TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/19 W191 2209723-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.02.2020
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Entscheidungsdatum

19.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W191 2209723-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Nepal, vertreten durch RA Mag. Wolfgang AUNER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.10.2018, Zahl 1057570502-150339540, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 und 10 Asylgesetz 2005 sowie §§ 46, 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein nepalesischer Staatsangehöriger, reiste irregulär und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am 03.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

1.2. Der BF wurde am 03.04.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 09.03.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA), jeweils im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Nepali, niederschriftlich einvernommen.

Bei seinen Befragungen gab er im Wesentlichen an, dass er Nepalese sei und der hinduistischen Glaubensgemeinschaft und der Volksgruppe der Chettri angehöre. Seine Muttersprache sei Nepali, darüber hinaus beherrsche er Englisch und Hindi. Er habe zwölf Jahre die Schule besucht und danach ein Wirtschaftsstudium begonnen, dieses aber abgebrochen. Für ca. eineinhalb Jahre habe er als Wasserlieferant Teilzeit gearbeitet, darüber hinaus hätten ihn seine Eltern unterstützt. Seine Eltern und seine Schwester würden nach wie vor in Nepal leben, ein Bruder halte sich in Malaysia auf. Er habe ein gutes Verhältnis zu seinen Familienangehörigen und stehe mit ihnen in regelmäßigem Kontakt.

Auf die Frage nach den Gründen für das Verlassen ihres Heimatstaates führte der BF in der Erstbefragung an, dass er zur königlichen Partei gehöre und ein oppositionelles Parteimitglied im August 2014 umgebracht worden sei, weshalb er aus Angst geflohen sei. In seiner Einvernahme vor dem BFA brachte der BF vor, dass er einen politisch motivierten Streit gehabt habe. Er habe mit neun anderen Personen Mitglieder der Kongresspartei gegen Bezahlung angegriffen und geschlagen, dabei hätten sie viele Leute verletzt. Er sei daraufhin von der Polizei gesucht worden und aus Angst vor einer Verhaftung geflüchtet.

Mit Schreiben vom 09.12.2015 gab die zuständige Bezirkshauptmannschaft an, dass dem BF ein österreichischer Führerschein ausgestellt worden sei.

Am 21.01.2016 informierte das zuständige Magistratische Bezirksamt in Wien darüber, dass der BF am 11.01.2016 das freie Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen [...]" angemeldet habe.

Im Verfahren vor dem BFA legte der BF ein nepalesisches und englisches Fahndungsschreiben in Kopie vor, das vom Bezirksverwaltungsbüro seines Heimatortes stamme. Weiters legte er einen Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem, eine Deutschkursbestätigung sowie ein Zertifikat und eine Mitgliedskarte eines nepalesischen Kulturvereins vor.

1.3. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 19.10.2018 den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 03.04.2015 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nepal nicht zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.). In Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) erlassen. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Nepal gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Es habe nicht festgestellt werden können, dass er einer Gefährdung oder Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention im Herkunftsland ausgesetzt gewesen sei. Es könne auch keine Gefährdung seiner Person im Falle der Rückkehr in sein Herkunftsland festgestellt werden, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Nepal.

1.4. Gegen die Spruchpunkte I., II., IV. und V. dieses Bescheides brachte der BF mit Schreiben seines zur Vertretung bevollmächtigen Rechtsberaters vom 15.11.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) ein. Begründend wurde ausgeführt, dass der BF im Fall seiner Rückkehr einer ungerechtfertigten Inhaftierung, Folter und unmenschlicher Behandlung ausgesetzt sei, die eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstelle. Es bestehe auch keine innerstaatliche Fluchtalternative, da die Verfolgung vom nepalesischen Staat ausgehe. Im Übrigen halte sich der BF bereits seit April 2015 in Österreich auf und habe die hier zugebrachte Zeit genützt, sich sozial, sprachlich und beruflich zu integrieren. Eine Rückkehrentscheidung nach Nepal erweise sich vor diesem Hintergrund als unzulässig.

2. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

* Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung am 03.04.2015 und der Einvernahme vor dem BFA am 09.03.2018 sowie die Beschwerde vom 15.11.2018

* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (offenbar Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Seiten 14 bis 29 im angefochtenen Bescheid)

3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

Das BVwG geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen, glaubhaft gemachten Sachverhalt aus:

3.1. Zur Person der BF:

Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist nepalesischer Staatsangehöriger und gehört der hinduistischen Glaubensgemeinschaft und der Volksgruppe der Chettri an. Die Muttersprache des BF ist Nepali, er spricht darüber hinaus auch Englisch und Hindi.

Der BF ist ledig und kinderlos, seine Eltern und seine Schwester leben ebenso wie zahlreiche weitere Verwandte nach wie vor in Nepal. Ein Bruder des BF hält sich in Malaysia auf. Der BF hat ein gutes Verhältnis zu seinen Familienangehörigen und steht mit ihnen in regelmäßigem Kontakt.

Der hat zwölf Jahre die Schule besucht und danach ein Wirtschaftsstudium begonnen, dieses aber abgebrochen. Er hat für ca. eineinhalb Jahre als Wasserlieferant Teilzeit gearbeitet, darüber hinaus haben ihn seine Eltern unterstützt.

3.2. Zu den Fluchtgründen der BF:

3.2.1. Die BF hat nicht glaubhaft gemacht, dass er Nepal wegen eines politisch motivierten Streites verlassen habe und von der Polizei gesucht werde.

3.2.3. Der BF wurde nach eigenen Angaben in seinem Herkunftsstaat niemals inhaftiert, ist nicht vorbestraft und hatte mit den Behörden seines Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses noch seiner Volksgruppenzugehörigkeit Probleme.

3.2.4. Es konnte vom BF nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer relevanten Verfolgung ausgesetzt wäre.

3.3. Zur Integration der BF in Österreich:

Die BF ist seit April 2015 in Österreich aufhältig. Ihm steht in Österreich kein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylrechtes zu, und er hatte niemals ein anderes als das vorübergehende Aufenthaltsrecht als Asylwerber in Österreich.

Der BF hat keine hinsichtlich Art. 8 EMRK relevanten Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich, seine Eltern und seine Schwester halten sich ebenso wie weitere Verwandte in Nepal auf. Allfällige freundschaftliche Beziehungen in Österreich sind erst zu einem Zeitpunkt entstanden, an dem sich der BF seiner unsicheren aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst sein musste.

Die BF hat in Österreich Deutschkurse besucht und am 11.01.2016 das freie Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen [...]" angemeldet. Er ist Mitglied in einem nepalesischen Kulturverein.

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Das Vorliegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen ist nicht bekannt. Die BF ist irregulär in das Bundesgebiet eingereist.

Eine Integration des BF in Österreich in besonderem Ausmaß liegt nicht vor.

3.4. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:

Zur allgemeinen Lage in Nepal (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA vom 05.08.2019, Schreibfehler teilweise korrigiert):

"[...] 2. Politische Lage

Nepal hat ca. 147.181 km² Fläche und etwa 29,5 Mio. Einwohner (AA 1.2019a). Nach der neuen Verfassung von 2015 ist Nepal in sieben Provinzen als Bundesstaaten gegliedert, die wiederum in zusammen in 75 (BH o.D.), nach anderen Angaben 77, Distrikte aufgeteilt sind (AA 1.2019a). Die Hauptlandessprache ist Nepalesisch (AA 1.2019a). Regierungsform ist eine parlamentarische Mehrparteien-Demokratie, die nach dem zehnjährigen Bürgerkrieg (1996-2006) entstand. Staatsoberhaupt ist seit 28.10.2015 die Präsidentin Bidya Devi Bhandari (AA 1.2019a; vgl. AA 1.2019b).

Nepal war 240 Jahre lang ein hinduistisches Königreich. Die heutige Verfassung Nepals sowie die innenpolitische Agenda sind Ergebnis des konfliktreichen Übergangs von einem Hindu-Königtum zur Republik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Einführung einer Mehrparteiendemokratie unter einem konstitutionellen Monarchen 1990 vermochte das Verlangen der Bevölkerung nach gerechtem Anteil am Bruttosozialprodukt und nach Chancengleichheit in einer von Kasten geprägten Gesellschaft nicht überzeugend zu erfüllen. Zwischen 1996 und 2006 litt Nepal unter einem internen bewaffneten Konflikt, der von maoistischen Rebellen gegen die Sicherheitskräfte des Landes (Polizei, später auch Armee) geführt wurde. Er forderte im Verlauf von zehn Jahren rund 13.000 Todesopfer auf beiden Seiten. Mehr als 1.200 Menschen gelten noch immer als vermisst. Die Anfang April 2008 gewählte erste verfassungsgebende Versammlung erklärte in ihrer konstituierenden Sitzung Nepal zur Demokratischen Bundesrepublik; der König wurde abgesetzt. Die zweite verfassungsgebende Versammlung wurde in allgemeinen Wahlen am 19.11.2013 gewählt. Die endgültige Staatsform, Regierungs- und Wahlsystem sowie die föderale Gliederung (sieben Provinzen) regelt die neue Verfassung, die am 16.09.2015 durch die verfassungsgebende Versammlung verabschiedet wurde. Nach der neuen Verfassung sind das Parlament und die sieben neu eingerichteten Provinzparlamente am 07.12.2017 gewählt worden. Im Jahr 2018 erhielt Nepal die erste Regierung, deren parlamentarische Mehrheit nach den Vorgaben der 2015 verabschiedeten Verfassung ermittelt wurde. Sie wird geführt von Premierminister Khadga Prasad Sharma Oli, dessen Partei, die Vereinigten Marxisten-Leninisten (UML), bei den Wahlen Ende 2017 die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte. Die UML fusionierte Mitte Mai 2018 mit der maoistischen Partei des früheren Rebellenführers Pushpa Kamal Dahal (CPN-MC) zur Nepalesischen Kommunistischen Partei (NCP). Zusammen mit dem kleinen Koalitionspartner, dem Föderalen Sozialistischen Bund Nepals (FSFN), verfügt PM Oli nun über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, die gegebenenfalls auch verfassungsändernde Beschlüsse durchsetzen könnte. Die FSFN vertritt Interessen der Indien nahestehenden Minderheit der Madhesi im Süden des Landes und ist dort Teil der einzigen Koalitionsregierung auf Provinzebene, die nicht von der Regierungspartei NCP gestellt wird (AA 1.2019b).

In den im November und Dezember 2017 abgehaltenen Parlaments- und Provinzwahlen erhielten die Vereinte Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (CPN-UML) und ihr Bündnispartner, die Kommunistisch-Maoistische Zentrumspartei (CPN-MC), 121 bzw. 53 Sitze im Unterhaus, welches über 275 Sitze verfügt. Bei der bislang stärksten Partei Nepali Congress (NC) verfehlten dagegen viele Politiker den Wiedereinzug ins Parlament. In der südlichen Provinz Nr. 2 erhielten zwei Parteien, welche die Minderheit der Madhesi vertreten, eine parlamentarische Mehrheit. Das linke Bündnis der Kommunisten verstärkte seine Position noch, indem es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat erhielt. Die CPN-UML und die CPN-MC gewannen dort 27 bzw. 12 Sitze von insgesamt 59. Nach dem überwältigenden Wahlsieg des linken Bündnisses hat der Führer der CPN-UML Khadga Prasad Sharma Oli das Amt des Premierministers Nepals als Nachfolger von Sher Bahadur Deuba angetreten. Auf der Gemeinde-, der Provinz- und der Bundesebene kontrollieren gewählte Volksvertreter die Exekutive (GIZ 5.2019b; vgl. DS 14.2.2018).

Auf nationaler Ebene wird Nepal ein Bestehen von demokratischen Institutionen attestiert. Doch sind diese instabil, etwas umstritten und wegen fortwährender politischer Kontroversen wenig effektiv (BTI 2018). Trotz demokratischer Verbesserungen und politischer Stabilisierung in den letzten Jahren ist die Konsolidierung der repräsentativen Herrschaft noch nicht abgeschlossen (USDOS 13.03.2019; vgl. FH 2019).

3. Sicherheitslage

Die Sicherheitslage bleibt vor allem in urbanen Zentren wie Kathmandu und Pokhara angespannt. Unruhen, Streiks und Anschläge sind zu keiner Zeit auszuschließen (BMEIA 27.05.2019). Nach der erfolgreichen Durchführung der Parlaments- und Lokalwahlen sowie der Arbeitsaufnahme der neuen Amtsträger im Frühling 2018 befindet sich Nepal in einer Konsolidierungsphase. Die politische Lage bleibt fragil, und es können jederzeit lokale oder landesweite Kundgebungen und Streiks vorkommen. Im ganzen Land, einschließlich Kathmandu, werden sporadisch Anschläge mit kleineren Sprengsätzen verübt. Sie haben vereinzelte Todesopfer und Verletzte sowie Sachschaden verursacht (EDA 08.03.2019). Im jetzigen politischen Umfeld kommt es in Nepal nur noch gelegentlich zu kurzfristig ausgerufenen "Bandhs" [Generalstreiks, welche von kommunalen Akteuren oder politische Parteien ausgerufen werden können] zu jedweder Art, welche auch im Kathmandu-Tal, mit Blockaden/Straßensperren. Manchmal werden diese auch gewaltsam durchgesetzt. Nach den bisherigen Erfahrungen können diese Protestaktionen das öffentliche Leben empfindlich stören. Besonders im Terai ist mit Protestaktionen und gewaltsamen, unter Umständen gefährlichen Auseinandersetzungen zu rechnen (AA 28.05.2019).

Kriminelle Organisationen und andere Gruppierungen erpressen in vielen Landesteilen nationale und internationale Organisationen, Geschäftsleute und Einzelpersonen und setzen Forderungen teilweise mit Gewalt durch (AA 28.05.2019).

Insgesamt drei Sprengstoffanschläge, einer davon im Zentrum von Kathmandu, sowie zwei am Stadtrand der nepalesischen Hauptstadt, ereigneten sich am 26.05.2019. Gemäß offiziellen Aussagen wird eine maoistische Splittergruppe verdächtigt, die Anschläge verübt zu haben. Die selbe Gruppe soll schon im Februar einen Sprengstoffanschlag in Kathmandu verübt haben, bei welchem eine Person getötet worden ist. Es wurde jedoch bisher von niemandem die Verantwortung für die durchgeführten Anschläge übernommen (BBC 26.05.2019).

Bedenken bestehen hinsichtlich Aktivitäten von indischen Grenzsicherheitskräften, welche außerhalb ihrer Zuständigkeitsbereiche agieren. Darüber hinaus sollen chinesische Grenztruppen an der nördlichen Grenze zur Autonomen Region Tibet gelegentlich auf nepalesischem Territorium operieren (BTI 2018).

3.1. Regionale Problemzone Terai

Im Tarai finden sich Hindukasten (ca. 16 Prozent), die jenen auf der anderen Seite der indischen Grenze entsprechen, sowie einige ethnische Gruppen (ca. 10 Prozent), von denen die der Tharu die mit Abstand größte ist (BH o.D.).

Politische und ethnische Spannungen sind im Terai und in den östlichen Hügelgebieten ausgeprägter als in anderen Teilen des Landes. Im Terai-Gebiet im Süden des Landes agieren zahlreiche bewaffnete Gruppierungen, und es kommt häufig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften. Es besteht ein Risiko von lokalen Unruhen, Blockaden und Streiks (Bandhs), besonders in Siraha, Sarlahi, Dhanusha, Bara, Kailali, Dang und Kapilbastu, sowie in den östlichen Hügeldistrikten inklusive Jhapa (EDA 08.03.2019; vgl. AA 28.05.2019, BMEIA 27.05.2019).

Als sich im August 2015 vier der wichtigsten Parteien Nepals darauf einigten, Nepal in der neuen Verfassung als föderale Republik zu definieren und in sieben föderal verwaltete Bundesstaaten aufzuteilen, protestierten ethnische Gruppen im Süden und mittleren Westen des Landes gegen diese neue Struktur, welche ihnen ihrer Meinung nach die politische Repräsentanz verweigere. In Folge kam es zu gewalttätigen Protesten in der Region Terai und durch die Sicherheitskräfte wurden bei mehreren Zusammenstößen mit Protestierenden exzessive, unverhältnismäßige oder unnötige Gewalt angewendet. Bis Oktober 2015 waren bei diesen Auseinandersetzungen mehr als 50 Zivilpersonen und Polizeiangehörige ums Leben gekommen (AI 24.02.2016; vgl. BTI 2018). Von Ende August 2015 bis zum Frühjahr 2016 forderten Unruhen im westlichen Terai mehrere Todesopfer und Verletzte, und es wurde eine Ausgangssperre verhängt. Erneute Ereignisse dieser Art sind jederzeit möglich (EDA 08.03.2019; vgl. AA 28.05.2018, BMEIA 27.05.2019, AI 22.02.2018).

Im März 2017 kam es im Distrikt Saptari (östliches Terai) zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten der Madhesi und Sicherheitskräften, die mehrere Todesopfer und zahlreiche Verletzte forderten. Während der Untersuchung der Todesfälle wurden Beamte der Nationalen Menschenrechtskommission (NHRC) in ihrem Fahrzeug von Anhängern jener Partei angegriffen, welche die Wahl boykottierten (AI 22.02.2018; vgl. HRW 18.01.2018). Es gibt Berichte über massive Schikanen der staatlichen Behörden gegenüber indigenen Führern, einschließlich Mitgliedern des Volkes der Tharu (UKHO 8.2018).

4. Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung von 2015 garantiert eine unabhängige Justiz (BH o.D.). Jedoch bleibt das Justizwesen anfällig für politischen Druck, Bestechung und Drohungen. Das Gerichtswesen ist dreistufig: an der Spitze steht der Oberste Gerichtshof, darunter rangieren Berufungs- und Distriktsgerichte (GIZ 5.2019; vgl. USDOS 13.03.2019).

Durch Militärgerichte wird über all jene Fälle geurteilt, welche militärisches Personal nach dem Militärgesetz betreffen. Das Militärgesetz räumt dabei dem Militärpersonal die gleichen Grundrechte wie der Zivilbevölkerung ein. Bis auf Soldaten, die wegen Vergewaltigung oder Mordes angeklagt sind und zur Strafverfolgung an zivile Behörden übergeben werden, verfolgt die Armee alle anderen Strafverfahren, die gegen Soldaten im Rahmen der Militärgerichtsbarkeit eingeleitet werden (USDOS 13.03.2019).

Die Regierung hat das Gesetz zur Untersuchung von Fällen verschwundener Personen, Wahrheit und Versöhnung, nicht wie vom Obersten Gerichtshof in den Jahren 2014 und 2015 angeordnet, abgeändert. Bis Ende des Jahres hatten die Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC) und die Commission for the Investigation of Enforced Disappeared Persons (CIEDP) über 60.000 bzw. 3.000 Beschwerden zu Menschenrechtsverletzungen wie Mord, Folter und Verschwindenlassen durch staatliche Sicherheitskräfte, wie auch Maoisten während des Bürgerkrieges von 1996 bis 2006 gesammelt. Effektive Untersuchungen fanden jedoch nicht statt. Ein akuter Mangel an Ressourcen und Kapazitäten beeinträchtigt die Möglichkeiten der beiden Organe, Aufklärung, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu erreichen (AI 22.02.2018; vgl. BTI 2018).

Die NA [Nepal Army] hat sich bereiterklärt, mit der Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC) und der Commission for the Investigation of Enforced Disappeared Persons CIEDP zusammenzuarbeiten (USDOS 13.03.2019).

Unsichere Eigentumsrechte stellen für Einkommensschwache ein besonderes Problem dar, da es diesem Personenkreis oft an einer geeigneten Dokumentation mangelt, um einen Anspruch auf Grund und Boden bei der Verwaltung und bei örtlichen Gerichten durchzusetzen (BTI 2018).

Die Behörden setzen Gerichtsbeschlüsse, einschließlich Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, nicht konsequent um. Der Respekt für die Einhaltung rechtsstaatlicher Normen und das Vertrauen in die bestehenden Rechtsorgane sind erodiert. Die formelle Justiz ist in Nepal für Konfliktparteien oft kaum erreichbar, unzuverlässig und zu teuer. Die weit verbreitete Korruption der Polizeibehörden und der Staatsverwaltung trägt dazu bei, dass die Bevölkerung kein Vertrauen in die bestehenden Rechtsorgane setzt (GIZ 5.2019; vgl. USDOS 13.03.2019).

Durch den Obersten Gerichtshof wurden mehrere politische Führer wegen Korruption anklagt und mutige Entscheidungen mit Bezug auf Übergangsjustiz, Staatsbürgerschaft und Quoten getroffen (BTI 2018).

5. Sicherheitsbehörden

Die Aufgabe der Nepal Police (NP) ist die Durchsetzung von Recht und Ordnung, während die Armed Police Force (APF) für die Terrorismusbekämpfung, die Gewährleistung der Sicherheit während Ausschreitungen und öffentlichen Unruhen, Unterstützungsleistungen bei Naturkatastrophen und für den Schutz wichtiger Infrastruktur zuständig ist. NP und APF verfügen jeweils über eine Menschenrechtsabteilung (HRS), die National Army (NA) über eine Menschenrechtsdirektion (HRD). Die Untersuchungen der NA waren nach Ansicht von Menschenrechts-NGOs nicht vollständig transparent (USDOS 13.03.2019).

Zwar hat durch die Regierung Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte untersucht, jedoch wurden die Verantwortlichen nicht systematisch zur Verantwortung gezogen. Sicherheitskräften, welchen vorgeworfen wird, in den letzten Jahren exzessive Gewalt angewendet zu haben, sehen sich ebenso wenig wie die meisten Täter aus der Zeit des Bürgerkrieges [1996-2006] keiner nennenswerten Rechenschaftspflicht ausgesetzt (USDOS 13.03.2019).

Die NA hat die Menschenrechtsausbildung in ihre militärischen Ausbildungen integriert und in allen Einheiten fortlaufend geschult. Jede Brigade verfügt über einen designierten Menschenrechtsbeauftragten, die verschiedenen Dienststellen wiederum über Menschenrechtspersonal. Ebenso haben NP und APF die Ausbildung in Menschenrechtsfragen in ihre allgemeinen Ausbildungspläne für Sicherheitskräfte aufgenommen. Durch die HRS wurden Broschüren veröffentlicht, in denen die besten Praktiken im Bereich der Menschenrechte für die Polizeibeamten beschrieben werden. Von mobilen Trainingsteams werden auch abgelegene Gebiete des Landes erreicht, um die Beamten über die Menschenrechte und die Grundsätze einer demokratischen Polizei zu informieren. Durch diese Maßnahmen konnten gemäß den Angaben von HRS viele geringfügige Menschenrechtsverletzungen einschließlich körperlicher und verbaler Missbräuche, beseitigt werden, sodass sich die HRS im Bedarfsfall auf schwere Fälle konzentrieren kann. Die NP hat die Menschenrechte in alle Ausbildungsebenen integriert und deckt im Laufe des Jahres fast 15.000 Personen ab. Dennoch bleiben mangelnde Bestrafung oder Rechenschaftspflicht für polizeiliche Missbräuche als Problemstellungen bestehen (USDOS 13.03.2019).

