TE Bvwg Beschluss 2020/2/27 W279 2154886-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.02.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W279 2154886-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .02.2020, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geboren am XXXX .1977, StA. Afghanistan:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Erster Antrag auf internationalen Schutz

Der Beschwerdeführer stellte am XXXX .08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

In seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX .08.2015 gab der Beschwerdeführer an, er sei Staatsbürger der Islamische Republik Afghanistan, sei am XXXX .1977 in Kabul geboren, hätte ca. 12 Jahre in Kabul die Schule besucht, sei verheiratet, hätte 5 Kinder, gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an und sei sunnitischer Moslem. Sein Vater sei vor ca. 30 Jahren verstorben. Er hätte noch eine Mutter, vier Brüder und vier Schwestern. Seine Familie würde allesamt in Kabul leben, wovon er auch geflohen sei. Der Grund sei gewesen, dass er als Dolmetscher für die Amerikaner gearbeitet hätte und er wäre deswegen von den Taliban bedroht worden.

In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge auch "Behörde" genannt) am XXXX .03.2016 brachte der Beschwerdeführer

hinsichtlich seiner sozialen Verhältnisse in Afghanistan vor

- dass er vorerst mit seiner Familie im Distrikt Shakar Dara, Pole Sofian gelebt habe. Von dort seien sie wegen der Bedrohung durch die Taliban in das ca 23 km entfernte Kabul geflüchtet. Dort lebten sie ein Monat, danach sei er von Kabul geflohen. Seine Familie lebe nun in Kabul, allerdings bei seinem Schwiegervater.

- Er hätte 6 Monate die Universität besucht, wäre Teppichknüpfer gewesen und von 2009 bis Ende 2012 hätte er für die Amerikaner als "Dolmetscher, Lenker und Personal Security" gearbeitet. Ab 2012 hätte er in Kabul ein Großhandelsgeschäft betrieben. Er hätte ein Auto besessen, welches er verkauft habe, hätte ein ca. 5 Jirib großes Grundstück, Traubenplantagen, sowie ein Haus. Finanziell sei es ihm gut gegangen (sh Seite 7 der behördlichen Niederschrift).

- Er wäre traditionell verheiratet, hätte fünf Kinder (Aisha, weiblich, ca. 7 Jahre; Hafsa, weiblich ca. 6 Jahre; Hajera, weiblich ca. 1 Monat; Abdullah, männlich, ca. 4 Jahre; Ahmadullah, männlich, ca. 2 Jahre). Sein Vater sei vor ca 30 Jahren verstorben, seine Mutter sei 80 Jahre alt. Er hätte nur eine Tante mütterlicherseits, die anderen seien schon verstorben. Er hätte vier Brüder und vier Schwester, wobei ein Bruder bereits verstorben sei.

hinsichtlich seines Fluchtgrundes vor

- dass er für die Amerikaner als Dolmetscher gearbeitet habe und von den Taliban bedroht worden sei. Er wäre angerufen worden und man hätte ihm Geld angeboten. Danach wären sie zweimal zu ihm in der Nacht nachhause gekommen, beide Male sei er nicht zuhause gewesen. Den ersten Brief hätte Sie nur über Zaun geworfen, den zweiten Brief hätten seine Kinder von den Taliban selbst bei der Haustür übernommen. Er wäre seit dem ersten Drohbrief nur selten zuhause gewesen, weil er sich gefürchtet hätte. Ca 3 Monate vor der Ausreise hätten die Probleme begonnen. Auf Vorhalt, dass er zu diesem Zeitpunkt (Ausreise ca. im Juli 2015) kein Dolmetscher mehr gewesen sei, brachte er vor, dass die Taliban dies nicht unterscheiden würden. Er hätte auch eine Waffe getragen und wäre im Camp Paktika Gruppenleiter von ca. 30 Personen gewesen. Als die Amerikaner abgezogen worden seien, sei er für Sicherheit der Mitarbeiter der Bank " XXXX " tätig gewesen. Er hätte 6 Monate in Paktika gearbeitet und die restliche Zeit in Kabul, sei aber auch dienstlich in Jalalabad und Maza-e Sahrif gewesen.

hinsichtlich seiner Integration in Österreich vor

- dass er von der Grundversorgung lebe, keine Verwandten in Österreich besitzen würde, in einem Flüchtlingsheim in Hainfeld - Bernau wohnen würde und einen Deutschkurs besuchen würde.

