TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/2 I408 2108990-4

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Veröffentlicht am 02.03.2020
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Entscheidungsdatum

02.03.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I408 2108990-4/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID im amtswegig eingeleiteten Verfahren über den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 26.02.2020, Zi. 830592906-191021636, betreffend MXXXX, StA. Ägypten, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 06.05.2013 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz und gab dazu bei seiner Ersteinvernahme am 08.05.2013 und bei der Einvernahme vor der belangten Behörde am 08.04.2015 an, aus Gründen seiner Religion in Ägypten einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. In der Beschwerde, brachte er dann vor, psychisch krank zu sein und legte diesbezügliche Belege (Befunde, Bestätigungen, Atteste) vor. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18.09.2017 gab er sein ursprüngliches Vorbringen einer religiösen Verfolgung und psychischer Erkrankung auf und behauptete, aufgrund sexueller Verhältnisse zu Männern verfolgt worden zu sein und zudem wegen Wehrdienstverweigerung in Ägypten verfolgt zu werden.

Mit ho. Erkenntnis vom 23.03.2018, I413 2008990-1/50E, wurde in Bestätigung des Bescheides der belangten Behörde vom 08.05.2015, Zi.830592906/1650712, dieser Antrag abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft.

Knapp einen Monat später stellte er am 03.05.2018 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz und gab dazu an, von islamischen Parteien verfolgt zu werden und Probleme mit der ägyptischen Regierung zu haben, weil er in Österreich einen Asylantrag gestellt habe.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.06.2018, Zl. 830592906/1650712, wegen entscheidender Sache zurückgewiesen und es erging eine neuerliche Rückkehrentscheidung. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit ho. Erkenntnis vom 20.07.2018, I416 2108990-2/3E abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft.

Am 08.11.2018 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Folgeantrag, den der damit begründete, er habe zwei Schriftstücke erhalten, dass er sowohl vom Militär als auch vom ägyptischen Staat gesucht werde, weil er den Militärdienst verweigert habe und deshalb als Deserteur gelte.

Mit Beschluss des BG XXXX vom 13.05.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Erwachsenenvertreter bestellt.

Auch dieser Antrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.08.2019, Zl. 830592906/181066667, wegen entscheidender Sache zurückgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung verbunden. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit ho. Erkenntnis vom 03.09.2019, I422 2108990-3/3E abgewiesen und auch diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Ein Monat später, am 08.10.2019 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Mitte September 2019 habe er von seinen Eltern gehört, dass er in Ägypten von der Polizei gesucht werde und verhaftet werden sollte. Er werde gesucht, weil sowohl seine Eltern als auch sein Bruder an Demonstrationen gegen die jetzigen Machthaber teilgenommen haben.

Am 26.02.2020 wurde der Beschwerdeführer im Beisein seines Erwachsenenvertreters niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er auch an, zwischenzeitlich zum katholischen Glauben konvertiert zu sein. Im Anschluss daran wurde mit mündlich verkündeten und ausführlich begründeten Bescheid der faktischen Abschiebeschutz aufgehoben.

Am 02.03.2020 langte der vorgelegte Akt in der Gerichtsabteilung ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die Übermittlung des Akts gilt nach § 22 Abs. 10 AsylG 2005 als Beschwerde gegen die Aufhebung des Abschiebeschutzes, der Fremde somit als Beschwerdeführer im gerichtlichen Überprüfungsverfahren.

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

Der 35-jährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Ägypten, ledig und weist in Österreich keine berücksichtigungswürdigen privaten oder familiären Beziehungen auf. Er ist in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht, bezieht Leistungen der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

In Ägypten verfügt er über Familienangehörige und ist mit den wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten vertraut.

Dem Beschwerdeführer steht in Österreich wegen chronischer, paranoiden Schizophrenie, schwerer Depression und PTBSt in ärztlicher Behandlung und ihm ist seit 13.05.2019 ein gerichtlich bestellter Erwachsenenvertreter zur Seite gestellt. Die Erkrankung ist seit Jahren bekannt und der Beschwerdeführer steht in ärztlicher Behandlung und wird medikamentös behandelt.

