TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/14 I421 2218575-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.02.2020
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Entscheidungsdatum

14.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I421 2218575-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, StA. ÄGYPTEN, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 09.04.2019, ZI. 1213334400/181128654, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.12.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte nach illegaler Einreise in Österreich am 23.11.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am darauffolgenden Tag wurde sie durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einvernommen. Zu ihrem Fluchtgrund befragt gab sie an, dass sie sich 2015 scheiden lassen habe und seitdem von ihrem Exmann bedroht worden sei. Mit diesem habe sie auch eine Tochter. Ende 2017 habe sie sich in einen Christen verliebt und daraufhin sei ihr von ihrem Vater die Tochter weggenommen worden. Ihr Bruder habe sie umbringen wollen und sie sei nach Alexandria geflohen, wo sie sich bis zu ihrer Ausreise versteckt habe. Ihr Bruder bedrohe sie immer noch über Facebook. Bei einer Rückkehr fürchte sie sich davor von ihrem Bruder getötet zu werden.

In einer niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 27.02.2019 gab die Beschwerdeführerin an, dass sie Muslimin und mit einem Christen zusammengekommen sei. In ihrer Heimat sei es verboten, dass Muslime und Christen zusammen sind. Sie sei deswegen von ihrem Bruder gefoltert und geschlagen sowie mit Zigaretten und einem heißen Löffel verbrannt worden. Ihr Bruder habe sie fünf Monate lang in der Stadt Albuhaira eingesperrt, ihre Mutter habe sie dann befreit. Sie habe ihren Bruder daraufhin bei der Polizei anzeigen wollen, ihre Freunde haben ihr jedoch davon abgeraten, da eine Verbindung mit einem Christen verboten sei. Ihren christlichen Freund habe sie nach ihrer Befreiung nicht mehr gefunden. Sie habe dann um ein Visum angesucht und sei nach Österreich gekommen. Sie befürchte Blutrache durch ihre Familie.

Das BFA wies am 09.04.2019 mit Bescheid den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ägypten (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Dazu wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für ihre freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.). Das Vorbringen der Beschwerdeführerin liefere keine Anhaltspunkte dafür, dass es eine konkret gegen sie gerichtete asylrelevante Verfolgung in Ägypten gegeben hätte und würde es eine solche nach ihrer Rückkehr auch nicht geben.

Dagegen wurde fristgerecht am 03.05.2019 Beschwerde wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung in vollem Umfang erhoben.

Mit Schriftsatz vom 07.05.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 08.05.2019, legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.12.2019 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch wurde die Beschwerdeführerin u.a. zu ihrer Identität, zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat, zu den Fluchtgründen sowie zu ihrem Leben in Österreich ausführlich befragt. Die Beschwerdeführerin gab an, dass sie in Ägypten von ihren Eltern verfolgt worden sei, da sie sich in einen Christen verliebt habe. Die Tochter, welche sie mit ihrem Exmann habe, sei ihr daraufhin von ihren Eltern weggenommen worden. Zudem werde sie von der Polizei verfolgt und das große islamische Zentrum habe ein Todesurteil über sie gefällt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist ägyptische Staatsangehörige und Angehörige des muslimischen Glaubens. Ihre Identität steht nicht fest.

Die Beschwerdeführerin hält sich nach illegaler Einreise seit März 2018 in Österreich auf und stellte am 23.11.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Beschwerdeführerin ist gesund und arbeitsfähig. Sie leidet zwar an einer Anpassungsstörung und einem Ekzem, hierbei handelt es sich aber nicht um lebensbedrohliche Erkrankungen und sind diese auch in Ägypten behandelbar.

Die Beschwerdeführerin ist geschieden und hat eine in Ägypten lebende Tochter. In Ägypten leben noch zahlreiche weitere Angehörige der Beschwerdeführerin (unter anderem ihr Vater und ihre fünf Geschwister) sowie Freunde.

In Österreich verfügt die Beschwerdeführerin über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

In Ägypten hat die Beschwerdeführerin die Schule besucht und war als Buchhalterin tätig.

Die Beschwerdeführerin weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Sie geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Die Beschwerdeführerin legte lediglich eine Einstellungszusage bei der Firma B L vor und gab an, einige Bekanntschaften geschlossen zu haben.

Die Beschwerdeführerin ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführerin:

Entgegen ihrem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Ägypten aufgrund einer Beziehung zu einem christlichen Mann von ihrer Familie verfolgt worden wäre.

Selbst wenn man ihr Vorbringen als wahr unterstellen und daher annehmen würde, dass sie von ihrer Familie verfolgt werden würde, muss diesbezüglich festgestellt werden, dass es sich dabei um eine Privatverfolgung handeln und ihr Vorbringen keine Asylrelevanz entfaltet (siehe rechtliche Würdigung).

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden, dass sie in Ägypten einer persönlichen Verfolgung aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war.

Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass die Beschwerdeführerin im Fall ihrer Rückkehr nach Ägypten mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.3. Zur allgemeinen Situation in Ägypten:

Politische Lage

2013 übernahm Präsident Abdel Fattah Al-Sisi, damals Verteidigungsminister und Befehlshaber der Streitkräfte (FH 4.2.2019; GIZ 12.2018), die Macht durch einen Putsch und stürzte den gewählten Präsidenten Mohamed Morsi von der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit der Muslimbrüder (FJP) (FH 4.2.2019). Al-Sisi war seit 12.8.2012 Minister für Verteidigung und Militärproduktion unter Ministerpräsident Hesham Qandil in der Regierung von Mohamed Mursi (GIZ 12.2018). Seit dem 8.6.2014 ist Abdel Fattah Al-Sisi, Präsident Ägyptens. Der Verfassung zufolge ist eine Kandidatur nur einem Zivilisten erlaubt. Al-Sisi musste aus dem Militärdienst austreten, um bei den Wahlen antreten zu können (GIZ 12.2018).

Am 17.6.2019 brach der ehemalige, erste frei gewählte Präsident Ägyptens, Mohammed Mursi, in einer Gerichtsverhandlung zusammen und starb später in einem Krankenhaus. Offizielle Todesursache ist Herzversagen (BAMF 24.6.2019).

Der Präsident wird durch Volksabstimmung für bis zu zwei Amtszeiten gewählt (FH 4.2.2019). Bei den Präsidentschaftswahlen im März 2018 gewann Präsident Abdel Fattah Al-Sisi mit 97% der gültigen Stimmen eine zweite Amtszeit (AA 24.6.2019a; vgl. AI 26.2.2019; FH 4.2.2019) und setzte sich deutlich gegen den einzig verbliebenen Gegenkandidaten Mousa Mostafa Mousa durch (AA 24.6.2019a).

Die Wahlen waren durch Unterdrückung und Überwachungsbemühungen der Regierung beeinträchtigt, und die Amtszeit von Präsident Sisi ist von einem harten Vorgehen gegen abweichende Stimmen geprägt (TI 23.2.2019). Die Präsidentschaftswahl 2018 bot den Wählern keine echte demokratische Wahl und wurde unter anderem durch Einschüchterung der Wähler und Stimmenkauf beeinträchtigt (FH 4.2.2019). Vor der Abstimmung wurden lautstarke Oppositionelle inhaftiert und zum Schweigen gebracht (FH 4.2.2019). Die übrigen Kandidaten wurden im Vorfeld verhaftet oder zogen ihre Kandidatur zurück (AA 24.6.2019a). Legitime Oppositionskandidaten wurden unter Druck gesetzt, sich noch vor dem Wahlkampf zurückzuziehen. Schließlich stand Al- Sisi einem anerkannten Herausforderer gegenüber, Mousa Mostafa Mousa, dem Vorsitzenden der Oppositionspartei Al-Ghad. Mousa warb für Al-Sisi, bevor er selbst ins Rennen ging (FH 4.2.2019).

