TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/21 W114 2156070-1

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Veröffentlicht am 21.02.2020
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Entscheidungsdatum

21.02.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
Direktzahlungs-Verordnung §12
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W114 2156070-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde vom 13.02.2017 von XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 12.01.2017, AZ 7006/I/1/1/Sche, betreffend den "Antrag auf Verlängerung der Frist für den Ausbildungsnachweis" vom 26.09.2016 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben.

II. Dem Antrag vom 26.09.2016 von XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , auf Verlängerung der Frist zur Erlangung eines erforderlichen Ausbildungsnachweises zur Gewährung einer top-up-Bonuszahlung für Junglandwirte für das Antragsjahr 2015 um ein weiteres Jahr, nämlich bis zum 01.01.2018, wird stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Formular "Bewirtschafterwechsel" vom 11.02.2015, eingelangt bei der AMA am 18.02.2015 zeigten XXXX , XXXX , XXXX als Übergeber und XXXX , XXXX , XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführerin oder BF) als Übernehmerin mit Wirksamkeitsbeginn vom 01.01.2015 die Übernahme des Betriebes mit der Betriebsnummer XXXX an.

2. Die Beschwerdeführerin stellte am 01.04.2015 elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen (MFA) für das Antragsjahr 2015, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Der Antrag umfasste auch den Antrag auf Zahlung für Junglandwirte (Top-up) für die Beschwerdeführerin. Ein erforderlicher Ausbildungsnachweis wurde mit dem MFA jedoch nicht übermittelt.

3. Mit Bescheid vom 28.04.2016, AZ II/4-DZ/15-2870117010, gewährte die AMA der BF für das Antragsjahr 2015 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX . Der Antrag auf Gewährung einer Zahlung für Junglandwirte (Top-up) vom 01.04.2015 wurde abgewiesen.

In der Begründung hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Gewährung einer Zahlung für Junglandwirte (Top-up) wurde hingewiesen, dass dieser Antrag abgewiesen wurde, da der vorgelegte Ausbildungsnachweis unter Hinweis auf Art. 50 der (EU) Verordnung 1307/2013 sowie auf § 12 der DIZA-VO nicht erbracht worden wäre.

Dieser Bescheid wurde von der BF nicht angefochten.

4. Mit Schriftsatz vom 26.09.2016, eingelangt bei der AMA am 28.09.2016, stellte die BF den Antrag auf Friststreckung der Zweijahresfrist für die Beibringung des erforderlichen Ausbildungsnachweises um 1 Jahr (auf max. 3 Jahre ab Bewirtschaftungsbeginn) auf Grund des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände.

In diesem Schriftsatz wurde dieser Antrag damit begründet, dass der BF der Besuch der "landwirtschaftlichen Fachschule (LFS) Zwettel/Edelhof" auf Grund der Vielzahl an Bewerbern im Schuljahr 2015/2016 nicht möglich gewesen wäre. Diese Entschuldigung wurde von der "LFS Edelhof" für die Beschwerdeführerin bestätigt. Diese Bestätigung wurde von der BF dem Schriftsatz vom 26.09.2016 beigelegt.

5. Ausgehend von einer Umstellung der Zahlungsansprüche auf vier Nachkommastellen wurden der Bescheid der AMA vom 28.04.2016, AZ II/4-DZ/15-2870117010, abgeändert und mit Bescheid der AMA vom 31.08.2016, AZ II/4-DZ/15-4183214010, der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2015 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt.

Auch dieser Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin nicht bekämpft.

6. Ausgehend von einer weiteren Änderung der Zahlungsansprüche wurde auch der Bescheid der AMA vom 31.08.2016, AZ II/4-DZ/15-4183214010, abgeändert und der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2015 mit Bescheid der AMA vom 05.01.2017, AZ II/4-DZ/15-5257381010, nunmehr Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt.

Dieser Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht bekämpft.

7. Mit Bescheid der AMA vom 12.01.2017, AZ 2006/I/1/1/Sche, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 26.09.2016 auf Verlängerung der Frist für die Erbringung des Ausbildungsnachweises für Junglandwirte abgewiesen.

Im Wesentlichsten zusammengefasst wurde diese Entscheidung damit begründet, dass die im Schriftsatz vom 26.09.2016 dargelegte Begründung für diesen Antrag keinen Fall eines außergewöhnlichen Umstandes oder höherer Gewalt gemäß § 12 DIZA-VO darstellen würde. Von der AMA wurde auf zahlreiche alternativ angebotene Kurse im gesamten niederösterreichischen Landesgebiet hingewiesen. Die AMA vertrat die Auffassung, dass der BF der Besuch eines alternativen Kurses zumutbar gewesen. Die BF hätte sich fristgerecht bei einem angebotenen Kurs an einer alternativen Ausbildungsstelle anmelden können.

