Entscheidungsdatum
24.02.2020Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13Spruch
W195 2215539-2/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.01.2020 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 09.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen einer am Tag der Antragstellung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF zu seinen Fluchtgründen an, er gehöre in Bangladesch der Partei BNP an. Eine andere Partei namens Awami League (im Folgenden: AL) habe gegen den BF fünf Falschanzeigen (Beteiligung an Schlägereien bzw. Tötungsdelikten) bei der Polizei erstattet. Wäre er für diese Anschuldigungen verurteilt worden, hätte er lebenslang in Haft gehen müssen. Der BF habe die ihm vorgeworfenen Straftaten nicht begangen. Deshalb habe er sein Heimatland verlassen und die Flucht ergriffen.
I.2. Am 06.03.2018 wurde der BF - nach mehreren Vertagungsveranlassungen seitens des BF - vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Aufgrund Schwindelgefühls des Dolmetschers wurde die Einvernahme im Einvernehmen mit dem BF und der Rechtsberaterin unterbrochen und am 19.04.2018 fortgesetzt.
Dabei aufgefordert, seine persönlichen Fluchtgründe darzulegen, führte der BF aus, er sei politisch für die Partei BNP tätig. Sein Großvater sei auch politisch aktiv bzw. BNP-Mitglied. Die AL habe deshalb versucht, den BF in Schwierigkeiten zu bringen. Sein Großvater sei in der Gegend politisch sehr einflussreich, der BF sei seine rechte Hand gewesen und habe ihm geholfen. Die AL sei eine große Bedrohung, weil die BNP im Bezirk des BF sehr stark sei. Sein Großvater sei angezeigt worden, weil er BNP-Anhänger sei.
Die Frage nach den Fluchtgründen wurde wiederholt und der BF zur Preisgabe von Details und Einzelheiten aufgefordert. Daraufhin gab der BF zu Protokoll, er selbst sei ebenfalls wegen Schlägereien angezeigt worden. Es gebe auch Anklagen aufgrund Mordes gegen seinen Großvater und den BF. Ein weiterer Grund sei, dass sie eine Demonstration gegen die Regierungspartei organisiert hätten. Aus diesem Grund sei die Lage sehr gespannt, weder der Großvater noch der BF könnten in der Heimat friedlich leben, weil sie von der Polizei und AL-Anhängern verfolgt würden. Der Wirtschaftsminister in Bangladesch sei der Nachbar des BF gewesen, er sei klarer Anhänger der AL. Seine Leute und er hätten den BF und seine Familie im Visier. Aufgrund der ganzen Anklagen sei der BF ständig verfolgt worden, auch seine Familienmitglieder würden bedroht. Würden sie ihn erwischen, könnte etwas Schlimmes passieren, sie könnten ihn entführen oder umbringen. Der BF habe nicht mehr in seinem Dorf leben können, also habe er sich bei einem Onkel verstecken wollen, der in Dhaka lebe. Eines Tages habe ihn sein Onkel verständigt, als der BF nicht zuhause gewesen sei, die Polizei wäre da und suche nach dem BF. Als er bemerkt habe, dass er in Dhaka und seiner Gemeinde nicht mehr sicher sei, sei ihm von seinem Onkel empfohlen worden, noch einmal in sein eigenes Dorf zurückzugehen und über die Lage mit seiner Mutter zu sprechen. Seine Gegner von der AL hätten mitbekommen, dass er wieder zurück gewesen sei und hätten versucht, herauszufinden, wo sich der BF aufhalte. Dabei seien seine Mutter und seine Schwester schwer verletzt worden. Seine Mutter habe drei Tage lang im Krankenhaus bleiben müssen. Dann sei er mit der Hilfe von BNP-Mitgliedern auf die Insel Kurkurimurkuri gefahren, dort sei er ca. 25 Tage gewesen.
Das Wohnquartier, das Essen und die Umstände seien schlecht gewesen, also habe der BF beschlossen, seine Mutter neuerlich zu kontaktieren. Sie habe den BF über die Lage mit der Polizei und der AL-Anhänger informiert, dass sie weiterhin nach dem BF suchen und die Familie belästigen würden. Sie hätten herausfinden wollen, wo sich der BF aufhalte. Der BF habe dann ein Telefongespräch mit seinem Onkel gehabt, welcher dem BF mitgeteilt habe, dass die Polizisten immer wieder bei ihm nach dem BF suchen würden. Der BF habe nachträglich mit seinem Großvater telefoniert und dieser habe ihm geraten, unmittelbar nach XXXX zu reisen um bei einem Bekannten seines Großvaters, der auch bei der BNP tätig sei, unterzutauchen. Dem BF sei von diesem Bekannten empfohlen worden, das Land zu verlassen, der BF habe jedoch nicht die finanziellen Mittel gehabt, um auszureisen, was er dem Bekannten gesagt habe. Dann habe er nochmal seine Mutter kontaktiert und ihr gesagt, dass er das Land verlassen wolle und diesbezüglich Geld brauche. Als Hilfe habe er 400.000 Taka und ein Schmuckstück von seiner Mutter erhalten. Sie habe ihm das nach XXXX geschickt. Danach sei ein Schlepper gegen Entgelt kontaktiert worden, der den BF bis in die Türkei bringen sollte.
Der BF sei zehn- bis 15mal bedroht worden. 2012 sei er dreimal bedroht worden, 2014 auch zwei- bis dreimal, danach sei er auch mehrmals persönlich bedroht und verfolgt worden. Einmal sei er fast entführt worden.
Die versuchte Entführung sei in XXXX gewesen, einmal hätten den BF ein paar Leute der AL gepackt und hätten ihn in ein Auto zerren wollen. Der BF habe zu schreien begonnen und um Hilfe gerufen. Danach seien Leute aus der Umgebung gekommen, um ihm zu helfen. Die Täter hätten das gemerkt, ihn losgelassen, davor habe aber einer ihn mit einem Messer attackiert, davon habe er eine Narbe im Gesicht.
Nach Wiederholung der Frage und Aufforderung, mehr Details und Einzelheiten zu nennen, führte der BF aus, eines Tages, am Nachmittag, sei er am Weg zum Markt gewesen, es sei ungefähr zehn Minuten von ihm zuhause entfernt gewesen, dann seien vier bis fünf Leute mit dem Auto gekommen. Sie hätten den BF blockiert und gezwungen, ins Auto einzusteigen. Der BF habe abgelehnt und gesagt: "Warum soll ich das tun, ich kenne euch nicht." Dann hätten sie versucht, den BF zwangsweise in das Auto zu ziehen, woraufhin der BF um Hilfe geschrien habe. Als sie bemerkt hätten, dass die Situation außer Kontrolle gerate, als die Bewohner der Umgebung zu Hilfe gekommen seien, hätten sie den BF losgelassen und den Tatort verlassen.
Nach dem Vorfall sei der BF zur Polizei gegangen und habe Anzeige erstatten wollen, die Polizei habe es abgelehnt, eine Anzeige aufzunehmen, mit der Behauptung, dass der BF Lügengeschichten erzählen wolle.
Im Falle einer Rückkehr fürchte der BF, entführt, verprügelt und umgebracht zu werden. Auch durch die Polizei wäre das möglich, weil die Anzeigen noch aktiv seien.
I.3. Am 20.06.2018 wurde der BF zur Behandelbarkeit von Knochentuberkulose in Bangladesch einvernommen.
I.4. Am 05.12.2018 wurde der BF vor dem BFA neuerlich zu seinen Fluchtgründen einvernommen. Dabei wurde er zunächst zu vorgelegten Schriftstücken befragt. Sodann gab der BF an, seine Eltern hätten Probleme. Die Polizei komme zu seinen Eltern und seinen Angehörigen um zu kontrollieren, ob der BF da sei. Sie fragten nach, wo sich der BF versteckt hielte. Sie sollten den BF gefälligst herausgeben. Die Polizisten sagten auch, dass es genügend Anzeigen gegen den BF gebe und es werde gegen ihn ermittelt. Die Leute der AL würden die Verwandten des BF bedrohen und sie auf Schritt und Tritt beobachten. Sie würden fragen, wo sich der BF befinde, warum er nicht zurückkomme, was das solle. Sie sagten, wenn sie den BF nicht ausliefern würden, dann würden sie die Verwandten von hier vertreiben. Sie sollten den BF ausliefern, wenn seinen Verwandten ihr Leben lieb sei. Die Leute der AL sagten: "Hast du jetzt Angst, traust du dich nicht mehr, früher warst du auch aktiv bei der BNP, traust du dich jetzt nicht mehr?" Die Polizei und die CID sei sehr unhöflich. Sie würden obszön reden.
Der Großvater des BF sei ein Mitglied gewesen, als die BNP an der Macht gewesen sei. Er sei im Gemeindeverband von XXXX gewesen. Die Schwester und der Onkel des BF seien auch in der Politik. Sie seien einfache Mitglieder der BNP. Der Großvater des BF sei Counsilar (Berater) des Gemeindeverbandes in XXXX gewesen als die BNP an der Macht gewesen sei. Er habe Arbeiten, die bei einem Gemeindeverband anfallen würden, gemacht. Er habe die Aufgabe gehabt, als Ratgeber dabei zu sein. Das sei von 2001 bis die Übergangsregierung gekommen sei, gewesen. Als die AL an die Macht gekommen sei, also zwei bis drei Jahre später, sei er nicht mehr in dieser Position gewesen. Dann sei er aufgrund einer Falschanzeige ins Gefängnis gesteckt worden.
Der Großvater des BF sei vor eineinhalb Monaten gestorben. Er sei entlassen und weiterhin von der Polizei belästigt worden. Deshalb hätte er einen Herzinfarkt gehabt und sei deswegen vor kurzem gestorben.
Der BF habe Bangladesch verlassen, weil er der CHATRO DOL angehört habe. Er sei stark politisch aktiv bei der BNP, so wie sein Großvater auch, der eine starke Position innegehabt habe. Der BF habe als seine rechte Hand fungiert, weil er der älteste Sohn in der Familie sei. Der BF habe seinem Großvater geholfen, um selbst eine hohe Position zu erlangen. Deswegen sei er ein Feindbild der AL gewesen. Deswegen hätten sie falsche Anzeigen gegen den BF eingebracht und ihn bedroht und versucht zu schlagen. Da in der Gegend des BF die BNP eine große Macht habe und die Chance bestünde, dass die AL verdrängt würde und somit nicht an die Macht käme, sähen sie sie, insbesondere den BF und seinen Großvater, als potentielle Gefahr an. Der BF sei fälschlicherweise des Mordes bezichtigt worden.
Der BF sei seit 2011 für die BNP tätig gewesen. Er sei Generalsekretär gewesen. Er habe ein Team unter sich gehabt, wenn es zu einer Überschwemmung gekommen sei, seien sie vor Ort gewesen, um den Leuten zu helfen, bzw. hätten sie an den Unis benachteiligten Studenten, die eine Problem mit den Lehrern gehabt hätten, versucht zu helfen. Er habe Zusammenkünfte der Partei organisiert. Er habe dafür sorgegetragen, dass diese Leute kommen, zu den Versammlungen und den Protestkundgebungen. Das stehe auch in dem Papier, das er abgegeben habe, drinnen.
Die Funktion des BF habe darin bestanden, dass Probleme, die auf der Ebene des Gemeindeverbandes bestanden hätten, zu lösen. Wie zum Beispiel, die Korrektur der Straßen, ob Schulen zu bauen und ähnliches. Es sei darum gegangen, diese Sachen bei den Behörden durchzusetzen. Es sei auch die Aufgabe des BF gewesen, mit einem Parlamentsmitglied (Abgeordneter aus dem Bezirk) zu sprechen und diese von den notwendigen Arbeiten zu überzeugen.
I.5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.01.2019, Zl. XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ab, erteilte ihm gem. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, der BF habe eine Verfolgung in Bangladesch nicht glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Das BFA gehe aufgrund der Knochentuberkulose des BF davon aus, dass derzeit die Behandlungsmöglichkeiten für den BF in Bangladesch nicht gegeben seien und seine Abschiebung die reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 f. EMRK oder des 6. oder 13. ZPMRK mit sich bringen könnte. Daher sei dem BF subsidiärer Schutz und eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen.
I.6. Mit Schriftsatz vom 06.03.2019 wurde Spruchpunkt I. dieses Bescheides des BFA seitens des - durch den XXXX - BF wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten.
Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensverlaufes und der behaupteten Fluchtgründe wurde dabei soweit wesentlich begründend ausgeführt, der BF habe seine Heimat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen. Das BFA habe es unterlassen, den maßgeblichen Sachverhalt zu erforschen. Die dem Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen seien veraltet. Die Sicherheitslage in Bangladesch sei schlecht. Im Falle einer Rückkehr würde müsse der BF um sein Leben fürchten.
Es wurden die Anträge gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge dem BF Asyl gewähren, in eventu, Spruchpunkt I. des Bescheides beheben und das Verfahren zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverweisen sowie eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.
I.7. Mit Schreiben vom 08.03.2019 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
I.8. Mit Schreiben vom 07.01.2020 wurde zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen und damit dem BF auch das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den 29.01.2020 angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.
I.9. Am 29.01.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.
Der BF hat an einer Knochentuberkulose gelitten, welche mittlerweile auskuriert ist, jedoch steht er weiterhin unter ärztlicher Aufsicht in Hinblick auf § 7 TuberkuloseG.
Der BF hat regelmäßigen, pro Woche zwei- bis dreimaligen Kontakt zu seiner Mutter. Seine Mutter und seine Verwandten leben in Bangladesch. Seiner Familie würde es finanziell mittelmäßig gehen.
Kinder oder eine Beziehung habe er nicht in Österreich. Allerdings fühlt sich der BF zu einer Arbeitskollegin besonders hingezogen und sei er verliebt. Sie hätte derzeit ein sehr gutes freundschaftliches Verhältnis. Der BF legte auch viele Unterstützungserklärungen vor, welche hauptsächlich von Freunden eines Fußballvereines stammen.
