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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1960 geborenen RT in Linz, vertreten durch Dr. Manfred Leimer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 38, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Dezember 1996, Zl. 121.005/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Dezember 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 16. Juni 1995 (Datum des Einlangens bei der erstinstanzlichen Behörde) auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe sich im Zeitpunkt seiner Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten. Dies ergebe sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seinem Antrag. Gemäß § 6 Abs. 2 AufG sei der Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Dieser Voraussetzung habe der Beschwerdeführer nicht Genüge getan. Sein Antrag sei daher abzuweisen gewesen. Auch der Asylantrag des Beschwerdeführers sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 1996 in letzter Instanz abgewiesen worden. Die öffentlichen Interessen an der Versagung einer Aufenthaltsbewilligung überwögen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 1 Abs. 3 Z. 6, § 6 Abs. 2 und § 13 AufG lauteten (auszugsweise):
"§ 1. ...
...
(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie
...
6. auf Grund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt berechtigt sind.
§ 6. ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältige Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung der Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.
§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.
(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 und 4 genannten Fremden keine Anwendung. Für diese kommt eine Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 in Betracht."
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (27. Dezember 1996) ist für seine Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof die am 13. Dezember 1996 ausgegebene Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, maßgebend.
§ 4 Z. 2 dieser Verordnung lautete:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
...
2. Angehörigen von österreichischen Staatsbürgern (§ 3 Abs. 1 Z 1 Aufenthaltsgesetz), die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde,"
Der Beschwerdeführer tritt der maßgeblichen Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, er habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung im Inland aufgehalten, nicht entgegen.
Der Beschwerdeführer verfügte zu keinem Zeitpunkt über eine Aufenthaltsbewilligung. Selbst wenn ihm für die Dauer seines Asylverfahrens ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz 1991 zugestanden wäre, käme eine Verlängerung einer solchen Berechtigung zum Aufenthalt unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften - wie aus § 13 Abs. 2 AufG unzweifelhaft zu entnehmen ist - nicht in Betracht. Für den Beschwerdeführer galt daher der Grundsatz, daß er als abgewiesener Asylwerber seinen Antrag betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vor einer weiteren Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0666).
Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148, vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, er sei analog zur in § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG geregelten Fallgruppe der Verlängerungsanträge berechtigt, seinen Antrag auf weiteren Aufenthalt im Inland zu stellen.
Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer jedoch nicht bloß die Bestimmung des § 13 Abs. 2 AufG, sondern insbesondere auch den Inhalt des § 6 Abs. 2 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995. Nach dem dritten Satz dieser Bestimmung ist eine Antragstellung im Inland nur in den dort taxativ aufgezählten Fällen ausnahmsweise zulässig. Da § 6 Abs. 2 AufG nach seinem klaren Wortlaut keine Ausnahmebestimmung für Fremde enthält, die nach § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG aufgrund des Asylgesetzes 1991 während der Anhängigkeit ihres Asylverfahrens zum Aufenthalt in Österreich berechtigt waren oder sind, sind im Inland gestellte Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung auch in denjenigen Fällen abzuweisen, in denen eine Berechtigung zum vorläufigen Aufenthalt im Sinne des § 7 des Asylgesetzes 1991 vorgelegen ist oder noch vorliegt. Da § 6 Abs. 2 AufG nur den "Verlust des Asyls" ausdrücklich als Ausnahmetatbestand anführt, fehlt ein Indiz für eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes hinsichtlich der nach § 7 AsylG 1991 vorläufig aufenthaltsberechtigten Personen. Eine Lücke in Ansehung vorläufig aufenthaltsberechtigter Asylwerber liegt daher nicht vor, weshalb sich auch eine Schließung der - vermeintlichen - Lücke in der vom Beschwerdeführer erwogenen Richtung verbietet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 96/19/0593).
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß die Antragstellung im Inland auch nach der Rechtslage vor der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 351/1995 zu einer Abweisung des Antrages hätten führen müssen, weil der Fall des Beschwerdeführers - im Gegensatz zu der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - nicht mit jenen vergleichbar ist, in denen die Antragsteller sich seit vielen Jahren rechtmäßig aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung in Österreich aufgehalten haben, weshalb im Lichte der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes in solchen Fällen die Annahme einer Verpflichtung zur Antragstellung im Ausland geradezu schikanös wäre und allenfalls auch mit Art. 8 MRK in Konflikt geriete (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0371).
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er sei nicht in der Lage bzw. es sei ihm nicht zumutbar, das Bundesgebiet zum Zwecke einer Antragstellung vom Ausland aus zu verlassen, ist ihm zu entgegnen, daß dieser Umstand nicht zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung trotz Vorliegens des Versagungsgrundes des § 6 Abs. 2 AufG zu führen hat. Sollte die Unzumutbarkeit der Ausreise darin gelegen sein, daß dem Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat die in § 37 Abs. 1 FrG 1992 umschriebenen Gefahren drohten, so hätte dies mit Anträgen nach § 36 Abs. 2 oder § 54 FrG 1992 geltend gemacht werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1997, Zlen. 96/19/1860 bis 1862). Im Falle des tatsächlichen Vorliegens einer besonderen Härte hätten derartige Gründe allenfalls auch bei einer Entscheidung der Asylbehörde nach § 8 AsylG 1991 von Bedeutung sein können.
Insoweit der Beschwerdeführer schließlich auf seine durch die Anwesenheit seiner österreichischen Ehegattin und seines Sohnes im Bundesgebiet begründeten familiären Interessen verweist, ist ihm zu entgegnen, daß der Gesetzgeber der Novelle zum Aufenthaltgesetz BGBl. Nr. 351/1995 bereits auf die familiären Interessen von Personen, die aufgrund des Asylgesetzes 1991 aufenthaltsberechtigt sind oder waren, Bedacht genommen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 96/19/0738). Im übrigen wurde in dieser Novelle mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG und des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG auch spezifisch in Ansehung von Angehörigen österreichischer Staatsbürger auf die durch Art. 8 MRK geschützten Rechtsgüter Bedacht genommen. Dagegen, daß die Bundesregierung diese Verordnungsermächtigung lediglich in Ansehung von Angehörigen österreichischer Staatsbürger, die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde, genutzt hat, bestehen beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 1 MRK (vgl. das zur gleichlautenden Bestimmung des § 4 Z. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, ergangene hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zl. 96/19/1526).
Aber auch die in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG vorgenommene Einschränkung des Rechtes aufgrund des Asylgesetzes 1991 aufenthaltsberechtigter Fremder nur auf den Fall des Verlustes des Asyls begegnet aus folgenden Gründen keinen Bedenken aus dem Grunde des Art. 8 MRK:
Die aus den Erläuternden Bemerkungen zum Aufenthaltsgesetz (vgl. RV 525 BlgNR 18. GP) ersichtliche Zielvorstellung dieses Gesetzes, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutze der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, sowohl abgewiesene Asylwerber als auch Asylwerber während der Dauer ihres Asylverfahrens in Ansehung ihrer privaten Interessen im Inland besser zu stellen als einen Fremden, der erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragt. Dieser Grundsatz kommt auch bei Fremden zum Tragen, die - wie der Beschwerdeführer von sich behauptet - ihren Asylantrag nicht in der Absicht gestellt haben, damit Einwanderungsvorschriften zu umgehen. Entscheidend ist, daß im Falle der gedachten Zulässigkeit der Inlandsantragstellung während eines Asylverfahrens oder nach dessen negativem Abschluß der sonst für Einwanderungswillige geltende Grundsatz, wonach die Entscheidung vom Ausland aus abzuwarten ist, im Ergebnis durchbrochen wäre. Eine Einschränkung eines gedachten, durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechtes auf Neuzuwanderung zur Wahrung persönlicher Interessen im Inland durch die in Rede stehende Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG wäre - ebenfalls aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt (vgl. das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997).
Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausging, der Beschwerdeführer habe die Erfolgsvoraussetzung des § 6 Abs. 2 AufG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010) nicht erfüllt. Dies hat aber zur Abweisung eines Bewilligungsantrages zu führen, auch wenn die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 AufG vorliegen mögen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1996, Zlen. 95/19/0701, 1010).
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997190339.X00Im RIS seit
02.05.2001