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2018). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 10.12.2018) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2018) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2018).

Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten (AA 10.12.2018). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets "overstay" angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2018).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen hat im Herbst 2018 in Lagos das Migrationsberatungszentrum der GIZ seinen Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert (AA 10.12.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

- ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person und der Herkunft des Beschwerdeführers gründen sich auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde.

Da der Beschwerdeführer durch die nigerianische Botschaft identifiziert worden ist, steht seine Identität fest.

Die Feststellung betreffend die Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der glaubhaften Aussage des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand ergeben sich aus dessen Angaben vor der belangten Behörde und den in Vorlage gebrachten medizinischen Unterlagen.

Die Feststellungen zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers. Danach gibt er an einen Sohn zu haben, aber zu diesem keinen Kontakt zu pflegen, was glaubhaft den Mangel eines Familienlebens aufzeigt. Zur Kindesmutter gibt er an, ebenfalls keinen Kontakt zu haben. Das Bundesverwaltungsgericht ist aufgrund der Aussagen des Beschwerdeführers, insbesondere aufgrund der Aussage, den Nachnamen seines Sohnes und der Kindesmutter nicht zu kennen, davon überzeugt, dass es sich hierbei um eine Zufallsbekanntschaft mit der Kindesmutter handelte, nicht um eine Beziehung und aus dieser Zufallsbekanntschaft das Kind entstanden ist. Dass der Beschwerdeführer keine Sorgepflichten für das Kind hat, ergibt sich aus dem - glaubhaften - Umstand, dass die Vaterschaft vom Beschwerdeführer nie anerkannt wurde. Auch dieser Umstand ist als Beleg gegen das Bestehen eines maßgeblichen Familienlebens zu werten. Von anderen Bekanntschaften berichtete der Beschwerdeführer nicht.

Dass die Familie des Beschwerdeführers in Nigeria lebt, ist aus dem Verwaltungsakt zu entnehmen. Da das Bundesverwaltungsgericht aufgrund des gänzlichen Mangels an privaten und familiären Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich seine Aussage keinen Kontakt zu seinen Verwandten in Nigeria zu haben, nicht als glaubhaft erachtet, war die entsprechenden Feststellungen bzw. Negativfeststellungen zu treffen.

Die Feststellungen zu seiner schulischen Bildung basieren auf seinen glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde.

Die Feststellungen zu seinem Aufenthalt in Österreich ergeben sich unzweifelhaft aus dem aktuellen Auszug aus dem ZMR, woraus ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer über weite Teile seines Aufenthalts in Österreich entweder in Justizanstalten oder als obdachlos gemeldet war. Eine durchgehende Meldekette seiner Wohnsitze seit seiner illegalen Einreise nach Österreich ist nicht gegeben, weshalb die Feststellung zu treffen war, dass er auch untergetaucht war.

Die Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit ergeben sich aus der Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Dass er von der Grundversorgung lebt, sofern er nicht inhaftiert ist, ergibt sich aus dem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde. Aufgrund dieses Umstandes, aber auch aufgrund seiner glaubhaften Aussage, nie gearbeitet zu haben, ergibt sich die Feststellung seiner mangelnden Selbsterhaltungsfähigkeit. Überdies war aufgrund seiner einschlägigen Verurteilungen festzustellen, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Verkauf von Drogen ein Einkommen erschloss.

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen basieren auf dem aktuellen Auszug aus dem österreichischen Strafregister und den seitens des Bundesverwaltungsgerichtes angeforderten Strafurteilen. Dass er sich gegenwärtig in Haft befindet, ergibt sich aus dem Umstand seines momentanen Aufenthaltsortes in der Justizanstalt XXXX, welcher sich aus einer aktuellen Abfrage des zentralen Melderegisters ergibt.

Die Feststellungen zur Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich zweifelsfrei aus der Einvernahme durch die belangte Behörde am 10.04.2019. Zwar gibt er an einen Sprachkurs für Deutsch A1 absolviert zu haben, jedoch vermochte er eine positive Sprachprüfung nicht nachzuweisen. Angesichts der langen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers zeigt dieser keinerlei Integration, weder in sprachlicher, beruflicher noch kultureller Hinsicht auf. Seine zahlreichen Aufenthalte in Justizanstalten vermögen nicht als Beleg seiner Integration in Österreich herangezogen zu werden.