Folgende Unterlagen wurden vorgelegt: Führerschein von Afghanistan, eine Universitätskarte, 2 Drohbriefe in Kopie mit Übersetzung, drei Arbeitsnachweise und 4 Stück Dienstausweise, Deutschkursbestätigungen und drei Empfehlungsschreiben.

Vom Magistrat der Stadt XXXX wurden ihm ein Führerschein für die Klassen AM, A und B ausgestellt.

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens

- wies die Behörde mit Bescheid vom XXXX .03.2017 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom XXXX .08.2015 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.),

- erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zu (Spruchpunkt II.)

und verband diese Entscheidung (in Spruchpunkt III.) gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei.

- Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführer 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Zur Nichtzuerkennung des Asylantrages vermeinte die Behörde, dass zwar das fluchtauslösende Vorbringen hinsichtlich der Bedrohung durch die Taliban als glaubhaft gewertet werde, doch können die Taliban nicht dem Staat Afghanistan zugerechnet werden (Seite 92 des Bescheides). Somit erfolge keine Bedrohung durch den Staat Afghanistan, sondern nur von den Taliban selbst. Subsidiärer Schutz könne dem Beschwerdeführer ebenso nicht erkannt, werden, weil Kabul unter staatlicher Gewalt stehe und er als gesunder Mann, welcher die Lebensgewohnheiten kenne, dort gefahrlos sich wieder ansiedeln könne.

Gegen den Bescheid richtet sich die vollumfängliche Beschwerde des Beschwerdeführers, vertreten durch die "Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH", welcher im Wesentlichen die Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht und unrichtige Beweiswürdigung geltend machte.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX .04.2019 wiederholte er im Grunde die bisherigen Aussagen. Ergänzende oder im Vergleich zu den Aussagen vor der Behörde getätigte Aussagen lauten wie folgt:

Hinsichtlich seiner sozialen Verhältnisse in Afghanistan: (sh im Vergleich zu seiner Aussage vor der Behörde Punkt 1.3.1)

- sei er in der Provinz Shakar Dara geboren aber in Kabul aufgewachsen.

- Er hätte sechs Monate studiert und danach wegen des Bürgerkrieges abgebrochen.

- Nach seiner Hochzeit lebte er mit seiner Frau und den Kindern in Shakar Dara. Er hätte in Kabul gearbeitet und hätte in Shakar Dara mit der Familie gewohnt. Nachdem die Taliban Kabul eingenommen hätten, hätten sie auch drei Jahre lang in Pakistan gelebt.

- seine Familie lebe nun in Kabul bei seinem Schwiegervater.

- Er wäre in Pakistan Teppichknüpfer gewesen. Als er wieder nach Kabul verzog, hätte er verschiedenen Berufe ausgeübt, darunter Taxifahrer, Verkäufer, und schließlich Dolmetscher für die Amerikaner von 2009 bis zum Dez. 2012. Er hätte 6 Monate in der Provinz Paktika als Wachmann gearbeitet, wobei er selbst für die Organisation und dem Dienstplan für ca 30 Wachen zuständig gewesen wäre.

- Er hätte zuletzt in Kabul ein Lebensmittelgeschäft betrieben, von dem er seine Familie ganz gut versorgen hätte können.

Hinsichtlich seiner Integration in Österreich:

- Er wäre seit zwei Jahren selbständiger Botenfahrer und verdiene im Durchschnitt ca 2.000 Euro monatlich. Ca. 200.- bis 400.- Euro würde er seiner Familie in Afghanistan senden. Er fahre für eine weitere Person bzw DHL eine bestimmte Route im Bezirk Melk. Er legte ein Einkommensnachweis vor. Dabei ist per 31.03.2019 ein Bankguthaben seines Unternehmens in der Höhe von 17.737,67 Euro ausgewiesen. Die bei der Verhandlung als Vertrauensperson ebenso anwesende Buchhalterin vermeinte, dass er keine Rückstände bei der Gebietskrankenkasse oder dem Finanzamt hätte.

