TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/20 I422 2228677-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.02.2020
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Entscheidungsdatum

20.02.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I422 2228677-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX alias XXXX u.a.), geb. am XXXX (alias XXXX alias XXXX u.a.) StA. Algerien (alias Ägypten alias Tunesien alias Syrien alias Italien), vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48./3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2020, Zl. 1078427300/191106267, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang und Feststellungen:

1. Der Beschwerdeführer reiste erstmals spätestens am 15.07.2015 unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte unter einer Aliasidentität einen Antrag auf internationalen Schutz. Nachdem sich der Beschwerdeführer durch Untertauchen dem Verfahren entzog, wurde das Asylverfahren am 22.09.2015 gemäß § 24 Abs. 1 AsylG eingestellt.

2. Der Beschwerdeführer reiste unbekannten Datums erneut unrechtmäßig in das Bundesgebiet in das Bundesgebiet ein, wo er am 17.10.2019 bei der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung betreten und in weiterer Folge in die Justizanstalt Wien-Josefstadt eingeliefert wurde.

3. Das Landesgericht Korneuburg verurteilte den Beschwerdeführer mit Urteil vom 13.01.2020, 522 Hv 82/19g rechtskräftig wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5 und 130 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Urkundenfälschung nach §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB und des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e StGB rechtkräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten, davon neun Monate bedingt und einer Probezeit von drei Jahren.

4. Aufgrund dessen erteilte ihm die belangte Behörde mit Bescheid vom 16.01.2020, Zl. 1078427300/1911062767 keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.), erließ über ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und erklärte seine Abschiebung nach Algerien für zulässig (Spruchpunkt III.). Zudem verhängte sie über den Beschwerdeführer ein befristetes Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren (Spruchpunkt III.), gewährte ihm keine Frist für eine freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.) und erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.).

5. Am 19.01.2019 stellte der der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz.

6. Mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 13.02.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte begründend im Wesentlichen aus, dass die Rückkehrentscheidung aufgrund seiner nunmehrigen Asylantragsstellung unzulässig sei.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes ergeben sich unzweifelhaft aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatz. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters (ZMR), des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister (IZR), des Betreuungsinformationssystems über die Grundversorgung (GVS) und des Strafregisters eingeholt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Behebung des angefochtenen Bescheides:

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung nach § 10 Abs. 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 1 FPG ist gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Nach § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (allenfalls auch samt darauf aufbauendem Einreiseverbot) ist nicht zulässig, bevor über einen anhängigen Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde; und zwar auch dann, wenn ein Rückkehrentscheidungsverfahren - unabhängig vom Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz - bereits anhängig ist. Zugleich mit der Rückkehrentscheidung ist nämlich die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FrPolG 2005 zu treffen, dass (nunmehr: ob) die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist; dies würde aber - jedenfalls in Bezug auf den Herkunftsstaat - bedeuten, das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem diese Frage erst zu klären ist, in unzulässiger Weise vorwegzunehmen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ist daher grundsätzlich nicht zulässig. Diese Überlegungen sind auch vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage aufrechtzuerhalten (vgl. VwGH 15.3.2018, Ra 2017/21/0138; 25.9.2018, Ra 2018/21/0107; 26.06.2019, Ra 2019/21/0146).

Aufgrund des nachträglich gestellten Antrags auf internationalen Schutzes war die angefochtenen Entscheidung der belangten Behörde - der angeführten Judikatur des VwGH folgend - zu beheben.

4. Zur mündlichen Verhandlung:

Nach § 24 Abs. 2 Z 2 VwGVG kann eine mündliche Beschwerdeverhandlung entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Dies ist gegenständlich der Fall.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Wie die umseitigen Ausführungen zur Thematik "Asylantragsstellung nach bereits erfolgter Rückkehrentscheidung" zeigen, weicht die gegenständliche Entscheidung zu Grunde gelegte Rechtsprechung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall Behebung der Entscheidung berücksichtigungswürdige Gründe ersatzlose Behebung Kassation Rückkehrentscheidung Zeitpunkt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2228677.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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