Kritische Äußerungen über Ägypten und politische Kommentare, auch in den sozialen Medien, können unter anderem als strafbare Beleidigung und Diffamierung Ägyptens oder des Staatspräsidenten bzw. als strafbares "Verbreiten falscher Gerüchte" angesehen werden und eine Strafverfolgung nach sich ziehen (AA 1.7.2019). Bereits im Jänner 2018 verstärkten die Behörden das Vorgehen gegen Dissens und verhafteten willkürlich mindestens 113 Personen, nur weil sie friedlich ihre Meinung äußerten. Unter den Verhafteten befanden sich viele hochrangige Politiker, die den Präsidenten öffentlich kritisiert oder bei den Präsidentschaftswahlen gegen ihn kandidiert hatten. Sami Anan, der ehemalige Stabschef des Militärs, wurde im Jänner 2018 verhaftet, nachdem er seine Kandidatur angekündigt hatte. Abdelmonim Aboulfotoh, Gründer der Misr Al- Qawia-Partei, wurde im Feber 2018 in Bezug auf von ihm gegebene Medieninterviews verhaftet. Im April 2018 verurteilte ein Militärgericht Hisham Genina, den ehemaligen obersten Wirtschaftsprüfer Ägyptens, zu fünf Jahren Gefängnis, nachdem er den Präsidenten in einem Medieninterview kritisiert hatte. Im Oktober 2018 bestätigte ein Gericht eine Bewährungsstrafe von drei Monaten wegen "öffentlicher Unsittlichkeit" gegen den ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Khalid Ali und disqualifizierte ihn damit erneut von der Kandidatur (AI 26.2.2019).

Die Wahl wurde durch eine geringe Wahlbeteiligung, die Nutzung staatlicher Ressourcen und Medien zur Unterstützung der Kandidatur von Al-Sisi, Einschüchterung der Wähler und Stimmenkauf beeinträchtigt. Die Wahlkommission drohte Nichtwählern mit Geldstrafen, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen (FH 4.2.2019).

Im Februar 2019 verabschiedeten Parlamentarier in Ägypten eine Reihe von Verfassungsänderungen, welche die Macht des Präsidenten konsolidieren und gleichzeitig das Militär als die ultimative Autorität des Landes wiederherstellen soll (TI 23.2.2019). Die im April 2019 in Kraft getretenen Verfassungsänderungen eröffneten mit einer Spezialklausel dem Staatspräsidenten die Möglichkeit, über die gegenwärtig festgelegten zwei Amtsperioden hinaus bis 2030 im Amt zu bleiben. Zudem sehen diese Verfassungsänderungen erhebliche Eingriffe in die Gewaltenteilung und eine weitere Stärkung der Kontrolle des Militärs über das zivile Leben vor (AA 24.6.2019a). Die vorgeschlagenen Änderungen würden die Amtszeit des Präsidenten von vier auf sechs Jahre verlängern. Präsident Sisi sollte im Jahr 2022 zurücktreten (TI 23.2.2019).

Seit Amtsantritt setzt Präsident Al-Sisi den Schwerpunkt auf Reformen im Wirtschaftsbereich, um Ägypten aus der Krise zu führen (ÖB 1.2019). Arbeitsschwerpunkte der ägyptischen Regierung unter Ministerpräsident Mustafa Madbouly bleiben Stabilitätserhalt und Wirtschaftsförderung. Mit der "Egypt Vision 2030" legte die ägyptische Regierung einen ambitionierten Entwicklungsplan vor, der sich auch an den internationalen Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) orientiert (AA 24.6.2019a). Nach Zuspitzung der Wirtschaftskrise (u.a. akuter Devisenmangel) wurden im Herbst 2016 im Rahmen eines vom IWF gestützten Reformprogramms der ägyptischen Regierung die Wechselkurse freigegeben und schrittweise Subventionskürzungen (Strom, Treibstoff) vorgenommen. Das Reformprogramm zeigt mittlerweile deutliche Erfolge und Verbesserungen bei den wirtschaftlichen Eckdaten, birgt aber auch weiterhin die Gefahr sozioökonomisch bedingter Unruhen, da Maßnahmen kurz- bis mittelfristig eine starke Belastung für die Bevölkerung darstellen (starker Anstieg der Inflation und Verlust von Arbeitsplätzen) (ÖB 1.2019). Durch die Preiserhöhung kam es sporadisch zu kleinen Protesten, die von der Polizei unterdrückt wurden. Die Polizei reagierte mit Härte auf die friedlich gegen Sparmaßnahmen protestierenden Demonstranten (AI 26.2.2019).

Ein neues Gesetz, das im Juli 2018 verabschiedet wurde, erlaubt es dem Präsidenten, hochrangige Führer der Streitkräfte zu benennen, die er für begangene Vergehen vor Strafverfolgung schützen will. Der Zeitraum umfasst den 14.8.2013, als die Sicherheitskräfte und die Armee während der Auflösung der Sitzblockaden (Sit-ins) von Rabaa al-Adawiya und Nahda an einem einzigen Tag bis zu 1.000 Menschen töteten (AI 26.2.2019). Die vorgeschlagenen Änderungen würden auch die Rechtsstaatlichkeit und die Aufsicht über die Exekutive untergraben. Das Militär würde "Hüter des Staates" werden. Die Änderungen würden auch zur Auflösung der Nationalen Medienbehörde führen (TI 23.2.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (1.7.2019): Ägypten - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/ aegyptensicherheit/212622, Zugriff 1.7.2019

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (24.6.2019a): Ägypten - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/-/212652. Zugriff 1.7.2019

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand Januar 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/1458483/4598_1551702084_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aegypten-stand-januar-2019-22-02-2019.pdf. Zugriff 1.7.2019

- AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Egypt, httPs://www.ecoi.net/en/file/local/2003690/MDE1299162019ENGLISH.pdf. Zugriff 1.7.2019

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (24.6.2019): Briefing Notes 24. Juni 2019, Zugriff 9.7.2019

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019: Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006365.html. Zugriff 1.7.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2018): Ägypten - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/aegypten/geschichte-staat/, Zugriff 1.7.2019

- ÖB - Österreichische Botschaft Kairo (1.2019): Asylländerbericht Ägypten, https://www.ecoi.net/en/file/local/2002309/ALB+%C3%84gypten+2018.pdf. Zugriff 1.7.2019

- TI - Transparency International (13.2.2019): The alarming message of Egypt's constitutional amendments, https://www.transparency.org/news/feature/the_alarming_message_of_egypts_constitutional_amendments, Zugriff 5.7.2019

Sicherheitslage

Die terroristische Bedrohung ist auf ägyptischem Gebiet chronisch (FD 1.7.2019b). Es besteht landesweit weiterhin ein erhöhtes Risiko terroristischer Anschläge. Diese richten sich meist gegen ägyptische Sicherheitsbehörden, vereinzelt aber auch gegen ausländische Ziele und Staatsbürger (AA 1.7.2019; vgl. FD 1.7.2019a).

Das Risiko besteht auch bei politischen Kundgebungen, Demonstrationen und religiösen Veranstaltungen in Ballungsräumen. Insbesondere bei christlich-orthodoxen Feiertagen ist in der Umgebung von christlichen Einrichtungen erhöhte Vorsicht geboten (BMEIA 1.7.2019). Nach der

Zündung eines Sprengkörpers am 19.5.2019 in Gizeh wird empfohlen wachsam zu sein und stark frequentierte Bereiche zu meiden (FD 1.7.2019a). In den letzten Jahren wurden mehrere Terroranschläge verübt. Nach einer Reihe von Anschlägen wurde im April 2017 für drei Monate der landesweite Ausnahmezustand ausgerufen. Dieser wird seitdem regelmäßig alle drei Monate verlängert (AA 1.7.2019; AI 26.2.2019; vgl. FD 1.7.2019). Die Maßnahme geht mit erhöhten Eingriffsbefugnissen für Sicherheitskräfte und Militär einher. Es kommt vor allem nachts zu verstärkten Kontrollen durch Sicherheitskräfte (AA 1.7.2019). Zu Demonstrationen kommt es seit der Wahl von Staatspräsident Al-Sisi im Mai 2014 kaum noch (AA 1.7.2019).

Es kam auch zu einem erneuten religiös motivierten Angriff, auf einen koptischen Pilgerbus in Minya, bei dem 29 Menschen getötet wurden (FD 1.7.2019). Seit 2016 ist es wiederholt zu Anschlägen auf koptische Christen und koptische Kirchen gekommen. Dabei gab es zahlreiche Tote und Verletzte (AA 1.7.2019). Am 28.12.2018 wurden bei der Aktivierung eines Sprengsatzes in der Nähe der Pyramiden von Gizeh vier Menschen getötet. Am 15.2.2019 versuchten die Sicherheitskräfte, drei in Kairo gefundene Sprengsätze zu entschärfen, von denen einer explodierte. Am 18.2.2019 tötete eine Person mit einem Sprengstoffgürtel drei Menschen (FD 1.7.2019b).

Vor Reisen in den Norden der Sinai-Halbinsel und das ägyptisch-israelische Grenzgebiet wird gewarnt (AA 1.7.2019). Am 9.2.2019 begann die ägyptische Armee ihre umfassende Operation "Sinai 2018" gegen militante Islamisten auf der Sinai Halbinsel (AA 24.6.2019a; AI 26.2.2019). Es kam zu Angriffen auf Touristen am Strand und in Hotels. Ein besonders schwerer terroristischer Anschlag nach dem Freitagsgebet in einer Moschee im November 2017 im Dorf Bir el Abed im Nord-Sinai forderte mehr als 300 Menschenleben (AA 1.7.2019; vgl. AA 24.6.2019a; FD 1.7.2019b) und zahlreiche weitere verletzt (AA 1.7.2019). Bereits im August 2013 wurde im Gouvernorat Nordsinai der Ausnahmezustand verhängt und seitdem immer wieder verlängert. Es gilt auch eine nächtliche Ausgangssperre (AA 1.7.2019). Bereits Im April 2017 wurden in Folge von Anschlägen auf zwei Kirchen in Alexandria und XXXX 45 Menschen getötet und über 100 verletzt. Die Terrororganisation "Islamischer Staat" hat sich zu den Anschlägen bekannt. Staatspräsident Al-Sisi verhängte einen Tag später den Ausnahmezustand, der seitdem alle drei Monate verlängert wurde. Die Politik der Härte und des permanenten Ausnahmezustands hat die Terrorgefahr jedoch nicht beseitigen können (AA 24.6.2019a). Das Österreichische Außenministerium ruft für den Nordsinai ein partielles Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 5) aus wie auch für die Saharagebiete an den Grenzen zu Libyen (einschließlich Mittelmeergebiet) und zum Sudan (BMEIA 1.7.2019). Hohes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 3) besteht in den restlichen Gebieten der Sinai-Halbinsel, inklusive der Ostküste im Bereich von Nuweiba bis Taba sowie auch für das Innere des Südsinai (BMEIA 1.7.2019). Es kommt auch weiterhin zu terroristischen Anschlägen, zuletzt am 2.11.2018 in der ägyptischen Provinz Minya, wo sieben koptische Pilger starben, und am 28.12.2018 sowie am

19.5.2019 in der Nähe der Pyramiden von Gizeh, wo ausländische Touristen zu Tode kamen oder verletzt wurden (AA 24.6.2019a). Am 24.6.2019 kam es auf dem Sinai zu einem Gefecht zwischen der Armee und Kämpfern des Islamischen Staates (IS). Laut Auskunft des Innenministeriums seien dabei sieben Polizisten und vier Kämpfer des IS getötet worden (BAMF 1.7.2019).

Vor Reisen in entlegene Gebiete der Sahara einschließlich der Grenzgebiete zu Libyen und Sudan wird gewarnt (AA 1.7.2019). Die ägyptischen Behörden haben die Grenzregionen zu Libyen und zum Sudan zu Sperrgebieten erklärt (AA 1.7.2019). Minenfelder sind häufig unzureichend gekennzeichnet, insbesondere auf dem Sinai, in einigen nicht erschlossenen Küstenbereichen des Roten Meeres, am nicht erschlossenen Mittelmeerküstenstreifen westlich von El Alamein und in Grenzregionen zu Sudan und Libyen (AA 1.7.2019).

Die Kriminalitätsrate ist in Ägypten vergleichsweise niedrig. Kleinkriminalität wie Taschendiebstähle und auch vereinzelte Übergriffe speziell auf Frauen haben etwas zugenommen (AA 1.7.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (1.7.2019): Ägypten - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/ aegvptensicherheit/212622. Zugriff 1.7.3019

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (1.7.2019): Briefing Notes 1 Juli 2019, Zugriff 1.7.2019

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (24.6.2019a): Ägypten - Innenpolitik. https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/-/212652. Zugriff 1.7.2019

- AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Egypt, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003690/MDE1299162019ENGLISH.pdf. Zugriff 1.7.2019

- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (1.7.2019): Reiseinformation, Ägypten - Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aegypten/, Zugriff 1.7.2019

- FD - France diplomatique (1.7.2019a): Egypte - Derniere minute, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/egypte/. Zugriff 1.7.2019

- FD - France diplomatique (1.7.2019b): Egypte - Securite, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/egypte/#securite, Zugriff 1.7.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Unabhängigkeit der Justiz ist vor allem im Bereich der äußerst weit verstandenen Terrorismusbekämpfung erheblich beeinträchtigt. Willkürliche Verhaftungen, Fälle von erzwungenem Verschwindenlassen von Personen durch die Staatssicherheit und politisch motivierte Gerichtsverfahren sind an der Tagesordnung. Folter und Misshandlungen in Haft sind verbreitet. Die Sicherheitsdienste genießen de facto Straffreiheit. Sie agieren zunehmend außerhalb jedweder rechtlicher Vorgaben und entziehen sich der Kontrolle durch Justiz und Politik (AA 22.2.2019).

Die Todesstrafe wird verhängt und gegenwärtig auch vollstreckt. Zu diskriminierender Strafverfolgung oder Strafzumessung aufgrund bestimmter Merkmale liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor. In diesem Bereich macht sich häufig der Druck der öffentlichen Meinung bemerkbar. Harte Strafen gegen Angehörige der Muslimbruderschaft und oppositionspolitische Aktivisten sind häufig Ausdruck einer politisierten Justiz, die nicht nach rechtsstaatlichen Grundsätzen verfährt. Vor dem Hintergrund allgemein harter und häufig menschenrechtswidriger Haftbedingungen gibt es Hinweise, dass insbesondere junge und unbekannte politische Straftäter besonders harten Haftbedingungen ausgesetzt sind. Amnestien werden wiederholt angekündigt und auch umgesetzt. Anlässlich ägyptischer Feiertage werden immer wieder Gefangene amnestiert bzw. im formellen Sinne begnadigt. Allerdings profitieren hiervon in der Regel keine politischen Gefangenen, sondern ausschließlich Strafgefangene. Allgemeine Voraussetzungen sind in der Regel die Verbüßung von mindestens der Hälfte der Haftzeit und gute Führung in Haft. Im November 2016 kam es jedoch zur Amnestierung von über 100 Studenten und Journalisten, die wegen Teilnahme an Demonstrationen oder wegen ihrer Berichterstattung festgenommen wurden (AA 22.2.2019).

Die Behörden nutzten die verlängerte Untersuchungshaft, um Andersdenkende inhaftieren zu können und schränkten und schikanierten zivilgesellschaftliche Organisationen und Mitarbeiter ein. Die Behörden verwendeten Einzelhaft, Folter und andere Misshandlungen und ließen weiterhin Hunderter von Menschen ungestraft verschwinden. Fälle von außergerichtlichen Hinrichtungen wurden nicht untersucht. Zivil- und Militärgerichte erließen nach unfairen Prozessen Massenurteile und verurteilten zahlreiche Menschen zum Tode (AI 26.2.2019; vgl. AI 23.5.2018). Sie hatten im August 2013 an Massenprotesten vor der al-Fateh-Moschee teilgenommen. Das Verfahren gegen die insgesamt 494 Angeklagten war grob unfair. Gerichte verließen sich bei der Urteilsfindung maßgeblich auf Berichte des nationalen Geheimdienstes und ließen Beweise zu, die nicht stichhaltig waren, darunter auch unter Folter erpresste "Geständnisse". Zivilpersonen mussten nach wie vor mit unfairen Gerichtsverfahren vor Militärgerichten rechnen. Mindestens 384 Zivilpersonen wurde 2017 vor Militärgerichten der Prozess gemacht (AI 23.5.2018).

Die Verfassung sieht die Unabhängigkeit und Immunität der Richter vor. Die Gerichte handelten in der Regel unabhängig, obwohl es einzelnen Gerichten manchmal an Unparteilichkeit fehlte und diese zu politisch motivierten Ergebnissen gelangten. Die Regierung respektierte in der Regel Gerichtsbeschlüsse. Das Gesetz geht von einer Unschuld der Angeklagten aus, und die Behörden informieren sie in der Regel unverzüglich und im Detail über die Anklagen gegen sie. Die Angeklagten haben das Recht, bei den Verfahren anwesend zu sein. Die Teilnahme ist verpflichtend für Personen, die eines Verbrechens angeklagt werden, und fakultativ für diejenigen, die wegen Vergehen angeklagt sind. Zivilverhandlungen sind in der Regel öffentlich. Die Angeklagten haben das Recht, einen Anwalt zu konsultieren, und die Regierung ist zuständig für den Rechtsbeistand, wenn der Angeklagte sich keinen Rechtsanwalt leisten kann. Verhandlungen vor dem Militärgericht sind nicht öffentlich (USDOS 13.3.2019).

Die ägyptische Justiz ist in Zivil- und Strafgerichte einerseits und Verwaltungsgerichte andererseits unterteilt. Jeweils höchste Instanz ist das Kassationsgericht bzw. das Hohe Verwaltungsgericht. Darüber hinaus existieren Sonder- und Militärgerichte. Seit 1969 ist das Oberste Verfassungsgericht das höchste Gericht. Obwohl die Gerichte in Ägypten - mit gewissen Einschränkungen - als relativ unabhängig gelten und sich Richter immer wieder offen gegen den Präsidenten stellten, gab es immer wieder Vorwürfe gegen Richter, Prozesse im Sinn des Regimes zu manipulieren. Solche Vorwürfe werden auch heute noch in Bezug auf die Prozessführung gegen die angeklagten Spitzen des alten Regimes sowie hohe Offiziere der Sicherheitskräfte erhoben. Das Mubarak-Regime bediente sich immer wieder der durch den Ausnahmezustand legitimierten Militärgerichte, um politische Urteile durchzusetzen. Auch nach der Revolution wurden zahlreiche Zivilisten vor Militärgerichten angeklagt (GIZ 12.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand Januar 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/1458483/4598_1551702084_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aegypten-stand-januar-2019-22-02-2019.pdf. Zugriff 1.7.2019

- AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Egypt, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003690/MDE1299162019ENGLISH.pdf. Zugriff 1.7.2019

- AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Ägypten, https://www.amnestv.org/download/Documents/POL1067002018GERMAN.PDF. Zugriff 2.7.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2018): GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH: Ägypten - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/aegvpten/geschichte-staat/. Zugriff 2.7.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004258.html. Zugriff 2.7.2019

Sicherheitsbehörden

Die primären Sicherheitskräfte des Innenministeriums sind die Polizei und die Zentralen Sicherheitskräfte. Die Polizei ist für die Strafverfolgung bundesweit verantwortlich. Die Zentralen Sicherheitskräfte sorgen für die Sicherheit der Infrastruktur und wichtigen in- und ausländischen Beamten. Zivile Behörden behielten die wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte bei (USDOS 13.3.2019).

Lang andauernde Haft ohne Anklage ist auf Veranlassung der Sicherheitsbehörden weit verbreitet. Urteile in politisch motivierten Verfahren basieren in der Regel nicht auf rechtsstaatlichen Grundsätzen. Die Zahl solcher Fälle ist zuletzt im Zuge der verstärkten Repression gegen die politische Opposition stark angestiegen (AA 22.2.2019). In den meisten Fällen hat die Regierung Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen, die zu einem Umfeld der Straflosigkeit beitragen, nicht umfassend untersucht. Die Regierung verfügt nicht über wirksame Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch. Die offizielle Straffreiheit bleibt ein Problem (USDOS 13.3.2019).

Militär und Sicherheitsbehörden nehmen im Staatsgefüge eine dominierende Position ein und verfügen über weitreichende Befugnisse und Einflussmöglichkeiten. Gerade auf dem Gebiet der begrifflich sehr weit verstandenen Terrorismusbekämpfung sind die Sicherheitsbehörden der Kontrolle durch die Justiz und andere Verfassungsorgane weitgehend entzogen. Polizei und Staatsschutz (National Security Services) sind formal getrennt, unterstehen jedoch gemeinsam dem Innenministerium (AA 22.2.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand Januar 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/1458483/4598_1551702084_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aegypten-stand-januar-2019-22-02-2019.pdf. Zugriff 1.7.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004258.html. Zugriff 2.7.2019

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung besagt, dass keine Folter, Einschüchterung, Nötigung oder körperlicher oder moralischer Schaden einer Person zugefügt werden darf, die Behörden inhaftiert oder festgenommen haben. Das Strafgesetzbuch verbietet die Folter, um ein Geständnis von einem festgenommenen oder inhaftierten Verdächtigen zu erlangen, berücksichtigt aber nicht den psychischen oder psychologischen Missbrauch (USDOS 13.3.2019).