- Er legte drei Lichtbilder vor, auf denen er in einer Gruppe von weiteren Militärangehörigen mit einer Langwaffe zu sehen ist.

- Er besuche derzeit einen B1-Kurs. Ein Abschlusszeugnis eines sprachlichen Kurses wurde von ihm weder bei der Behörde noch beim Verwaltungsgericht beigelegt. Er konnte sich allerdings mit dem Richter in der mündlichen Verhandlung auf Deutsch verständigen.

Mit Erkenntnis vom 12.06.2019, Zl.: W257 2154886-1/14E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht begründete dies im Wesentlichen mit der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens bezüglich der Drohbriefe.

2. Zweiter Antrag auf internationalen Schutz (erster Folgeantrag)

Am XXXX .02.2020 gab der BF im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen an, dass sich seine Fluchtgründe nicht geändert hätten. Aufgrund eines von Afghanen in Frankreich in die Welt gesetzten Gerüchtes, glaube die Familie, dass er HIV hätte und ihn verstoßen hätte.

Der BF legte medizinische Unterlagen aus Frankreich aus den Monaten Oktober und November 2019 vor.

Am XXXX .02.2020 wurde der Antragsteller in Anwesenheit eines Rechtsberaters vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Stellung seines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutzes einvernommen. Nach seinem Gesundheitszustand befragt, führte der BF aus, dass er Hämorrhoiden habe und es ihm schlecht gehe, aber an keinen lebensbedrohenden Krankheiten leide. In Frankreich hat sich der BF aufgrund von Hautkrankheiten untersuchen lassen. Der BF ist sich bewusst, dass er nicht an HIV leide, er wisse aber nicht um welche Art Ausschlag es sich bei ihm handle. In Österreich habe er wegen des Ausschlages Salben und Tabletten erhalten. Seine Frau und seine Kinder befänden sich nun in Peschawar, Pakistan und er halte zu diesen seit 5,5 Monaten aufgrund der Fehlannahme seiner Familie, dass er an HIV leide, keinen Kontakt. Über seinen Schwiegervater habe der BF erfahren, dass es in Afghanistan einen Überfall auf seinen Sohn gegeben habe, weshalb seine Familie nach Pakistan ausgereist sei. Seine Familie habe von Asylwerbern aus einem Flüchtlingslager in Frankreich von seiner angeblichen HIV-Infektion erfahren.

Am XXXX .02.2020 wurde dem Antragsteller der Bescheid über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 mündlich verkündet und die mündliche Verkündung beurkundet.

Begründend legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dar, dass den Angaben des BF, dass seine Familie aufgrund einer falschen Information den Kontakt zu ihm unmittelbar abgebrochen und es zu keinem klärenden Gespräch zwischen ihm und seiner Familie gekommen sei, nicht geglaubt werde und der BF keine neuen Fluchtgründe vorgebracht habe.

Der BF verfüge über kein sonstiges Aufenthaltsrecht und sein nunmehriger Antrag auf internationalen Schutz sei voraussichtlich zurückzuweisen. Die allgemeine Lage im Herkunftsstaat habe sich nicht entscheidungswesentlich geändert. Bereits in seinem Vorverfahren sei festgestellt worden, dass ihm bei einer Rückkehr oder Abschiebung in sein Herkunftsland keine Verletzung seiner Integrität drohe. Da sich die allgemeine Lage wie auch seine persönlichen Verhältnisse und sein körperlicher Zustand seit der letzten Entscheidung des Bundesamtes nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat für ihn zu keiner Bedrohung der angeführten Menschenrechte führen werde. Auch bezüglich der persönlichen Verhältnisse sei keine Veränderung im Hinblick auf die vorherige Entscheidung eingetreten. Die Feststellung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung, die in Rechtskraft erwachsen sei, sei somit nach wie vor nicht anzuzweifeln. Aufgrund der Feststellungen zur Lage in seinem Herkunftsland in Verbindung mit seinem Vorbringen könne somit davon ausgegangen werden, dass dem BF keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 beschrieben, drohe. Es würden somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vorliegen.

