TE Bvwg Beschluss 2020/2/20 I419 2228646-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.02.2020
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Entscheidungsdatum

20.02.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I419 2228646-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, StA. ÄGYPTEN, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 14.02.2020, Zl. XXXX:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den das BFA 2017 verbunden mit einer Rückkehrentscheidung sowie der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat und der zweiwöchigen Frist für die freiwillige Ausreise abwies, was mangels Beschwerde rechtskräftig wurde.

2. Am 07.02.2020 stellte der Beschwerdeführer nach einer Personenkontrolle einen Folgeantrag. Mit dem nun angefochtenen Bescheid hob das BFA gegenüber dem Beschwerdeführer den faktischen Abschiebeschutz auf und begründete das sinngemäß damit, dass der Beschwerdeführer keinen neuen glaubhaften Sachverhalt vorgebracht habe, der eine Asylrelevanz mit sich bringe. Die Rückkehrentscheidung sei aufrecht und würde keinen Eingriff in die durch Art. 2, 3 und 8 EMRK geschützten Rechte bedeuten.

Da sich auch die Lage im Herkunftsstaat nicht wesentlich geändert oder sogar verbessert habe, sei der Folgeantrag voraussichtlich zurückzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die Übermittlung des Akts gilt nach § 22 Abs. 10 AsylG 2005 als Beschwerde gegen die Aufhebung des Abschiebeschutzes, der Fremde somit als Beschwerdeführer im gerichtlichen Überprüfungsverfahren.

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Fremden

Der Beschwerdeführer ägyptischer Staatsangehörigkeit ist Moslem und Araber, spricht Arabisch als Muttersprache, ist unbescholten, volljährig, ledig und kinderlos. Er hat im Herkunftsstaat die Grundschule sowie eine HTL besucht und abgeschlossen, vor seiner Ausreise auch als angestellter Maler gearbeitet. Seine Identität steht nicht fest.

Er ist Mitte 20, gesund, haft- und arbeitsfähig und nimmt keine Medikamente. Während seines ersten Verfahrens hielt er sich 2016 vorübergehend in Italien und Deutschland auf, seit 2017 hat er das Bundesgebiet nicht verlassen.

Die Mutter des Beschwerdeführers, Ende 50, sein Bruder, Ende 20 und seine Schwestern, Anfang 20 und Anfang 30, leben im Herkunftsstaat. Letztere sind verheiratet, die Mutter des Beschwerdeführers bezieht eine Witwenpension.

Dieser hat keinen familiären Anknüpfungspunkt im Inland und keine Verwandten in der EU. Es kann nicht festgestellt werden, dass er in Österreich über maßgebliche private Beziehungen verfügt. Nach eigenen Angaben hat er hier österreichische Freunde.

Er hat illegal im Umherziehen Schnittblumen verkauft, weist indes keine Integration auf, die über das hinausgeht, was allein aufgrund der Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet erwartet werden kann.

An dessen Beginn hat er sich mehrere Wochen und vor seinem Folgeantrag etwa 20 Monate ohne Anmeldung hier aufgehalten. Grundversorgung nahm er nicht in Anspruch.

1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat

Betreffend die aktuelle Lage sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Grundversorgung

Subventionen zur Absicherung der Grundversorgung der ägyptischen Bevölkerung haben eine lange Tradition und zehren einen erheblichen Teil des Staatshaushaltes auf. Daran ändert auch das mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbarte Reformprogramm, das Kürzungen der staatlichen Subventionen für Elektrizität, Treibstoff, aber auch für Brotgetreide einschließt, nichts. So wurde z.B. nach Kürzung von Subventionen im Sommer 2017 und damit verbundenen Preissteigerungen die Zahl der Berechtigten für Lebensmittelkarten erhöht (bisher schon ca. 70 Mio. Personen) und auch der Umfang der über diese Karten zu beziehenden Güter nochmals ausgedehnt. Nicht-Ägypter haben nach hiesiger Kenntnis keinen Zugang zu diesem System (AA 22.2.2019). Im Rahmen des mit dem IWF verhandelten Reformprogramms versucht die Regierung, den notwendigen Strukturwandel in die Wege zu leiten. Das Wirtschaftswachstum lag 2017 bei 4,2 % und 2018 bei 5,3 %. Subventionen für Benzin, Diesel und Elektrizität werden von der Regierung sukzessive reduziert. Bis Juni 2021 ist eine vollständige Eliminierung aller Energiesubventionen vorgesehen (AA 24.6.2019c).

Ein weiteres Instrument der sozialen Sicherung liegt im Mietrecht begründet. Für einen Großteil von Mietverträgen, die in den 1950er und 1960er Jahren geschlossen wurden und seitdem innerhalb der Großfamilie weitergegeben wurden, gilt noch eine Mietpreisbindung, die im Altbestand zu teilweise grotesk niedrigen Mieten führt. Für neue Verträge seit ca. 1990 gelten ohnehin die Gesetze des Marktes. Im Rahmen der Erschließung von Wüstenregionen wird ein gewisser Prozentsatz an Land und Wohnungen an arme Bevölkerungsteile verlost (AA 22.2.2019).

Im Rahmen von zwei Sozialhilfeprogrammen KARAMA und TAKAFUL werden zudem verstärkte Schritte für eine gezielte Unterstützung der Ärmsten vorgenommen. Das Karama Projekt sieht monatliche Geldleistungen im Umfang von 40-80 USD an die Ärmsten der Armen sowie an ältere Menschen und Behinderte vor. Das konditionierte Takaful Projekt zielt auf die finanzielle Unterstützung von Familien mit Kindern ab, vorausgesetzt diese besuchen regelmäßig eine Schule (AA 22.2.2019).

Darüber hinaus existiert ein zwar in seiner Leistungsfähigkeit beschränktes, aber funktionierendes Sozialversicherungssystem, welches Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Unfallversicherungselemente enthält und von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam bezahlt wird. Die größten Probleme ergeben sich hier aus relativ geringen tatsächlichen Auszahlungen und der Nichterfassung der großen Anzahl an Personen ohne formelle Erwerbsaktivitäten (informeller Sektor) bzw. solche die arbeitslos sind. Einen erheblichen Beitrag zur sozialen Sicherung leisten karitative Einrichtungen, vornehmlich auf religiöser Basis und finanziert aus Spenden und wohltätigen Stiftungen (AA 22.2.2019).

Formale staatliche Institutionen für die Aufnahme von Rückkehrern sind hier nicht bekannt. Subventionsabbau droht - trotz langsam sinkender Inflation und sozialen Gegenmaßnahmen der Regierung die wirtschaftliche Situation vor allem der armen Segmente der Gesellschaft weiter zu verschlechtern. Bisher hat sich der latent in der Bevölkerung vorhandene Unmut nur punktuell manifestiert. Viel wird davon abhängen, wie schnell eine wirtschaftliche Erholung auch diese Schichten erfasst. Daneben zeichnet sich ab, dass Militär und auch Sicherheitsdienste in sozialen Bereichen, beispielsweise in der Verteilung von Lebensmitteln, einspringen und staatliche Aufgaben verstärkt substituieren (AA 22.2.2019).

Ägypten ist das nach Südafrika am stärksten industrialisierte Land Afrikas. Die Landwirtschaft spielt eine erhebliche Rolle. Der große informelle Sektor (v.a. Dienstleistungen; Schätzungen gehen von 30-40 % des BIP aus) nimmt zudem einen Großteil der Arbeitskräfte auf. Bei einem Netto-Bevölkerungswachstum von jährlich rund 2,5 Millionen Menschen ist die Arbeitslosigkeit und insbesondere Jugendarbeitslosigkeit besonders hoch (offiziell wird die Jugendarbeitslosigkeit mit 28 % angegeben, Schätzungen gehen von höheren Zahlen aus). Ägypten hat ein großes Interesse an ausländischen Direktinvestitionen und fördert diese gezielt. Zahlreiche Handelshemmnisse und Bürokratie schrecken potenzielle Investoren jedoch ab. Staatliche Unternehmen sowie das ägyptische Militär spielen im Wirtschaftsleben eine starke Rolle. Jeder dritte Ägypter ist in der Landwirtschaft beschäftigt. Die landwirtschaftliche Nutzfläche erstreckt sich vor allem entlang des Nils sowie im Nildelta, macht aber nur rund 4 % der Gesamtfläche des Landes aus (AA 24.6.2019c).

Der Dienstleistungssektor absorbiert einen erheblichen Teil der Erwerbstätigen und erwirtschaftet große Teile des Bruttoinlandsproduktes. Einen maßgeblichen Beitrag leistet hierbei der Tourismusbereich (AA 24.6.2019c). Der Dienstleistungssektor ist der größte Wirtschaftssektor (GIZ 9.2018c). Er bietet rund 50 % der ägyptischen Arbeitskräfte eine Beschäftigung und trägt mit rund 49 % etwa die Hälfte zum BIP bei (GIZ 9.2018c). Ein schwer zu erfassender und vermutlich erheblicher Teil des Dienstleistungsbereichs arbeitet informell (AA 24.6.2019c).

Nach einer Studie der staatlichen Statistikbehörde CAPMAS gibt eine ägyptische Durchschnittsfamilie rund 40 % ihres Einkommens nur für Nahrungsmittel aus, Familien aus ärmeren Schichten bis zu 63 %. Die Einkommensverteilung hat sich in den letzten drei Jahrzehnten immer stärker zuungunsten der unteren Einkommensschichten entwickelt. Die meisten Ägypter verdienen jedoch wesentlich weniger als die Durchschnittslöhne und nur 60 % aller Lohnabhängigen haben überhaupt geregeltes Einkommen. Die dramatischen Preiserhöhungen für Grundlebensmittel in den letzten Jahren verschärften den Kaufkraftverlust und trafen vor allem die unteren Einkommensschichten, die nach Angaben von CAPMAS mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben (GIZ 9.2018).

Die staatlichen Maßnahmen zur Armutsbekämpfung werden heute weithin als unzulänglich kritisiert. Sie bestehen im Wesentlichen aus nicht zielgruppenorientierten Subventionen für Grundnahrungsmittel und Energie, extrem niedrigen Sozialhilfe- und Pensionszahlungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen sowie Kredit-, und Entwicklungsprogrammen des Sozialfonds für Entwicklung (SfD), die jedoch weit hinter dem Bedarf zurückbleiben (GIZ 9.2018).

Die Armutsquote (2016/17) ist auf 27 % gestiegen (die höchste seit 2000). Über 10 Millionen Menschen in Ägypten haben weniger als 1 $ am Tag zur Verfügung. Rund 12,5 % der Bevölkerung sind arbeitslos und ca. 17 % der Familien werden von Frauenarbeit (im informellen Sektor) unterstützt (GIZ 9.2018).

1.2.2 Rückkehr

Es gibt keine gesonderten Aufnahmeeinrichtungen. Zur Situation von Rückkehrern liegen keine Erkenntnisse vor. Staatliche Maßnahmen als Reaktion auf Asylanträge im Ausland sind nicht bekannt. Formale staatliche Institutionen für die Aufnahme von Rückkehrern sind nicht bekannt (AA 22.2.2019).

1.3 Zu den Fluchtmotiven des Fremden

Der Beschwerdeführer hat im abgeschlossen Asylverfahren 2015/16 vorgebracht, sein Vater sei als Polizist, der auch für die Festnahme der Moslembrüder zuständig gewesen sei, aus Rache dafür von diesen getötet worden. Zum Beschwerdeführer seien Männer ins Haus gekommen, die ihn geschlagen und verletzt sowie ihm gedroht hätten, wenn er nicht seinen Ort verlasse, werde er getötet. Er fürchte, wie sein Vater getötet zu werden.

Nunmehr gab er im Folgeverfahren erstbefragt an, es habe sich nichts geändert. Sein Vater sei Polizist gewesen und 2015 verstorben. Weil er nicht nach Ägypten zurückwolle, stelle er den Folgeantrag.

Später einvernommen erklärte er, seine Gründe seien die bereits im ersten Verfahren vorgebrachten. Der Vater sei an Hepatitis C verstorben, und zwar 2012 am Boden eines Krankenhauses, weil niemand ihn auf ein Bett getragen und behandelt hätte.

Ferner hat er nun angegeben, etwa 15 Tage vor seiner Ausreise im Herkunftsstaat eine Schlägerei gehabt zu haben, weshalb er glaube, von seinem Gegner angezeigt worden zu sein.

Wenn im Erstverfahren protokolliert worden sei, dass er den Tod des Vaters mit 2013 (und 2015) datiert und dem Angriff von Anhängern der Muslimbruderschaft zugeschrieben habe, dann habe ihn der Dolmetscher nicht verstanden. Der Vater sei am Virus gestorben und der Dolmetsch ein Esel. Würde er neue Probleme erfinden, wären diese erlogen.

Für den Rückkehrfall fürchte er, im Herkunftsstaat vor Hunger zu sterben.

Der Beschwerdeführer hat keinen Fluchtgrund behauptet, der seit der Entscheidung seines vorigen Asylverfahrens entstanden oder bekannt geworden wäre.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ägypten eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Es existieren keine Umstände, die einer Abschiebung entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation in Ägypten ist seit der Entscheidung über den vorigen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz nicht eingetreten, insbesondere nicht auf sein Vorbringen bezogen.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich vom BFA zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes und aus den genannten bisherigen Bescheiden.

2.1 Zur Person des Fremden

Die Identität des Beschwerdeführers steht mangels diesbezüglicher Dokumente nicht fest. Seine Lebensumstände samt Ausbildung, Arbeitsmarkterfahrung sowie Privat- und Familienleben ergaben sich aus den bisherigen Feststellungen, seinen Angaben, speziell zuletzt vor dem BFA, und den Abfragen des Registers der Grundversorgung und des ZMR.

Betreffend die Ausbildung wird auf die Angaben des Beschwerdeführers im Erstverfahren abgestellt, da der nun behauptete Analphabetismus (AS 1) mit den bisherigen Auskünften des Beschwerdeführers schwer in Einklang zu bringen wäre. Dieser hat damals auch angegeben, die lateinische Schrift lesen zu können und auf Facebook eine Person kennengelernt zu haben (AS 30 f, 33 im Erstverfahren).

Aus der Identifizierung durch seinen Herkunftsstaat, der ein Heimreisezertifikat erteilte, ergab sich seine Staatsangehörigkeit.

2.2 Zur Lage im Herkunftsland

Im angefochtenen Bescheid wurden die aktuellen Länderinformationen zu Ägypten mit Stand 24.07.2019 zitiert. Diese wurden dem Beschwerdeführer mit der Ladung vom 11.02.2020 zur seiner Einvernahme zusammen ausgehändigt (AS 29, 71), der dazu dann bei dieser befragt angab, er möge Ägypten prinzipiell nicht, wegen der Probleme, wegen seines Vaters, der im Krankenhaus mangels Behandlung verstorben sei. Seither hasse er Ägypten (AS 81). Damit ist er den Feststellungen inhaltlich nicht entgegengetreten.

2.3 Zu den Fluchtmotiven des Fremden

Der Beschwerdeführer behauptet im vorliegenden Folgeverfahren weiterhin, wegen des Todes seines Vaters geflohen zu sein. Wäre dieser noch am Leben, dann hätte er das nicht getan (AS 53).

Zugleich erklärte er, im Herkunftsstaat keine Arbeit, keine Unterkunft und keine Schule zu haben. Er habe niemanden außer seiner Mutter und den Geschwistern und würde dort nicht überleben können.

Das Vorbringen bezieht sich auf einen angeblichen Sachverhalt, der vor der Einreise und damit dem bisherigen Asylverfahren des Beschwerdeführers vorgelegen hätte. Seinen Vater hat er immer schon als verstorben angegeben, sodass ihn nichts gehindert hat, auch von einer unbehandelten Erkrankung als Todesursache zu berichten. Das Vorbringen ist damit von der Rechtskraft der vorigen Entscheidung umfasst und damit nicht geeignet, eine neue meritorische Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers herbeizuführen.

Somit konnte die Feststellung getroffen werden, dass der Folgeantrag voraussichtlich zurückgewiesen werden wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

Nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 kann das BFA unter anderem dann den faktischen Abschiebeschutz eines Fremden aufheben, der einen Folgeantrag gestellt hat, wenn dieser voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z. 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z. 3).

Weiter ist vorausgesetzt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (Z. 1).

Die angeführte Rückkehrentscheidung ist seit 2017 rechtskräftig. Im jetzigen Verfahren ist kein neues Vorbringen erstattet worden, von dem anzunehmen wäre, dass es beachtlich im Sinne einer materiellen Erledigung statt einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache wäre.

Nach § 68 AVG hat die Behörde Anbringen von Beteiligten, die eine Abänderung eines der formell rechtskräftigen Bescheides begehren, grundsätzlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Ausnahmen dazu bilden die Fälle der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 69 und 71 AVG sowie die in § 68 Abs. 2 bis 4 AVG vorgesehenen Arten von Abänderungen und Behebungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.

Die vorgesehenen Ausnahmen kommen nach dem Inhalt der Akten im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, insbesondere handelt es sich bei den vorgebrachten Tatsachenbehauptungen weder um glaubhafte nachträglich eingetretene Änderungen noch um nachträglich hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel, die geeignet wären, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

Daher ist davon auszugehen, dass die in § 68 AVG grundsätzlich vorgesehene Zurückweisung als Erledigung des BFA zu erwarten ist.

Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005 gestellt hat, und die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegen, weil dem Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat droht. Nach all dem wird der Folgeantrag des Beschwerdeführers voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist.

Es gibt nämlich auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Ägypten die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, keine Anhaltspunkte, zumal der Beschwerdeführer für Arbeitstätigkeiten ausreichend gesund und daher erwerbsfähig ist.

Daher ist kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte, selbst wenn ihn Angehörige nicht unterstützen, sei es mit der bereits ausgeübten oder einer anderen Tätigkeit. Zudem besteht ganz allgemein in Ägypten keine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass für den Beschwerdeführer ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben und hat kaum über die Aufenthaltszeit selbst hinausgehende - z. B. sprachliche, kulturelle, berufliche oder soziale - private Integrationsmerkmale.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist. Damit hatte das Gericht wie im Spruch zu entscheiden.

Die Entscheidung war mit Beschluss zu treffen, da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies so vorsieht. Nach § 22 Abs. 1 BFA-VG hatte auch keine Verhandlung stattzufinden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zum faktischen Abschiebeschutz und den Voraussetzungen seiner Aufhebung in Folgeverfahren oder zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache.

Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung faktischer Abschiebeschutz faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag Identität der Sache Privat- und Familienleben real risk reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I419.2228646.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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