Folter wird durch ägyptische Sicherheitsbehörden in unterschiedlichen Formen und Abstufungen praktiziert. In Polizeigewahrsam sind Folter und Misshandlungen weit verbreitet. In diesem Zusammenhang kommt es auch zu Todesfällen in Haft. Menschenrechtsverteidiger kritisierten, dass Beweise, die zu Verurteilungen in Strafverfahren führten, unter Folter gewonnen werden (AA 22.2.2019; USDOS 13.3.2019). Die Praxis der Folter ist nicht auf bestimmte Gruppen beschränkt, auch wenn politische Aktivisten besonders gefährdet sind. Folter wird als Mittel zur Abschreckung und Einschüchterung eingesetzt (AA 22.2.2019). Regierungsbeamte leugneten, dass die Anwendung von Folter systematisch sei. Laut Human Rights Watch (HRW) und lokalen NGOs war Folter am häufigsten auf Polizeistationen und anderen Inhaftierungsorten des Innenministeriums zu finden (USDOS 13.3.2019).

Extralegale Tötungen werden im Zusammenhang mit dem staatlichen Vorgehen gegen Islamisten verübt. Willkürliche Festnahmen und erzwungenes Verschwindenlassen. Inhaftierungen durch die Sicherheitsbehörden über längere Zeiträume ohne Anklage und Benachrichtigung von Angehörigen und Rechtsbeiständen sind verbreitet und üblich. Die Zahl solcher Fälle ist zuletzt im Zuge der verstärkten Repression gegen die politische Opposition stark angestiegen (AA 22.2.2019).

Gefangene in Gewahrsam der Sicherheitskräfte wurden verprügelt und anderweitig misshandelt. Verhörbedienstete des nationalen Geheimdienstes folterten und misshandelten zahlreiche Personen, die Opfer des Verschwindenlassens geworden waren, um "Geständnisse" zu erpressen, die später vor Gericht als Beweismittel verwendet wurden. Das Ausmaß der Menschenrechtskrise in Ägypten hat sich erweitert. Die Behörden setzten weiterhin Folter und andere Misshandlungen in Haftanstalten ein (AI 26.2.2019).

Seitdem Präsident Abdel Fattah Al-Sisi im März 2018 eine zweite Amtszeit in einer weitgehend unfreien und unfairen Präsidentschaftswahl gewonnen hat, haben seine Sicherheitskräfte eine Kampagne der Einschüchterung, Gewalt und Verhaftungen gegen politische Gegner, Aktivisten der Zivilgesellschaft und viele andere geführt, die lediglich leichte Kritik an der Regierung geäußert haben (HRW 17.1.2019).

Die Kampagne Stop Enforced Disappearance hat von Juli 2013 bis August 2018 1.530 Fälle dokumentiert. Mindestens 230 davon ereigneten sich zwischen August 2017 und August 2018. Der Aufenthaltsort von mindestens 32 der im Jahr 2018 verschwundenen Personen blieb bis August 2018 unbekannt (HRW 17.1.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand Januar 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/1458483/4598_1551702084_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aegypten-stand-januar-2019-22-02-2019.pdf. Zugriff 5.7.2019

- AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Egypt, httPs://www.ecoi.net/en/file/local/2003690/MDE1299162019ENGLISH.pdf. Zugriff 5.7.2019

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2002200.html. Zugriff 5.7.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004258.html. Zugriff 5.7.2019

Korruption

Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption vor, aber die Regierung setzte das Gesetz nicht konsequent um (USDOS 13.3.2019).

Korruption ist auf allen Ebenen der Regierung weit verbreitet. Offizielle Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung korrupter Aktivitäten sind nach wie vor schwach und ineffektiv. Nach einer Änderung des Strafgesetzbuches im Jahr 2015 können Angeklagte in Fällen finanzieller Veruntreuung die Inhaftierung durch Zahlung von Entschädigung vermeiden; die Strafen sind meist gering. Die Administrative Control Authority (ACA), die für die meisten Antikorruptionsinitiativen zuständige Stelle, verfolgt oft politisch motivierte Korruptionsfälle, operiert allerdings undurchsichtig (FH 4.2.2019).

Die Korruptionsbehörde der Regierung (Central Agency for Auditing and Accounting) legte dem Präsidenten und dem Premierminister Berichte vor, die der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung standen (USDOS 13.3.2019).

Laut Corruption Perceptions Index 2018 befindet sich Ägypten auf Platz 105 von 180 Ländern (TI 2018). Ägypten erreichte in diesem Jahr nur 35 von 100 Punkten im Index und lag damit deutlich unter dem globalen Durchschnitt von 43 (TI 13.2.2019).

Quellen:

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2006365.html, Zugriff 5.7.2019

- TI - Transparency International (13.2.2019): The alarming message of Egypt's constitutional amendments, https://www.transparency.org/news/feature/the_alarming_message_of_egypts_constitutional_amendments, Zugriff 5.7.2019

- TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2018, Egypt, https://www.transparency.org/cpi2018. Zugriff 5.7.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004258.html. Zugriff 5.7.2019

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Internationale und lokale Menschenrechtsorganisationen bestätigten, dass die Regierung weiterhin unkooperativ ist (USDOS 13.3.2019). NGOs bleiben weiterhin Belästigungen und Einschränkungen ausgesetzt und sehen sich in den letzten Jahren mit Massenschließungen und Schikanen in Form von Bürodurchsuchungen, Verhaftungen von Mitgliedern, langwierigen Rechtsfällen und Reisebeschränkungen konfrontiert (AI 26.2.2019; vgl. FH 4.2.2019).

Ein neues sehr restriktives Gesetz über die Gründung und Kontrolle von NGOs wurde im Mai 2017 vom Präsidenten unterzeichnet (AI 23.5.2019; FH 4.2.2019). Dieses räumt den Behörden weitreichende Befugnisse ein, um NGOs die offizielle Registrierung zu verweigern, sie aufzulösen und ihre Verwaltungsräte zu entlassen. Das Gesetz sieht fünf Jahre Gefängnis vor, sollten die Organisationen Rechercheergebnisse ohne Genehmigung der Regierung veröffentlichen (AI 23.5.2019). Die Arbeit von NGOs und Vereinigungen wird soweit eingeschränkt, dass eine freie Zivilgesellschaft unmöglich gemacht wird. Verstöße gegen das Gesetz können mit drakonischen Haftstrafen geahndet werden. Viele prominente Menschenrechtsverteidiger sind wegen ihrer Teilnahme an nicht genehmigten Demonstrationen (u. a. aus Protest gegen das Demonstrationsgesetz) in Haft (AA 22.2.2019). Die Bestimmungen sehen Strafen bis hin zur lebenslangen Freiheitsstrafe für die Beantragung oder Annahme ausländischer Mittel zur Untergrabung der Staatssicherheit vor (USDOS 13.3.2019). Ausländische Finanzierung ("Foreign Funding") von NGOs wird mit empfindlichen Geldstrafen belegt (AA 22.2.2019). Das Gesetz ermöglichte die Errichtung einer neuen Regulierungsbehörde, die von den Sicherheitsbehörden dominiert wird. Für jede Art von Forschung oder Umfrage vor Ort und jede Art von Zusammenarbeit mit ausländischen NGOs wird die Zustimmung der Regulierungsbehörde eingefordert. Gesetzesverstöße können zu Bußgeldern und bis zu fünf Jahren Gefängnis führen (FH 4.2.2019).

Für NGOs bleibt das Klima sehr repressiv (FH 4.2.2019). Zahlreiche Personen und Organisationen der Zivilgesellschaft sind weiterhin von Ermittlungsverfahren, Kontensperrungen, Ausreiseverboten, Einschüchterungen und unverhältnismäßig langer Untersuchungshaft betroffen. Zudem gibt es glaubhafte Berichte über zahlreiche Fälle erzwungenen Verschwindenlassens (AA 24.6.2019a).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand Januar 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/1458483/4598_1551702084_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aegypten-stand-januar-2019-22-02-2019.pdf. Zugriff 9.7.2019

- AA - Auswärtiges Amt (24.6.2019a): Ägypten - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/-/212652#content_1. Zugriff 9.7.2019

- AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Egypt, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003690/MDE1299162019ENGLISH.pdf. Zugriff 9.7.2019

- AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Ägypten, https://www.amnesty.org/download/Documents/POL1067002018GERMAN.PDF. Zugriff 9.7.2019

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2006365.html. Zugriff 9.7.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004258.html. Zugriff 9.7.2019

Ombudsmann

2003 wurde per Gesetz der NCHR eingerichtet (NCHR o.D.). Das Gesetz erkennt formell die Rolle des National Council for Human Rights (NCHR) bei der Überwachung von Gefängnissen an und legt fest, dass Besuche eine vorherige Benachrichtigung des Generalstaatsanwalts erfordern. Der NCHR besuchte im Laufe des Jahres zwei Gefängnisse. Die Behörden erlaubten anderen Menschenrechtsorganisationen nicht, Gefängnisbesuche durchzuführen (USDOS 13.3.2019)

Quellen:

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004258.html, Zugriff 9.7.2019

- NCHR - The National Council for Human Rights (o.D.): Law No. 94 of 2003 Establishing The National Council for Human Rights, http://www.nchregypt.org/media/ftp/Amending%20Law %20No.%2094%20of%202003%20by%20Law%20No.%20197%20of%202017-EN.pdf. Zugriff 24.7.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Lage der Menschenrechte ist besorgniserregend (AA 24.6.2019a). Die im Januar 2014 angenommene Verfassung enthält einen im Vergleich zu früheren Verfassungen erweiterten Grundrechtskatalog, der sowohl bürgerlich-politische wie auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte umfasst. Viele dieser Grundrechte stehen jedoch unter einem einfachen Gesetzesvorbehalt. In der Praxis werden diese Rechte immer weiter eingeschränkt, vor allem bürgerlich-politische Rechte. Allerdings hat Ägypten den Kernbestand internationaler Menschenrechtsübereinkommen ratifiziert, so etwa den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Pakt über wirtschaftliche und soziale Rechte, die Konvention zur Beseitigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen, die UN-Folterkonvention und die UN--Behindertenrechtskonvention, wie auch das Übereinkommen über die Rechte des Kindes. Erhebliche Vorbehalte zu diesen Instrumenten betreffen unter anderem Bestimmungen betreffend die Gleichstellung von Mann und Frau vor dem Hintergrund islamischen Rechts (Scharia-¬Vorbehalt) (AA 22.2.2018).

Obwohl Ägypten alle wichtigen internationalen Menschenrechtskonventionen unterzeichnete und Personen- und Freiheitsrechte in der Verfassung geschützt sind, wurde und wird das Land regelmäßig wegen Menschenrechtsverletzungen stark kritisiert. Internationale Menschenrechtsorganisationen sowie viele der über 30 ägyptischen Menschenrechtsorganisationen veröffentlichen regelmäßig englisch- und arabischsprachige Berichte zur Menschenrechtslage in Ägypten, darunter die Egyptian Organization for Human Rights EOHR, das Nadim Zentrum für Gewaltopfer, die Egyptian Initiative for Personal Rights EIPR und das Budgetary and Human Rights Observatory (GIZ 12.2018).

Das Ausmaß der ägyptischen Menschenrechtskrise weitete sich aus, da die Behörden Gegner, Kritiker, Satiriker, aktuelle und ehemalige Menschenrechts- und Arbeitsrechtsaktivisten, Journalisten, Präsidentschaftskandidaten und Überlebende sexueller Belästigung verhafteten. Die Behörden nutzten die verlängerte Untersuchungshaft, um Gegner zu inhaftieren, und schränkten und schikanierten zivilgesellschaftliche Organisationen und deren Mitarbeiter ein. Die Behörden wandten Einzelhaft, Folter und weitere Arten von Misshandlungen an und ließen Hunderte von Menschen ungestraft verschwinden. Untersuchungen von Fällen außergerichtlicher Hinrichtungen wurden unterlassen. Zivil- und Militärgerichte erließen nach unfairen Prozessen Massenurteile und verurteilten Hunderte von Menschen zum Tode. Menschen wurden aufgrund ihrer tatsächlichen oder wahrgenommenen sexuellen Orientierung verhaftet. Die Behörden hinderten Christen daran, ihren Glauben frei auszuüben, und verabsäumten es, die Verantwortlichen für sektiererische Gewalt zur Verantwortung zu ziehen. Die Streitkräfte setzten bei einer laufenden Militäroperation im Sinai verbotene Streubomben ein (AI 26.2.2019).

Die bedeutendsten Menschenrechtsprobleme waren der übermäßige Einsatz von Gewalt durch Sicherheitskräfte, Defizite in ordentlichen Gerichtsverfahren und die Unterdrückung der bürgerlichen Freiheiten. Übermäßiger Einsatz von Gewalt umfasste rechtswidrige Tötungen und Folter. Zu den prozessbedingten Problemen gehörten die übermäßige Verwendung von präventiver Haft und Untersuchungshaft. Das Problemfeld bei den bürgerlichen Freiheiten beinhaltet gesellschaftliche und staatliche Beschränkungen der Meinungs- und Medienfreiheit, sowie der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Andere Menschenrechtsprobleme beinhalteten das Verschwindenlassen, harte Gefängnisbedingungen, willkürliche Verhaftungen, eine Justiz, die in einigen Fällen zu Ergebnissen kam, die nicht durch öffentlich zugängliche Beweise gestützt wurden oder die politische Motivationen zu reflektieren schienen, Straflosigkeit für Sicherheitskräfte, Begrenzung der Religionsfreiheit, Korruption, Gewalt, Belästigung und gesellschaftliche Diskriminierung von Frauen und Mädchen, einschließlich weiblicher Genitalverstümmelung, Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, Menschenhandel, gesellschaftliche Diskriminierung religiöser Minderheiten, Diskriminierung und Verhaftungen auf der Grundlage sexueller Orientierung (USDOS 13.3.2019).

Weiters gibt es glaubhafte Berichte über Folter und Misshandlungen auch mit Todesfolge in Haftanstalten der Staatssicherheit und Polizeistationen. Die Todesstrafe kommt unter Staatspräsident Al-Sisi wieder verstärkt zur Anwendung und wird seit Dezember 2017 auch vermehrt vollstreckt. Im Namen der Terrorismusbekämpfung und Sicherung der Stabilität geht die staatliche Repression mit erheblichen Verletzungen grundlegender Menschenrechte einher. (AA 24.6.2019a).

Quellen:

- AA - Auswärtig (24.6.2019a): Ägypten - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/-/212652. Zugriff 11.7.2019

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand Januar 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/1458483/4598_1551702084_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aegypten-stand-januar-2019-22-02-2019.pdf. Zugriff 11.7.2019

- AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Egypt, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003690/MDE1299162019ENGLISH.pdf. Zugriff 11.7.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2018): Ägypten - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/aegypten/geschichte-staat/, Zugriff 11.7.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004258.html. Zugriff 11.7.2019

Haftbedingungen

Die Bedingungen in den Gefängnissen und Haftanstalten bleiben hart und potenziell lebensbedrohlich (USDOS 13.3.2019) und entsprechen nicht internationalen Standards. Haftanstalten sind gegenwärtig überfüllt. Folter und Misshandlungen sowie Todesfälle in Haft sind verbreitet. Zwangsarbeit kann in Verbindung mit Haftstrafen als Teil der Strafe verhängt werden. ausdrücklich auch in Form von schwerer körperlicher Arbeit ("hard labour") (AA 22.2.2019).

Es gab Fälle von zu Tode gefolterten Personen und andere Vorwürfe von Morden in Gefängnissen und Haftanstalten. Die Regierung hat in einigen Fällen Täter angeklagt. verfolgt und verurteilt (USDOS 13.3.2019).

Folter und andere Misshandlungen blieben in den offiziellen Hafteinrichtungen an der Tagesordnung und werden systematisch in den Haftzentren des nationalen Geheimdienstes praktiziert. Gefangene. die aus politischen Gründen inhaftiert wurden. werden mit unbegrenzter oder lang andauernder Einzelhaft bestraft. Im Februar 2017 änderte das Innenministerium die Gefängnisbestimmungen dahingehend. dass die Dauer der Einzelhaft auf bis zu sechs Monate verlängert werden kann. Andere Formen von Misshandlungen und mangelnde medizinische Versorgung bleiben in Gefängnissen weiterhin an der Tagesordnung (AI 23.5.2019; AI 26.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). In einigen Fällen hielten Gefängnisbehörden Gefangene in kleinen Zellen fest. denen es an angemessener Beleuchtung. Belüftung oder Betten fehlte. oder Überbelegung aufwiesen (AI 26.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Mangel herrscht auch an ausreichender Nahrung. In einem Fall hielten die Behörden ein zwölfjähriges Kind mehr als sechs Monate lang in Einzelhaft (AI 26.2.2019). Zahlreiche Inhaftierte starben. weil die Gefängnisbehörden sich weigerten. sie zur medizinischen Behandlung in ein Krankenhaus zu verlegen (AI 23.5.2019; vgl. AI 26.2.2019). Im September 2017 starb der ehemalige Anführer der Muslimbruderschaft Mohamed Mahdi Akef im Gefängnis an Bauchspeicheldrüsenkrebs (AI 23.5.2018).

Mursi litt seit langem an Diabetes und Hepatopathie und wurde nach Angaben seines Sohnes nicht adäquat behandelt. Dies wurde auch von britischen Parlamentsabgeordneten bestätigt. die ihn im Jahre 2018 besuchten. Mursi befand sich seit Jahren in Einzelhaft und war bereits 2018 auf einem Auge erblindet. Die wenigen Berichte über seine Haftbedingungen sprechen von nicht ausreichender und teilweise verdorbener Nahrung sowie dem Fehlen eines Bettes. Tod in Haft, vermutlich aufgrund unmenschlicher Haftbedingungen, ist kein seltenes Ereignis (BAMF 24.6.2019)

Das Strafgesetzbuch sieht einen angemessenen Zugang zu den Gefangenen vor. Nach Angaben von NGO-Beobachtern und Verwandten verhinderte die Regierung manchmal den Zugang von Besuchern zu Gefangenen (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand Januar 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/1458483/4598_1551702084_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aegypten-stand-januar-2019-22-02-2019.pdf. Zugriff 16.7.2019

- AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Ägypten. https://www.amnesty.org/download/Documents/POL1067002018GERMAN.PDF. Zugriff 16.7.2019

- AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Egypt. https://www.ecoi.net/en/file/local/2003690/MDE1299162019ENGLISH.pdf. Zugriff 9.7.2019

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (24.6.2019): Briefing Notes 24. Juni 2019. Zugriff 9.7.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Egypt. https://www.ecoi.net/de/dokument/2004258.html. Zugriff 9.7.2019

Todesstrafe

Das ägyptische Strafrecht sieht die Möglichkeit, die Todesstrafe zu verhängen. Die Verhängung, Aufrechterhaltung und Durchführung der Todesstrafe haben in Ägypten seit 2017 deutlich zugenommen. Im Juni 2014 wurde nach einem seit 2011 bestehenden de-facto Moratorium die Vollstreckung der Todesstrafe wieder aufgenommen. Öffentlichkeitswirksam wurden zahlreiche Führungskader der Muslimbrüder erstinstanzlich zum Tode verurteilt. Die Verfahren entsprachen nicht rechtsstaatlichen Prinzipien, sondern sind das Instrument einer politisierten Justiz, sich an der staatlichen Repression gegen die Muslimbrüder zu beteiligen und diese unter zusätzlichen Druck zu setzen. Auch bei schweren Verbrechen ohne politischen Hintergrund wird die Todesstrafe verhängt (AA 22.2.2019). Ägypten lag 2017 mit der höchsten Zahl an Hinrichtungen an sechster Stelle und lag an dritter Stelle mit der Zahl an Todesurteilen weltweit. Allein im September 2018 verhängte ein Strafgericht in Kairo in einem Massenprozess 75 Todesurteil (HRW 17.1.2019). Seit Dezember 2017 ist die Zahl der Hinrichtungen drastisch gestiegen. Die Zivilgesellschaft geht 2018 von mindestens 612 erstinstanzlichen Todesurteilen und 38 Hinrichtungen aus. In der ägyptischen Gesellschaft besteht breite Zustimmung zur Verhängung der Todesstrafe (AA 22.2.2019). Zwischen Dezember 2017 und März 2018 hat das Cairo Institute for Human Rights Studies (CIHRS) die Hinrichtung von 39 Personen dokumentiert. die meisten davon Zivilisten. die von Militärgerichten verurteilt wurden (HRW 17.1.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand Januar 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/1458483/4598 1551702084 auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aegypten-stand-januar-2019-22-02-2019.pdf. Zugriff 9.7.2019

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2002200.html. Zugriff 9.7.2019

Religionsfreiheit

Die Religionsfreiheit ist eingeschränkt (AA 22.2.2019). Die Verfassung von 2014 erhebt den Islam zur Staatsreligion und bestimmt die Scharia zur Hauptquelle der Verfassung. Die Grenze zwischen Staat und sunnitischer Mehrheitsreligion ist nicht klar geregelt. Die Verfassung garantiert lediglich Glaubensfreiheit uneingeschränkt. Die Freiheit des Kultes und das damit verbundene Recht zum Bau von Gotteshäusern bleiben den Offenbarungsreligionen (Muslime. Christen. Juden) vorbehalten (AA 24.6.2019a; vgl. AA 22.2.2019).