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Vom Bundesverwaltungsgericht ist im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob zwischen der Rechtskraft des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 11.12.2007 und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 12.07.2019 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist.

Zunächst ist festzustellen, dass sich die Rechtslage in einzelnen Punkten durch das FRÄG 2017 geändert haben mag, allerdings nicht entscheidungswesentlich. Dies wurde in der Beschwerde auch nicht behauptet.

Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor, da er selbst sein damaliges Fluchtvorbringen wiederholt. Die nunmehr vorgebrachten Gründe sind somit mit den Fluchtgründen des rechtskräftigen Vorverfahrens identisch. Eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage ist folglich nicht erkennbar.

Auch das nunmehr weitere Vorbringen, er könne wegen seiner Krankheiten nicht nach Nigeria zurückkehren hätte der Beschwerdeführer bereits jederzeit im Rahmen des ersten Verfahrens mitteilen können. Zudem liegt kein Grund vor und ist auch im Verfahren nicht hervorgekommen, dass ihm Gefahr bei Rückkehr nach Nigeria drohen könnte.

Mit dem weiteren Vorbringen, an HIV und Blutdruck zu leiden werden keine Fluchtmotive, sondern, wenn überhaupt, Gründe, die gegen die Abschiebung sprechen können, geltend gemacht. Aufgrund der nachvollziehbaren und glaubhaften Feststellungen im Länderinformationsblatt für Nigeria und der dort zitieren glaubhaften Quellen ist mit einer Rückkehr des Beschwerdeführers keine Gefahr verbunden, dass der Beschwerdeführer in seiner körperlichen Integrität verletzt werden könnte, einer unmenschlichen Behandlung oder gar dem Tod ausgesetzt werden würde. Vielmehr ist darauf zu verweisen, dass Medikamente gegen HIV/Aids sogar kostenlos in Anspruch genommen werden können, wenn auch kein landesweit flächendeckendes Angebot existiert (ÖBA 10.2018). Damit steht unmissverständlich fest, dass eine weitere Therapie des Beschwerdeführers, jedenfalls möglich ist und daher ein Abschiebehindernis auch mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht vorliegt. Dass die vom Beschwerdeführer benötigten Medikamente in Nigeria erhältlich sind, ergibt sich auch aus einer kurzen vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Internetrecherche: https://www.gilead.com/-/media/files/pdfs/aoem-registrations/biktarvy_registeration.pdf?la=en&hash=DA59DCD687BE775BECFA4D1E2978BC58 und http://rxnigeria.com/items?task=view&id=5191.

Ein Abgleich zwischen den Länderfeststellungen des ersten Asylverfahrens und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Nigeria im gegenständlichen Verfahren ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Nigeria. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es existieren - wie oben dargestellt - keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine privaten, familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte. Er soll zwar über einen Sohn verfügen, dessen Nachnamen er aber nicht kennt und den er nur einmal gesehen habe. Mangels Sorgepflichten gegenüber dem Sohn und mangels jeglichen Kontakts zu ihm besteht sowohl aus dem Blickwinkel des Kindeswohls wie auch aus dem Blickwinkel des Familienlebens keine Notwendigkeit des Verbleibes des Beschwerdeführers in Österreich. Er verfügt über keine ausreichenden Existenzmittel und ist nicht erwerbstätig. In Bezug auf das Privat- und/oder Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist seit Erlassung des ersten Bescheides keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes erkennbar.

Der Beschwerdeführer führte zwar in gegenständlichem Verfahren erstmals in der Beschwerde an, dass er homosexuell sei, während seiner Inhaftierung eine gleichgeschlechtliche Beziehung geführt habe und regelmäßig in der Wiener LGBT-Szene unterwegs sei, jedoch weist dieses Vorbringen keinen glaubhaften Kern auf.

Zumal der Beschwerdeführer selbst angab, dass er seinen angeblichen Partner bereits 2010 kennengelernt habe, hätte er dies spätestens bei seiner zweiten Asylantragstellung im März 2019 bzw. bei seiner niederschriftlichen Einvernahme bei der belangten Behörde im April 2019 angeben können. Es geht auch der VwGH davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Wenn in der Beschwerde diesbezüglich angeführt wird, dass der Beschwerdeführer seine Homosexualität in einer schriftlichen Stellungnahme an die belangte Behörde bereits angeführt habe und es deswegen an der belangten Behörde gelegen gewesen sei den Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme eingehend danach zu befragen, dann ist dem entgegenzuhalten, dass einerseits aus der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 08.04.2019 kein Hinweis auf seine Homosexualität hervorgeht und, dass es andererseits nicht Aufgabe der belangten Behörde oder des erkennenden Gerichtes ist, den Beschwerdeführer so lange zu befragen, bis aus seiner Sicht keine Fragen offenbleiben, sondern ist der Beschwerdeführer von sich aus verpflichtet, das maßgebliche Vorbringen darzulegen. Aus Sicht des erkennenden Gerichtes hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer intensiv zu seinen Verfolgungsgründen befragt (Seite 9, Einvernahmeprotokoll vom 10.04.2019) und stellte auch offene Fragen.

Eine neue umfassende inhaltliche Prüfung wird vom Bundesverwaltungsgericht aus diesen Gründen nicht für notwendig erachtet.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die oben wiedergegebenen Länderfeststellungen sind bereits im Bescheid vom 12.07.2019 enthalten und haben keine Aktualisierung erfahren. Daher konnte eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat verneint werden. Die Feststellung zu HIV/Aids und zur Rückkehrsituation basieren auf den bereits im Bescheid vom 12.07.2019 zitieren Länderinformationsblatt und den dort und oben zitierten, unbedenklichen Quellen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Zurückweisung des Antrages hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, d.h. eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da die Entscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 11.12.2007 über den Antrag des Beschwerdeführers vom 06.10.2003 auf internationalen Schutz in formelle Rechtskraft erwachsen ist.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann. Außerdem weist das erstmals in der Beschwerde angeführte neue Vorbringen betreffend die Homosexualität des Beschwerdeführers keinen "glaubhaften Kern" auf (siehe Ausführungen zur Beweiswürdigung unter Punkt A) 2.3.).

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Der angefochtene Spruchpunkt I. war sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

3.2. Zurückweisung des Antrages hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Zu überprüfen ist auch, ob sich der Sachverhalt bzw. die Rechtslage in Bezug auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verändert haben. Letzteres ist nicht gegeben, eine entscheidungswesentliche Änderung der Rechtslage in Bezug auf § 8 AsylG 2005 ist nicht eingetreten.

Auch eine Änderung der Lage in Nigeria ist nicht erfolgt; es gibt keine Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse). Eine Änderung der Lage in Nigeria wurde auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Gewährung eines Status nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 voraussetzt, dass die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art. 3 EMRK aufgezeigt wird (vgl. zuletzt VwGH, 23.03.2017, Ra 2016/20/0188); die bloße Möglichkeit einer Existenzbedrohung kann diese Schwelle nicht erreichen.

Zu prüfen sind aber auch etwaige Änderungen in der Person des Beschwerdeführers, welche eine neue Refoulement-Prüfung notwendig machen könnten. Der Beschwerdeführer hatte in der Erstbefragung angeführt, dass er an HIV und Bluthochdruck leide und im Laufe des Verfahrens auch entsprechende Befunde vorgelegt. Die belangte Behörde hatte im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes vorliege, da es sich um keine lebensbedrohliche Erkrankung handle und es in Nigeria eine medizinische Grundversorgung geben würde und die Behandlung von AIDS/HIV in Nigeria teilweise sogar kostenlos in Anspruch genommen werden könne. Dem wurde vom Beschwerdeführer in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegengetreten.

Vom Beschwerdeführer wurden folglich keine körperlichen Gebrechen oder Krankheiten vorgebracht, die in Nigeria nicht behandelbar wären. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte stehen selbst schwere psychische Krankheiten wie PTBS und sogar Selbstmordgefahr (EGMR 22.09.2005, Fall Kaldik, Appl. 28526) sowie schwere Depression u

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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