In drei Verfahren, in denen jeweils das Bundesverwaltungsgericht und die beiden Höchstgerichte eingebunden waren, wurden alle Anträge auf internationalen Schutz negativ beschieden und jeweils eine Rückkehrentscheidung erlassen, in denen auch seine Erkrankung Berücksichtigung fand. Dazu wurden drei psychiatrische Sachverständigengutachten vom 17.11.2018, 18.03.2019 und 16.07.2019 eingeholt.

Auch das nunmehrige Vorbringen, eine befürchtete Verfolgung in Ägypten, weil sich auch seine Eltern und sein Bruder an Demonstrationen gegen die Regierung beteiligt haben, weist keinen glaubhaften Kern auf. Das beim Beschwerdeführer bestehende Krankheitsbild ist in Ägypten medizinisch behandelbar und alle diesbezüglichen Medikamente sind vorhanden. Eine Verschlechterung der Erkrankung ist nicht vorgebracht worden. Die in diesem Zusammenhang von der belangten Behörde bei Ihrer Entscheidung herangezogenen Länderberichte wurden dem Beschwerdeführer bzw. seinem Erwachsenenvertreter im Vorfeld übermittelt, sind im Verhandlungsprotokoll dargetan worden und finden auch in den vorangegangenen Entscheidungen ihre Deckung.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus den dort zitierten Entscheidungen und Gutachten, den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen sowie den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme am 26.02.2020 vor Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides.

Der Beschwerdeführer wurde mit dem aktuellsten Länderbericht konfrontiert und ist diesem in keiner Weise entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

Nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 kann das BFA unter anderem dann den faktischen Abschiebeschutz eines Fremden aufheben, der einen Folgeantrag gestellt hat, wenn dieser voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z. 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z. 3).

Weiter ist vorausgesetzt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (Z. 1).

Es liegen insgesamt drei rechtskräftige Rückkehrentscheidung, die alle in den letzten zwei Jahren ergangen sind vor, zuletzt am 03.09.2019. Auch dem neuerlichen Vorbringen fehlt ein glaubhafter Kern.

Nach § 68 AVG hat die Behörde Anbringen von Beteiligten, die eine Abänderung eines der formell rechtskräftigen Bescheides begehren, grundsätzlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Ausnahmen dazu bilden die Fälle der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 69 und 71 AVG sowie die in § 68 Abs. 2 bis 4 AVG vorgesehenen Arten von Abänderungen und Behebungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.

Die vorgesehenen Ausnahmen kommen nach dem Inhalt der Akten im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, insbesondere handelt es sich bei den vorgebrachten Tatsachenbehauptungen weder um glaubhafte nachträglich eingetretene Änderungen noch um nachträglich hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel, die geeignet wären, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

Daher ist davon auszugehen, dass die in § 68 AVG grundsätzlich vorgesehene Zurückweisung als Erledigung des BFA zu erwarten ist.

Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005 gestellt hat, und die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegen, weil dem Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat droht. Nach all dem wird der Folgeantrag des Beschwerdeführers voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist.

Es gibt nämlich auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Ägypten die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, keine Anhaltspunkte, zumal der Beschwerdeführer dort über Familienangehörige verfügt und eine medizinische Betreuung gewährleistet ist. Zudem fand die psychische Erkrankung des Beschwerdeführers bereits bei den ergangenen Entscheidungen Berücksichtigung und eine Verschlechterung hat sich nicht ergeben und ist auch nicht vorgebracht worden.

Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass für den Beschwerdeführer ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben und hat keine über die Aufenthaltszeit selbst hinausgehenden - z. B. sprachlichen, kulturellen, beruflichen oder sozialen - privaten Integrationsmerkmale.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist. Damit hatte das Gericht wie im Spruch zu entscheiden.

Die Entscheidung war mit Beschluss zu treffen, da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies so vorsieht. Nach § 22 Abs. 1 BFA-VG hatte auch keine Verhandlung stattzufinden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Die gegenständliche Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder liegt eine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zum faktischen Abschiebeschutz oder ist diese Rechtsprechung uneinheitlich. Aus diesen Gründen ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung faktischer Abschiebeschutz faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag Identität der Sache Privat- und Familienleben real risk reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2108990.4.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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