TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/17 I408 2129324-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

17.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I408 2129324-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch RA Edward Daigneault, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 13.12.2019, Zl. 1085595006 - 180619439, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, reiste spätestens am 01.09.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass er wegen religiöser und familiärer Probleme fliehen musste, weil ihn ein Onkel töten wollte. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.06.2016 abgewiesen und erwuchs nach Abweisung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht mit 17.08.2016 in Rechtskraft.

2. Unmittelbar darauf stellte der Beschwerdeführer am 16.09.2016 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, den er mit seiner Homosexualität begründete. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs nach Abweisung der dagegen erhobenen Beschwerde gegen diesen Bescheid durch das Bundesverwaltungsgericht mit 28.06.2017 in Rechtskraft.

3. Im Anschluss daran wurde über einen Freund des Beschwerdeführers die Einleitung eines Sachwalterschaftsverfahrens angeregt und mit den Beschlüssen des Bezirksgerichtes XXXX vom 13.11.2017 bzw. 28.08.2018, XXXX, für ihn im Spruch als Rechtsvertreter ausgewiesene Rechtsanwalt als Sachwalter bzw. Erwachsenenvertreter bestellt.

4. Am 20.06.2018 stellte der Beschwerdeführer im Beisein seines Erwachsenenvertreters den nunmehr dritten Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er im Rahmen der Erstbefragung am 23.11.2019 angab, schwer krank zu sein und im Falle einer etwaigen Rückkehr nach Nigeria keine Behandlung mehr zu bekommen und in weiterer Folge zu sterben.

5. Zur Feststellung des Gesundheitszustands des Beschwerdeführers beauftragte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Sachverständige DDr. XXXX mit der Erstellung eines psychiatrisch/neurologischen Gutachtens, welches nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 08.05.2019 erstellt und am 11.11.2019 zum Akt genommen wurde. Dabei wurden ein ärztlicher Kurzbrief von Dr.XXXX; FA f. Neurologie und Psychiatrie vom 07.08.2018, ein Kurzbrief des Psychosozialen Dienstes vom 19.08.2019 sowie das vom Bezirksgericht XXXX beauftragte Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 08.02.2018 mitberücksichtigt.

6. Dieses Gutachten wurde dem Erwachsenenvertreter des Beschwerdeführers übermittelt, wozu er am 29.11.2019 schriftlich Stellung nahm.

7. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 13.12.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage (Spruchpunkt VI.).

8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht am 11.01.2020 erhobene Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, Vater von zwei Kindern, welche bei der Mutter in Nigeria leben, Staatsangehöriger von Nigeria, bekennt sich zum katholischen Glauben, stammt aus dem Bundesstaat Imo-State, gehört der Volksgruppe der Ibo an und ist in Österreich gerichtlich unbescholten. Seine Identität steht mangels Vorlage eines unbedenklichen Identitätsdokumentes nicht fest.

Der Beschwerdeführer hält sich seit September 2015 durchgehend in Österreich auf. Er stellte zwei Anträge auf internationalen Schutz, die beide 2016 bzw. 2017 rechtskräftig abgewiesen bzw. zurückgewiesen wurden und er leistete auch den jeweils dazu ergangenen Rückkehrentscheidungen keine Folge, sondern verblieb im Bundesgebiet.

In diesen zwei Jahren war der Beschwerdeführer vor Behörden und Gerichten ohne irgendwelche Beeinträchtigungen in der Lage, seine Angelegenheiten zu regeln und zu vertreten.

Erst nach rechtskräftigen Abschluss des zweiten Asylverfahrens mit 28.06.2017 traten beim Beschwerdeführer Verhaltensauffälligkeiten auf und von einem Bekannten wurde am 08.08.2017 die Einleitung eines Sachwalterschaftsverfahrens beantragt. Seither verfügt der Beschwerdeführer über eine Sachwalterschaft bzw. eine Erwachsenenvertretung.

Der Beschwerdeführer ist körperlich gesund. Eine katatone Schizophrenie konnte zum Untersuchungszeitpunkt am 08.05.2019 nicht festgestellt werden. Beim Beschwerdeführer liegt entweder eine psychische Erkrankung, ein sogenanntes "Ganser-Syndrom" oder eine Simulation von Symptomen, welche auf eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis hindeuten sollen, vor.

