TE Bvwg Beschluss 2020/3/4 W137 2221390-2

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Veröffentlicht am 04.03.2020
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Entscheidungsdatum

04.03.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §71 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W137 2221390-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über den Antrag von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Susanne Singer, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.06.2019, ZI. 19-1228071104-190481841, beschlossen:

A)

In Stattgabe der Beschwerde vom 15.07.2019 gegen den Bescheid vom 07.06.2019, Zl. 19-1228071104-190481841, wird gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG, der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 01.08.2019 bewilligt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Antragsteller wurde als Sohn afghanischer Asylwerber in Österreich geboren. Am 29.04.2019 wurde für ihn ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Verfahren seiner Eltern im Stande der Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) hat diesen Antrag mit Bescheid vom 07.06.2019 sowohl hinsichtlich der Gewährung des Status des Asylberechtigten wie auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung in den Herkunftsstaat verbunden. Diese Entscheidung wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch an die bevollmächtigte Rechtsanwältin hinterlegt, wobei die Abholfrist mit 14.06.2019 zu laufen begann.

Am 15.07.2019 brachte die bevollmächtigte Rechtsanwältin eine Beschwerde ein, mit welcher der Bescheid in vollem Umfang angefochten wurde. Darin wurde die Zustellung mit 17.06.2019 angegeben.

Das Bundesamt legte diese Beschwerde am 17.07.2019 gemeinsam mit dem Akt dem Bundesverwaltungsgericht vor und führte in einer Stellungnahme aus, dass die Beschwerde verspätet eingelangt sei. Die Frist zur Einbringung einer Beschwerde habe bereits am 13.06.2019 zu laufen begonnen.

Mit Schreiben vom 18.07.2019, W137 2221390-1/2Z hat das Bundesverwaltungsgericht der Rechtsanwältin einen Verspätungsvorhalt übermittelt. In Reaktion darauf brachte diese am 01.08.2019 den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 71 Abs. 1 AVG ein. Inhaltlich wurde auf eine zum Hinterlegungszeitpunkt erfolgte personelle Umstrukturierung in der Kanzlei sowie ein Missverständnis aufgrund einer Absprache mit dem Postzusteller verwiesen.

Am 14.08.2019 reichte die Rechtsanwältin - nach Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht - entsprechende Beweismittel nach.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der oben angeführte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

1.2. Der Asylbescheid des Beschwerdeführers wurde durch Hinterlegung am 13.06.2019 (Abholung ab 14.06.2019) zugestellt. Die Beschwerdefrist begann am 14.06.2019 zu laufen und endete am 12.06.2019; die diesbezügliche Beschwerde langte am 15.06.2019 (verspätet) beim Bundesamt ein.

1.3. Am 11.06.2019 endete nach knapp einem Jahr (kurzfristig) das Beschäftigungsverhältnis des Kanzleimitarbeiters der bevollmächtigten Rechtsanwältin. Eine Nachbesetzung konnte erst im Juli 2019 vorgenommen werden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage inklusive der im Verfahren vorgelegten Beweismittel (sowie der überprüfbaren persönlichen Umstände der Vertreterin).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Wiedereinsetzung:

3.3. Die einschlägigen Bestimmungen im Zustellgesetz lauten:

"§ 9. (1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

(2) ...

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

(...)"

"§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Zweifelsfrei ist damit, dass die Beschwerdefrist im gegenständlichen Verfahren am 14.06.2019 zu laufen begonnen hat und die Einbringung der Beschwerde verspätet erfolgte.

3.4. Gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich, wenn eine Partei glaubhaft machen kann, dass sie an der Einhaltung einer Frist durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war und sie in diesem Zusammenhang kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Im gegenständlichen Fall konnte die bevollmächtigte Vertreterin glaubhaft darlegen, dass die - unbestritten - verspätete Einbringung der Beschwerde durch das kurzfristige und unvorhergesehene Ausscheiden ihres Kanzleimitarbeiters aus seinem Dienstverhältnis (am 11.06.2019) bei gleichzeitig hoher beruflicher Belastung bedingt war. Insgesamt kann vor diesem Hintergrund ein minderer Grad des Versehens gerade noch als gegeben angesehen werden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

minderer Grad eines Versehens Wiedereinsetzung Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W137.2221390.2.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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