Mit Mitteilung des BFA vom XXXX .02.2020 wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsakt am XXXX .02.2020 bezüglich der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes übermittelt.

Am XXXX .02.2020 bringt der BF durch seine Vertretung eine Stellungnahme ein, in der er konkretisiert, dass in der afghanischen Gesellschaft eine HIV-Infektion mit außerehelichem Geschlechtsverkehr in Verbindung gebracht werde und er im Falle einer Rückkehr einer Stigmatisierung und möglichen Verfolgung aufgrund der angeblichen HIV-Infektion sowie des unterstellten außerehlichen Geschlechtsverkehrs zu befürchten hätte.

Die Stellungnahme des BF moniert mit Verweis auf VwGH vom 19.12.2017 (Ra 2017/18/0451), dass der faktische Abschiebeschutz nur bei klar missbräuchlichen Fällen beseitigt werden sollte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger und führt die im Spruch angegebenen Daten; seine präzise Identität steht nicht fest. Er hält sich nach einem Aufenthalt in Frankreich im Herbst 2019, wieder im Bundesgebiet auf, wobei er nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens verfügte.

Der Antragsteller stellte nach irregulärer Einreise am XXXX .08.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

Diesen begründete er damit, dass Drohbrief von den Taliban bekommen habe. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom XXXX .03.2017 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.)

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2019, W257 2154886-1/14E, wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer begab sich nach Abschluss seines ersten Verfahrens nach Frankreich. Seinen zweiten Antrag (Folgeantrag) auf internationalen Schutz hat der BF in Österreich am XXXX .02.2020 eingebracht. Dabei artikulierte er keinen neuen Fluchtgrund.

Mit mündlich verkündetem Bescheid des BFA vom XXXX .02.2020 wurde diesbezüglich der faktische Abschiebeschutz des Antragstellers gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 aufgehoben.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sich eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes seit rechtskräftiger Erledigung des Erstantrages ergeben hätte, insbesondere auch nicht im Hinblick auf die Lage im Herkunftsstaat.

Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der Beschwerdeführer auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Abschlusses des letzten inhaltlichen vom Beschwerdeführer initiierten Verfahrens bestanden haben und die bereits im letzten inhaltlichen Verfahren als unglaubwürdig gewertet wurden.

Der neue Antrag auf internationalen Schutz wird voraussichlich zurückzuweisen sein.

Hinweise auf entscheidungsrelevante gesundheitliche Probleme des Antragstellers liegen nicht vor. Der BF brachte keine medizinischen Unterlagen in Vorlage, die einer Außerlandesbringung entgegenstünden. Der BF leidet nicht an HIV. Der Ausschlag steht einer Außerlandesbringung nicht entgegen. In Österreich hat der Antragsteller keine familiären oder sozialen Bindungen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Antragsteller bei einer Überstellung nach Afghanistan ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit droht. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan läuft der Antragsteller nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose, beziehungsweise existenzbedrohende Situation zu geraten.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Person und den privaten und familiären Verhältnissen des Antragstellers ergeben sich aus seinen Angaben, jene zum Verfahrensablauf ergeben sich aus der Aktenlage. Sein Fluchtvorbringen hinsichtlich Drohbriefe bzw. einer Verfolgung durch die Taliban sowie die Lage im Herkunftsstaat wurde eingehend im mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2019 rechtskräftig entschiedenen Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz erörtert und abgewogen.

Wie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Bescheid vom XXXX .02.2020 darlegte, hat sich das Vorbringen des Antragstellers lediglich auf das Fortbestehen der bereits im ersten und Verfahren behaupteten und rechtskräftig als unglaubhaft bewerteten Verfolgung des Beschwerdeführers durch die Taliban im Herkunftsstaates bezogen.

Eine für den Antragsteller relevante Änderung an der Situation in seinem Herkunftsstaat kann anhand der Feststellungen im mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .02.2020, denen der Antragsteller im Verfahren nicht entgegengetreten ist, nicht erkannt werden. Umstände, die in der Person des Beschwerdeführers liegen, insbesondere sein Gesundheitszustand und die privaten und familiären Verhältnisse des Antragstellers in Österreich, sind seit dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2019, im Wesentlichen unverändert.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im Zuge eines Verfahrens über einen Folgeantrag gemäß § 2 Abs 1 Z 23 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz des Antragstellers gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 aufgehoben.

Daher war diese Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 BFA-VG dahingehend zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen.

Im Einzelnen bedeutet dies:

1.) Aufrechte Rückkehrentscheidung (§ 12a Abs 2 Z 1 AslyG 2005):

Gegen den Antragsteller liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor.

2.) Res iudicata (entschiedene Sache) (§ 12a Abs 2 Z 2 AsylG 2005):

Objektiv nachvollziehbare und glaubhafte neue Tatsachen hat der Antragsteller nicht vorgebracht; insbesondere legte er auch keine Beweismittel vor. In Bezug auf die Fluchtgründe des Antragstellers liegt voraussichtlich eine entschiedene Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG vor und steht das rechtskräftige Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.06.2019, Zl. W257 2154886-1/14E, einer neuerlichen Absprache über diese Gründe sohin voraussichtlich entgegen.

Auch im Hinblick auf die Sicherheits- und Versorgungslage in seinem Herkunftsland brachte der Antragsteller nichts Substantiiertes vor.

Es ist daher nach einer Grobprüfung davon auszugehen, dass der gegenständliche Folgeantrag gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

3.) Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK (§ 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005):

Im ersten Verfahren wegen internationalen Schutzes haben das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht (§ 50 FPG).

Auch im nunmehr zweiten Verfahren wegen internationalen Schutzes sind keine Risiken für den Antragsteller im Sinne von § 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen, in der Person des Antragstellers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine asylrelevante, schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden, wie in der Beweiswürdigung umfassend dargelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Ra 2016/01/0096 vom 13.9.2016 ausgeführt, dass nach der ständigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde - es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl etwa das Urteil des EGMR vom 5.9.2013, I. gg. Schweden, Nr. 61204/09).

Demzufolge müsste die Gefährdung des Antragstellers im Sinne des Art 3 EMRK, sofern diese nicht von vornherein klar ersichtlich ist, von diesem belegt werden.

Eine, den Antragsteller individuell drohende Verfolgung hat dieser auch nicht glaubhaft vorgebracht.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl etwa VwGH vom 19.2.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu Ra 2016/19/0036 vom 25.5.2016 ausführt, kann die Außerlandesschaffung eines Fremden auch dann gegen Art 3 EMRK verstoßen, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden könnten. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden höchstgerichtlichen Judikatur ist eine solche Situation jedoch nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 EMRK notwendig, konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.

Im Verfahren sind keine Umstände aufgezeigt worden beziehungsweise amtswegig hervorgekommen, dass der Antragsteller einer außergewöhnlichen, exzeptionellen Gefährdung bei einer Rückkehr ausgesetzt wäre.

Entsprechend den obigen Ausführungen, stellt - nach der Prüfung des Aktes im hier erforderlichen Ausmaß - aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK dar beziehungsweise ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art 8 EMRK gerechtfertigt.

Unter Hinweis auf die im Verwaltungsakt einliegenden Länderberichte ist davon auszugehen, dass für den Antragsteller als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

4.) Rechtmäßigkeit des Verfahrens: Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs 3 AVG) zu beachten ist.

Die belangte Behörde hat das Ermittlungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.

Gemäß § 22 Abs 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs 2 AsylG 2005 in gegenständlichem Fall gegeben; es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Vielmehr spricht die gegenständliche Tatsachenlastigkeit des vorliegenden Falles gegen das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag non-refoulement Prüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W279.2154886.2.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten