TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/18 W144 2228583-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.2020
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Entscheidungsdatum

18.02.2020

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch

W144 2228583-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb., StA. von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Afghanistan hat etwa im April 2019 sein Heimatland verlassen und sich über Pakistan, den Iran, die Türkei, Bulgarien, Serbien, Kroatien und Ungarn letztlich nach Österreich begeben, wo er am 14.01.2020 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet gestellt hat.

Zur Person des BF liegt folgende EURODAC-Treffermeldung vor:

* Bulgarien vom 16.09.2019 wegen Asylantragstellung

Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:

Im Verlauf seiner Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 15.01.2020 gab der BF neben seinen Angaben zum Reiseweg im Wesentlichen an, dass sein Zielland Frankreich gewesen sei, "da man dort sicher leben" könne. In den von ihm durchreisten Ländern sei er nur auf der Durchreise gewesen und könne daher keine Angaben zu diesen Ländern machen. In Bulgarien sei er in einem Flüchtlingsquartier aufgenommen worden, er habe dort auch einen Asylantrag gestellt. Er wisse nicht, in welchem Stadium sich sein Asylverfahren in Bulgarien befinde; die diesbezüglichen Unterlagen habe der Schlepper. Gegen eine Rückkehr nach Bulgarien spreche, dass man "dort nicht anerkannt" werde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete in der Folge am 16.01.2020 unter Bezugnahme auf die Eurodac-Treffermeldung ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien. Bulgarien akzeptierte dieses Wiederaufnahmeersuchen durch ausdrückliche Mitteilung vom 21.01.2020. Unter einem teilte Bulgarien die Alias-Identität des BF ( XXXX geb.), unter der er in Bulgarien aufgetreten ist, mit.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 30.01.2020 gab der BF im Wesentlichen zu Protokoll, dass er vor ca. 20 Monaten Tuberkulose gehabt habe und zur Behandlung in Pakistan gewesen sei, er habe acht Monate lang Medikamente genommen. Er wisse (aktuell) nicht, ob er noch Tuberkulose habe oder nicht. Ansonsten sei er gesund und benötige auch keine Medikamente. Anlässlich seiner Erstbefragung habe er die Wahrheit gesagt und keine Ergänzungen oder Korrekturen vorzunehmen. In Bulgarien sei er dazu gezwungen worden einen Asylantrag zu stellen - als er aufgegriffen worden sei, sei er in ein geschlossenes Camp gebracht worden und habe aus diesem Quartier nur herauskommen können, indem er einen Antrag auf Schutz gestellt habe. Hätte er sich geweigert, wäre er abgeschoben worden. In der Folge habe er ein Aufenthaltsrecht für drei Monate bekommen und sei zu einem offenen Camp gebracht worden. Man habe ihm dort gesagt, dass er drei Monate Zeit habe, das Land zu verlassen, ansonsten würde er wieder in ein geschlossenes Camp gebracht und abgeschoben werden. Er habe sich einen Monat lang in Bulgarien aufgehalten. Dort habe es große Schwierigkeiten gegeben, er wolle nicht nach Bulgarien zurückkehren. Im Falle seiner Rückkehr würde man ihn für 18 Monate einsperren. In Bulgarien würde einen die Polizei schlagen, es sei schrecklich dort, die Asylwerber hätten nicht rausgehen dürfen. Befragt nach konkreten Vorfällen gab der BF an, dass ihn die Polizei geschlagen habe, als er aufgegriffen worden sei. Man sei auch geschlagen worden, wenn man essen gehen wollte und zu schnell war, oder die Treppe heruntergelaufen sei. Er sei dort gezwungen worden, einen Antrag zu stellen und seine Fingerabdrücke abzugeben. Auch andere Flüchtlinge seien dort geschlagen worden.

Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 30.01.2020 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Bulgarien zulässig sei.

"Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung zur Lage im Mitgliedstaat wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

Zur Lage im Mitgliedsstaat:

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR). Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 2.2019; vgl. CoE-SG 19.4.2018, SAR o.D.a, SAR o.D.b, USDOS 13.3.2019).

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(AIDA 2.2019; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)

Die Zahl der Antragsteller ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. 2018 lag die Quote der Antragssteller, der ihr Verfahren nicht zu Ende führten, bei 79%. Davon wurde in 42,4% der Fälle das Asylverfahren eingestellt (discontinued) und bei 36,6% in Abwesenheit entschieden (AIDA 2.2019). 2019 gab es in Bulgarien bis 4.8.2019 885 Asylanträge (VB 7.8.2019).

Menschenrechtsorganisationen berichteten weiterhin von polizeilichen und gesellschaftlichen Gewalt gegen Migranten und Asylwerber, einschließlich von Übergriffen, Schlägen und Demütigungen an den Landesgrenzen, in Haftanstalten sowie in den Camps (USDOS 13.3.2019). Weiters wendet Bulgarien Berichten zufolge sogenannte Pushbacks an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten. Es gibt auch Berichte über Gewalt, Diebstähle und Einschüchterung durch die bulgarische Polizei und Grenzwache gegenüber Migranten an der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei (AIDA 2.2019; vgl. FRA 7.2019; DS 20.7.2018, CoE-PACE 8.6.2019, Reliefweb 24.12.2018, UNHCR 1.2019). Türkische Behörden und Organisationen sprechen von mehr als 10.000 Personen monatlich, die gemeinsam von Bulgarien und Griechenland in die Türkei zurückgedrängt werden (AIDA 2.2019).

Bei Ermittlungen wegen mutmaßlicher Gewalt durch die Grenzpolizei im Zusammenhang mit sogenannten Pushbacks, die vor 2018 berichtet wurden, konnten jedoch keine Rechtsverletzungen durch die Polizeikräfte festgestellt werden (CoE-SG 19.4.2018). Im August 2018 wurden zwei Personen wegen versuchten Mordes an einem kamerunischen Asylwerber zu jeweils 10 Jahren Gefängnis verurteilt (USDOS 13.3.2019).

Einzelne Übergriffe von staatlichen Organen auf Migranten und Asylwerber in Bulgarien sind nicht völlig auszuschließen. Ein systematisches Vorgehen von Misshandlungen und/oder herabwürdigender Behandlung durch die bulgarischen Sicherheitskräfte besteht laut Einschätzung des BM.I-Verbindungsbeamten jedoch nicht. Das Disziplinarsystem innerhalb des Innenministeriums wird strikt ausgelegt, und die Täter hätten mit sofortiger Entlassung zu rechnen (VB 31.1.2017).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (2.2019): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2018update.pdf, Zugriff 14.8.2019

- CoE-PACE - Council of Europe - Parliamentary Assembly (8.6.2019): Pushback policies and practice in Council of Europe member States [Doc. 14909],

https://www.ecoi.net/en/file/local/2011497/pdf.aspx, Zugriff 14.8.2019

- CoE-SG - Council of Europe - Secretary General (19.4.2018): Report of the fact-finding mission by Ambassador Tomás Bocek, Special representative of the Secretary General on migration and refugees, to Bulgaria, 13-17 November 2017 [SG/Inf(2018)18], https://www.ecoi.net/en/file/local/1430521/1226_1524567214_sg-inf-2018-18e.pdf, Zugriff 14.8.2019

- DS - Daily Sabah (20.7.2018): Migrants claim abuse by Bulgarian police, https://www.dailysabah.com/turkey/2018/07/21/migrants-claim-abuse-by-bulgarian-police, Zugriff 14.8.2019

- FRA - European Agency for Fundamental Rights (7.2019): Migration key fundamental rights conerns, https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra_migration_bulletin_3_2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- Reliefweb (24.12.2018): Hundreds of children report police violence at EU borders, https://reliefweb.int/report/serbia/hundreds-children-report-police-violence-eu-borders, Zugriff 14.8.2019

- SAR - State Agency for Refugees (o.D.a): Verfahrensschritte zur Gewährung internationalen Schutzes - Rechte und Pflichten (), https://aref.government.bg/index.php/en/node/42, Zugriff 14.8.2019

- SAR - State Agency for Refugees (o.D.b): Dublin-Verfahren (), https://aref.government.bg/index.php/bg/node/43, Zugriff 14.8.2019

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (1.2019): Desperate Journeys - Refugees and migrants arriving in Europe and at Europe's borders; January - December 2018, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/67712#_ga=2.120438408.1058008370.1555316736-1676915092.1520936228, Zugriff 14.8.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Bulgaria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004279.html, Zugriff 14.8.2019

- VB des BM.I Bulgarien (7.8.2019): Bericht des VB, per E-Mail

- VB des BM.I Bulgarien (31.1.2017): Bericht des VB, per E-Mail

2. Dublin-Rückkehrer

Im Zuge eines bilateralen Arbeitstreffens des BFA mit Bulgarien Ende November 2017 hat sich Bulgarien sehr kooperativ gezeigt und erklärt, dass aufgrund der derzeitigen Kapazitäten Charterüberstellungen nach Sofia weiterhin möglich wären. Der etablierte Prozess (individuelle Anfrage für ein bestimmtes Datum und Bestätigung durch BG) funktioniere gut (BFA 11.12.2017).

Im Jahr 2018 erhielt Bulgarien 3.448 Dublin-Requests, von denen 86 tatsächlich zu Transfers führten. Das waren 80% weniger Überstellungen als 2017 (AIDA 2.2019).

Dublin-Rückkehrer haben grundsätzlich Zugang zum Asylverfahren in Bulgarien. Nach Rücküberstellungen auf der Grundlage der Dublin-Verordnung wird das Asylverfahren regelmäßig eingeleitet bzw. wieder aufgenommen, dabei wird je nach Verfahrensstand unterschieden:

? Eine Person, die noch keinen Asylantrag in Bulgarien gestellt hat, hat die Möglichkeit einen Erstantrag zu stellen.

? Bei Dublin-Rückkehrern, die in Bulgarien bereits einen Asylantrag gestellt haben, der ohne inhaltliche Prüfung abgeschlossen wurde, wird das Verfahren automatisch wieder eröffnet. Ein Verfahren wird nach bulgarischem Asyl- und Flüchtlingsgesetz (AuFG) ausgesetzt, wenn die asylsuchende Person innerhalb von 10 Werktagen nicht zu einem Termin mit den Behörden erscheint oder ihre Adresse ändert, ohne die Behörde davon in Kenntnis zu setzen. Nach weiteren drei Monaten wird das Asylverfahren beendet, wenn die asylsuchende Person sich nicht bei den Behörden meldet und ihre Abwesenheit oder mangelnde Kooperation begründet.

? Wurde das Asylgesuch auf der Grundlage einer inhaltlichen Prüfung abgewiesen, besteht die Möglichkeit, erneut einen Asylantrag zu stellen. Dieser Antrag wird als Folgeantrag betrachtet und ist nur zulässig, wenn er neue Elemente enthält. Wird der Folgeantrag für zulässig erklärt, was in der Praxis selten der Fall ist, wird der Antrag im regulären Verfahren geprüft. Eine Prüfung im regulären Verfahren erfolgt auch dann, wenn die Entscheidung über die Zulässigkeit nicht innerhalb von 14 Tagen ergeht

(UNHCR 17.12.2018; vgl. AIDA 2.2019; EASO 24.10.2017).

Die Aufnahmebedingungen von Personen, die unter der Dublin-Verordnung zurückkehren, sind abhängig vom Verfahrensstand. Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAR die Grenzpolizei über die voraussichtliche Ankunft und gibt an, ob der Rückkehrer in ein Asylaufnahmezentrum oder in ein Schubhaftzentrum zu überstellen ist:

? Wer sich in einem laufenden Asylverfahren befindet, wird in ein Unterbringungszentrum der SAR gebracht.

? Eine Person, die noch kein Asylgesuch in Bulgarien gestellt hat, kann bei der Ankunft in eines der von der Direktion für Einwanderung verwalteten Zentren für die vorübergehende Unterbringung vor der Abschiebung (Special Centre for the Temporary Accommodation of Foreigners, SCTAF) gebracht werden. Nach Einreichen eines Asylgesuches wird sie jedoch in ein Aufnahmezentrum der Flüchtlingsagentur SAR überstellt.

? Auch Personen, deren Verfahren wiedereröffnet wurde, werden in ein Aufnahmezentrum gebracht. UNHCR hat in letzter Zeit keine Fälle beobachtet, in denen einem Dublin-Rückkehrer, dessen Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, der Zugang zu Aufnahmezentren verweigert wurde. Dies kann jedoch grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, wenn diese ihre volle Kapazität erreichen.

? Personen, deren Asylantrag bereits inhaltlich geprüft und abgewiesen wurde, werden in einem geschlossenen Zentrum untergebracht. Während des anschließenden Zulässigkeitsverfahrens kommt es darauf an, ob der asylsuchenden Person die negative Erstentscheidung vor deren Ausreise aus Bulgarien zugestellt wurde oder nicht. Ist Letzteres der Fall, wird sie einem Aufnahmezentrum zugewiesen. Wurde die Entscheidung der asylsuchenden Person allerdings vor deren Ausreise aus Bulgarien bereits zugestellt und nicht innerhalb der Frist angefochten, wird sie inhaftiert und in ein geschlossenes Zentrum (SCTAF) gebracht. Die Haft kann während des Zulässigkeitsverfahrens andauern. Auch wenn dies nicht der Fall ist, werden sie jedoch keinem regulären Aufnahmezentrum zugewiesen und haben auch keinen Anspruch auf Verpflegung, Unterkunft oder Sozialhilfe

(UNHCR 17.12.2018; vgl. AIDA 2.2019; EASO 24.10.2017).

Bezüglich der Anschlussversorgung depressiver Dublin-Rückkehrer teilt SAR mit, dass bei vulnerablen Personen mit spezifischen Bedürfnissen, einschließlich Personen mit psychischen und psychiatrischen Problemen, deren spezifischer Zustand berücksichtigt wird. Gegenwärtig entsprechen das nationale System für internationalen Schutz in Bulgarien und die nationale Gesetzgebung im Bereich des Asyls der Gesetzgebung der EU mit sämtlichen Mindeststandards, einschließlich für die Aufnahmebedingungen. Als EU-Mitglied hält sich Bulgarien an die EU-Asylpolitik und -Gesetzgebung und folgt diesen sehr streng. Im Falle eines depressiven Dublin-Rückkehrers wird das Verfahren wieder aufgenommen und die Person hat alle in der Gesetzgebung vorgesehenen Rechte eines Asylwerbers, einschließlich das Recht auf psychologische Hilfe. Bei der Aufnahme einer Person mit speziellen Bedürfnissen werden Experten mit der jeweiligen medizinischen Qualifikation zugezogen und die betroffene Person wird von denen medizinisch, bzw. psychologisch betreut. Die Psychologen von SAR und die NGOs Zentrum "Nadya", IOM und das Bulgarische Rote Kreuz leisten selbstmordgefährdeten Dublin-Rückkehrer in Bulgarien Hilfe. Folgende Dienstleistungen werden angeboten: psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Beratung, individuelle Einschätzung des psychologischen Verhaltens, Erstellen von Zertifikaten für psychologische und psychisch-gesundheitliche Folgen eines Traumas (VB 20.6.2017a).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (2.2019): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2018update.pdf, Zugriff 14.8.2019

- EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query. Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

- BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (11.12.2017): Arbeitstreffen mit SAR, per E-Mail

- UNHCR Representation in Germany - Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (17.12.2019): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2, Zugriff 14.8.2019

- VB des BM.I Bulgarien (20.6.2017a): Auskunft SAR, per E-Mail

3. Non-Refoulement

Schutz vor Refoulement ist eine Erwägung in der Zulässigkeitsprüfung und unerlässlich für sichere Dritt- und Herkunftsstaaten (AIDA 2.2019).

Menschenrechtsorganisationen zufolge wendet Bulgarien Gewalt und sogenannte "Pushbacks" an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten. Türkische Behörden und Organisationen sprechen von mehr als 10.000 Personen monatlich, die gemeinsam von Bulgarien und Griechenland in die Türkei zurückgedrängt werden (AIDA 2.2019; vgl. DS 20.7.2018; FRA 2019; FRA 7.2019; Reliefweb 24.12.2018; UNHCR 1.2019; USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (2.2019): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2018update.pdf, Zugriff 14.8.2019

- DS - Daily Sabah (20.7.2018): Migrants claim abuse by Bulgarian police, https://www.dailysabah.com/turkey/2018/07/21/migrants-claim-abuse-by-bulgarian-police, Zugriff 14.8.2019

- FRA - Fundamental Rights Agency (2019): Beyond the peak: challanges remain, but migration numbers drop, https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2019-beyond-the-peak-migration-annual-review-2018_en.pdf, Zugriff 14.8.2019

- FRA - European Agency for Fundamental Rights (7.2019): Migration key fundamental rights conerns, https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra_migration_bulletin_3_2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- Reliefweb (24.12.2018): Hundreds of children report police violence at EU borders, https://reliefweb.int/report/serbia/hundreds-children-report-police-violence-eu-borders, Zugriff 14.8.2019

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (1.2019): Desperate Journeys - Refugees and migrants arriving in Europe and at Europe's borders; January - December 2018, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/67712#_ga=2.120438408.1058008370.1555316736-1676915092.1520936228, Zugriff 14.8.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Bulgaria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004279.html, Zugriff 14.8.2019

4. Versorgung

4.1. Grundversorgung

Asylwerber haben laut Gesetz das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Wenn es für Neuankömmlinge nicht genug Unterbringungsplätze geben sollte, werden in der Praxis solche ohne eigene Mittel prioritär untergebracht. Spezifische Bedürfnisse und das Armutsrisiko (finanzielle Mittel, Arbeitsmöglichkeiten, Arbeitserlaubnis, Zahl der abhängigen Familienmitglieder, etc.) werden in jedem Fall bewertet. Mit Erhalt der Asylwerbekarte, welche die Verfahrensidentität bestätigt, ist das Recht sich in Bulgarien aufzuhalten, auf Unterbringung und Versorgung, sowie auf Sozialhilfe im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger und auf Krankenversicherung, medizinische Versorgung, psychologische Versorgung und Bildung gegeben. Im Februar 2015 wurde die Auszahlung der Sozialhilfe für Asylwerber in Höhe von BGN 65,- (EUR 33,-) pro Monat eingestellt. Dies wird von den Behörden damit begründet, dass sie in den Aufnahmezentren mit Lebensmitteln versorgt werden (AIDA 2.2019; vgl. UNHCR 17.12.2018). Spezielle Bedürfnisse können daher nicht mehr angemessen berücksichtigt werden, was besonders für Familien mit kleinen Kindern, chronisch kranke und ältere Menschen problematisch ist (UNHCR 17.12.2018). Um außerhalb des Aufnahmezentrums zu wohnen, müssen Asylwerber schriftlich erklären, dass sie über ausreichende Ressource verfügen, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, was sie automatisch vom Recht auf die monatliche finanzielle Unterstützung ausschließt (AIDA 2.2019).

Folgeantragsteller erhalten keine Asylwerberkarte und haben auch kein Recht auf materielle Versorgung. Sie haben lediglich ein Recht auf Übersetzerleistungen während die Zulässigkeit ihres Folgeantrags im Eilverfahren geprüft wird. Wurde der Folgeantrag nur eingebracht, um die Außerlandesbringung zu verzögern, besteht auch kein Recht auf Verbleib im Land. Die Zulässigkeit muss binnen 14 Tagen geklärt werden (AIDA 2.2019).

Falls das Asylverfahren aus objektiven Umständen länger als drei Monate dauert, haben die Asylwerber noch während des Asylverfahrens Zugang zum Arbeitsmarkt. In der Praxis ist der Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund der Sprachbarriere, genereller Rezession und hoher Arbeitslosenzahlen jedoch schwierig (AIDA 2.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (2.2019): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2018update.pdf, Zugriff 14.8.2019

- UNHCR Representation in Germany - Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (17.12.2019): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2, Zugriff 14.8.2019

4.2. Unterbringung

Bulgarien verfügt über Unterbringungszentren in Sofia (Ovcha Kupel, Vrazhdebna und Voenna Rampa), Banya und Pastrogor sowie Harmanli, die von der Migrationsbehörde (SAR) verwaltet werden. Im Dezember 2018 wurde das Aufnahmezentrum Vrazhdebna in Sofia von der SAR auf unbestimmte Zeit geschlossen und die Bewohner wurden auf andere Zentren verlegt. Vrazhdebna war für lange Zeit die einzige Einrichtung mit angemessenen Lebensbedingungen, die vor kurzem mit EU-Mitteln vollständig renoviert wurde Die Angaben zur Kapazität der Unterbringungszentren schwanken zwischen 4.953 Plätzen Ende Dezember 2018 (4.760 Plätze in Aufnahmezentren und 193 in Privatunterkünften) (AIDA 2.2019) und 5.940 Plätzen Ende März 2019 (IOM-DTM 3.2019).

In Bulgarien wurden Maßnahmen für die Verbesserung oder Erhöhung der Unterbringungskapazität getroffen (EMN 5.2019). Die Lebensbedingungen in den staatlichen Aufnahmezentren sind trotz der von der SAR regelmäßig durchgeführten Teilrenovierungen nach wie vor schlecht und liegen unter Mindeststandards oder erfüllen diese knapp, vor allem in Bezug auf die sanitären Anlagen oder häufige Ausfälle von Heizung im Winter (AIDA 2.2019; vgl. FRA 2.2019). Darüber hinaus beklagten sich die Bewohner aller Aufnahmezentren über die insgesamt schlechten hygienischen Umstände, insbesondere aber über Bettwanzen, die regelmäßig zu Gesundheitsproblemen führen. Wo immer möglich, erfolgt die Unterbringung von Familien ohne deren Trennung. Auf die Trennung der verschiedenen Nationalitäten wird geachtet. Asylwerber können mit Erlaubnis auf eigene Kosten auch außerhalb eines Zentrums leben, verlieren dann aber das Recht auf Unterbringung und soziale Unterstützung. Gegen Verweigerung der Unterbringung ist binnen sieben Tagen ein gerichtliches Rechtsmittel möglich (AIDA 2.2019).

Das Land verfügt über zwei Schubhaftzentren: Busmantsi (400 Plätze) und Lyubimets (300 Plätze). Der Betrieb des geschlossenen Verteilerzentrums Elhovo wurde im April 2018 eingestellt. Das Aufnahmezentrum Pastrogor kann gegebenenfalls auch als geschlossenes Zentrum verwendet werden. Die Haftbedingungen werden vor allem bezüglich Hygiene kritisiert. Medizinische Versorgung ist nicht in jedem Haftzentrum täglich verfügbar. Die Sprachbarriere und Mangel an Medikamenten stehen ebenfalls unter Kritik (AIDA 2.2019), ebenso wie unter anderem unzureichende Verpflegung, zu kurzer Aufenthalt im Freien, fehlende spezielle Voraussetzungen für Familien, fehlender Zugang zu Toiletten in der Nacht und der Mangel an qualifizierten Dolmetschern (FRA 5.2019; vgl. CoE-CPT 11.7.2019).

Derzeit sind in Bulgarien 806 Personen untergebracht (Stand 7.8.2019): 250 in geschlossenen Zentren (Auslastung von 35.7%), 397 in offenen Zentren (Auslastung von 7,7%), 159 privat untergebracht (auf eigene Kosten) (VB 7.8.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (2.2019): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2018update.pdf, Zugriff 14.8.2019

- CoE-CPT - Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (11.7.2019): Report to the Bulgarian Government on the visit to Bulgaria carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 10 to 17 December 2018 [CPT/Inf (2019) 24],

https://www.ecoi.net/en/file/local/2012591/2019-24-inf-eng.docx.pdf, Zugriff 14.8.2019

- EMN - European Migration Network (5.2019): Annual Report on Migration and Asylum 2018, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/00_arm2018_synthesis_report_final_en.pdf, Zugriff 14.8.2019

- FRA - European Agency for Fundamental Rights (2.2019): Migration: key fundamental rights concerns, https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2019-migration-bulletin-1_en.pdf, Zugriff 14.8.2019

- FRA - European Agency for Fundamental Rights (5.2019): Migration: key fundamental rights concerns, https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2019-migration-bulletin-2_en.pdf, Zugriff 14.8.2019

- IOM-DTM - International Organisation for Migration - Displacement Tracking Matrix (3.2019): Mixed migration flows in the Mediterranean, https://rovienna.iom.int/sites/default/files/publications/Flows%20Compilation%20Report_March_2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- VB des BM.I Bulgarien (7.8.2019): Bericht des VB, per E-Mail

4.3. Medizinische Versorgung

Asylwerber in Bulgarien haben nach wie vor Zugang zu medizinischer Versorgung im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger (AIDA 2.2019; vgl. WHO 2018; UNHCR 17.12.2018), das umfasst auch den Zugang zu psychologischer/psychiatrischer Versorgung (UNHCR 17.12.2018). Asylwerber, die sich für eine Unterkunft außerhalb der Aufnahmezentren entscheiden oder denen keine Unterkunft gewährt wird, haben keinen Zugang zu psychologischer Unterstützung. Der Zugang zu medizinischer Grundversorgung ist ansonsten gewährleistet, unabhängig vom Wohnort der Asylwerber (AIDA 2.2019).

SAR ist verpflichtet Asylwerber krankenzuversichern. In der Praxis haben Asylwerber mit denselben Problemen zu kämpfen wie Bulgaren (AIDA 2.2019), da das nationale Gesundheitssystem große materielle und finanzielle Defizite aufweist (AIDA 2.2019; vgl. WHO 2018). In dieser Situation ist laut AIDA spezielle Betreuung für Folteropfer und Traumatisierte nicht verfügbar. Wenn das Recht auf Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, entzogen wird, betrifft das auch das Recht auf medizinische Versorgung. Medizinische Grundversorgung ist in den Unterbringungszentren gegeben, und zwar entweder durch eigenes medizinisches Personal oder Nutzung der Notaufnahmen lokaler Hospitäler. Alle Zentren verfügen über medizinische Behandlungsräume (AIDA 2.2019).

Fehlende Dolmetscher und die mangelnde Bereitschaft einiger Ärzte, Asylsuchende als Patienten zu registrieren, stellen jedoch praktische Hindernisse beim Zugang zu medizinischer Versorgung dar. Zudem umfasst die Versicherung nicht alle medizinischen Behandlungen und Medikamente. Insbesondere bei schweren und chronischen Erkrankungen können einige Behandlungen nur teilweise erstattet werden. Ohne finanzielle Unterstützung stoßen Asylsuchende auf Schwierigkeiten, diese zusätzlichen Kosten zu decken. Das Bulgarische Rote Kreuz verfügt über einen kleinen Fonds, der hauptsächlich von UNHCR finanziert wird, um die Kosten für medizinische Versorgung und Medikamente für eine begrenzte Anzahl extrem vulnerabler Asylsuchender zu decken. In der Praxis wird psychologische Unterstützung in den Aufnahmezentren von NGOs geleistet, die auf Projektbasis finanziert wird, und nicht in allen Zentren auf dem gleichen Niveau und in gleicher Häufigkeit angeboten werden kann. Die Nachhaltigkeit dieser Dienstleistungen ist entsprechend nicht gewährleistet (UNHCR 17.12.2018).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (2.2019): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2018update.pdf, Zugriff 14.8.2019

- MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail

- UNHCR Representation in Germany - Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (17.12.2019): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2, Zugriff 14.8.2019

- WHO - World Health Organisation (2018): Bulgaria - Health system review, http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0005/383054/HiT-Bulgaria-2018-web.pdf?ua=1, Zugriff 14.8.2019

4. Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge erhalten ein Identitätsdokument mit fünf Jahren Gültigkeit; subsidiär (oder humanitär) Schutzberechtigte ein solches mit drei Jahren Gültigkeit. Damit sind verschiedene Rechte verbunden. Anerkannte Flüchtlinge haben mit wenigen Ausnahmen dieselben Rechte wie bulgarische Staatsbürger, subsidiär Schutzberechtigte haben dieselben Rechte wie Inhaber eines permanenten Aufenthaltstitels (AIDA 2.2019).

Die bulgarische Integrationsverordnung vom 19.7.2017, die den Abschluss individueller Integrationsvereinbarungen zwischen den Schutzberechtigten und dem Bürgermeister einer Gemeinde vorsieht, wird weiterhin nicht umgesetzt, weil keine der 265 Gemeinden um Mittel für Integrationsmaßnahmen ansucht (IV 19.7.2017; vgl. AA 16.1.2019; AIDA 2.2019; Caritas 5.2019). Die einzigen Integrationsmaßnahmen bislang betrafen 13 Relocation-Fälle und wurden der EU finanziert (AIDA 2.2019). Die Verordnung enthält keine Maßnahmen, um das anhaltende Problem sich weigernder Kommunen anzugehen oder günstigere Bedingungen für die Integration in die lokalen Gemeinden zu schaffen. Die Verordnung sieht auch keine Lösung für das Problem des mangelnden Zugangs der Flüchtlinge zu Sozialwohnungen, Familienzulagen für Kinder oder Sprachunterricht vor, wodurch die geflüchteten Menschen ihre sozialen und wirtschaftlichen Rechte nur eingeschränkt wahrnehmen konnten (AI 23.5.2018; vgl. UNHCR 24.7.2017; Caritas 5.2019). Die Tatsache, dass Betroffene seit 2014 ohne jegliche Integrationsunterstützung bleiben, führt zu einem äußerst eingeschränkten Zugang zu grundlegenden Sozial-, Arbeits- und Gesundheitsrechte und zu Minimierung der Bereitschaft der Betroffenen, sich dauerhaft in Bulgarien niederzulassen (AIDA 2.2019).

Der bulgarische Staat gewährt anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten die gleichen Unterstützungsleistungen, wie sie auch bulgarische Staatsangehörige in Anspruch nehmen können. Für den Zugang zu staatlicher sozialer Unterstützung ist für Schutzberechtigte die Wohnsitzregistrierung und Meldeadresse unerlässlich. Diese wird vom Bürgermeister der Wohnsitzgemeinde vorgenommen (AIDA 2.2019; vgl. Caritas o.D.a). Betreffend Zugang zu staatlicher sozialer Unterstützung haben Schutzberechtigte die Möglichkeit sich an das zuständige Social Assistance Directorate (SAD) der Social Assistance Agency (SAA) am Ort ihrer Wohnsitzmeldung zu wenden. Es gibt dort verschiedene Formen der Unterstützung. Zum einen die monatliche bzw. einmalige oder zielgerichtete Sozialzulage (Monthly, one-off or target social allowance). Diese muss im SAD beantragt werden und ein Sozialarbeiter bewertet die Situation des Betreffenden unter seiner momentanen Adresse. Dabei werden Einkommen, Alter, Familienstand, Besitz, Gesundheitszustand usw. miteinkalkuliert. Die andere Möglichkeit sind kommunale Sozialleistungen für Anwohner (Resident-type community social services). Das umfasst auch Zugang zu temporären (Übergangs-)wohnstrukturen und Notfallzentren. Dazu muss man ebenfalls in der Wohnsitzgemeinde einen Antrag stellen. Auch hier wird die individuelle Situation bewertet und anhand dieser Bewertung vom SAD ein sogenanntes "order for accommodation" erlassen. Eine weitere Möglichkeit sind finanzielle Leistungen für Familien, die unter einem bestimmten Pro-Kopf-Einkommen liegen. Auch diese müssen beantragt werden. Da die Schutzberechtigten im Gesetz über Kinderzulagen nicht explizit als Empfangsberechtigte aufgeführt sind, kann es passieren, dass ihnen diese Sozialleistungen verweigert werden. Deshalb empfiehlt die Caritas Bulgarien bei diesem Anliegen, sich an einen Sozialarbeiter bzw. das Bulgarian Helsinki Committee zu wenden (Caritas o.D.b). Zuletzt besteht die Möglichkeit einen Integrationsvertrag mit der Wohnsitzgemeinde abzuschließen. (siehe dazu oben, Anm.) Gemäß aktuellen Bestimmungen (Ordinance on Integration Agreements vom 19. Juli 2017) ist der Schutzberechtigte nach der Unterzeichnung von der Gemeinde in der er wohnen will, umfassend zu unterstützen; u.a. durch Zugang zu Sozialleistungen wie bulgarische Staatsbürger, Zulagen für durch medizinische Behandlung anfallende Kosten, Zugang zu temporären Unterbringungsstrukturen für drei Monate pro Kalenderjahr, Zugang zu Sprachkursen usw. (Caritas o.D.b; vgl. AA 16.1.2019). Beim Zugang zu staatlichen Unterstützungsleistungen sind die Betroffenen in der Praxis jedoch mit diversen Sonderregelungen (z.B. Dolmetscher, soziale Vermittlung) konfrontiert. Weiters bedeuten die umfangreiche Bürokratie und weitere Formalitäten bei Einreichung des Antrags um Sozialhilfe, die selbst für Staatsangehörige schwer zu überwinden sind, weitere Probleme. Maßgeschneiderte Vermittlung und Hilfestellung kann durch NGOs von zivilgesellschaftlichen Organisationen geleistet werden, die aber nicht immer verfügbar ist (AIDA 2.2019). Die monatliche Sozialhilfe für eine Person beläuft sich auf umgerechnet 33 ? pro Monat. Die Bedingungen für den Bezug von Sozialhilfe sind schwer zu erfüllen (AA 18.7.2018). Laut staatlichen bulgarischen Angaben wurde 2017 lediglich in 20 Fällen Sozialhilfe an Flüchtlinge gezahlt (AA 26.4.2018).

Es ist den Schutzberechtigten erlaubt für sechs Monate ab Statuszuerkennung in der Asylwerberunterkunft zu bleiben, solange die Platzverhältnisse dies zulassen. Ende 2018 waren 29 Schutzberechtigte in Asylwerberunterkünften untergebracht (AIDA 2.2019). Bei der Wohnraumbeschaffung sind keine besonderen staatlichen Leistungen vorgesehen. Nach Artikel 32 Abs. 3 des Asyl- und Flüchtlingsgesetzes (LAR) haben anerkannte Schutzberechtigte sechs Monate lang Anspruch auf staatliche finanzielle Unterstützung für eine Unterkunft. Beim nicht sofortigen Erhalt dieser Unterstützung besteht für sie die Möglichkeit, einen Antrag zu stellen, um weiterhin in einer Aufnahmeeinrichtung zu leben (AA 16.1.2019). Betreffend der Zugänglichkeit zu Sozialwohnungen gehen die Quellen auseinander. Der Caritas zufolge besteht Zugang zu Gemeindewohnung nur, wenn mindestens ein Familienmitglied bulgarischer Staatsbürger ist und daher haben Schutzberechtigte üblicherweise keinen Zugang zu diesen Wohnungen (Caritas o.D.a). Laut dem deutschen Auswärtigen Amt gibt es nur wenige Sozialwohnungen. Auf diese dürfen sich anerkannte Flüchtlinge ebenso wie bulgarische Staatsangehörige bewerben. Soweit anerkannte Schutzberechtigte keine Unterbringungsmöglichkeit in einer staatlichen Unterkunft mehr haben, müssen sie sich selbständig um Wohnraum bemühen. Dabei erhalten sie Hilfe von Nichtregierungsorganisationen. Die Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen und staatlichen Stellen, gepaart mit einer niedrigen Anzahl von in Bulgarien verweilenden Flüchtlingen, sorgt im Ergebnis dafür, dass es kaum obdachlose Flüchtlinge gibt (AA 16.1.2019).

Wohnen die Schutzberechtigten zur Miete ist das schriftliche Einverständnis der Vermieters vorzulegen. Adressänderungen sind binnen 30 Tagen zu melden (Caritas o.D.a). In der Praxis stoßen Schutzberechtigte jedoch auf Schwierigkeiten, weil für den Abschluss eines Mietvertrages ein gültiges Ausweisdokument erforderlich ist, die aber ohne Angabe der Adresse nicht ausgestellt werden kann. Die Angabe der Adresse des Unterbringungszentrums als Wohnsitz zu diesem Zweck wurde von der SAR untersagt und führte zu Korruptionspraktiken von fiktiven Mietverträgen und Wohnsitzen, damit Schutzberechtigte Ausweispapiere erhalten können (AIDA 2.2019).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für Schutzberechtigte automatisch und bedingungslos gegeben. Sprachbarriere und Mangel an adäquater staatlicher Unterstützung für Berufsausbildung sind übliche Probleme. Der Zugang zu Bildung ist für Schutzberechtigte genauso geregelt wie für Asylwerber (AIDA 2.2017; vgl. Caritas 5.2019). 2018 fanden in Bulgarien im Rahmen des Refugee Employment Support and Training (REST)-Projekts eine Jobmesse, die von CATRO und der Caritas organisiert wurde, und ein von CATRO und UNHCR Bulgarien angebotenes REST-Workshop statt. Das REST-Projekt, das in verschiedenen europäischen Ländern ebenfalls durchgeführt wird, bietet ein umfangreiches Hilfssystem für Unternehmen und Organisationen, die Geflüchtete beschäftigen und in ihrem Arbeitsumfeld integrieren wollen (REST 2.5.2019).

Ab Statuszuerkennung müssen Schutzberechtigte die Krankenversicherungsbeiträge, die bis dahin von SAR entrichtet worden sind, selbst bezahlen. Das sind mindestens BGN 20,40 (ca. EUR 10,46) monatlich für arbeitslos gemeldete Personen (AIDA 2.2019). In der Grundversorgung durch Hausärzte, Spezialisten und in Krankenhäusern ist in Bulgarien regelmäßig mit sogenannten "out of Pocket"-Zahlungen (alles was beim Arztbesuch offiziell und inoffiziell aus eigener Tasche zu bezahlen ist) zu rechnen. Die insgesamt hohen Out-of-pocket-Zahlungen (47,7% der gesamten Gesundheitsausgaben im Jahr 2015) sind gestiegen und werden als zunehmend besorgniserregend empfunden. Die jüngsten Umfrageergebnisse des Eurobarometers vom Oktober 2017 ergaben, dass 8% der bulgarischen Befragten, die in den letzten 12 Monaten mit dem öffentlichen Gesundheitssystem in Berührung kamen, über informelle Zahlungen berichteten. Alle versicherten Personen haben Zugang zu Medikamenten, die ganz oder teilweise von der Krankenkasse bezahlt werden. Es existiert eine entsprechende Liste. In Bulgarien besteht grundsätzlich die Möglichkeit, rezeptfreie Medikamente auch über das Internet zu erwerben (WHO 2018). 2015 und 2016 wurden ehrgeizige Gesundheitsreformen im Land durchgeführt, die die bestehenden großen Lücken beim Zugang zu Gesundheitsversorgung jedoch nicht ausgleichen konnten. Verschiedenen Schätzungen zufolge gibt es mindestens 900.000 Menschen ohne Krankenversicherung, obwohl das System grundsätzlich alle in Bulgarien ansässigen Bürger abdecken soll. Bei diesen Personengruppen handelt es sich hauptsächlich um arme Menschen, die sich die Krankenkassenbeiträge nicht leisten können und die von dem bestehenden sozialen Sicherheitsnetz auch nicht unterstützt werden (BTI 2018).

Mehrere NGOs leisten in Bulgarien für Asylwerber aber auch für Schutzberechtigte Unterstützung.

Das BRK betreibt den sogenannten Refugee-Migrant Service (RMS), welcher seit 1997 in der Flüchtlingsintegration tätig ist. Die Organisation verfügt über Zweigstellen in mehreren bulgarischen Städten und bietet Asylwerbern, humanitär Aufenthaltsberechtigten, anerkannten Flüchtlingen und abgelehnten Asylwerbern Geld- und Sachleistungen (BRC o.D.). Darüber hinaus führt das BRK in Zusammenarbeit u. a. mit dem UNHCR und dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der Europäischen Union Integrationsmaßnahmen durch, welche Bulgarisch-Sprachkurse, Anmeldung zur Berufsausbildung und Kostenübernahme dieser Ausbildung, Sozialberatung, Empfehlungen für den Zugang zu einer Arbeitsstelle, Unterkunft, medizinische Versorgung und Bildung, die Weitergabe von Informationen sowie rechtliche, soziale und psychologische Beratungen umfassen. Zusätzlich stellt das BRK Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel, sozial-kulturelle Orientierungskurse, Übersetzungen von Dokumenten und Zeugnissen sowie Übersetzertätigkeiten bei Behördengängen zur Verfügung (AA 18.7.2018; vgl. BRC o.D.). Daneben leistet das Bulgarian Helsinki Committee rechtliche Hilfe (BHC o.D.a; vgl. BHC o.D.b.). Die Caritas Bulgarien betreibt in Sofia ein Integrationszentrum für Flüchtlinge und Migranten, das psychologische Hilfe, Bildungsservices, soziale Beratung, humanitäre Hilfe und Unterstützung bezüglich Wohnen und Arbeit bietet (Caritas o.D.c). Für anerkannte Flüchtlinge oder humanitär Schutzberechtigte betreibt die Caritas Bulgarien das sogenannte "Refugee and Migrant Integration Center Sveta Anna" in Sofia, wo soziale Beratung, psychologische Hilfe, Sprachtraining, Hilfe bei Meldeangelegenheiten, Registrierung beim praktischen Arzt, Unterstützung bezüglich Wohnen und Arbeit, ein Mentoringprogramm und weitere Integrationsmaßnahmen angeboten werden. 2018 wurden im Integrationszentrum in Sofia 229 Flüchtlinge und Asylwerber betreut (Caritas o.D.d; vgl. VN 26.4.2019; OSV 25.4.2019).

Bei der Unterstützung der Flüchtlinge legen Staat und NROs ein besonderes Augenmerk auf vulnerable Personen, zu denen auch Kleinkinder und ihre Familien gehören. Nach Bulgarien zurückkehrende Familien können sich zudem an das Bulgarische Rote Kreuz, die Caritas, den Rat der Flüchtlingsfrauen sowie an die hiesige Vertretung der International Organisation für Migration wenden, um in Programme aufgenommen zu werden, die Familien bei Arbeits- und Wohnungssuche sowie der Beantragung von Sozialleistungen unterstützen (AA 18.7.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (18.7.2018): Bericht des AA an das Thüringer Oberverwaltungsgericht, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/684459/684461/684543/18914234/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_18%2E07%2E2018%2C_508%2D516.80_50576.pdf?nodeid=19267018&vernum=-2, Zugriff 28.8.2019

- AA - Auswärtiges Amt (26.4.2018): Bericht des AA an das Verwaltungsgericht Trier, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/684459/684461/684543/18914234/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_26%2E04%2E2018%2C_508%2D516.80_50410.pdf?nodeid=19243017&vernum=-2, Zugriff 28.8.2019

- AA - Auswärtiges Amt (16.1.2019): Bericht des AA an das Verwaltungsgericht Potsdam, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/684459/684461/684543/20046516/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_16%2E01%2E2019%2C_508%2D516.80_51873.pdf?nodeid=20060626&vernum=-2, Zugriff 28.8.2019

- AIDA - Asylum Information Database (2.2019): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2018update.pdf, Zugriff 14.8.2019

- AI - Amnesty International (23.5.2018): Bulgarien 2017/18, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/bulgarien, Zugriff 28.8.2019

- BRC - Bulgarian Red Cross (o.D.): Work with refugees and asylum seekers, http://en.redcross.bg/activities/activities8/rms1, Zugriff 14.8.2019

- BHC - Bulgarian Helsinki Committee (o.D.a): Legal Defence Programme, https://www.bghelsinki.org/en/about-us/programs/legal-defence-programme/, Zugriff 14.8.2019

- BHC - Bulgarian Helsinki Committe (o.D.b.): Legal protection of refugees and migrants programme, https://www.bghelsinki.org/en/about-us/programs/refugees-and-migrants-legal-protection-programme/, Zugriff 14.8.2019

- BTI - Bertelsmann Transformation Index (2018): Bulgaria Country Report, https://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/BGR/, Zugriff 28.8.2019

- Caritas Bulgaria (5.2019): The Bulgarian Migration Paradox - Mitgration and Development in Bulgaria, https://www.caritas.eu/wordpress/wp-content/uploads/2019/06/CommonHomeBulgariaEN.pdf, Zugriff 14.8.2019

- Caritas (o.D.a): Accommodation, http://caritas.bg/en/useful-information/accommodation/, Zugriff 14.8.2019

- Caritas (o.D.b): Social Assistance and Social Services, https://caritas.bg/en/useful-information/useful-information-refugees/social-assistance-and-social-services/, Zugriff 14.8.2019

- Caritas (o.D.c): Bulgaria, https://www.caritas.org/where-caritas-work/europe/bulgaria/, Zugriff 14.8.2019

- Caritas (o.D.d): Activities Refugees, https://caritas.bg/en/causes/refugees/activities-refugees/, Zugriff 14.8.2019

- IV - Integrationsverordnung (19.7.2017): ERLASS Nr.144 vom 19. Juli 2017 über die Verabschiedung einer Verordnung über die Bedingungen und das Verfahren zum Abschluss, zur Umsetzung und Aufhebung der Vereinbarung zur Integration von Ausländern, denen Asyl oder internationaler Schutz gewährt ist (Übersetzung aus dem Bulgarischen), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/684878/684880/684924/18971283/18970840/Integrationsverordnung%2C_Erlass_Nr%2E_144%2C_19%2E07.2017.pdf?nodeid=18971397&vernum=-2, Zugriff 28.8.2019

- OSV - Our Sunday Visitor Neewsweekly (25.4.2019): Balkans visit: Pope to touch sensitive issues of ecumenism, migration, https://osvnews.com/2019/04/25/balkans-visit-pope-to-touch-sensitive-issues-of-ecumenism-migration/, Zugriff 28.8.2019

- REST - Refugee Employment, Support and Training (2.5.2019): REST-Erfolgsgeschichten, https://rest-eu.org/wp-content/uploads/REST_good_practice_german.pdf, Zugriff 28.8.2019

- UNHCR Bulgaria (24.7.2017): , http://www.unhcr.org/bg/3272-%D0%B0%D0%B3%D0%B5%D0%BD%D1%86%D0%B8%D1%8F%D1%82%D0%B0-%D0%BD%D0%B0-%D0%BE%D0%BE%D0%BD-%D0%B7%D0%B0-%D0%B1%D0%B5%D0%B6%D0%B0%D0%BD%D1%86%D0%B8%D1%82%D0%B5-%D0%BF%D1%80%D0%B8%D0%B2%D0%B5%D1%82%D1%81.html, Zugriff 14.8.2019

- VN - Vatican News (26.4.2019): Caritas Bulgaria: "may the Pope's visit open our hearts", https://www.vaticannews.va/en/church/news/2019-04/pope-visit-bulgaria-caritas-migrants-poverty-solidarity.html, Zugriff 28.8.2019

- WHO - World Health Organisation (2018): Bulgaria - Health system review, http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0005/383054/HiT-Bulgaria-2018-web.pdf?ua=1, Zugriff 14.8.2019

D) Beweiswürdigung

Die Behörde gelangt zu obigen Feststellungen aufgrund folgender Erwägungen:

[ ... ]

Betreffend die Feststellungen zur Lage im Mitgliedsstaat:

Die Feststellungen zum Mitgliedstaat basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA. Diese ist gemäß § 5 BFA-G zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.

Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den zitierten, unbedenklichen Quellen. Bezüglich der von der erkennenden Behörde getätigten Feststellungen zur allgemeinen Situation im Mitgliedstaat ist festzuhalten, dass diese Kenntnisse als notorisch vorauszusetzen sind. Gemäß § 45 Absatz 1 AVG bedürfen nämlich Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind (so genannte "notorische" Tatsachen; vergleiche Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13-MSA1998-89) keines Beweises. "Offenkundig" ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder "allgemein bekannt" (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch "bei der Behörde notorisch" (amtsbekannt) geworden ist; "allgemein bekannt" sind Tatsachen, die aus der alltäglichen Erfahrung eines Durchschnittsmenschen - ohne besondere Fachkenntnisse - hergeleitet werden können (VwGH 23.01.1986, 85/02/0210; vergleiche auch Fasching; Lehrbuch 2 Rz 853). Zu den notorischen Tatsachen zählen auch Tatsachen, die in einer Vielzahl von Massenmedien in einer der Allgemeinheit zugänglichen Form über Wochen hin im Wesentlichen gleich lautend und oftmals wiederholt auch für einen Durchschnittsmenschen leicht überprüfbar publiziert wurden, wobei sich die Allgemeinnotorietät nicht auf die bloße Verlautbarung beschränkt, sondern allgemein bekannt ist, dass die in den Massenmedien verbreiteten Tatsachen auch der Wahrheit entsprechen.

Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

Während Ihrer Erstbefragung zu Bulgarien befragt gaben Sie an, dass man dort nicht anerkannt werden würde. Ansonsten könnten Sie zu Bulgarien nichts angeben.

Konkret zu Bulgarien befragt führten Sie zusammengefasst aus, in Bulgarien einen Asylantrag gestellt zu haben, jedoch nicht, weil Sie dort bleiben hätten wollen, sondern da man Sie ansonsten nach Afghanistan abgeschoben hätte. Sie wären somit zur Asylantragstellung in Bulgarien gezwungen worden.

Ebenso führten Sie aus, dass Sie von der Polizei bei Ihrem illegalen Aufgriff in Bulgarien geschlagen worden wären. Dies hätte nicht nur Sie persönlich, sondern alle Flüchtlinge betroffen.

Andere Personen im geschlossenen Lager hätten Ihnen erzählt, dass man bei einer Rücküberstellung nach Bulgarien für 18 Monate eingesperrt und dann abgeschoben werden würde.

Zu den Ihnen ausgefolgten Länderinformationsblättern zur Lage der Asylwerber in Bulgarien konnten Sie keine Angaben machen. Diese wären auf Deutsch verfasst, diese Sprache könnten Sie nicht lesen.

Es ist nicht Aufgabe der österreichischen Asylbehörde, hypothetische Überlegungen über den möglichen Ausgang eines von einem anderen Staat zu führenden Asylverfahrens anzustellen. Auch aus dem Umstand, dass Anerkennungsquoten im Asylverfahren relativ gering seien, kann nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass kein ordnungsgemäßes Verfahren geführt wird.

(VwGH, 31.5.2005, Zl. 2005/20/0095)

Zum Umstand, dass Sie in Bulgarien zu einer Asylantragstellung gezwungen worden wären, sei erwähnt, dass diesem Vorbringen verfahrensgegenständlich keine Relevanz zukommt, als EU-Staaten gehalten sind, behaupteter maßen verfolgten Drittstaatsangehörigen ehe baldigst ein Asylverfahren zu eröffnen.

(vgl. Erkenntnis des BVwG vom 27.02.2015, GZ: W153 2016338-1/6e ff)

Zum Umstand, dass Ihnen die Länderinformationen in deutscher Sprache zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt wurden, wird auf Folgendes hingewiesen:

§ 39a AVG regelt nur den mündlichen Verkehr mit der Behörde, begründet aber keinen Anspruch auf die Verwendung einer fremden Sprache im Schriftverkehr mit den Beteiligten; insbesondere ist die Beifügung einer Übersetzung eines Schriftstückes nicht vorgesehen (Ringhofer I, 367; VwGH 11.1.1989, Zl. 88/01/0187; 1.2.1989, Zl. 88/01/0330).

Das Sie nunmehr befürchten, nämlich bei einer Rückkehr nach Bulgarien inhaftiert werden zu können ist Ihnen entgegen zu halten, dass Sie sich - Ihren Angaben zu Folge - in Bulgarien des dort geführten Verfahren entzogen haben.

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass auch in Österreich - unter gewissen Umständen - eine Schubhaft verhängt werden kann. So fällt ua. auch darunter, ein Entziehen aus dem Verfahren zu verhindern oder die Sicherung einer Abschiebung zu gewährleisten.

Auf Grundlage der im aktuellen Länderinformationsblatt Bulgarien enthaltenen Informationen für Dublin-Rückkehrer sind mehrere Szenarien denkbar. In Ihrem Fall, dass Sie bereits in Bulgarien einen Asylantrag gestellt haben, bedeutet dies, dass Ihr Verfahren jedenfalls wiederzueröffnen ist, vorausgesetzt, Ihr Verfahren wurde noch nicht inhaltlich geführt. Sind mehr als sechs Monate seit Beendigung des Verfahrens in Bulgarien vergangen, würde ein erneuter Antrag als Erstantrag und nicht als Folgeantrag gelten, wenn er noch nicht inhaltlich behandelt worden ist. Asylwerber haben in Bulgarien Anspruch auf Unterbringung und Versorgung während des gesamten Asylverfahrens, auch während der Beschwerdephase. Dies umfasst Unterkunft, Verpflegung, Krankenversicherung und psychologogische Betreuung, dabei werden spezielle Bedürfnisse und das Risiko der Obdachlosigkeit jedenfalls berücksichtigt. Würde die Unterbringung in einem Zentrum verweigert, hat ein Asylwerber das Recht dies vor Gericht binnen sieben Tagen anzufechten. Die Verhängung von asylrechtlicher Haft ist für sich genommen kein Indiz für eine Grundrechtsverletzung gegenüber dem Antragsteller. Im Besonderen ergeben sich aus dem Umstand der Möglichkeit der Verhängung der asylrechtlichen Haft keine substantiierten Zweifel, dass Bulgarien dem Antragsteller in seinen durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte aufgrund der möglichen Anhaltung in Haft jedenfalls verletzen würde. Im Übrigen bleibt anzumerken, dass der Umstand, dass ein Asylantragsteller infolge einer Dublin-Rückstellung in Haft genommen werden könnte, für sich genommen nicht als ausreichend angesehen werden kann, um eine Überstellung nach der Dublin-VO für unzulässig zu erklären (vgl. VwGH 31.05.2005, 2005/20/0095). (Vgl. hierzu Erkenntnis des BVwG, Zl. W239 2217177-1/9E vom 26.04.2019)

Betreffend Ihrer Angaben, dass Sie in Bulgarien von der Polizei geschlagen worden wären, wird angeführt, dass Sie in Bulgarien dieselben in einer Demokratie vorhandenen Rechtsschutzmöglichkeiten haben, gegen Übergriffe der Polizei als auch Privatpersonen vorzugehen, wie jeder andere bulgarische Bürger auch. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die bulgarischen Behörden nicht Willens sind, Übergriffe gegenüber AsylwerberInnen zu verfolgen.

So haben Sie selbst angeführt, keine Anzeige gegen die handelnden Personen erstattet zu haben.

Für die erkennende Behörde steht diesbezüglich fest, dass die bulgarischen Behörden in der Lage und willens sind, Sie bei allfälligen Übergriffen zu schützen, vorausgesetzt Sie erstatten Anzeige. 100% igen Schutz kann nun kein Staat der Welt bieten, dies zeigt sich auch darin, dass ansonsten Institutionen zur Strafrechtspflege obsolet wären. 100%iger Schutz ist aber für die grundsätzliche Bejahung von Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit auch nicht erforderlich.

Vgl. in diesem Zusammenhang: VwGH-Erkenntnis vom 1.09.2005, Zahl: 2005/20/0357

Maßgeblich ist, ob die staatlichen Maßnahmen im Ergebnis dazu führen, dass der Eintritt eines asylrechtlich relevante Intensität erreichenden Nachteils aus der von dritter Seite ausgehenden Verfolgung nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

Wäre von einer mangelhaften Sicherheitslage Bulgariens auszugehen, weil anzunehmen wäre, dass Bulgarien nicht willens und fähig wäre, sich auf seinem Territorium aufhältige Personen zu schützen, hätte dieser Staat nicht in die Europäische Union aufgenommen werden dürfen (wozu die Zustimmung der Republik Österreich erforderlich war), bzw. wären die hierzu berechtigten Organe bzw. die Mitgliedstaaten der europäischen Union - also auch Österreich - angehalten, gegen Bulgarien ein Vertragsverletzungsverfahren anzustrengen. Hinweise hierzu liegen jedoch nicht vor, weshalb die Organe der Europäischen Union und deren Mitgliedstaaten - also auch Österreich - offenkundig davon ausgehen, dass Bulgarien einen grundsätzlich für die BW sicheren Staat darstellt. (vgl. UBAS-Bescheid vom 13.02.2007, Zahl: 309.604-1/2E-XVIII/58/07)

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den fremden bezogenen Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl. 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Maßgeblich ist, ob aufgrund eines solchen Vorbringens eine individuelle Gefahrenprognose zu treffen ist, wonach der Asylwerber in dem nach der Dublin II VO zuständigen Mitgliedstaat im Fall der Berechtigung seines Schutzbegehrens, also der Glaubhaftmachung des von ihm behaupteten Bedrohungsbildes der realen Gefahr einer unzulässigen Kettenabschiebung in den Herkunftsstaat ausgesetzt wäre.

Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind in Bulgarien alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrecht verpflichtet.

Der EGMR hat jüngst festgestellt, dass der Rechtsschutz des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).

Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom ASt. bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs. 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält.

Auch sei erwähnt, sollten die Amtshandlungen der Sicherheitskräfte tatsächlich nicht maßhaltend gewesen sein, ist nicht zu erwarten, dass Sie im Fall einer Dublin-Rücküberstellung (neuerlich) mit Übergriffen von Sicherheitskräften zu rechnen hätten, da diese Rücküberstellung durch geschulte Beamte im Wege einer angekündigten geordneten Übernahme erfolgen würde.

Auch aus dem Umstand, dass Sie nach einem illegalen Grenzübertritt in Bulgarien nach eigenen Angaben in einem geschlossenen Lager angehalten wurden, kann kein Indiz dafür abgeleitet werden, dass Sie nach einer Überstellung nach Bulgarien Grundrechtsverletzungen zu befürchten hätten, da die bulgarischen Behörden der Aufnahme dezidiert zugestimmt und sich somit zur Durchführung des Asylverfahrens bereit erklärt haben. Es geht auch aus den Länderberichten nicht hervor, dass Bulgarien in (menschen-)rechtswidriger Weise Haft über Asylsuchende verhängen würde. Eine solche ist in Bulgarien - wie auch in anderen EU-Mitgliedstaaten - ausschließlich in einem gesetzlich vorgesehenen Rahme zulässig.

(vgl. Erkenntnis des BVwG vom 27.02.2015, GZ: W135 2016338-1/6E, W135 2016336-1/5E, W135 2016342-1/5E, W135 2016341-1/5E, W135 2016343-1/5E und W135 2016340-1/4E)

Die ausgewogene Auswahl der Quellen zeigt in ihrem wesentlichen Inhalt übereinstimmend das geschilderte Bild über die aktuelle Lage der Asylwerber und deren Versorgung in Bulgarien.

Zusammenfassend ergibt sich auch ausgehend aus Ihren eigenen Angaben sowie der vorliegenden Länderfeststellungen, dass in Bulgarien die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden. Sie haben auch nicht vorgebracht, in Bulgarien Misshandlung, Verfolgung oder einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt zu sein."

Es folgte im angefochtenen Bescheid die rechtliche Beurteilung zu den beiden Spruchpunkten. Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO formell erfüllt (und implizit sohin Bulgarien für die Prüfung des Antrages zuständig) sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen bet

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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