8. Im Rahmen der dagegen mit Schriftsatz vom 13.02.2017 erhobenen Beschwerde wies die BF darauf hin, dass sie Mutter von zwei Söhnen sei, die in den Jahren 2006 und 2013 geboren wären. Der jüngere Sohn sei zum Zeitpunkt, als es ihr nach Auffassung der AMA zumutbar gewesen wäre in beträchtlicher Entfernung am Abend bzw. in der Nacht einen Ausbildungskurs zu besuchen, gerade einmal 1,5 Jahre alt gewesen. Ihr Partner sei vollzeitig beschäftigt und habe unregelmäßige Tages- und Nachtdienste. Eine sonstige Kinderbetreuung sei ihr nicht zur Verfügung gestanden. Die angebotenen und in Frage kommenden Kurse hätten zwei Mal in der Woche über einen Zeitraum von sechs Monaten stattgefunden. Zusätzlich sei Sie bei alternativen Kursen nachgefragt und die Antwort erhalten, dass auch für diese Kurse ein erhöhtes Interesse bestanden habe.

9. Die AMA übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Begleitschreiben vom 08.05.2017 die Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens zur Entscheidung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Am 01.01.2015 übernahm die BF die Bewirtschaftung des Betriebes mit der Betriebsnummer XXXX .

1.2. Die BF stellte am 01.04.2015 elektronisch einen MFA für das Antragsjahr 2015, wobei sie die Gewährung von Direktzahlungen, u.a. auch eine Zahlung für Junglandwirte (Top-up) beantragte. Ein erforderlicher Ausbildungsnachweis wurde mit diesem Antrag nicht hochgeladen.

1.3. Mit Bescheid vom 28.04.2016, AZ II/4-DZ/15-2870117010, gewährte die AMA der BF für das Antragsjahr 2015 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX . Der Antrag auf Gewährung einer Zahlung für Junglandwirte (Top-up) vom 01.04.2015 wurde abgewiesen.

In der Begründung hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Gewährung einer Zahlung für Junglandwirte (Top-up) wurde hingewiesen, dass dieser Antrag abgewiesen wurde, da der vorgelegte Ausbildungsnachweis unter Hinweis auf Art. 50 der (EU) Verordnung 1307/2013 sowie auf § 12 der DIZA-VO nicht erbracht worden wäre.

Dieser Bescheid wurde von der BF nicht angefochten.

1.4. Mit Schriftsatz vom 26.09.2016, eingelangt bei der AMA am 28.09.2016, stellte die BF den Antrag auf Friststreckung der Zweijahresfrist für die Beibringung des erforderlichen Ausbildungsnachweises um 1 Jahr (auf max. 3 Jahre ab Bewirtschaftungsbeginn) auf Grund des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände.

In diesem Schriftsatz wurde dieser Antrag damit begründet, dass der BF der Besuch der "landwirtschaftlichen Fachschule (LFS) Zwettel/Edelhof" auf Grund der Vielzahl an Bewerbern im Schuljahr 2015/2016 nicht möglich gewesen wäre. Diese Entschuldigung wurde von der "LFS Edelhof" für die Beschwerdeführerin bestätigt. Diese Bestätigung wurde von der BF dem Schriftsatz vom 26.09.2016 beigelegt.

1.5. Mit Bescheid der AMA vom 12.01.2017, AZ 2006/I/1/1/Sche, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 26.09.2016 auf Verlängerung der Zweijahresfrist für die Erbringung des Ausbildungsnachweises für Junglandwirte abgewiesen.

Im Wesentlichsten zusammengefasst wurde diese Entscheidung damit begründet, dass die im Schriftsatz vom 26.09.2016 dargelegte Begründung für diesen Antrag keinen Fall eines außergewöhnlichen Umstandes oder höherer Gewalt gemäß § 12 DIZA-VO darstellen würde. Von der AMA wurde auf zahlreiche alternativ angebotene Kurse im gesamten niederösterreichischen Landesgebiet hingewiesen. Die AMA vertrat die Auffassung, dass der BF der Besuch eines alternativen Kurses zumutbar gewesen. Die BF hätte sich fristgerecht bei einem angebotenen Kurs an einer alternativen Ausbildungsstelle anmelden können.

1.6. Mit Schriftsatz vom 13.02.2017 erhob die Beschwerdeführerin gegen diese Entscheidung der AMA Beschwerde.

1.7. Die Beschwerdeführerin war offensichtlich bereits im Herbst 2015 bemüht, ehestmöglich einen Ausbildungsplatz zur Erreichung eines erforderlichen Facharbeiterbriefes zu erhalten. Sie hat die erste Möglichkeit genutzt, um von 12.09.2016 bis 05.04.2017 in der Landwirtschaftlichen Fachschule Edelhof die erforderliche Ausbildung zu absolvieren, welche Sie am 06.04.2017 auch mit gutem Erfolg abschloss, wofür ihr das erforderliche Zeugnis auch ausgestellt wurde.

1.8. Der Zweijahreszeitraum, in welchem der erforderliche Ausbildungsnachweis zu erbringen ist, begann mit dem Bewirtschafterwechsel am 01.01.2017. Innerhalb dieser zweijährigen Frist stellte die Beschwerdeführerin am 26.09.2016 einen Antrag auf Verlängerung der Zweijahresfrist um ein weiteres Jahr wegen eines außergewöhnlichen Umstandes bzw. wegen höherer Gewalt.

1.9. Die Beschwerdeführerin wurde am 06.06.1976 geboren und war daher im relevanten Antragsjahr erst 38 bzw. 39 Jahre alt. Die Beschwerdeführerin ist Mutter von zwei Söhnen, wobei ihr Sohn XXXX am XXXX und ihr Sohn XXXX am XXXX geboren wurden. Im relevanten Antragsjahr 2015 war XXXX erst ein Jahr alt und wurde am 01.08.2015 zwei Jahre alt.

1.10. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde glaubhaft ausgeführt, dass ihr (Partner im relevanten Antragsjahr 2015 vollzeitig berufstätig war und unregelmäßige Tages- und Nachtdienste hatte, dass es für sie als Mutter sehr schwierig bzw. unmöglich war, für den Fall eines Besuches eines Kurses zur Erlangung eines Facharbeiterbriefes, die erforderliche Kinderbetreuung bzw. gesetzlich geforderte Kinderaufsicht sicherzustellen, sowie dass hinsichtlich der von der AMA ventilierten Kurse in Tulln, Obersiebenbrunn, Warth-Aichhof bzw. Gießhübl folgende Strecken zurückzulegen gewesen wären bzw. folgende einfachen Fahrtzeiten bei guten Verkehrsbedingungen zu veranschlagen gewesen wären:

Schönfeld - Tulln : 82 km, Fahrtzeit 1 Std., 2 Minuten

Schönfeld - Obersiebenbrunn: 126 km, Fahrtzeit 1 Std., 33 Minuten

Schönfeld - Warth-Aichhof: 186 km, Fahrtzeit 2 Std., 4 Minuten

Schönfeld - Gießhübl: 156 km, Fahrtzeit 1 Std., 43 Minuten.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die vom erkennenden Gericht getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den von der AMA dem BVwG vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens bzw. einer Einsicht in das Zentrale Melderegister. Widersprüchlichkeiten oder Einwände auf Sachverhaltsebene liegen nicht vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit:

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. Nr. 376/1992 idgF iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgF erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

3.2. In der Sache:

a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Die Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013, lautet auszugsweise:

"Artikel 4

Begriffsbestimmungen und damit zusammenhängende Bestimmungen

(1) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff

a) "Betriebsinhaber" eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen, unabhängig davon, welchen rechtlichen Status diese Vereinigung und ihre Mitglieder aufgrund nationalen Rechts haben, deren Betrieb sich im räumlichen Geltungsbereich der Verträge im Sinne des Artikels 52 EUV in Verbindung mit den Artikeln 349 und 355 AEUV befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt;

b) "Betrieb" die Gesamtheit der für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten und vom Betriebsinhaber verwalteten Einheiten, die sich im Gebiet desselben Mitgliedstaats befinden;

c) "landwirtschaftliche Tätigkeit"

i. die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren sowie Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke,

ii. die Erhaltung einer landwirtschaftlichen Fläche in einem Zustand, der sie ohne über die in der Landwirtschaft üblichen Methoden und Maschinen hinausgehende Vorbereitungsmaßnahmen für die Beweidung oder den Anbau geeignet macht, auf der Grundlage von Kriterien, die von den Mitgliedstaaten anhand eines von der Kommission vorgegebenen Rahmens festgelegt werden, oder

iii. die Ausübung einer von den Mitgliedstaaten festgelegten Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen, die auf natürliche Weise in einem für die Beweidung oder den Anbau geeigneten Zustand erhalten werden;

[...]."

"Zahlung für Junglandwirte

Artikel 50

Allgemeine Vorschriften

(1) Die Mitgliedstaaten gewähren eine jährliche Zahlung an Junglandwirte, die Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Kapitel 1 haben (im Folgenden "Zahlung für Junglandwirte").

(2) Im Sinne des vorliegenden Kapitels gelten als "Junglandwirte" natürliche Personen, die

a) sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niederlassen oder die sich während der fünf Jahre vor dem im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 erstmalig gestellten Beihilfeantrag bereits in einem solchen Betrieb niedergelassen haben und

b) im Jahr der Antragstellung gemäß Buchstabe a nicht älter als 40 Jahre sind.

(3) Die Mitgliedstaaten können in Bezug auf die einschlägigen Qualifikationen und/oder Ausbildungsanforderungen weitere objektive und nichtdiskriminierende Förderkriterien für Junglandwirte definieren, die einen Antrag auf die Zahlung für Junglandwirte stellen.

[...]."

§ 12 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungs-Verordnung 2015 - DIZA-VO), BGBl. II Nr. 368/2014, lautet:

"Zahlung für Junglandwirte

§ 12. Junglandwirte, die die Zahlung gemäß Art. 50 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 beantragen, müssen spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung nachweisen. Diese Frist kann in begründeten Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände auf Antrag des Junglandwirts, der vor Ablauf der zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu stellen ist, um ein Jahr verlängert werden."

b. rechtliche Würdigung:

Grundlegende Voraussetzung für die Gewährung der Zahlung für Junglandwirte ist im Wesentlichen zum einen der Zuspruch der Basisprämie (Art. 50 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013) sowie zum anderen, dass der Betriebsinhaber sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niedergelassen hat und nicht älter als 40 Jahre ist (Art. 50 Abs. 2 VO (EU) 1307/2013).

Zusätzlich wurde mit § 12 DIZA-VO 2015 bestimmt, dass Junglandwirte spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung nachweisen müssen.

Einen derartigen Nachweis hat die Beschwerdeführerin innerhalb von zwei Jahren ab Aufnahme der Bewirtschaftung nicht erbracht. Die Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit durch die Beschwerdeführerin erfolgte mit 01.01.2015; sie hätte daher eine entsprechende Ausbildung bis spätestens 01.01.2017 abschließen müssen, um für die Zahlung für Junglandwirte anspruchsberechtigt zu sein. Aus dem vom Beschwerdeführer übermittelten Facharbeiterbrief ergibt sich, dass sie ihre Ausbildung am 06.04.2017 - und damit nach Ablauf der zweijährigen Frist - abgeschlossen hat.

Davon abweichend ermöglicht § 12 DIZA-VO grundsätzlich eine Erstreckung dieser Frist um ein weiteres Jahr in begründeten Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände. Voraussetzung dafür ist, dass ein entsprechender Antrag vor Ablauf der Zweijahresfrist gestellt wird.

Die Voraussetzung, dass der Antrag vor Ablauf der Zweijahresfrist gestellt wurde ist jedenfalls unbestreitbar erfüllt.

Die Beschwerdeführerin hat ursprünglich nur angegeben, dass es in ihrer näheren Umgebung keine Möglichkeit der erforderlichen Ausbildung innerhalb der erforderlichen Zeitspanne gegeben habe. Die AMA hatte keine Kenntnis von der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin als Mutter von zwei Söhnen, wobei der jüngere Sohn sich damals noch im Babyalter befand, Schwierigkeiten bei einer erforderlichen und gesetzlich normierten Beaufsichtigung ihrer Kinder hatte. Das erkennende Gericht gelangt nunmehr in Kenntnis auch dieses Umstandes jedenfalls zur Auffassung, dass in der gegenständlichen Angelegenheit vom Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes ausgegangen werden kann, sodass dem Antrag auf Verlängerung der Frist auf drei Jahre zur Erreichung eines erforderlichen Ausbildungsnachweises stattzugeben ist. Der Ausbildungsnachweis wurde letztlich auch innerhalb des nunmehr verlängerten Zeitraumes ordnungsgemäß erbracht, sodass eine Gewährung der top-up-Bonuszahlung für Junglandwirte an die Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2015 zu veranlassen wäre.

3.3. Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung, ob in der gegenständlichen Angelegenheit tatsächlich ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt eine Rechtsfrage darstellt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine klare und eindeutige Rechtsprechung des VwGH zur Frage, was unter begründeten Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände gemäß § 12 der DIZA-VO zu verstehen ist, liegt nicht vor. Eine endgültige Klärung dieser Rechtsfrage ist auch für andere Verfahren von fundamentaler Bedeutung.

Schlagworte

Ausbildung außergewöhnliche Umstände Betriebsübernahme Bewirtschaftung Frist Fristverlängerung Junglandwirt Nachweismangel Revision zulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W114.2156070.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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