Im Rahmen der Verhandlung vor dem BVwG konnte festgestellt werden, dass eine Konversation in deutscher Sprache möglich ist, weil der Sprachwortschatz ausreichend vorhanden ist. Die Antworten erfolgten zumeist in ganzen Sätzen.
Der BF legte einen Dienstvertrag als "Crewmitarbeiter" bei XXXX , vor. Für die Vollzeit-Beschäftigung erhalte der BF 1.500 ? brutto pro Monat.
Hinsichtlich seines Fluchtgrundes befragt führte der BF aus, er sei Mitglied der BNP gewesen. Sein mittlerweile verstorbener Großvater sei ein wichtiger Funktionär auf Bezirksebene gewesen und der BF habe den Großvater öfters begleitet.
Der BF habe seine Ausbildung an einer Universität abbrechen müssen, weil er politisch verfolgt worden sei. Er selbst sei Vize-Sekretär bei der Chattro Dal gewesen. Das Dorf sei ca 37 km von der Universität entfernt gewesen; auf der Universität habe er sich nicht politisch hervorgetan, sondern nur in seinem Dorf, welches er lediglich an den freien Tagen aufgesucht habe. Er habe keine abgeschlossene Berufsausbildung; auf der Universität habe er Rechnungswesen studiert. Er habe nach Verlassen der Universität nicht gearbeitet, sondern habe vom Großvater und seiner Mutter Unterstützung erhalten.
Der Hauptgrund der behaupteten politischen Verfolgung sei die Tätigkeit seines Großvaters gewesen. Man hätte den BF als potentiellen Nachfolger seines Großvaters angesehen. Es hätte gegen den Großvater zahlreiche Anzeigen gegeben, genauso aber auch gegen den BF, der den Großvater bei seinen Aktivitäten unterstützt habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen in Österreich:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali (Angaben in Erstbefragung AS 11 sowie bei Einvernahme vom beim BFA AS 307 f.).
Der BF ist in Indien (AS 11) oder in Bangladesch (AS 305) geboren, zuletzt hat er im Dorf XXXX gewohnt (AS 306). Er hat in seinem Heimatland für zehn Jahre die Schule und zwei Jahre ein College besucht (AS 307, divergierende Angaben in der Erstbefragung AS 11 ff.).
Der BF ist ledig und hat keine Kinder (AS 11; AS 307). Er hat eine Freundin in Bangladesch (AS 307), mittlerweile ist er gerade in eine Arbeitskollegin verliebt, hat jedoch nur ein freundschaftliches Verhältnis zu ihr. Seine Eltern, seine Schwester und zahlreiche Verwandte leben in Bangladesch (AS 306 f.). Zwischen dem BF und seinen Verwandten besteht aufrechter regelmäßiger Kontakt.
Der BF ist im September 2015 nicht legal in das Bundesgebiet eingereist. Er ist nicht in die staatliche Grundversorgung einbezogen.
Der BF hat ein Arbeitsverhältnis und verdient ca. 1.500,- ? pro Monat.
Der BF hat im österreichischen Bundesgebiet bereits Freunde gefunden, er lernt Deutsch, hört Nachrichten, primär aber Musik im Radio, manchmal geht er zum Verein XXXX und nimmt an Sitzungen teil (AS 308 f.).
Der BF verfügt über ausreichend gute Deutschkenntnisse. Er ist strafrechtlich unbescholten.
Der BF leidete an Knochentuberkulose, weswegen er in Österreich unter Behandlung stand bzw. nunmehr unter Beobachtung steht.
I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Nicht festgestellt werden kann eine konkrete politische Verfolgung des BF in Bangladesch.
Der BF war zwar Mitglied der BNP und dürfte auch eine untergeordnete Funktion (Vize-Sekretär) im Wahlsprengel seines Dorfes gehabt haben. Die Angaben hinsichtlich der Größe des Wahlsprengels differierten zwischen 17.000 und 70.000 Personen.
Nicht festgestellt werden kann aber, dass gegen den BF Anzeigen aus politischen Gründen eingebracht wurden.
Festgestellt wird, dass der BF behauptet in verschiedenen Ortschaften in Bangladesch gelebt zu haben und dass er - trotz der behaupteten Verfolgung - immer wieder in sein Dorf zurückgekehrt sei.
Es wird festgestellt, dass der BF behauptet, die Polizei sei zum Haus des BF gekommen, um ihn zu suchen. Eine konkrete Verhaftung ist jedenfalls nicht erfolgt.
II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:
Politische Lage:
Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People' s Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).
Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).
Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die "junge Generation" übergeben wolle (DW 14.2.2019).
Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).
Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt. (HRW 13.12.2018). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).
2014 trat die BNP aus Protest gegen Verfahrensfehler bei der Organisation der Wahlen nicht zur Wahl an und forderte die Bevölkerung, ihre eigenen Parteimitglieder und Wähler zu einem Generalstreik (Hartal) auf. Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).
Durch Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren. Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 12.2018).
Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL in 176 Bezirken als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016). Die kommenden Kommunalwahlen werden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 stattfinden (bdnews24 3.2.2019). Am ersten Wahltermin wurden in den 78 Upazilas eine geringe Wahlbeteiligung beobachtet. Die Wahl wird von der BNP und einigen anderen Parteien boykottiert (DS 10.3.2019).
Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).
Quellen:
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* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote, https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 7.3.2019
* bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase, https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019
* BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019
* BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019
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* DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts, https://www.thedailystar.net/country/news/election-78-upazilas-begins-1712992, Zugriff 11.3.2019
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* DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019
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* Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 7.3.2019
* Hindu, The (1.1.2019): Hasina's triumph: on Bangladesh election results, https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 7.3.2019
* NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 7.3.2019
* ÖB DEL - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018): Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK, Zugriff 7.3.2019
* RW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html, Zugriff 7.3.2019
* WPR - World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2019, http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 7.3.2019
Sicherheitslage:
Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League und die Bangladesch National Party, ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018; vgl. FH 1.2018). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).
Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Politische Auseinandersetzungen werden von allen Lagern - mit einem teilweise massiven Aufgebot an Menschen und unter Rekrutierung von Studenten- und Jugendorganisationen - auf der Straße ausgetragen (AA 27.10.2017). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKHO 28.2.2019).
Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Im März 2017 kam es zu drei Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 14.12.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).
Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2017; AA 27.10.2017). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z. B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. In vielen Fällen wird den Sicherheitsbehörden vorgeworfen, nicht oder zu spät reagiert zu haben, vereinzelt sogar an Gewaltakten aktiv teilgenommen zu haben (AA 27.10.2017).
In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019; UKHO 28.2.2019). Im Juni 2017 griff eine aufgebrachte Menschenmenge indigene Bewohner der Stadt Langadu im Bezirk Rangamati Hill an und tötete dabei mindestens eine Person. Außerdem wurden Hunderte Häuser niedergebrannt. Berichten zufolge unternahmen Polizisten und Soldaten nichts, um die indigenen Bewohner zu schützen (AI 23.5.2018). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox's Bazar der Division Chittagong, hat es zuletzt in bzw. in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Am 21. Februar 2019 wurden dabei auch ausländische Journalisten angegriffen (AA 25.2.2019).
An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKHO 28.2.2019).
In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 25.2.2019). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 27.10.2017). Die Kriminalität hat ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 14.12.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (25.2.2019): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 27.2.2019
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018): The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019
* AI - Amnesty International (23.5.2018): Bangladesch 2017/18, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/bangladesch, Zugriff 5.3.2019
* BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (14.12.2018): Bangladesch - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 6.3.2019
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018): Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* UKHO - UK Home Office (28.2.2019): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 6.3.2019
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Rechtsschutz/Justizwesen:
Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen "Common Law". Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem "High Court", der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem "Appellate Court", dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 12.2018).
Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 12.2018). Gemäß einer Verfassungsänderung hat das Parlament seit 2014 das Recht, oberste Richter abzusetzen (USDOS 20.4.2018).
Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB 12.2018).
Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 12.2018). Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2018). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 9.1.2019).
Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese "Gerichte" eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftliche Stellung von Frauen nicht unproblematisch. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 12.2018).
Quellen:
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (9.1.2019): Joint statement [by AHRC - Asian Human Rights Commission; ANFREL - Asian Network for Free Elections; GNDEM - Global Network of Domestic Election Monitors; FIDH - International Federation for Human Rights; CMEV - Centre for Monitoring Election Violence, Sri Lanka] on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 6.3.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018): Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Korruption:
Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 27.10.2017; vgl. LIFOS 25.2.2019). Der Vorsitzende der Antikorruptionsbehörde, Iqbal Mahmood, wird mit den Worten zitiert, die Korruption habe ein solches Ausmaß erreicht, dass er ratlos sei, wie er sie reduzieren könne (AA 27.10.2017). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2018 den 149. Platz unter 180 untersuchten Staaten, das ist eine Verschlechterung von sechs Plätzen im Vergleich zum Jahr 2017 (143/180) (TI 29.1.2019).
Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen. Wohlhabenden oder in den großen Parteien verankerten Personen stehen die Möglichkeiten des ineffizienten und korrupten Justizsystems offen. Das Ausmaß der Korruption stellt jedoch sicher, dass auch Opfer staatlicher Verfolgung davon profitieren können (ÖB 12.2018).
Laut Transparency International haben im Jahr 2015 47 % der befragten Haushalte und 49 % der befragten Unternehmen Bestechungsgeld gezahlt (TI 30.5.2016). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden sowie die Rechtspflege genannt. Versicherungen, Banken und NGOs genießen den besten Ruf (AA 27.10.2017).
Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission - ACC). Diese wird seitens der deutschen Botschaft Dhaka jedoch als "eher zahnloser Papiertiger" sowie "reines Aushängeschild" beurteilt (ÖB 12.2018). Eine im Jahr 2013 erlassene Gesetzesänderung führte dazu, dass die ACC der Korruption verdächtigte Beamte nur noch mit Zustimmung der Regierung anklagen darf. Faktisch hat die ACC in den vergangenen Jahren lediglich eine Handvoll von Regierungsvertretern angeklagt (AA 27.10.2017). Im Gegenzug wird der Regierung vorgeworfen, die ACC für politisch motivierte Strafverfolgung zu nutzen (USDOS 20.4.2018), beispielsweise gegen die oppositionelle BNP (FH 1.2018).
Es gibt Ambitionen der jüngsten Regierungen, Korruption einzuschränken (LIFOS 25.2.2019) und die Regierung setzt Schritte zur Bekämpfung der weitverbreiteten Polizeikorruption (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* LIFOS - Center för landinformation och landanalys inom migrationsområdet (25.2.2019): Bangladesh falska handlingar, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458189/1226_1551169348_190225550.pdf, Zugriff 5.3.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018): Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* TI - Transparency International (29.1.2019): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/cpi2018, https://www.transparency.org/files/content/pages/2018_CPI_Methodology.zip, Zugriff 6.3.2019
* TI - Transparency International (30.5.2016): U4 Expert Answer - Corruption and governance indicators in selected Asian countries, https://knowledgehub.transparency.org/assets/uploads/helpdesk/Corruption_trends_in_Asia_Pacific_region.pdf, Zugriff 6.3.2019
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Allgemeine Menschenrechtslage:
Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 12.2018; vgl. UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum "High Court" offen. Die "National Human Rights Commission" wurde im Dezember 2007 unter dem "National Human Rights Commission Ordinance" von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB 12.2018).
Teils finden Menschenrechtsverletzungen auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und und anderer Sicherheitskräfte statt (GIZ 12.2018a). Dazu zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwinden lassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen und Folter (USDOS 20.4.2018). Im Jahr 2017 sollen nach Angaben der bangladeschischen Menschenrechtsorganisation Odhikar 117 Personen durch Sicherheitskräfte getötet, 13 Personen dabei zu Tode gefoltert bzw. geprügelt worden sein (Odhikar 12.1.2018). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2000 Mitglieder der RABs wegen diverser Vergehen. Obwohl die RABs in den letzten Jahren hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen (ÖB 12.2018, siehe auch Abschnitt 5).
Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen zählen weiters, auch aufgrund des Fehlens von Rechenschaftspflicht, Einschränkungen der Bürgerrechte inklusive der Rede- und Pressefreiheit, der Aktivitäten von NGOs, ein Mangel an Freiheit, um an politischen Prozessen teilzunehmen, Korruption, Gewalt und Diskriminierung basierend auf Geschlecht, Religion, Kaste, Stamm, inklusive indigener Personen, sexueller Orientierung und Genderidentität. Auch Menschenhandel, Einschränkungen der Arbeitnehmerrechte und schlimme Formen der Kinderarbeit sind weiterhin ernsthafte Probleme (USDOS 20.4.2018).
Die meisten NGOs können uneingeschränkt arbeiten, jedoch werden Gruppen, die als übermäßig regierungskritisch gelten, überwacht und schikaniert und ihnen werden regelmäßig notwendige behördliche Genehmigungen verweigert (FH 1.2018; für mehr Informationen zu NGOs siehe Abschnitt 8).
Im April brachte die EU während der jährlichen bilateralen Menschenrechtskonsultationen ihre Besorgnis über Berichte über außergerichtliche Tötungen und gewaltsames Verschwindenlassen zum Ausdruck und forderte von der Regierung das Problem der Gewalt und Belästigung von Gewerkschaftern anzugehen (HRW 17.1.2019).
Das Gesetz verbietet Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, es wird jedoch nicht effektiv durchgesetzt. Fälle von Diskriminierung und gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten sowie von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bestehen fort (USDOS 20.4.2018). Das Informations- und Kommunikationstechnologiegesetz (Information and Communication Technology Act - ICT Act) wird angewandt, um Oppositionelle und Mitglieder der Zivilgesellschaft wegen Delikten von Verleumdung und Blasphemie juristisch zu verfolgen (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018).
Die Regierung unternimmt Anstrengungen den "Prevention and Suppression of Human Trafficking Act (PSHTA)" von 2012 umzusetzen, erreicht aber noch nicht die Minimalstandards zur Verhinderung von Menschenhandel. Für 2017 hat die Regierung 778 Fälle von Menschenhandel gemeldet, wobei ein Vergleich mit den Jahren davor nicht möglich ist. Verurteilungen sind selten, da nicht ausreichend Ressourcen für die Ermittlungen in allen Fällen bereitgestellt werden. Für Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhandel waren, stellt die Regierung für maximal fünf Tage Unterkunft in Schutzhäusern zur Verfügung. NGOs kritisieren, dass die Unterstützung nicht ausreichend ist und die Gefahr neuerlich Opfer zu werden hoch ist. NGOs unterstützen männliche Opfer, bieten jedoch keine Unterkunft an (USDOS 28.6.2018).
Quellen:
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2018a): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat, Zugriff 5.3.2019
* HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002245.html, Zugriff 27.2.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018): Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* Odhikar (12.1.2018): Bangladesh Annual Human Rights Report 2017, http://odhikar.org/wp-content/uploads/2018/01/Annual-HR-Report-2017_English.pdf, Zugriff 1.3.2019
* UNHROHC- United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): View the ratification status by country or by treaty - Bangladesh, http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=37&Lang=EN, Zugriff 5.3.2019
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
* USDOS - US Department of State (28.6.2018): Trafficking in Persons Report 2018 - Country Narratives: A-C, S 89ff, https://www.state.gov/documents/organization/282800.pdf, Zugriff 28.2.2019
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition:
Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird von der Verfassung garantiert, von der Regierung für oppositionelle politische Parteien jedoch beschnitten. Proteste und Demonstrationen müssen vorab genehmigt werden und die Regierung hat das Recht Versammlungen von mehr als vier Personen zu verbieten (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 27.10.2017).
Es sind Fälle bekannt geworden, in denen politischen Gruppen, unter dem Vorwand der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gemäß § 144 Strafprozessgesetz, die Versammlungsfreiheit abgesprochen wurde (AA 27.10.2017). Bei politischen Versammlungen oder Demonstrationen kann es zu gewalttätigen Übergriffen seitens rivalisierender Parteiaktivisten oder der Sicherheitskräfte kommen (ÖB 12.2018). Die Regierung beendete in verschiedenen Fällen verbotene Versammlungen gewaltsam (AA 27.10.2017). Im Jahr 2017 wurden mehrere Versammlungen von verschiedenen politischen Parteien verboten und angegriffen (Odhikar 12.1.2018). Durch Verhaftungen von Parteiaktivisten versucht die Regierung Kundgebungen zu verhindern. Oft werden Demonstranten bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften verletzt, gelegentlich sogar getötet (FH 1.2018).
Die Gründung von Gewerkschaften wurde aufgrund einer Gesetzesreform 2015 erleichtert, jedoch sehen sich Gewerkschaftsführer Entlassungen und körperlicher Einschüchterung ausgesetzt. Ebenso sehen sich Arbeitsrechts-Organisationen, wie "Bangladesh Center for Workers' Solidarity" Belästigung ausgesetzt. Beschwerden wegen unsicherer Arbeitsbedingungen, besonders in der Bekleidungsindustrie, führen immer wieder zu Protesten. Im Zuge eines wochenlangen Streiks im Dezember 2016 wurden hunderte Arbeiter entlassen und zahlreiche Gewerkschaftsführer inhaftiert (FH 1.2018).
Die Regierung scheint in ihrer Macht gefestigt und es gibt politische Stabilität. Diese Stabilität wird jedoch durch häufige Zusammenstöße mit Oppositionsanhängern sowie durch Fraktionskämpfe innerhalb der Parteien auf lokaler Ebene bedroht. Die großen politischen Parteien haben starke Organisationsstrukturen in deren Basis und können über ihre Vorfeldorganisationen wie Studenten- und Berufsverbindungen mobilisieren. Alle politischen Parteien zeigen Tendenzen zu Klientelismus, der mithilft, die Parteibasen intakt zu halten. Politische Polarisierung, durch Nepotismus charakterisiert, führt zu einer Volatilität im Wahlverhalten. Parteien wie Jamaat Islami haben ideologische Verbindungen zu ihren Kadern und können diesen durch ihr umfangreiches wirtschaftliches Netzwerk Arbeitsplätze verschaffen (BTI 2018).
Die Mitgliedschaft oder die Unterstützung einer Oppositionspartei führt nicht per se zu einer Verfolgung durch die Regierung. Allerdings hat die Regierung seit dem Wahlboykott Anfang 2014 viele Oppositionspolitiker verhaften lassen. Allein im Januar 2015 sollen 7.000 Aktivisten verhaftet worden sein, wobei auch vor hochrangigen Politikern nicht Halt gemacht wurde. Verhaftungen und strafrechtliche Verfahren werden traditionell mit Vorwürfen wegen Korruption, Steuerhinterziehung oder Erpressung begründet. Hinzu kommen nun auch Vorwürfe wegen Anstiftung zu bzw. Durchführung von Brandanschlägen (AA 27.10.2017). In vielen Fällen sind die Vorwürfe konstruiert (BTI 2018).
Im Vorfeld der 11. Parlamentswahl in Bangladesch, welche am 30.12.2018 stattfand, wurden, nach Angaben der Opposition, seit Anfang November 2018 bis zu 21.000 ihrer Mitglieder und Aktivisten verhaftet. Mehrere Menschenrechtsgruppen haben seit Anfang 2018 einen dramatischen Anstieg von fingierten Klagen gegen Gegner der Regierungspartei festgestellt. Unter den Verhafteten befinden sich prominente Führer des Oppositionsbündnisses, wie Mainul Hosain wegen krimineller Diffamierung und Dr. Zaffrullah Chowdhury wegen Verrat, Erpressung und Fischdiebstahl (FIDH 9.1.2019).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Transformation Index (BTI) 2018 - Country Report Bangladesh, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Bangladesh.pdf, Zugriff 5.3.2019
* FH - Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (9.1.2019): Joint statement [by AHRC - Asian Human Rights Commission; ANFREL - Asian Network for Free Elections; GNDEM - Global Network of Domestic Election Monitors; FIDH - International Federation for Human Rights; CMEV - Centre for Monitoring Election Violence, Sri Lanka] on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 6.3.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018): Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* Odhikar (12.1.2018): Bangladesh Annual Human Rights Report 2017, http://odhikar.org/wp-content/uploads/2018/01/Annual-HR-Report-2017_English.pdf, Zugriff 1.3.2019
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Bewegungsfreiheit:
Die Freiheit, sich im Land zu bewegen, ist relativ unbeschränkt (FH 1.2018; vgl. AA 27.10.2017). Rechtliche Hindernisse, sich in anderen Landesteilen, mit Ausnahme der Chittagong Hill Tracts, niederzulassen, bestehen nicht. Faktisch migriert jährlich eine große Zahl von Menschen vom Land in die Städte (AA 27.10.2017). Grundsätzlich respektiert die Regierung die Rechte der inländischen und ausländischen Bewegungsfreiheit, Emigration und Rückkehr von Bürgern, mit Ausnahme der zwei sensiblen Regionen Chittagong Hill Tracts und Cox's Bazar. Die Regierung hat 2015 Restriktionen für ausländische Reisende in diese Gebiete, in denen viele nichtregistrierte Rohingyas außerhalb der zwei offiziellen Flüchtlingscamps in den Städten und Dörfern leben, angekündigt, allerdings war die Art der Umsetzung zum damaligen Zeitpunkt noch unklar (ÖB 12.2018).
Es liegen keine Einschränkungen hinsichtlich der Ein- oder Ausreise vor (ÖB 12.2018; vgl. FH 1.2018; AA 27.10.2017). Personen, die in der Vergangenheit bereits ihren Pass verloren haben, bekommen allerdings oft nur Reisepässe, die nur für wenige Monate gültig sind, ausgestellt. Generell kommt es zu teils enormen Verzögerung bei der Reisepassausstellung (ÖB 12.2018). Auch manche Oppositionspolitiker berichten von langen Verzögerungen bei der Erneuerung von Reisepässen, zusätzlich von Belästigungen und Verzögerungen an Flughäfen (USDOS 20.4.2018). Seit Ende November 2015 können die alten, handgeschriebenen Pässe nicht mehr für Flugreisen genutzt werden (AA 27.10.2017). Ein Ausreiseverbot besteht für Verdächtige an den Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskrieges 1971 (ÖB 12.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).
Frauen brauchen keine Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner um zu reisen. Minderjährige über zwölf Jahre brauchen keinen gesetzlichen Vertreter um einen Pass zu beantragen. Sie dürfen auch alleine reisen, bedürfen dazu aber eines speziellen, von einem Elternteil unterschriebenen Formulars (ÖB 12.2018).
Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister besteht nicht (ÖB 12.2018; vgl. AA 27.10.2017).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019
* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018): Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019
Grundversorgung:
Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert (AA 27.10.2017). Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 12,1 % der Bevölkerung (circa 20 Millionen) unterhalb der extremen Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar. Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1,04 %, die Geburtenziffer je Frau bei 2,2 % (AA 12.2018).
Bangladeschs Wirtschaft ist seit 2005 jährlich um rund 6 % gewachsen, trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung und langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen (CIA 26.7.2017). Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung, erwirtschaftet jedoch nur