Der Beschwerdeführer bezog seit Beginn seines Aufenthaltes in Österreich Leistungen aus der Grundversorgung und steht in keinem Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis. Er ist eigenverantwortlich in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht und wird über den Psychosozialen Dienst seines Unterbringungsortes ambulant betreut und unterstützt. Er weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Wie den beiden Verfahrensakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den abgewiesenen Beschwerden zu entnehmen ist, verfügt der Beschwerdeführer In Nigeria über Familienangehörige und war vor seiner Ausreise in der Lage, seinen Lebensunterhalt als Englischlehrer zu bestreiten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Nigeria aufgrund einer Verfolgung oder einer Furcht vor solcher verlassen hat. Ebensowenig hat sich im Falle einer Rückkehr eine Gefährdung seiner Person aufgrund einer psychischen Erkrankung ergeben.

1.3. Zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 13.12.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.

In Nigeria herrscht weder eine Bürgerkriegssituation und auch die allgemeine Sicherheitslage oder die allgemeinen Lebensbedingungen lassen nicht den Schluss zu, dass dort unübersichtliche oder lebensbedrohliche Verhältnisse herrschen.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen. Der Großteil der Bevölkerung ist in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar und ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Auch wenn im Vergleich zu Österreich eine stark verminderte Anzahl an Psychiatern und Psychologen in Nigeria tätig ist, sind psychiatrische Behandlungen verfügbar. Ebenso sind die entsprechenden Medikamente zur Behandlung psychiatrischer Störungen erhältlich. Im Falle des Vorliegens des genannten "Ganser-Syndroms" wäre eine medizinische ambulante Betreuung in Nigeria jedenfalls möglich und auch die erforderlichen Medikamente sind dort erhältlich.

Im Länderinformationsblatt wird ausgeführt und in der Beschwerde darauf hingewiesen, dass psychische bzw. psychiatrische Erkrankungen in der großen Mehrheit der Bevölkerung immer noch als spiritueller Natur entspringend angesehen werden. Dementsprechend werden die entsprechenden Patienten besonders im ländlichen Bereich spirituellen Heilern zugeführt. Betreut werden sie in der Regel in der Familie, wenn vorhanden. Viele psychisch Kranke leben auf der Straße, in abgelegenen Regionen werden als gefährlich angesehene Personen in den Dörfern auch gelegentlich noch angekettet. Für die stationäre Unterbringung gibt es in ganz Nigeria acht staatliche psychiatrische Kliniken, die einen Langzeitbereich haben, außerdem sind zahlreiche psychisch Langzeitkranke in gesonderten Bereichen in Gefängnissen untergebracht. Im Wesentlichen findet dort eine reine Verwahrung unter ausgesprochen ärmlichen Bedingungen statt (WPA o.D.). Es existiert also kein mit westlichen Standards vergleichbares Psychiatriewesen, sondern allenfalls Verwahreinrichtungen auf sehr niedrigem Niveau. Dort werden Menschen mit psychischen Erkrankungen oft gegen ihren Willen untergebracht, können aber nicht adäquat behandelt werden (AA 10.12.2018).

Die in der Beschwerde angeführte Befürchtung einer Lynchjustiz oder gezielten Verfolgung von psychisch Kranken findet darin keine Deckung, sehr wohl aber Mängel im Umgang mit psychisch Kranken.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde den Sachverhalt umfassend erhoben hat, insbesondere zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ein aussagekräftiges Sachverständigengutachten eingeholt hat und dies mit dem Erwachsenenvertreter im Wege des Parteiengehörs erörtert hat. Der von der Sachverständigen zugrunde gelegte Sachverhalt und die dazu getroffenen Schlussfolgerungen blieben unbestritten. Den in der Beschwerde erhobenen Einwänden zu den Feststellungen in Bezug auf die Situation von psychischen oder psychiatrischen Erkrankungen kann aufgrund der Unterlagen des Behördenaktes entgegengetreten werden, ohne dass es hierzu eine mündliche Verhandlung bedarf.

