Entscheidungsdatum
19.02.2020Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
I414 2228493-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Italien, vertreten durch den XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG auf fünf (5) Jahre herabgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (in der Folge ans BF bezeichnet) reiste erstmalig im Jahr 2006 in das österreichische Bundesgebiet ein und verfügt seitdem über eine Anmeldebescheinigung als Familienangehöriger.
Er war von 29.05.2006 bis 09.11.2010 durchgehend mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Es folgten weitere Meldungen mit mehrmonatigen Unterbrechungen: von 02.03.2011 bis 19.08.2013 sowie vom 13.11.2013 bis zum 20.01.2014 und vom 14.03.2014 bis 05.08.2015. Der BF war erst wieder mit 04.01.2019 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet (AS 13 f).
Mit XXXX wurde gegen den BF Untersuchungshaft verhängt (AS 23).
Am 07.08.2019 - zugestellt am 08.08.2019 - erfolgte durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA / belangte Behörde) ein schriftliches Parteiengehör hinsichtlich der Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme (AS 31 ff).
Am 14.08.2019 langte die Stellungnahme bei der belangten Behörde ein.
Mit Urteil vom XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, 130 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB, wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 2 StGB, wegen des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB und wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffenG in Anwendung des § 28 StGB nach § 130 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer hat in einem Zeitraum von zwei Wochen ein Verbrechen sowie neun Vergehen begangen, wodurch ein Gesamtschaden von ca. ? 40.000,00 entstand (AS 39 ff).
Mit Bescheid des BFA vom XXXX wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von sieben Jahren erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub gewährt (Spruchpunkt II.) und der Beschwerde gegen den Bescheid gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.) [AS 87 ff].
Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF der XXXX als Rechtsberatung für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt (AS 115 f).
Gegen den Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF stärkere Bindungen an Österreich habe, als an Italien und Österreich seinen Lebensmittelpunkt darstelle. Er habe ein ausgeprägtes Privat- und Familienleben in Österreich und würde dieses durch ein Aufenthaltsverbot massiv substantiell verletzt werden. Der BF stelle keine gegenwärtige bzw. zukünftige Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Es dürfen strafrechtliche Verurteilungen nicht alleine ohne weiteres die aufenthaltsbeendende Maßnahme begründen (AS 127 ff).
Mit Beschwerdevorlage vom 07.02.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 13.02.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen:
Der im Verfahrensgang dargestellte Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt. Zudem werden nachfolgende weitere Feststellungen getroffen:
Der BF ist Staatsangehöriger Italiens und volljährig.
Die Identität des BF steht fest.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig.
Der BF verfügt über die Anmeldebescheinigung Familienangehöriger. Er ist nicht im Besitz eines Daueraufenthaltsrechts.
Der BF hat keine Sorgepflichten, ist ledig und geht keiner regelmäßigen Beschäftigung nach.
Der BF war einen Monat lang vor seiner Verhaftung geringfügig bei seiner Mutter angestellt.
Der BF hat sich mit mehreren Unterbrechungen seit 2006 wohnsitzrechtlich in Österreich aufgehalten. Von 05.08.2015 bis 04.01.2019 scheint kein Wohnsitz in Österreich auf. Der BF war keine zehn Jahre durchgehend im Bundesgebiet aufhältig.
Der BF hielt sich in diesem ca. dreieinhalbjährigen Zeitraum in Italien bei seinem Vater auf und absolvierte dort die Hauptschule.
Hinsichtlich seiner Integration konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht gestellt werden.
Der BF verfügt über gute Deutschkenntnisse.
Der Vater des BF lebt in Italien.
Der BF verfügt über Familienangehörige in Österreich - hierzu zählen seine Mutter und seine zwei Brüder.
Mit Urteil vom XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, 130 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB, wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 2 StGB, wegen des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB und wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffenG in Anwendung des § 28 StGB nach § 130 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer hat in einem Zeitraum von zwei Wochen ein Verbrechen sowie neun Vergehen begangen, wodurch ein Gesamtschaden von ca. ? 40.000,00 entstand. Erschwerend wirkte das Zusammentreffen von einem Verbrechen und mehrerer Vergehen, die Vielzahl der Tatwiederholungen hinsichtlich des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch, der hohe Schadensbetrag und die Behebung mit Mittätern aus. Als mildernd wirkte sich die Unbescholtenheit, der teilweise Versuch, die teilweise Schadensgutmachung aus. Die Strafe wurde nicht bedingt nachgesehen - dies aus general- und spezialpräventiven Erwägungen.
Der BF befindet sich seit Verhängung der Untersuchungshaft am XXXX in der JA XXXX.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des BF in der schriftlichen Beantwortung des Parteiengehörs vom 09.08.2019, in den Beschwerdeschriftsatz vom 07.02.2020 sowie Auskünfte aus dem Strafregister der Republik Österreich, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).
Die Identität steht aufgrund der Verifizierung durch die Strafverfolgungsbehörden sowie aus dem Akteninhalt fest.
Dass der BF gesund und arbeitsfähig ist, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben aus der Stellungnahme vom 09.08.2019.
Die Feststellung, wonach der BF keine Sorgepflichten hat und keiner regelmäßigen Beschäftigung nachgeht, ergeben sich aus den Angaben des BF und aus dem Sozialversicherungsauszug vom 13.01.2020 sowie aus dem Urteil vom XXXX.
Die Wohnsitznahme des BF in Österreich ergibt sich aus dem Auszug aus dem ZMR vom 12.02.2020.
Dass der BF über Familienangehörige in Österreich und Italien verfügt, geht aus seinen eigenen Angaben hervor. Sofern im Beschwerdeschriftsatz angeführt wird, dass der BF über keine sozialen Bindungen zu Italien verfügt, so ist auf die Ausführungen in der Stellungnahme vom 09.08.2019 zu verweisen, wonach sehr wohl eine Bindung zum in Italien lebenden Vater besteht. In seiner Stellungnahme führte er aus, dass er persönliche Bindungen zu seinem Vater in Italien habe (AS 79). Daran ist auch nicht zu zweifeln, zumal der BF dort drei Jahre verbracht hatte und den Hauptschulabschluss machte. Daher ist auch davon auszugehen, dass der BF in dieser Zeit von seinem Vater unterstützt wurde und auch bei einer Rückkehr nach Italien von diesem unterstützt wird.
Der Aufenthalt in Italien geht aus der Stellungnahme des BF vom 09.08.2019 in Zusammenschau mit dem ZMR-Auszug hervor.
Dass der BF noch über kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht verfügt, ergibt sich aus dem Auszug aus dem IZR vom 12.02.2020 wonach er über eine Anmeldebescheinigung Familienangehöriger verfügt.
Die Feststellungen zu seiner Integration ergeben sich aus den Angaben des BF in der Stellungnahme vom 09.08.2019 sowie aus dem Versicherungsdatenauszug vom 13.01.2020.
Die rechtskräftige Verurteilung wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch und der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, der Urkundenunterdrückung und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffenG ergibt sich aus dem Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 2 Abs 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jeder der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besetzt und gemäß Abs 8 leg. cit. als EWR-Bürger, ein Fremder Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Der BF ist italienischer Staatsbürger und daher EWR-Bürger gemäß § 2 Abs 4 Z 8 FPG.
In § 67 Abs 1 FPG ist vorgesehen, dass gegen EWR-Bürger ein Aufenthaltsverbot erlassen wird, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die eine Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
Die im selben Absatz folgende Bestimmung für EWR-Bürger, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, kann außer Betracht bleiben, da diese Voraussetzungen nach den Feststellungen nicht vorliegen.
Nach der Rechtsprechung ist "bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Für diese Beurteilung ist demnach nicht das Vorliegen von rechtskräftigen Bestrafungen oder Verurteilungen, sondern das diesen zu Grunde liegende Verhalten des Fremden maßgeblich. Dabei ist [...] auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen." (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0143).
Der BF wurde unbestritten wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch und der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, der Urkundenunterdrückung und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffenG rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt.
Der BF kam es geradezu darauf an, sich mit den durch Einbruch gestohlenen Gegenständen ein nicht bloß geringfügiges Einkommen zu beschaffen. Der BF hat sich gemeinsam mit einem Mittäter über einen längeren Zeitraum hinweg bewusst durch fremdes Eigentum bereichert. Auch war dem BF durchaus bewusst, dass er über fremde Urkunden bzw. unbare Zahlungsmittel nicht verfügen durfte und gab er selbst zu, dass er nicht dazu berechtigt war, eine Waffe der Kategorie B zu besitzen. Wie bereits das Strafgericht erkannte, konnte nicht von einer Haftstrafe abgesehen werden, da davon auszugehen ist, dass eine bedingte Strafnachsicht oder gar diversionelle Erledigung den BF nicht davon abhalten könne, weitere derartige Straftaten zu begehen. Hinzu kommt, dass der BF teilweise die Taten sogar unter Drogen- bzw Alkoholeinfluss begangen hat.
Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich darauf zu prüfen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa VwGH 21.02.2013, Zl. 2011/23/0192). Der BF befindet sich noch in Strafhaft und kann daher ein Wohlverhalten nicht geprüft werde. Der BF wurde auch sofort bei Verhaftung in U-Haft genommen und befand sich bis zu seiner Verurteilung auch dort. Das Gericht ging daher davon aus, dass der BF auch in dieser Zeit Straftaten begehen würde. Weiters ist anzuführen, dass der BF nur deshalb von weiteren Straftaten abgehalten wurde, da die Serie an Diebstählen durch polizeiliche Ermittlungstätigkeiten gestoppt werden konnte. Der BF hat nicht einmal von selbst Einsicht gezeigt, sondern wurde erst durch Dritte angehalten. Auch ist bedenklich, dass der BF nicht einmal ein halbes Jahr nach seiner Einreise aus Italien Straftaten begangen hat. Es ist hier nicht ersichtlich, dass der BF wirklich gewillt war, sich in Österreich ein geordnetes Leben aufzubauen.
Der BF hat durch sein Verhalten gezeigt, dass er nicht gewillt ist, die Gesetze in Österreich zu respektieren. Sein bisheriger Aufenthalt im Bundesgebiet beeinträchtigt die Interessen der Gesellschaft an Ordnung und Sicherheit für die Bevölkerung.
Das aufgezeigte strafbare Verhalten des BF stellt daher nach Auffassung des erkennenden Richters - wie auch von der belangten Behörde angenommen - unter Berücksichtigung aller dargelegten Umstände seines persönlichen Verhaltens eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (VwGH 23.03.1992, 92/18/0044; 10.12.2008, 200/22/0568).
Zu prüfen ist die behauptete Schutzwürdigkeit des BF im Sinne des Art 8 EMRK:
Der BF befindet sich mit Unterbrechungen seit 2006 in Österreich, wobei die letzte Unterbrechung drei Jahre andauerte und der BF erst vor ca. einem Jahr wieder nach Österreich einreiste. Sein Aufenthalt beruht auf einer Anmeldebescheinigung als Familienangehöriger.
Bei der Einschätzung der persönlichen und/oder familiären Interessen ist auch auf die Auswirkungen, die eine Beendigung des Aufenthalts, auf die familiären und sonstigen Bindungen hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl Ra 2015/19/0247). Auch wenn sein persönliches Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer nicht alleine maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit er die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich privat, sozial und beruflich zu integrieren. Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass der BF im Bundesgebiet straffällig wurde. Der BF verfügt in Österreich über Familienangehörige im Sinne seiner Mutter und zwei Brüdern. Seit seiner Wiedereinreise ist der BF keiner geregelten Tätigkeit nachgegangen. Er war für einen Monat bei seiner Mutter geringfügig angemeldet. Es besteht kein Abhängigkeitsverhältnis zu seiner Mutter oder seinen Brüdern. Auch wenn der BF in Österreich über einen Freundeskreis verfügt, ist anzumerken, dass er trotz eines angeblich stabilen familiären und sozialen Netzwerks in Österreich nicht davon abgehalten wurde, unter Drogeneinfluss Straftaten zu begehen.
Dem BF war es nicht möglich in der gesamten Zeit seines ersten Aufenthaltes einen Schulabschluss zu machen bzw. einer Beschäftigung nachzugehen. Auch nahm er nicht die Möglichkeit wahr, sich einen Daueraufenthalt für Österreich zu besorgen, was sein Interesse am Verbleib in Bundesgebiet schmälert. Auch wenn er hier bei seiner Mutter verbleiben möchte, kann nicht gesehen werden, dass der BF ein ernstliches Interesse daran hat, einen wesentlichen Beitrag zur österreichischen Gesellschaft zu leisten.
Vor seinem dreijährigen Aufenthalt in Italien bei seinem Vater, hat der BF die Hauptschule in Österreich besucht hat. Den Schulabschluss selbst hat er jedoch sodann in Italien absolviert. Es wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer gut Deutsch spricht, jedoch sind diese Kenntnisse alleine für sich noch kein begründetes Interesse an Verbleib in Österreich. Die Muttersprache des BF ist italienisch und hat er auch dort einen Schulabschluss gemacht. Sein Vater wohnt dort immer noch und ist davon auszugehen, dass er den BF auch weiterhin unterstützt. Der BF ist 25 Jahre alt und selbsterhaltungsfähig. Es ist ihm durchaus zumutbar, sich in Italien eine geregelte Arbeit zu suchen und sich dort niederzulassen. Der BF wurde in den ersten zehn Jahren seines Lebens in Italien sozialisiert. Er hat dort familiären Bezug und auch sicher noch von seiner Schulzeit freundschaftliche Beziehungen, welche er weiterhin pflegen kann. Zudem ist die Aufrechterhaltung der Bindung zu seinen in Österreich lebenden Familienangehörigen durchaus möglich. Italien liegt in der Nachbarschaft Österreichs - seine in Vorarlberg lebende Mutter kann durch Reisen in den Norden Italiens sogar persönliche Kontakte pflegen. Dem BF ist es durchaus zumutbar, auch durch soziale Medien und Telefon mit seiner Mutter weiterhin in Kontakt zu bleiben.
Den persönlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und der öffentlichen Sicherheit gegenüber. Diesen gewichtigen öffentlichen Interessen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 12.03.2002, 98/180260, vom 18.01.2005, 2004/18/0365, vom 03.05.2005, 2005/18/0076, vom 17.01.2006, 2006/18/0001 und vom 09.09.2014, 2013/22/0246).
Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF durch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes kann daher als im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden. Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessensabwägung schlägt somit zuungunsten des BF und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus. Es ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten, um ihn von der Begehung von Straftaten in Österreich abzuhalten.
Das persönlichen Interesse des BF stellt daher eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die Grundinteressen der Gesellschaft am Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar. Die Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte haben daher ergeben, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gerechtfertigt und notwendig ist.
Nichtsdestotrotz ist auch im Fall des BF eine Einzelfallbetrachtung iSd § 67 Abs. 1 und 2 FPG anzustellen, in deren Zuge auch, unter Beachtung der in Abs. 3 genannten Tatbestände, ein Blick auf die Strafhöhe und das verletzte Rechtsgut zu werfen ist, die die Verhängung eines siebenjährigen Aufenthaltsverbots rechtfertigen.
Hält man sich vor Augen, dass gegen den BF eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten ausgesprochen wurde, der Strafrahmen jedoch bis zu 5 Jahre möglich wäre und der BF erstmalig in Österreich straffällig wurde, erscheint die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes in der Dauer von 7 Jahren als zu hoch. Zu denken ist etwa an eine größere Anzahl von Verurteilungen, die unmittelbare Beeinträchtigung eines schützenswerteren Rechtsgutes (Freiheit, körperliche Unversehrtheit) oder die mehrmalige Begehung gleichgearteter strafbarer Handlungen im Bundesgebiet.
Angesichts der vom BF begangenen Straftat, der Strafhöhe und seiner Geständigkeit im Strafverfahren, wird wohl im Sinne der bezughabenden Judikatur des VwGH - wonach die Dauer des Aufenthaltsverbotes sich am Bestehen der für den Ausspruch eines solchen maßgeblichen Gründe zu orientieren hat (vgl. VwGH 24.09.2009, 2007/18/0396) - anzunehmen sein, dass das von der belangten Behörde verhängte Aufenthaltsverbot eine angemessene Reduktion zu erfahren haben wird.
Die Bemessung des Aufenthaltsverbotes mit einer Dauer von 7 Jahren erweist sich sohin als nicht geboten. Dem erkennenden Gericht erscheint ein Zeitraum von 5 Jahren als ausreichend und wird man danach (bei einem Wohlverhalten) nicht mehr von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr, welche vom BF ausgehe, sprechen können. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes war somit antragsgemäß zu reduzieren und auf 5 Jahre herabzusetzen.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie hinsichtlich Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe der Herabsetzung des Aufenthaltsverbotes auf die Dauer von 5 Jahren abzuweisen ist.
3.2. Zu Spruchpunkt II und III des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgen, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortigen Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat und wie sich aus den bereits zum Aufenthaltsverbot dargelegten Erwägungen ergibt, erwies sich die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als erforderlich. Der BF hat durch sein Gesamtfehlverhalten unzweifelhaft gezeigt, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung, insbesondere an die Strafgesetze, zu halten. Die Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sind somit zu Recht erfolgt.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich der Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung als unbegründet abzuweisen.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Der Beschwerdeführer hat zwar die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, doch wurden bereits alle für ihn sprechenden Tatsachen der Entscheidung zugrunde gelegt und musste sich der erkennende Richter kein eigenes Bild mehr vom Beschwerdeführer machen. Zwar kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu (VwGH 23.03.2017, 2016/21/0349 (und das auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände. Daraus ist aber keine "absolute" (generelle) Pflicht zur Durchführung einer Verhandlung im Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, bei denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen positiven persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben (VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422).
Das Gericht musste sich keinen persönlichen Eindruck vom BF verschaffen, da es sich um einen solchen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist.
Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung von Asylgründen und zur Relevanz des Privat- und Familienlebens und der Aufenthaltsdauer bei Rückkehrentscheidungen; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Diebstahl Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Gewerbsmäßigkeit Haft Haftstrafe Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen schwere Straftat Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Urkundenunterdrückung VerbrechenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I414.2228493.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020