Bemühungen, die strafrechtliche Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen zu gewährleisten, werden weiterhin dadurch stark untergraben, dass die Polizei die zur Einleitung von Ermittlungen erforderlichen Berichte (First Information Reports) nicht anfertigt, keine Untersuchungen anstellt und gerichtliche Anweisungen nicht befolgt. Dies gilt selbst in Fällen von mutmaßlichen außergerichtlichen Hinrichtungen, Menschenhandel, geschlechtsspezifischer Gewalt sowie von Folter und anderen Misshandlungen (AI 24.02.2016).

Angebliche unangemessene Gewaltanwendungen durch die Sicherheitskräfte bei den Protesten im Zeitraum August 2015 bis Februar 2016 - besonders in der Region Terai - werden kritisiert und als erhebliches Menschenrechtsproblem betrachtet (USDOS 13.03.2017).

Im Zeitraum von 2017 bis 2018 gingen bei der Menschenrechtsabteilung der nepalesischen Polizei insgesamt 144 Menschenrechtsverletzungsklagen ein, für welche 67 Polizisten zur Rechenschaft gezogen worden sind. Die nepalesische Armee erklärt, dass im selben Zeitraum keine Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen bei der Menschenrechtsdirektion eingegangen sind (USDOS 13.03.2019).

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung verbietet Folter und durch das neu verabschiedete Strafrecht wird Folter kriminalisiert. Das Folterausgleichsgesetz sieht eine Entschädigung für Folteropfer vor. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten und Rechtsexperten hat die Polizei schweren Missbrauch, sowie Misshandlungen eingesetzt, um Geständnisse zu erzwingen. Die lokale Menschenrechts-NGO-Advocacy-Forum (AF) berichtete, dass tendenziell keine Anzeichen für größere Veränderungen des polizeilichen Missbrauchs im ganzen Land bestehen, weist aber darauf hin, dass die Polizei zunehmend der Forderung der Gerichte nach einer medizinischen Voruntersuchung der Häftlinge nachkommt. Die Terai Human Rights Defenders Alliance (THRDA), eine weitere lokale NGO, erklärt, dass Folteropfer oftmals aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen zögern, Beschwerden wegen polizeilicher oder anderer offizieller Einschüchterungen einzureichen. Laut THRDA haben die Gerichte viele Fälle von angeblicher Folter mangels glaubwürdiger Beweise, insbesondere medizinischer Unterlagen, abgewiesen. In Fällen, in denen Gerichte Entschädigung gewährten oder Disziplinarmaßnahmen gegen die Polizei anordneten, wurden die Entscheidungen laut THRDA und anderen NGOs selten umgesetzt. In einigen Fällen haben sich Opfer unter dem Druck der Täter außergerichtlich geeinigt (USDOS 13.03.2019).

THRDA berichtete, dass 34 Prozent der Häftlinge in Polizei-Haftanstalten im südlichen Terai-Gürtel des Landes körperlichem und/oder psychischem Missbrauch ausgesetzt waren. Nach Angaben der Nepal Police Human Rights Section (HRS) wurden viele dieser mutmaßlichen Vorfälle von keiner Polizeibehörde offiziell gemeldet oder untersucht (USDOS 13.03.2019).

Darüber hinaus gibt es keine institutionelle Reform der Sicherheitskräfte, welchen vorgeworfen wird, während des bewaffneten Bürgerkrieges zwischen 1996 und 2006, Folter, Mord und Vertreibung begangen zu haben. Einige mutmaßliche Kriegsverbrecher sind in der Regierung tätig (FH 2019). Es wurden keine Fälle von Foltervorwürfen in der Zeit des Bürgerkrieges an die Strafjustiz herangetragen (USDOS 13.03.2019).

Während der Untersuchungshaft kommt es nach wie vor zu Fällen von Folter - etwa um Geständnisse zu erzwingen. Das neue Strafgesetz, welches durch das Parlament im August 2017 verabschiedet wurde, enthält Bestimmungen, welche Folter und andere Misshandlungen unter Strafe stellen und Verstöße dagegen mit einer Höchststrafe von fünf Jahren ahnden. Ein eigenständiges Anti-Folter-Gesetz, welches im Parlament anhängig bleibt, entspricht bei weitem nicht den völkerrechtlichen Anforderungen (AI 22.02.2018).

Die Regierung verhindert gründliche Untersuchungen bzw. das Ergreifen schwerwiegender Disziplinarmaßnahmen gegen Polizisten, die wegen Brutalität und Folter angeklagt wurden. Der UN-Ausschuss gegen Folter stellte fest, dass die Folterung von Verdächtigen in Untersuchungshaft weit verbreitet ist. Amnesty International berichtet von Fällen von Folterung von Frauen und Kindern (FH 27.01.2017).

7. Korruption

Das Verwaltungssystem ist marode, voller Korruption und dringend reformbedürftig (BTI 2018). Zwar sieht das Gesetz strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, jedoch werden die Gesetze dafür durch die Regierung nicht konsequent umgesetzt. Auch wird über Korruption innerhalb der Regierung berichtet (USDOS 13.03.2019).

Die Korruption innerhalb der nepalesischen Polizei und der APF bleibt problematisch (USDOS 13.03.2019).

Nepal liegt im 2018 Corruption Perceptions Index von Transparency International mit einer Bewertung von 31 (von 100) (0=highly corrupt, 100=very clean) auf Platz 124 (von 180) (je höher, desto schlechter) (TI 2018). Im Jahre 2017 erreichte Nepal eine Bewertung von 31 und belegte den 122. Rang (von 180) (TI 2018). 2016 lag das Land mit Bewertung 29 auf Platz 131 (von 176) (TI 2016).

8. Wehrdienst und Rekrutierungen

Ein freiwilliger Militärdienst ist im Alter von 18 Jahren möglich, eine Wehrpflicht gibt es nicht (CIA 27.06.2019).

9. Allgemeine Menschenrechtslage

Hunderttausende Überlebende des Erdbebens von 2015 (fast 70 Prozent der Betroffenen) leben noch immer in Notunterkünften. Die Regierung hat einen Nachweis des Grundbesitzes als Bedingung für den Erhalt einer Wiederaufbauförderung festgelegt. Da jedoch bis zu 25 Prozent der Bevölkerung dieses Kriterium nicht erfüllt haben, sind zehntausende der Überlebenden des Erdbebens nicht förderfähig. Die Situation betrifft vor allem marginalisierte und benachteiligte Gruppen, darunter Frauen, Dalits, wie auch andere ethnische Minderheiten und Kasten (AI 22.02.2018; vgl. BTI 2018).

Zu weiteren Menschenrechtsproblemen gehören Berichten zu Folge unrechtmäßige oder willkürliche Tötungen, Folter, grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung und willkürliche Inhaftierung, Blockaden von Stätten, Verleumdung, Eingriffe in das Recht auf friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit, übermäßig restriktive Gesetze gegenüber Nichtregierungsorganisationen (NGO), Korruption, Menschenhandel, frühe und erzwungene Heirat, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen, insbesondere von gebietsansässigen Tibetern, mangelnde offizielle Rechenschaftspflicht im Zusammenhang mit Diskriminierung und Gewalt, einschließlich Vergewaltigungen von Frauen, sowie der Einsatz von Zwangs-, Pflicht- und Kinderarbeit (USDOS 13.03.2019).

Jegliche Diskriminierung auf der Basis der Kastenzugehörigkeit ist von der nepalesischen Verfassung verboten. Trotzdem werden Angehörige "unberührbarer Kasten" (Dalits) vielfach ausgegrenzt (GIZ 5.2019). Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Kaste, der sozialen Klasse, der Ethnie, der sexuellen Orientierung oder der Religion sind häufig (IHR 17.08.2019). Zuverlässige Daten über die Diskriminierung von sexuellen Minderheiten liegen nicht vor, doch berichten Interessenverbände, dass 2018 sexuelle Minderheiten von der Polizei schikaniert worden sind. In einem Fall erhielten die Opfer eine formelle Entschuldigung, und die entstandenen medizinischen Kosten wurden von der Polizei übernommen (USDOS 13.03.2019).

Die staatliche Durchsetzung der Gesetze gegen Zwangsarbeit ist uneinheitlich, und die soziale Wiedereingliederung der Opfer bleibt schwierig. Die Ressourcen, Inspektionen und Abhilfemaßnahmen stellen sich ungenügend dar, und die Strafen bei Rechtsverletzungen sind nicht ausreichend, um Verstößen vorzubeugen. Es besteht eine fehlende formale Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit Zwangs-, Pflicht- und Kinderarbeit (USDOS 13.03.2019).

Menschenrechtsorganisationen in Nepal fordern von der Regierung das Schicksal der im Bürgerkrieg verschwundenen, verschleppten und ermordeten Menschen aufzuklären (GIZ 5.2019).

Die Wahrheits- und Versöhnungskommission (Truth and Reconciliation Commission; TRC) und die Untersuchungskommission für verschwundene Personen (Commission of Investigation on Enforced Disappeared Persons, CIEDP) begannen im Februar 2015 mit der Untersuchung von Beschwerden über das Verschwinden von Personen aus der Zeit des Bürgerkrieges. Im Oktober 2018 berichteten Menschenrechtsexperten, dass weder durch den TRC noch durch die CIEDP wesentliche Fortschritte dabei erreicht worden sind (USDOS 13.03.2019).

Zwar wurden durch die TRC und die CIEDP im Jahre 2018 in ganz Nepal umfangreiche Anhörungen durchgeführt, doch blieben die Bedenken hinsichtlich ihrer Unabhängigkeit und Unparteilichkeit, insbesondere bei der Communist Party of Nepal-Maoist (CPN-M), welche Anfang 2018 der regierenden Partei in der neuen Regierung beigetreten ist, bestehen. Aufgrund von Mängeln in der Gesetzgebung zur Einrichtung der Übergangsjustizmechanismen verpflichtete sich der Generalstaatsanwalt im Juni 2018, Gesetze mit dem Völkerrecht in Einklang zu bringen und Amnestieklauseln für Täter zurückzuziehen. Dennoch befinden sich Personen, welche sich glaubwürdigen Anschuldigungen ausgesetzt sehen, weiterhin in Machtpositionen. An Gerichten eingereichte Fälle sind nach wie vor nicht beendet, da die Polizei und die zuständigen Behörden sich weigern, Ermittlungen durchzuführen, die es ermöglichen würden, Anklageerhebungen und Strafverfolgungsmaßnahmen durchzuführen. Die wichtigsten politischen Parteien bestehen weiterhin darauf, dass es sich um politische Fälle handelt und dass diese nicht von ordentlichen Gerichten behandelt werden sollten (HRW 17.01.2019).

Am 09.02.2019 sollte das Mandat der nepalesischen Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC) und der Untersuchungskommission für verschwundene Personen (CIEDP) auslaufen. Da keine der beiden Kommissionen auch nur eine Untersuchung der Zehntausenden von Beschwerden von Opfern von Menschenrechtsverletzungen, mit denen das Land während des jahrzehntelangen maoistischen Konflikts (1996-2006) zu kämpfen hatte, abgeschlossen hatte, hätte dies ein Ende des Übergangsrechtsprozesses bedingt, welcher allgemein als Misserfolg angesehen worden wäre. So wurde durch die nepalesische Regierung als Reaktion auf den Druck der internationalen Gemeinschaft und der Opfergruppen die Mandatszeit der Kommission um ein weiteres Jahr verlängert, um den Prozess der Übergangsjustiz weiter voranzutreiben. Obwohl die Verlängerung vorsichtig begrüßt wurde, steht die Durchsetzung einer angemessenen Justiz für die Opfer von konfliktbedingten Menschenrechtsverletzungen weiterhin vor anhaltenden Herausforderungen und erneuten Ungewissheiten (TI 12.02.2019).

10. Haftbedingungen

Laut Menschenrechtsorganisationen entsprechen die Haftbedingungen, insbesondere jene der Untersuchungshaftanstalten nicht internationalen Standards. Die Staatsanwaltschaft (Office of the Attorney General OAG) berichtet, dass in 31 besichtigten Gefängnissen mit einer Gesamtkapazität von 4.308 Plätzen, insgesamt 7.909 Verurteilte einsitzen. Terai Human Rights Defenders Alliance (THRDA) erklärt, dass die Überbelegung in den Haftanstalten ein ernsthaftes Problem bleibt (USDOS 13.03.2019). Weitere Probleme sind Folter und Misshandlung von Männern, Frauen und Kindern (IHR 17.08.2018).

Laut der lokalen Menschenrechts-NGO-Advocacy-Forum (AF) stellen sich die medizinischen Untersuchungen für Häftlinge im Allgemeinen oberflächlich dar und die medizinische Versorgung für Häftlinge mit schweren Erkrankungen ist auf schlechtem Niveau. Gefangene und Häftlinge der 3 durch die Staatsanwaltschaft inspizierten Haftanstalten berichten, dass ihnen regelmäßige medizinische Untersuchungen und Behandlungen vorenthalten werden. Laut THRDA fehlten den meisten Gefängnissen separate Einrichtungen für Frauen, Kinder und Menschen mit Behinderungen. AF berichtet, dass einige Häftlinge aufgrund des Mangels an Betten auf dem Boden schlafen und nur Zugang zu ungefiltertem, schmutzigem Wasser und unzureichender Nahrung haben. Viele Haftanstalten verfügen über eine schlechte Belüftung, Beleuchtung, Heizung und Bettwäsche. Einige Hafteinrichtungen halten Untersuchungshäftlinge zusammen mit verurteilten Gefangenen fest. Aufgrund des Fehlens angemessener Jugendstrafanstalten inhaftieren Behörden manchmal Kinder in Untersuchungshaft mit Erwachsenen oder erlauben Kindern, mit ihren inhaftierten Eltern in Haft zu bleiben (USDOS 13.03.2019).

Allgemein gestattet die Regierung in Gefängnis- und Untersuchungshaftzentren Monitoringbesuche durch die OAG, die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC), die Nationale Frauenkommission und die Nationale Dalit-Kommission, sowie durch Anwälte der Angeklagten. THRDA und AF berichten jedoch, dass sie und einige andere NGOs oft daran gehindert werden, sich mit Gefangenen zu treffen oder Zugang zu Haftanstalten zu erhalten, obwohl einigen unabhängigen Menschenrechtsbeobachtern, einschließlich der Vereinten Nationen und internationaler Organisationen, ein solcher Zugang gewährt wird (USDOS 13.03.2019).

Zwar werden durch das Gesetz willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen verboten, doch sollen Sicherheitskräfte im Laufe des Berichtzeitraumes willkürliche Verhaftungen durchgeführt haben. Leitenden Bezirksbeamten wird vom Gesetz dazu ein großer Spielraum für Verhaftungen gewährt. Menschenrechtsgruppen behaupten, dass die Polizei ihre 24-Stunden-Haftvollmacht missbraucht, indem sie Personen rechtswidrig, in einigen Fällen ohne angemessenen Zugang zu Rechtsbeistand, Verpflegung und medizinische Versorgung oder in unzureichenden Einrichtungen, festgehalten hat (USDOS 13.03.2019).

11.Todesstrafe

Nepal gehört zu jenen Staaten, deren Gesetzgebung die Todesstrafe nicht vorsehen (AI 10.04.2019)

12.1. Frauen

Die Verfassung enthält Bestimmungen, welche eine geschlechtsspezifische Diskriminierung zulassen. Diskriminierung von Frauen und Mädchen stellt ein anhaltendes Problem dar (USDOS 13.03.2019). Frauen, werden im öffentlichen Leben regelmäßig diskriminiert und sind vom Zugang zu Ressourcen und Machtpositionen ausgeschlossen (BTI 2018). Zwar errangen Frauen bei den Kommunalwahlen aufgrund von Quotenregelungen 41 Prozent der Sitze, doch bleiben höhere Posten überwiegend von Männern besetzt. Während die Verfassung ein Drittel der Sitze im Parlament für Frauen vorsieht, waren nur 7 Prozent der Direktwahlkandidaten für die Parlamentswahlen Frauen (HRW 18.01.2018).

Häusliche Gewalt gegen Frauen und Mädchen bleibt ein ernsthaftes Problem. Nichtregierungsorganisationen berichten, dass Gewalt gegen Frauen und Mädchen, einschließlich Früh- und Zwangsheirat, einer der Hauptfaktoren für den als relativ schlecht zu bezeichnenden Gesundheitszustand von Frauen, deren unsichere Existenzsicherung und ihre unzureichende soziale Mobilisierung darstellt und zur intergenerationellen Armut beiträgt. Darüber hinaus schränkte die nach wie vor weit verbreitete Praxis der Früh- und Zwangsheirat den Zugang von Mädchen zur Bildung ein und erhöhte ihre Anfälligkeit für häusliche Gewalt und sexuellen Missbrauch, einschließlich dem Sexhandel (USDOS 13.03.2019). Nepal erreicht in Asien den dritthöchsten Wert an geschlossenen Kinderehen. 37 Prozent der Mädchen heiraten vor dem 18. Lebensjahr, 10 Prozent sogar vor dem 15. Lebensjahr. 2016 startete die Regierung eine nationale Strategie mit dem Ziel, Kinderehen bis 2030 zu beenden, doch sind die Maßnahmen zur Umsetzung des Plans inzwischen ins Stocken geraten (HRW 17.01.2019).

Das Gesetz über häusliche Gewalt von 2009 ermöglicht es, Beschwerden bei Fällen häuslicher Gewalt durch Mediation mit Schwerpunkt auf Versöhnung beizulegen. Durch die Behörden wird eine Strafverfolgung in diesem Rahmen in der Regel nur dann durchgeführt, wenn die Mediation fehlgeschlagen ist (USDOS 13.03.2019).

Im neuen Strafgesetz bleiben die Strafbestimmungen für Vergewaltigungen und deren gesetzliche Verjährungsfristen noch weit hinter internationalen Standards und dem Völkerrecht zurück. Geschlechtsspezifische Diskriminierung untergräbt weiterhin die Möglichkeiten von Frauen und Mädchen, über ihre Sexualität zu bestimmen, eine angemessene Gesundheitsfürsorge für Schwangere und Mütter in Anspruch zu nehmen, Entscheidungen zum Thema Fortpflanzung zu treffen oder eine verfrühte bzw. erzwungene Ehe anzufechten (AI 22.02.2018).

Ein 2017 beschlossenes Gesetz kriminalisiert Chaupadi, eine Praxis, welche Frauen und Mädchen während der Menstruation aus ihren Häusern in Schuppen oder isolierte Dunkelräume zwingt (HRW 18.01.2018). Doch wird diese Praxis in abgelegenen Gebieten mangels Durchsetzung weiter betrieben (HRW 17.01.2019; vgl. BBC 10.01.2019).

13. Bewegungsfreiheit

Das Gesetz sieht Bewegungs- und Reisefreiheit, aber auch das Recht auf Emigration und Rückkehr vor. Eine Ausnahme bilden Flüchtlinge; diese müssen bezüglich ihrer Bewegungsfreiheit oft gesetzlich geregelte Einschränkungen hinnehmen. Die Einschränkungen der Flüchtlingsbewegungen werden aber nicht einheitlich durchgesetzt. Die Regierung stellt seit 20 Jahren keine Ausweisdokumente für tibetische Flüchtlinge mehr aus. Es gibt Berichte über Vertriebene aus Tibet, die aufgrund fehlender Personaldokumente an Kontrollpunkten von der Polizei schikaniert oder zurückgeschickt werden. Um Frauen vor Menschenhandel oder Misshandlung zu schützen, führte die Regierung für Frauen ein Mindestalter von 24 Jahren für Auslandsreisen zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung ein. Diese Regelung wird jedoch von NGOs und Menschenrechtsaktivisten als diskriminierend und kontraproduktiv empfunden, da so Frauen auf informellem Weg über die indische Grenze migrieren, was sie anfälliger für Menschenhandel macht (USDOS 13.03.2019). Rekrutierungsunternehmen nutzen weiterhin ihren politischen Einfluss, um Ermittlungen, Strafverfolgung und Wiedergutmachungen für Missbrauch und Ausbeutung von Migranten zu verhindern (AI 22.02.2018).

In Folge der schweren Erdbeben im Jahr 2015 gibt es im ganzen Land weiterhin Schäden an der Infrastruktur und unpassierbare Straßen. In Nepal kommt es vereinzelt zu kurzfristig ausgerufenen "Bandhs" (Zwangsstreiks), mit Blockaden bzw. Straßensperren, auch im Kathmandu-Tal, die teilweise auch gewaltsam durchgesetzt werden. Diese können das öffentliche Leben empfindlich stören und zu Behinderungen im Reiseverkehr führen (AA 28.05.2019).

14. Grundversorgung und Wirtschaft

Der zehnjährige Bürgerkrieg hat die wirtschaftliche Entwicklung Nepals deutlich beeinträchtigt. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum bewegte sich in den letzten Jahren real zwischen 2 und 5 Prozent. Die schweren Erdbeben vom April und Mai 2015 haben zu einem weiteren Einbruch der Wirtschaft geführt. Nepal ist nach den Bürgerkriegsländern Jemen und Afghanistan das drittärmste Land Asiens und zählt weiterhin zu den 20 ärmsten Ländern der Welt. Im multidimensionalen Armutsindex [von] wird die Armut der Bevölkerung allerdings minimal geringer eingeschätzt als beispielsweise auch in Bangladesch oder Myanmar. Die nepalesische Wirtschaft ist faktisch weitgehend privatwirtschaftlich verfasst, aber auch geprägt durch starre sozialstaatliche Elemente sowie durch privilegierte Staatsunternehmen. Ausgeprägte Bürokratie sowie eine unzureichende Infrastruktur beeinträchtigen das Investitionsklima. Die subsistenz-orientierte Agrarwirtschaft erwirtschaftet mehr als 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und beschäftigt mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen. Trotz einer rapiden Urbanisierung leben noch immer 81 Prozent der Bevölkerung im ländlichen Raum. Der industrielle Sektor erholte sich 2016/17 und wuchs um 11 Prozent. Wichtige Impulse für das Baugewerbe gehen vom Wiederaufbau und den ins Auge gefassten Investitionen in Infrastrukturprojekte wie Straßen- und Kraftwerksbau aus. Die Überweisungen nepalesischer Auslandsmigranten machen geschätzt zwischen 26 und 30 Prozent des BIP aus - ein im internationalen Vergleich sehr hoher Anteil. Positiv dürfte sich auswirken, dass eine Serie von Gesetzesprojekten zur Förderung von Auslandsinvestitionen und Binnenwirtschaft in Angriff genommen wurden. Zuwendungen aus der Entwicklungszusammenarbeit trugen in vergangenen Jahrzehnten einen substanziellen Teil zum nepalesischen Staatsbudget bei. Auch heute ist Nepal weitgehend von ausländischer Hilfe abhängig (AA 22.01.2019; vgl. GIZ 5.2019a).

Es existieren keine zuverlässigen Erhebungen zur Arbeitslosigkeit. Die offizielle Erwerbslosenquote ist relativ niedrig (2016: 3,2 Prozent), Unterbeschäftigung ist jedoch weit verbreitet (BTI 2018). Die politische Instabilität und die schwere wirtschaftliche Krise treiben weiterhin Massen von jungen Nepalesen ins Ausland. Wegen der offenen Grenzen ist die Migration ins Ausland nicht dokumentiert. Schätzungen gehen davon aus, dass heute 4 bis 5 Mio. Nepalesen im Ausland arbeiten. Rund die Hälfte davon dürfte sich in Indien aufhalten, der Rest vor allem in Malaysia, Katar, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait. Mit der zunehmenden Emigration ist die Rekrutierung von Arbeitskräften zu einem lukrativen Geschäft geworden. Über 800 sogenannte "Manpower Companies" werben über lokale Agenten Arbeitswillige in den Dörfern an und organisieren Transport, Ausreisepapiere und Verträge mit den Arbeitgebern in den Zielländern. Die große Mehrheit der Arbeitsmigranten sind junge Männer. Der Anteil der Frauen hat mit der steigenden Nachfrage nach Hausangestellten in den Golfstaaten im letzten Jahrzehnt zwar zugenommen, Frauen machen aber erst etwa 10 Prozent der Arbeitskräfte im Ausland aus und sind besonders gefährdet (GIZ 6.2019b; vgl. AA 22.01.2019, GIZ 5.2019a, DR 25.04.2017).

Nach zwei schweren Erdbeben, die im April und Mai 2015 Nepal erschüttert und verheerende Schäden im Kathmandu-Tal und den Bergdörfern des Himalaya angerichtet haben, erholt sich das Land nur langsam. Damals kamen fast 9.000 Menschen ums Leben, 3,5 Mio. wurden obdachlos, 400.000 Familien benötigen Hilfe. Der Wiederaufbau läuft auch zwei Jahre später nur schleppend. Laut der Wiederaufbaubehörde wurde bisher erst ca. 4.000 Menschen eine zweite Rate der zugesicherten Gelder ausgezahlt, nur 420 bekamen bisher die volle Zahlung. Trotz nationaler und internationaler Unterstützung beklagten die Hilfsorganisationen fehlende Vorgaben der Regierung für den notwendigen Wiederaufbau (DR 25.04.2017; vgl. GIZ 5.2019a).

Nepal verfügt außer den familiären sozialen Netzwerken über kein Wohlfahrtssystem. In bestimmten Fällen sind NGOs bemüht, diese Lücke zu füllen, aber deren Tätigkeit ist sehr stark von dem jeweiligen Standort und von internationalen Spenden abhängig, somit können nicht die gleichen Leistungen im ganzen Land angeboten werden. Es gibt nur vereinzelt Privatinitiativen; die öffentlichen Sozialdienste sind rückständig und unzureichend, obwohl sich die Situation in den letzten Jahren leicht verbesserte (BTI 2018).

Es wird trotz leichten Fortschritten von Zwangs- und Kinderarbeit berichtet (IHR 17.08.2018).

15. Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen unzureichend und entspricht häufig nicht europäischem Standard. Dennoch hat sich der Gesundheitszustand der nepalesischen Bevölkerung in den vergangenen Jahren stark verbessert. Insbesondere ist es gelungen, die Zahl der Todesfälle von Müttern und Neugeborenen deutlich zu senken. Doch noch gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Armen und Wohlhabenden sowie zwischen Stadt und Land. Qualität und Verfügbarkeit grundlegender Gesundheitsdienstleistungen sind für weite Teile der Bevölkerung nach wie vor unzureichend (AA 28.05.2019; vgl. BMZ 21.02.2018). Mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat keinen Zugang zu den wichtigsten Medikamenten, auf 100.000 Einwohner kommen im Durchschnitt nur 21 Ärzte (GIZ 6.2019b) Eine ausreichende Grundversorgung besteht in Kathmandu und den gängigen Touristenzielen. In Kathmandu ist die medizinische Versorgung in einzelnen Fachbereichen durchaus auch auf einem hohen Niveau (AA 28.05.2019; vgl. BMZ 21.02.2018).

Zwischen 2017 und 2017 waren in Nepal 125 öffentliche Krankenhäuser und 1.822 private Gesundheitseinrichtungen, 198 primäre Gesundheitszentren (PHCC) und 1.822 nicht öffentliche Gesundheitsstationen existent. Eine grundlegende Gesundheitsversorgung wurde von 11.974 medizinischen Beratungsstellen (PHCORC) gewährleistet. Darüber hinaus wurden im Rahmen des erweiterten Immunisierungsprogramms (EPI) 15.835 Schutzimpfungen durchgeführt. Diese Maßnahmen wurden mithilfe von 51.420 freiwilligen medizinischen Hilfskräften der Gemeinden (FCHV) unterstützt (DOHS 2019).

Das Gesundheitswesen ist aber insgesamt nur schwach entwickelt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat keinen Zugang zu den wichtigsten Medikamenten. Unterernährung und Erkrankungen des Magen-Darmtraktes, parasitäre Krankheiten, Tuberkulose, Typhus, Malaria, Tollwut, Augen- und Schilddrüsenerkrankungen sind verbreitet. Die Zahl der HIV-Infizierten beläuft sich auf 31.000. Die Kinder- und Müttersterblichkeitsraten sind sehr hoch. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei etwa 70 Jahren. In den ländlichen Gebieten ist die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung besonders schlecht. Auf dem Land fehlt es an Ärzten und Medikamenten, die Wege zu Gesundheitsstationen sind in entlegenen Regionen sehr weit. Die Bevölkerung ist daher noch in hohem Maße auf die traditionellen Heilpraktiken angewiesen. Seit Anfang der 1990er Jahre versucht die Regierung, mit der Einrichtung von Gesundheitsstationen (sub-health posts) in ländlichen Gebieten der gesamten Bevölkerung ein Mindestmaß an grundlegenden Gesundheitsdiensten zugänglich zu machen. Die Regierungsentscheidung, 7,2 Prozent des Jahresbudgets in den Gesundheitssektor zu investieren, ist ein wichtiges Element sozialer Sicherheit. Der Gesundheitssektor steht dennoch vor anhaltenden Herausforderungen, um die Situation für die benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu verbessern (GIZ 6.2019b).

In Nepal gibt es keine Krankenversicherung (DNH o.D.). Durch die Regierung werden Kindern und Erwachsenen eine kostenlose medizinische Grundversorgung zur Verfügung gestellt, obwohl die elterliche Diskriminierung von Mädchen oft dazu führt, dass verarmte BFA Eltern bei der Suche nach medizinischer Versorgung ihren Söhnen Vorrang einräumen (USDOS 13.03.2019)

16. Rückkehr

Die Regierung gewährleistet nepalesischen Staatsbürgern Reisefreiheit, Emigration und die Rückkehr nach Nepal. Die Regierung arbeitet im Allgemeinen mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen bei der Bereitstellung von Schutz und Unterstützung für Asylwerber und Flüchtlinge zusammen (USDOS 13.03.2019)."

4. Beweiswürdigung:

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des BVwG.

4.1. Zur Person der BF:

Die Feststellungen zur Identität des BF ergeben sich aus seinen Angaben vor dem BFA und in der Beschwerde.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Name und Geburtsdatum getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im Asylverfahren. Der BF hat diesbezüglich zwar gleichlautende Angaben gemacht, seine Identität konnte jedoch - mangels Vorlage unbedenklicher Identitätsdokumente oder anderer relevanter Bescheinigungsmittel - nicht abschließend geklärt werden. Dem BF wurde laut Mitteilung der zuständigen Bezirkshauptmannschaft am 09.12.2015 zwar ein österreichischer Führerschein ausgestellt, dieser wurde jedoch im Verfahren vor dem BFA nicht vorgelegt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft, insbesondere zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des BF, stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF im Verfahren vor dem BFA und in der Beschwerde sowie auf die Kenntnis und Verwendung der Sprache Nepali und die Kenntnis der geografischen Gegebenheiten Nepals.

4.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

Die Feststellungen zu den Gründen des BF für das Verlassen seines Heimatstaates stützen sich auf die von ihm vor dem BFA und in der Beschwerde getroffenen Aussagen.

Als fluchtauslösendes Ereignis brachte der BF im Rahmen seiner Erstbefragung vor, dass er zur königlichen Partei gehöre und ein oppositionelles Parteimitglied im August 2014 umgebracht worden sei, weshalb er aus Angst geflohen sei. In seiner Einvernahme vor dem BFA führte er hingegen aus, dass er einen politisch motivierten Streit gehabt habe. Er habe mit neun anderen Personen Mitglieder der Kongresspartei gegen Bezahlung angegriffen und geschlagen, dabei hätten sie viele Leute verletzt. Er sei daraufhin von der Polizei gesucht worden und aus Angst vor einer Verhaftung geflüchtet.

Festzuhalten ist, dass diese Verfolgungsgründe weder bewiesen noch belegt worden sind. Daher ist zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, auf die persönliche Glaubwürdigkeit des BF und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen.

Die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des BF hat vor allem zu berücksichtigen, ob dieser außerhalb des unmittelbaren Vortrags zu seinen Fluchtgründen die Wahrheit gesagt hat; auch ist die Beachtung der in § 15 AsylG normierten Mitwirkungspflichten gemäß § 18 Abs. 3 AsylG und die sonstige Mitwirkung des BF im Verfahren zu berücksichtigen.

Es obliegt dem BF, die in seiner Sphäre gelegenen Umstände seiner Flucht einigermaßen nachvollziehbar und genau zu schildern. Aus den Angaben des BF lässt sich jedoch keine lineare Handlung erkennen, die objektiv geeignet wäre, einen asylrelevanten Verfolgungsgrund zu verwirklichen. Wie sich aus der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA ergibt, hatte der BF ausreichend Zeit und Gelegenheit, seine Fluchtgründe umfassend und im Detail darzulegen sowie allfällige Beweismittel vorzulegen, wobei er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machte. Der BF wurde vom BFA auch mehrmals zur umfassenden und detaillierten Schilderung seiner Fluchtgründe und zur Vorlage entsprechender Unterlagen aufgefordert sowie über die Folgen unrichtiger Angaben belehrt.

Dabei ist festzuhalten, dass aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden kann, dass der BF grundsätzlich in der Lage sein muss, umfassende und inhaltlich übereinstimmende Angaben zu den konkreten Umständen und dem Grund der Ausreise aus dem Herkunftsstaat zu machen, zumal eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung ihren Herkunftsstaat verlassen hat, gerade in ihrer ersten Einvernahme auf konkrete Befragung zu ihrer Flucht die ihr gebotene Möglichkeit wohl kaum ungenützt lassen wird, die Umstände und Gründe ihrer Flucht in umfassender und in sich schlüssiger Weise darzulegen, um den beantragten Schutz vor Verfolgung möglichst rasch erhalten zu können. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine mit Vernunft begabte Person, die behauptet, aus Furcht vor Verfolgung aus ihrem Herkunftsstaat geflüchtet zu sein, über wesentliche Ereignisse im Zusammenhang mit ihrer Flucht, die sich im Bewusstsein dieser Person einprägen, selbst nach einem längeren Zeitraum noch ausreichend konkrete, widerspruchsfreie und nachvollziehbare Angaben machen kann.

Wie bereits das BFA ausgeführt hat, ist - abgesehen davon, dass sich die in der Erstbefragung und in der Einvernahme vom BF geschilderten fluchtauslösenden Vorfälle bereits eklatant voneinander unterscheiden - darauf hinzuweisen, dass der BF keine gleichbleibenden Angaben zum Vorfalls- und Ausreisezeitpunkt machen konnte: Während er etwa in seiner Erstbefragung im April 2015 angab, dass er vor ca. zehn Monaten den Ausreiseentschluss gefasst habe (Juni 2014) und vor etwa acht Monaten (August 2014) nach Delhi gefahren sei, gab er in seiner Einvernahme vor dem BFA an, dass er Nepal im Dezember 2014 verlassen habe. Befragt nach dem Zeitpunkt der fluchtauslösenden Umstände gab der BF in seiner Erstbefragung noch August 2014 an, führte in seiner Einvernahme dann aber ganz konkret den 24. oder 25. Februar 2014 ins Treffen. Auf die Frage, was er sohin zwischen dem Vorfall im Februar 2014 und seiner Ausreise aus Nepal im Dezember 2014 gemacht habe, führte der BF aus, dass er sich - widersprüchlich zu seinen vorherigen Angaben - in dieser Zeit in Indien aufgehalten habe. Auf Vorhalt, wonach er noch zuvor angegeben habe, dass er Nepal im Dezember 2014 verlassen habe, verlegte der BF den Vorfall auf einmal in den Oktober 2014. Auf die Frage, warum er dann trotzdem erst im Dezember ausgereist sei, führte der BF an, dass er am selben Tag nach Kathmandu gereist sei und von dort aus nach Delhi gefahren sei. Mit Dezember 2014 habe er - wiederum widersprüchlich zu seinen vorherigen Angaben - gemeint, dass er aus Delhi weggefahren sei.

Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, dass der BF - hätte es tatsächlich ein fluchtauslösendes Ereignis gegeben - derart widersprüchliche Angaben macht, zumal zwischen Februar, August und Oktober 2014 jeweils mehrere Monate liegen.

Darüber hinaus machte der BF trotz mehrmaliger Aufforderungen nur unkonkrete Aussagen und konnte nicht angeben, was konkret sich zugetragen haben soll und welche genauen Umstände nun zu seiner Flucht geführt hätten. Aus diesen Gründen war auch die Kopie eines angeblichen Fahndungsschreibens (im Übrigen ohne Foto und ohne jegliche Beschreibung des Verdächtigen) nicht geeignet, sein Fluchtvorbringen glaubhaft erscheinen zu lassen.

Schließlich lässt auch die vom BF vorgenommene Unterstellung, die Dolmetscherin habe sich etwa seine Zugehörigkeit zur königlichen Partei ausgedacht, den BF als persönlich unglaubwürdig erscheinen. An dieser Stelle ist auch darauf hinzuweisen, dass dem BF die Erstbefragung rückübersetzt wurde und er deren Richtigkeit mit seiner Unterschrift bestätigt hat.

Der BF versucht offenbar, das für wirklich verfolgte Menschen so wichtige Institut des Asyls für seine Zwecke zu gebrauchen und - in Umgehung der sonst geltenden aufenthaltsrechtlichen Vorschriften - zu einem Aufenthaltsrecht ins Österreich zu gelangen.

Der Ermittlungspflicht der Behörden steht eine Mitwirkungspflicht des BF gegenüber. Der Verwaltungsgerichtshof (in der Folge VwGH) hat in ständiger Judikatur erkannt, dass es für die Glaubhaftmachung der Angaben erforderlich ist, dass der BF die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert, und dass diese Gründe objektivierbar sind, wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaft-Seins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt. Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen und für eine Asylgewährung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (VwGH 11.11.1991, 91/12/0143, VwGH 13.04.1988, 86/01/0268). Der Antragsteller hat daher das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (u.a. VwGH 26.06.2997, 95/18/1291, VwGH 17.07.1997, 97/18/0336, VwGH 05.04.1995, 93/180289). Die Mitwirkungspflicht bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

Das Verwaltungsverfahren im Asylverfahren sieht neben der allgemeinen Manuduktionspflicht des AVG (§ 13a leg. cit.) eine Reihe weiterer verfahrenssichernder Maßnahmen vor, um einerseits der Verpflichtung nach § 37 AVG nachhaltig Rechnung zu tragen, sowie andererseits um die in einem solchen Verfahren oft schwierigen Beweisfragen zu klären. Daher ist die erkennende Behörde auch auf die Verwertung allgemeiner Erfahrungssätze angewiesen. Die Bildung von solchen Erfahrungssätzen ist aber nicht nur zu Gunsten des Asylwerbers möglich, sondern sie können auch gegen ein Asylvorbringen sprechen.

Es entspricht der ständigen Judikatur des VwGH, wenn Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen - unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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