Während Artikel 2 der Verfassung 2014 den Islam zur offiziellen Staatsreligion erklärt, heißt es in Artikel 64: "Glaubensfreiheit ist absolut". Die meisten Ägypter sind sunnitische Muslime. Koptische Christen bilden eine erhebliche Minderheit, und es gibt eine geringere Anzahl von schiitischen Muslimen, nicht-koptischen christlichen Konfessionen und anderen Gruppen. Religiöse Minderheiten und Atheisten sind mit Verfolgung und Gewalt konfrontiert, wobei insbesondere Kopten in den letzten Jahren zahlreiche Fälle von Zwangsvertreibung, physischen Angriffen, Bomben- und Brandanschlägen sowie Blockade des Kirchenbaus erlitten haben (FH 4.2.2019).

90 % aller Ägypter sind Muslime, fast alle von ihnen Sunniten. Sie folgen der hanafitischen Rechtstradition, die als die liberalste der vier heute verbreiteten islamischen Rechtsschulen gilt. Ca. 9 % gehören der orthodoxen ägyptischen koptischen Kirche und ca. 1 % gehören anderen christlichen Konfessionen an. Das Religionsverständnis hat sich in den letzten Jahren jedoch je nach sozialer Gruppe in unterschiedlicher Form gewandelt. Mit dem Aufstieg des politischen Islam wurde in manchen Schichten eine engere und stärker auf äußere Formen orientierte Auslegung und dem Praktizieren der islamischen Religion populär (GIZ 2.2018).

Durch die Beschränkung der Glaubensfreiheit auf einzelne Religionen wird eine Unterscheidung zwischen "anerkannten" und "nicht-anerkannten" Religionen getroffen, die zu zahlreichen Formen der Diskriminierung im Alltag führt. Darunter leiden Angehörige kleinerer Glaubensgemeinschaften. So werden die in Ägypten lebenden Schiiten nicht als gleichwertige Religionsgemeinschaft anerkannt. Gleiches gilt für die etwa 2.000 Bahai, die ebenfalls keine staatliche Anerkennung genießen. 2015 wurden einzelne christliche Kirchen angegriffen und Eigentum von Kopten zerstört (AA 22.2.2019). Im August 2016 wurde ein lange erwartetes Gesetz über den Kirchenbau verabschiedet, das dem Bau von Kirchen allerdings nach wie vor administrative Hürden in den Weg legt (AA 24.6.2019a). Besonders in Oberägypten kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, deren Ursache häufig in Streitigkeiten auf lokaler Ebene liegen. Traditionelle Vorstellungen von (Blut-)Rache und (kollektiver) Vergeltung sind in den ländlichen Gebieten Oberägyptens nach wie vor vorherrschend. Traditionelle Streitschlichtungsmechanismen spielen auch aufgrund der Abwesenheit funktionierender staatlicher Institutionen eine große Rolle. Dabei kommt es regelmäßig zu strukturellen Benachteiligungen der Christen. Die Konversion vom Christentum zum Islam ist einfach und wird vom Staat anerkannt, während die umgekehrte Konversion vom Islam zum Christentum zu massiven Problemen für die Betroffenen führt. Zwar ist die Aufgabe des islamischen Glaubens nicht im geschriebenen Recht, wohl aber nach islamischem Recht verboten. Aufgrund innerislamischer Vorschriften gegen Apostasie haben Konvertiten in Ägypten mit gesellschaftlicher Ächtung zu rechnen. Die Behörden weigern sich in solchen Fällen häufig, neue Personaldokumente auszustellen. Der Eintrag der Religionszugehörigkeit in Personaldokumenten bleibt auch für andere religiöse Minderheiten ein Einfallstor für Diskriminierung und Ungleichbehandlung (AA 22.2.2019).

Seit März 2009 ist es beispielsweise den Bahais erlaubt, nationale Ausweise und Pässe zu haben, in denen das Feld "Religion" offen bleibt, was jedoch zu vielfältigen Problemen im Alltag führt. Auch die Organisation innerhalb der sunnitischen Glaubensgemeinschaft mit dem Ministerium für religiöse Stiftungen an der Spitze und weitgehenden Durchgriffsrechten steht einer umfassenden Glaubensfreiheit im Weg. Um in den offiziellen Moscheen predigen zu können, müssen die Imame an der al-Azhar Universität ausgebildet worden sein. Das Ministerium gibt zudem die Themen und Schwerpunkte der Freitagspredigten vor. Das ägyptische Strafrecht sieht den Straftatbestand der Blasphemie und dafür bis zu fünf Jahre Haft vor. Es werden zum Teil lange Gefängnisstrafen wegen des Blasphemievorwurfs verhängt. Zudem wird in interreligiösen Auseinandersetzungen häufig der Vorwurf der Blasphemie gegen Angehörige religiöser Minderheiten vorgebracht, um diese unter Druck zu setzen und Gewalt gegen sie zu legitimieren. Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten sind, vor allem in ländlichen Gebieten, immer wieder Gewaltakten und Einschüchterungen aus den Reihen der muslimischen Mehrheitsgesellschaft ausgesetzt, wobei ein genügender Schutz durch die Sicherheitsbehörden nicht gewährleistet ist (AA 22.2.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtig (24.6.2019a): Ägypten - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/-/212652. Zugriff 9.7.2019

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand Januar 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/1458483/4598 1551702084 auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aegypten-stand-januar-2019-22-02-2019.pdf. Zugriff 9.7.2019

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2006365.html, Zugriff 18.7.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2018): Ägypten - Gesellschaft, https://www.liportal.de/aegypten/gesellschaft/, Zugriff 9.7.2019

Schiitische Minderheit

Die schiitische Minderheit ist marginalisiert und wird immer wieder Opfer von Übergriffen. Salafistische Prediger warnen wiederholt vor schiitischen Missionierungsversuchen und brandmarken diese als unislamisch (AA 22.2.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand Januar 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/1458483/4598_1551702084_auswaertiges-amt-bericht-ueber- die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aegypten-stand-januar-2019-22-02-2019.pdf. Zugriff 9.7.2019

Frauen

Die Verfassung verpflichtet den Staat die Gleichheit von Männern und Frauen zu gewährleisten (AA 22.2.2019; vgl USDOS 13.3.2019), da Frauen in der ägyptischen Gesellschaft in einigen Bereichen schlechter gestellt sind als ihre männlichen Mitbürger (AA 24.6.2019a) und nicht die gleichen gesetzlichen Rechte und Chancen haben wie Männer (USDOS 13.3.2019). Gesetze und traditionelle Praktiken beeinträchtigten Frauen im Familien-, Sozial- und Wirtschaftsleben weiterhin. Frauen sehen sich auch weiterhin einer weit verbreiteten gesellschaftlichen Diskriminierung, Bedrohungen ihrer körperlichen Sicherheit und Vorurteilen am Arbeitsplatz ausgesetzt, die ihren sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt behinderten (USDOS 13.3.2019). Frauen werden auch durch Einzelvorschriften des ägyptischen Rechts diskriminiert. Insbesondere im Familienrecht kommt e

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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