Die Feststellungen zur Person und seinen Lebensumständen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt und blieben auch in der Beschwerde unbestritten. Aus dem Kurzbrief des Psychosozialen Dienstes vom 19.08.2019 und den Angaben seiner Begleitperson bei der gutachterlichen Untersuchung am 08.05.2019 ist zu entnehmen, dass er ambulant betreut und unterstützt wird und eigenverantwortliche in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht. Anhaltspunkte für eine Integration in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht haben sich weder in den beiden vergangenen Asylverfahren als auch im nunmehrigen ergeben.

Die Feststellungen zu seinem Umfeld in Nigeria beruhen ebenfalls auf den Angaben des Beschwerdeführers in den beiden früheren Verfahren und es ist auch aus der Beschwerde nichts Anderes zu entnehmen.

In Bezug auf das beim Beschwerdeführer vorliegende Krankheitsbild, stützt sich das Gericht auf das schlüssige und nachvollziehbare psychiatrisch/neurologische Gutachten der Sachverständigen DDr. XXXX vom 08.11.2019 aus welchem als Ursache für die vorliegende Symptomatik eine bewusste oder unbewusste szenische Inszenierung psychischer Leidensdarstellung hervorgeht, die nicht dem Krankheitsbild einer katatonen Schizophrenie entspricht und entweder einem Ganser Syndrom, also einer unbewussten Leidensdarstellung oder einer bewussten Darstellung von psychischen Symptomen zuzuordnen ist. Dieses Ergebnis ist unbestritten und wurde weder in der schriftlichen Stellungnahme vom 29.11.2019 noch in der Beschwerde vom 11.01.2020 in Frage gestellt.

Auch auf Grund der Tatsache, dass es sich bei dem gegenständlichen Verfahren bereits um den dritten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers handelt und jeweils neue Fluchtgründe beziehungsweise Rückführungshindernisse vorgebracht werden, steht für das Gericht in Zusammenschau der Beweisergebnisse fest, dass es sich in Hinblick auf die psychische Gesundheit des Beschwerdeführers lediglich um ein Vortäuschen - mag dies auch Symptom einer eigenen psychischen Erkrankung sein - einer Schizophrenie-Symptomatik durch den Beschwerdeführer handelt, um ein Bleiberecht in Österreich zu erwirken.

Die Feststellungen, dass dem Beschwerdeführer keine Verfolgungsgefahr droht, resultiert aus den beiden, bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren. Im gegenständlichen Verfahren war nur der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sowie die Behandlungsmöglichkeit im Herkunftsstaat das Thema.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 12.04.2019 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen, die im verfahrensgegenständlichen Bescheid dargelegt sind und in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt wurden.

Die derzeit vom Beschwerdeführer in Österreich zur Verfügung gestellten Medikamente (Zyprexa, Olanzapin, Temesta) sind lt. Datenbank von MedCOI in Nigeria erhältlich.

Aus den Ausführungen des Länderinformationsberichtes, dass psychische bzw. psychiatrische Erkrankungen in der großen Mehrheit der Bevölkerung immer noch als spiritueller Natur entspringend angesehen und dementsprechend die entsprechenden Patienten besonders im ländlichen Bereich spirituellen Heilern zugeführt werden (AA 10.12.2018), zeigt eine mangelhafte Betreuung von psychisch Kranken sowie eine, in einzelnen Bevölkerungsgruppen noch vorhandene Stigmatisierung auf, ist aber kein Indiz für eine gezielte Verfolgung oder gar einer Lynchjustiz.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der GFK droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Mangels Vorliegens eines diesbezüglichen Verfolgungsgrundes, war die Beschwerde zu Spruchpunkt I. abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser Antrag in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

Es kann nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikel 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Artikel 3 EMRK vergleiche VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). So hat der Beschwerdeführer den Großteil seines Lebens in Nigeria verbracht, ist mit den politischen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten des Landes vertraut und verfügt über Berufserfahrung. Er sollte im Falle seiner Rückkehr durch die Aufnahme einer Tätigkeit, selbst wenn es sich dabei um eine Hilfstätigkeit handelt, seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Außerdem verfügt er über familiäre Anknüpfungspunkte in Nigeria, welche ihn bei einer Reintegration unterstützen könnten.

Außerdem besteht ganz allgemein in Nigeria derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage in Nigeria (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen für das gesamte Bundesgebiet von Nigeria nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann. Es kann auf Basis der Länderfeststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass generell jeder im Falle einer Rückkehr nach Nigeria mit existentiellen Nöten konfrontiert ist. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer vorliegenden Verhaltensauffälligkeiten ist zunächst auf die allgemeine höchstgerichtliche Rechtsprechung hinzuweisen: Im Erkenntnis vom 21.02.2017, Ra 2017/18/0008, führte der Verwaltungsgerichtshof aus: "Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder suizidgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland (einer Abschiebung oder Überstellung) nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind (Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff)."

Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. VwGH 23.03.2017, Ra 2017/20/0038, mwN).

Die beim Beschwerdeführer seit 2017 bestehenden Verhaltensauffälligkeiten werden medikamentös durch Einnahme von Medikamenten behandelt und er vom Psychosozialen Dienst in seinem derzeitigen Wohnort betreut und unterstützt. Der Beschwerdeführer befindet sich zum Entscheidungszeitpunkt nicht in stationärer Behandlung in einer Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie und es bestehen derzeit keine Hinweise auf eine aktuelle Suizidalität. Bis dato ist auch nicht hervorgekommen, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers verschlechtert hätte oder, dass der Beschwerdeführer auf Dauer nicht reisefähig wäre. Die ihm in Österreich für seinen Leidenszustand verschriebenen Medikamente sind in Nigeria erhältlich und eine Behandlungsmöglichkeit gegeben. Im konkreten Fall erreichen die beim Beschwerdeführer vorliegenden psychischen Erkrankungen daher nach Prüfung der maßgeblichen Kriterien nicht die von der höchstgerichtlichen Judikatur beschriebene Schwere, um im Bereich des Art. 3 EMRK relvant zu sein.

Aufgrund der zuvor genannten Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der erstinstanzliche Ausspruch in Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

Die Beschwerde war somit hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.3. Zur Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Im Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides sprach das BFA (u.a.) aus, dass dem Beschwerdeführer ein "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemeint war wohl eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Asylgesetz 2005 nicht erteilt werde.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung wurde weder vom Beschwerdeführer behauptet, noch gibt es dafür im Verwaltungsakt irgendwelche Hinweise.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl betreffend den Status des Asyl-, als auch jenen des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, ist nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Z 2 FPG vorgesehen, dass das BFA eine Rückkehrentscheidung erlässt.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Dabei ergibt im Fall des Beschwerdeführers eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer hat kein Familienleben im Bundesgebiet. Weder in den zwei gegen den Beschwerdeführer bereits ergangenen Rückkehrentscheidungen noch in diesem Verfahren haben sich maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht ergeben, er geht keiner Beschäftigung nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Unter Berücksichtigung der kurzen Aufenthaltsdauer von 4,5 Jahren, des Umstandes, dass bereits 2016 und 2017 zwei Asylanträge rechtskräftig abgewiesen und gegen ihn jeweils eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen wurde, und der anderen Feststellungen zur Person kann nicht von einem solchen Gewicht des Privatlebens ausgegangen werden, das einen Eingriff unverhältnismäßig macht.

Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des VwGH vom 23.02.2017, Ra 2017/21/0009, wonach bei einem Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von 4 1/2 Jahren auf Basis eines unberechtigten Antrags auf internationalen Schutz auch dann nicht von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib aus-gegangen werden muss, wenn "außerordentliche Integrationsbemühungen" vorliegen, wie Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 sowie kirchliches, soziales und berufliches Engagement.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Es würde einer Benachteiligung jener Fremden gleichkommen, die die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, wenn sich der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen könnte, obwohl er seinen Aufenthalt lediglich durch seine faktische Einreise und einen unbegründeten Asylantrag erzwungen hat. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

Mit angefochtenem Bescheid wurde zudem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig ist. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse vom 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062).

3.6. Zur Festlegung der Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom BFA vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige Umstände wurden vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren nicht hervorgekommen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Abschiebung Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel begründete Furcht vor Verfolgung berücksichtigungswürdige Gründe Fluchtgründe freiwillige Ausreise Frist Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Interessenabwägung real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung subsidiärer Schutz Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2129324.3.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten