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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerden der beschwerdeführenden Parteien 1.) A, geboren 1955, 2.) N, geboren 1961, 3.) A, geboren 1982, 4.) O, geboren 1984, 5.) M, geboren 1987, 6.) M, geboren 1989, und 7.) S, geboren 1992, alle in Wien, alle vertreten durch Dr. Romana Zeh-Gindl, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5/10, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom 13. Juni 1996, Zlen. 1.) 116.984/2-III/11/95, 2.) 116.984/3-III/11/95,
3.)
116.984/4-III/11/95, 4.) 116.984/5-III/11/95,
5.)
116.984/6-III/11/95, 6.) 116.984/7-III/11/95, und
7.)
116.984/8-III/11/95, jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die erst- bis drittbeschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Saudi-Arabiens. Die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien sind Eltern der übrigen Beschwerdeführer. Die Beschwerdeführer beantragten durch ihre Rechtsvertreterin beim Magistratischen Bezirksamt für den 3. Bezirk am 10. Dezember 1993, eingelangt am 14. Dezember 1993, die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen in Bescheidform. Der Erstbeschwerdeführer lebe seit langer Zeit in Österreich, und zwar von 1975 bis 1982 und abermals wieder ab 1984. Auch seine Gattin sei nach Österreich gekommen; die Kinder seien zwischen 1982 und 1992 geboren worden. Der Erstbeschwerdeführer habe im Jahre 1989 seinen Paß sowie jenen seiner Gattin, diverse Geburtsurkunden etc. bei seiner Botschaft abgegeben, um für sich und seine Familie neue Pässe zu besorgen. Bis dahin habe er ebenso wie seine Gattin und seine Kinder ordnungsgemäße Aufenthaltsbewilligungen gehabt. In der Folge seien der Paß bzw. alle übergebenen Unterlagen nicht mehr ausgefolgt worden. Der Erstbeschwerdeführer sei der Ansicht, die Papiere würden von der Botschaft ohne ersichtlichen Grund zurückgehalten. Bis zur Klärung der Angelegenheit mit der Botschaft werde daher beantragt, der Familie Aufenthaltsbewilligungen in Bescheidform zu gewähren.
Mit Schriftsatz vom 6. April 1995, bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangt am 10. April 1995, stellten die Beschwerdeführer durch ihre Rechtsvertreterin Anträge auf "Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung in Bescheidform" und erhoben das Vorbringen vom 19. (gemeint 10.) Dezember 1993 auch zu ihrem Vorbringen für diese Anträge.
Der Landeshauptmann von Wien wies diese Anträge mit gleichlautenden Bescheiden vom 18. Juli 1995 gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus ab.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung. Sie verwiesen auf den seit 1984 ununerbrochenen Aufenthalt der Erst- und Zweitbeschwerdeführer sowie darauf, daß "fast alle" Kinder in Österreich geboren worden seien. Es sei den Beschwerdeführern gar nicht möglich, ohne Pässe und ohne Papiere ins Ausland zu reisen und von dort den Antrag auf Aufenthaltsbewilligung zu stellen. Die im Jahre 1989 bei der Botschaft abgegebenen Pässe und sonstigen Unterlagen seien nicht mehr ausgefolgt worden.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Juni 1996 wurde die Berufung des Erstbeschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Juli 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 6 Abs. 2 und § 13 sowie § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde (zusammengefaßt) aus, der Erstbeschwerdeführer sei im Besitz gewöhnlicher Sichtvermerke, zuletzt gültig bis 10. Juni 1987, gewesen. Der Erstbeschwerdeführer nehme an, bei seinem am 10. April 1995 im Inland gestellten Antrag handle es sich um einen Verlängerungsantrag, welcher auch im Inland eingebracht werden könne. Nicht jeder im Inland gestellte Antrag sei unzulässig, da es Fälle gebe, bei denen eine Erstantragstellung im Inland durch Gesetz vorgesehen möglich sei, und Fälle, bei denen die Antragstellung im Inland in Ausnahmefällen entsprechend der Verordnung durch die Bundesregierung BGBl. Nr. 854/1995, ermöglicht werde. Dies treffe auf den Fall des Erstbeschwerdeführers nicht zu. Es stehe fest, daß dieser zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet gehabt habe und daher kein Verlängerungsantrag im Inland gestellt werden könne. Aus diesen Umständen ergebe sich, daß die Verfahrensvorschrift des § 6 Abs. 2 AufG anzuwenden und die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausgeschlossen sei. Für die belangte Behörde stehe weiters fest, daß sich der Erstbeschwerdeführer seit Ablauf seines bis 10. Juni 1987 gültig gewesenen Sichtvermerkes illegal in Österreich aufgehalten habe. Unbeschadet des weiteren Vorbringens sei für die Beurteilung des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wesentlich, daß § 5 AufG die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausschließe, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des Fremdengesetzes vorliege. Nach § 10 Abs. 1 Z. 4 dieses Gesetzes liege ein solcher insbesondere dann vor, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung vorliege. Durch die Tatsache, daß der Erstbeschwerdeführer nach Ablauf seines bis 10. Juni 1987 gültig gewesenen Sichtvermerkes weiterhin illegal im Bundesgebiet mit seiner Familie verblieben sei, stelle dieses Verhalten einen solchen Versagungsgrund für die Erteilung eines Sichtvermerkes dar. Gerade im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen habe die belangte Behörde festgestellt, daß unter Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK wegen der Nichteinhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen eindeutig die öffentlichen Interessen überwögen.
Mit gleichlautenden Bescheiden jeweils vom 13. Juni 1996 wies der Bundesminister für Inneres die Berufungen der zweitbis siebentbeschwerdeführenden Parteien gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Juli 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 3, § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde (im wesentlichen gleichlautend) aus, gemäß § 4 Abs. 3 AufG sei die Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG jeweils mit der gleichen Befristung zu erteilen wie die der Bewilligung des Ehegatten bzw. Elternteiles. Da die Berufungsanträge des Vaters bzw. der Eltern von der belangten Behörde abgewiesen worden seien, verfüge der Ehegatte bzw. die Eltern über keine gültige Aufenthaltsbewilligung und habe daher der Zweitbeschwerdeführerin bzw. den übrigen Beschwerdeführern keine Bewilligung erteilt werden können. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG dürfe eine Bewilligung nur erteilt werden, wenn der Lebensunterhalt für die Dauer der Aufenthaltsbewilligung gesichert sei. Die Beschwerdeführer hätten als Aufenthaltszweck die Familiengemeinschaft mit dem Ehegatten bzw. mit den Eltern angegeben, von denen sie wirtschaftlich abhängig seien. Durch die Abweisung der Berufungen des Ehegatten bzw. der Eltern sei der Lebensunterhalt für einen Aufenthalt in Österreich nicht gesichert. Bei Abwägung der privaten Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK mit den öffentlichen Interessen sei daher den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Enscheidung verbundenen Beschwerden in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide (die Zustellung erfolgte jeweils am 25. Juni 1996) ist für die Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach der Novelle zum AufG BGBl. Nr. 351/1995 maßgeblich.
Die §§ 6 Abs. 2 und 13 Abs. 1 AufG lauteten in der Fassung dieser Novelle:
"§ 6.
...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: Im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."
...
§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.
..."
§ 4 Z. 1 und 4 der am 22. Dezember 1995 im Bundesgesetzblatt kundgemachten Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, lauteten:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
1.
in Österreich geborenen und seit Geburt aufhältigen minderjährigen Kindern und Fremden, die aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung oder eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerks oder gemäß § 1 Abs. 3 Z 4 und 5 des Aufenthaltsgesetzes zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind,
...
4.
Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."
Da der Erstbeschwerdeführer weder nach seinem Vorbringen noch nach der Aktenlage jemals über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, wertete die belangte Behörde den Antrag zu Recht nicht als Verlängerungsantrag im Sinne des § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG. Eine Anwendung des § 13 Abs. 1 zweiter Satz AufG, somit die Beantragung der Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltendenden Vorschriften, kommt nicht in Betracht. Nach den unbestrittenen Bescheidfeststellungen der belangten Behörde war der letzte Sichtvermerk des Erstbeschwerdeführers bereits am 10. Juni 1987 abgelaufen. Er hielt sich demnach zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes (am 1. Juli 1993) nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Dieser Umstand alleine würde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Anwendung des § 13 Abs. 1 zweiter Satz AufG in Ausnahmefällen nicht ausschließen, weil es zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Auslegungsergebnisses geboten sein kann, Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von Fremden, die sich seit vielen Jahren bzw. sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten habe und die aus welchen Gründen immer über keine Aufenthaltsbewilligung mehr verfügen, im Fall relativ geringfügiger Versäumung der Frist zur Antragstellung den Bestimmungen über rechtzeitig gestellte Verlängerungsanträge zu unterstellen. Solche Bewilligungensanträge sind daher - ungeachtet der Fristversäumnis - als rechtzeitig gestellte Anträge auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die auch vom Inland aus gestellt werden können, zu werten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475).
Nach dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers hielt sich dieser von 1975 bis 1982 und nach zweijähriger Unterbrechung ab 1984 bis zum Ablauf seines letztgültigen Sichtvermerkes am 10. Juni 1987 längstens (unter Zusammenrechnung aller Zeiträume) zehneinhalb Jahre rechtmäßig in Österreich auf. Selbst bei Zugrundelegung eines zehneinhalbjährigen rechtmäßigen Aufenthaltes erweist sich jedoch die Fristversäumung (gerechnet vom Ablauf des letztgültigen Sichtvermerkes) von sechseinhalb (bis zum Antrag vom Dezember 1993 - dies ist der für den Erstbeschwerdeführer günstigste Berechnungsmodus) bzw. nahezu acht Jahren (bis zum Antrag vom April 1995) nicht mehr als relativ geringfügige Versäumung im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148) sowie der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das oben erwähnte hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997).
Eine Antragstellung vom Inland aus wäre für den Erstbeschwerdeführer demnach nur dann zulässig gewesen, wenn er zu dem Personenkreis zählte, der gemäß § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung ausnahmsweise zur Inlandsantragstellung berechtigt ist. Weder nach dem Beschwerdevorbringen noch nach der Aktenlage sind jedoch Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß der Erstbeschwerdeführer zu diesem begünstigten Personenkreis zählt. Eine allfällige Anwendung von § 4 Z. 4 der Verordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 854/1995 scheidet im Falle des Erstbeschwerdeführers schon deshalb aus, weil er nach dem bisher Gesagten noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte.
Die belangte Behörde hat den Antrag des Erstbeschwerdeführers daher an § 6 Abs. 2 erster Satz AufG zu messen. Nach dieser Bestimmung ist der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Der Erstbeschwerdeführer tritt der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellung, er habe seinen Antrag nicht vor seiner Einreise nach Österreich vom Ausland aus gestellt, nicht entgegen, er räumt vielmehr die Antragstellung im Inland ausdrücklich ein. Da das in § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierte Erfordernis, einen Bewilligungsantrag vom Ausland aus zu stellen und die Entscheidung über den Antrag vom Ausland aus abzuwarten, nicht als bloße Formvorschrift (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010), sondern als Voraussetzung zu werten ist, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 95/19/0895), kann die Abweisung des Antrages durch die belangte Behörde angesichts des unbestrittenen Inlandsaufenthaltes des Erstbeschwerdeführers im Zeitpunkt der Antragstellung nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Insoweit die Beschwerde - bezogen auf alle Beschwerdeführer - vorbringt, ohne Reisepässe sei eine Ausreise aus dem Bundesgebiet zwecks Antragstellung nicht möglich, ist ihr zu entgegnen, daß dieser Umstand nicht zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung trotz Vorliegens des Versagungsgrundes des § 6 Abs. 2 AufG zu führen hat. Auch das Vorbringen, die gesamte Familie müsse bei einer Rückkehr in die Heimat "um ihr Leben fürchten", führt zu keinem anderem Ergebnis. Das Vorliegen solcher lebensbedrohlicher Umstände im Heimatland ist nicht in einem Verfahren zur Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung geltend zu machen. Sollte die von der Beschwerde geltend gemachte Bedrohung im Heimatstaat aus nicht asylrelevanten Gründen erfolgen, wäre dies - bei drohender Abschiebung - mit Anträgen nach § 36 Abs. 2 bzw. § 54 FrG, BGBl. Nr. 838/1992, bzw. nunmehr (seit 1. Jänner 1998) § 56 Abs. 2 FrG 1997, BGBl. I Nr. 75/1997, geltend zu machen (vgl. hiezu in Ansehung von Personen die aus den in § 37 Abs. 1 FrG, BGBl. Nr. 838/1992, genannten Gründen am Verlassen des Bundesgebietes gehindert sind, das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zlen. 96/19/3402, AW 96/19/1873).
Auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte die Beschwerdeführer zur Beschaffung weiterer Unterlagen auffordern, deren persönliche Situation überprüfen und zu den Gründen, die zu den politischen Differenzen geführt haben, einvernehmen müssen, geht nach dem Vorgesagten ins Leere.
Die Abweisung des Antrages des Erstbeschwerdeführers durch die belangte Behörde erfolgte demnach zu Recht.
Dieses Ergebnis erweist sich auch im Hinblick auf Art. 8 MRK nicht als rechtswidrig. Der Erstbeschwerdeführer kann nach seinem Beschwerdevorbringen zwar auf einen langjährigen Aufenthalt in Österreich verweisen. Der Gesetzgeber der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 351/1995 hat jedoch mit den §§ 2 Abs. 3 Z. 4 und 6 Abs. 2 dritter Satz AufG sowie mit der darin enthaltenen - von der Bundesregierung auch genützten - Verordnungsermächtigung jedenfalls in Ansehung von Angehörigen von Fremden bereits auf die durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten familiären Interessen Bedacht genommen. Eine weitere Bedachtnahme auf Art. 8 MRK durch die Behörde käme bei dieser Rechtslage nur bei Vorliegen einer Konstellation in Betracht, die der dem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475, vergleichbar wäre. Dies ist jedoch nach dem Vorgesagten nicht der Fall.
Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß auf die Frage einzugehen war, ob die belangte Behörde auch den Sichtvermerksversagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG zu Recht herangezogen hat.
Die Zweitbeschwerdeführerin tritt der maßgeblichen Feststellung der belangten Behörde, der Antrag ihres Ehegatten (= Erstbeschwerdeführers) auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde abgewiesen worden, nicht entgegen. Der Ehegatte der Zweitbeschwerdeführerin war daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Die Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den den Antrag abweisenden Bescheid vermag daran nichts zu ändern.
Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Ehegatte der Zweitbeschwerdeführerin, mit dem Familienzusammenführung angestrebt wird, im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides kein Fremder war, auf den die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG zutrafen, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden. Demnach stand der Zweitbeschwerdeführerin auch ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung aus dem Grunde des § 3 Abs. 1 AufG nicht zu. Eine Anwendung des § 4 Abs. 3 AufG kam daher gar nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/0710). Der Zweitbeschwerdeführerin, die bisher über keine Berechtigung zum Aufenthalt im Inland verfügte, konnte auch im Wege einer Ermessensentscheidung gemäß § 4 Abs. 1 AufG über ihren Erstantrag keine Bewilligung zum - allein geltend gemachten - Zweck der Familienzusammenführung mit ihrem Ehegatten erteilt werden, weil die erstmalige Erteilung einer Bewilligung zu diesem Zweck jedenfalls voraussetzt, daß sich der Angehörige, mit dem die Familienzusammenführung angestrebt wird, rechtmäßig im Inland befindet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0549).
Auch die auf § 5 Abs. 1 AufG (nicht gesicherter Lebensunterhalt) gestützte Abweisung kann nicht als rechtswidrig erkannt werden. Das Einkommen des im Inland nicht aufenthaltsberechtigten Ehegatten der Zweitbeschwerdeführerin aus einer - aus der Sicht des Aufenthaltsgesetzes unzulässigen (vgl. § 1 Abs. 2 Z. 2 AufG) - Erwerbstätigkeit desselben im Inland ist nicht geeignet, den Unterhalt der Zweitbeschwerdeführerin im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu sichern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1997, Zlen. 96/19/0714-0717). Für die Beurteilung der Frage, ob der Unterhalt der Zweitbeschwerdeführerin für die Dauer der zu erteilenden Bewilligung gesichert ist, ist allein die Vorfrage maßgeblich, ob auch der unterhaltspflichtige Ehegatte für die Dauer der beantragten Bewilligung über eine Berechtigung zum Aufenthalt im Inland verfügt.
Insofern die Zweitbeschwerdeführerin auf ihre durch Art. 8 MRK geschützten persönlichen Interessen verweist, ist ihr zu entgegnen, daß einerseits ein durch die Erteilung einer Bewilligung zu schützendes Familienleben der Zweitbeschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten angesichts der Tatsache, daß die Zweitbeschwerdeführerin selbst niemals eine Aufenthaltsbewilligung besaß, nicht vorliegt. Andererseits führt die Anwesenheit Fremder, deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist, im Bundesgebiet zu einer Belastung der Sozialhilfeträger und damit zu einer Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Wohles des Landes. Die dadurch tangierten öffentlichen Interessen rechtfertigen gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK den Eingriff in ein gedachtes durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschütztes Recht der Zweitbeschwerdeführerin auf Neuzuwanderung aus dem von ihr geltend gemachten Aufenthaltszweck. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Zweitbeschwerdeführerin ein solches Recht aus Art. 8 Abs. 1 MRK überhaupt zustünde.
Die vorstehenden Ausführungen zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin (bezogen auf den Erstbeschwerdeführer als jene Person, mit der Familienzusammenführung beantragt wird) gelten auch für die Beschwerden der Dritt- bis Siebentbeschwerdeführer (bezogen auf den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin als jene Personen, mit denen Familienzusammenführung beantragt wird). Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf diese Ausführungen verwiesen.
Aus diesen Erwägungen waren die Beschwerden der zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien gemäß § 42 Abs. 1 VwGG, hinsichtlich der viert- bis siebentbeschwerdeführenden Parteien (da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerden erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt) gemäß § 35 Abs. 1 VwGG, als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich hinsichtlich der erstbis drittbeschwerdeführenden Partei auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Hinsichtlich der übrigen Beschwerdeführer kommt - mangels Einleitung des Vorverfahrens (§ 35 Abs. 1 VwGG) - die Auferlegung von Kosten nicht in Betracht.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996192377.X00Im RIS seit
02.05.2001