TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/4 W118 2181828-1

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Veröffentlicht am 04.03.2020
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Entscheidungsdatum

04.03.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
MOG 2007 §19 Abs3
MOG 2007 §6
MOG 2007 §8a Abs5
MOG 2007 §8a Abs6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W118 2181828-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. ECKHARDT als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 05.01.2017, AZ II/4-DZ/15-5256821010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass keine Reduktion des Werts der Zahlungsansprüche gemäß Art. 28 VO (EU) 1307/2013 vorgenommen wird.

II. Gemäß § 19 Abs. 3 MOG 2007 wird der AMA aufgetragen, die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis dem Beschwerdeführer bescheidmäßig mitzuteilen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit Datum vom 21.04.2015 stellte der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) über die Internet-Applikation eAMA elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2015 und beantragte die Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Rahmen der Basisprämie sowie die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015.

Der Antrag des BF umfasste auch Flächen der Alm mit der BNr. XXXX .

2. Im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle auf der angeführten Alm am 25.08.2015 wurden Abweichungen der beantragten von der ermittelten Fläche festgestellt.

3. Mit Bescheid und zwei Abänderungsbescheiden der AMA vom 28.04.2016, vom 31.08.2016 und vom 05.01.2017 wurden dem BF letztlich 11,3639 Zahlungsansprüche zugewiesen und Direktzahlungen in Höhe von EUR 5.313,00 gewährt. Dabei kam es zu einer Kürzung des Werts der zugewiesenen Zahlungsansprüche aus dem Titel "unerwarteter Gewinn" gemäß Art. 28 VO (EU) 1307/2013.

4. Mit online gestellter Beschwerde vom 12.01.2017 wandte sich der BF gegen die angeführte Kürzung und sprach im Wesentlichen aus, Sinn der Bestimmung sei zweifelsfrei der, dass verhindert werden solle, dass es durch Flächenweitergaben zwischen 2014 und 2015 unter Zurückhaltung der Referenzbeträge zu einer künstlichen Erhöhung der ZA-Werte bei deren Erstzuteilung 2015 komme. Die Differenz bei der beihilfefähigen Fläche in den Jahren 2014 und 2015 habe sich zum einen durch die natürliche Schwankung beim Auftrieb, zum anderen durch die Vor-Ort-Kontrolle im Jahr 2015 ergeben.

5. Im Rahmen der Aktenvorlage führte die AMA im Wesentlichen aus, dass die Almfutterfläche aufgrund der stattgefundenen Vor-Ort-Kontrolle reduziert worden sei. Deshalb habe sich die anteilige Almfutterfläche auch bei gleicher Anzahl an aufgetriebenen Tieren verringert.

6. Mit Datum vom 12.02.2020 kam es zu einem Richterwechsel.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Mit Datum vom 21.04.2015 stellte der BF über die Internet-Applikation eAMA elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2015 und beantragte die Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Rahmen der Basisprämie sowie die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015.

Der Antrag des BF umfasste auch Flächen der Alm mit der BNr. XXXX .

Im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle auf der angeführten Alm am 25.08.2015 wurden Abweichungen der beantragten von der ermittelten Fläche festgestellt. Dadurch kam es beim BF zu einer erheblichen Verringerung der beihilfefähigen Fläche im Jahr 2015 im Vergleich zur beihilfefähigen Fläche im Jahr 2014 und in der Folge zu einer Kürzung des Werts der Zahlungsansprüche aus dem Titel "unerwarteter Gewinn".

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und erweisen sich als unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit und zum Verfahren:

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idF BGBl. I Nr. 46/2014, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

3.2. In der Sache:

a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013:

"Artikel 21

Zahlungsansprüche

(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die

a) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten [...].

(2) Die Gültigkeit der im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhaltenen Zahlungsansprüche läuft am 31. Dezember 2014 ab.

[...]."

"Artikel 24

Erstzuweisung der Zahlungsansprüche

(1) Zahlungsansprüche werden den Betriebsinhabern zugewiesen, die gemäß Artikel 9 der vorliegenden Verordnung zum Bezug von Direktzahlungen berechtigt sind, sofern sie,

a) außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände, bis zu dem gemäß Artikel 78 Unterabsatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 festzusetzenden Termin für die Einreichung von Anträgen im Jahr 2015 die Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Rahmen der Basisprämienregelung beantragen, und

b) vor jedweder Kürzung oder jedwedem Ausschluss nach Titel II Kapitel 4 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 infolge eines Beihilfeantrags auf Direktzahlungen, auf eine nationale Übergangsbeihilfe oder auf ergänzende nationale Direktzahlungen im Jahr 2013 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 zum Empfang von Zahlungen berechtigt waren.

[...].

(2) Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände ist die Anzahl der je Betriebsinhaber 2015 zugewiesenen Zahlungsansprüche gleich der Zahl der beihilfefähigen Hektarflächen, die der Betriebsinhaber gemäß Artikel 72 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 in seinem Beihilfeantrag für 2015 anmeldet und die ihm zu einem von dem betreffenden Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Dieser Zeitpunkt darf nicht nach dem in diesem Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung dieses Beihilfeantrags liegen.

[...]."

"Artikel 28

Unerwarteter Gewinn

Für die Zwecke der Artikel 25 Absätze 4 bis 7 und Artikel 26 kann ein Mitgliedstaat auf der Grundlage objektiver Kriterien vorsehen, dass im Falle von Verkauf, Abtretung oder Ablauf der Pacht für die Gesamtheit oder einen Teil der landwirtschaftlichen Flächen, die nach dem gemäß Artikel 35 oder Artikel 124 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 festgesetzten Zeitpunkt und vor dem gemäß Artikel 33 Absatz 1 der vorliegenden Verordnung festgesetzten Zeitpunkt erfolgen, die Erhöhung oder ein Teil der Erhöhung des Wertes der Zahlungsansprüche, die dem betreffenden Betriebsinhaber zugewiesen würden, wieder der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven zuzuschlagen ist, wenn die Erhöhung für den betreffenden Betriebsinhaber zu einem unerwarteten Gewinn führen würde.

Diese objektiven Kriterien werden unter Gewährleistung der Gleichbehandlung der Betriebsinhaber sowie unter Vermeidung von Markt- oder Wettbewerbsverzerrungen festgelegt und müssen wenigstens Folgendes umfassen:

a) eine Mindestdauer der Pacht und

b) den Anteil der erhaltenen Zahlung, der in die nationale Reserve oder die regionalen Reserven zurückfällt."

"Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, [...].

Artikel 33

Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf."

Delegierte Verordnung (EU) Nr. 639/2014 der Kommission vom 11. März 2014, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 1, im Folgenden VO (EU) 639/2014:

"Artikel 27

Anwendung der Bestimmung zu unerwarteten Gewinnen

Für die Zwecke von Artikel 28 und Artikel 40 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 wird die darin genannte Erhöhung des Werts der Zahlungsansprüche bestimmt, indem der Wert der Zahlungsansprüche, die dem Betriebsinhaber nach Maßgabe von Artikel 25 Absatz 4 und Artikel 26 oder Artikel 40 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 nach dem Verkauf oder der Verpachtung gemäß Artikel 28 oder Artikel 40 Absatz 5 der genannten Verordnung zustehen, mit dem Wert der Zahlungsansprüche des Betriebsinhabers verglichen wird, der sich ohne den Verkauf oder die Verpachtung ergeben hätte."

Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 189/2013:

"Basisprämie

§ 8a. [...].

(5) Der ursprüngliche Einheitswert gemäß Art. 26 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 wird auf Basis der Zahlungen im Rahmen der Betriebsprämienregelung und der gemäß Art. 26 Abs. 6 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 ermittelten gekoppelten Stützung, die dem Betriebsinhaber im Jahr 2014 gewährt wurden, berechnet.

[...]."

b) Rechtliche Würdigung:

Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. "Greeningprämie"), abgelöst. Darüber hinaus kann seither eine gekoppelte Stützung gewährt werden.

Die Zuweisung der Zahlungsansprüche im Rahmen der Basisprämie als Voraussetzung für die Gewährung von Direktzahlungen erfolgte im Wesentlichen auf Basis des Ausmaßes der beihilfefähigen Fläche im Antragsjahr 2015 und dem Betrag an Direktzahlungen, die dem jeweiligen Antragsteller im Antragsjahr 2014 gewährt wurden.

Ausgehend von dieser Systematik wäre es Antragstellern im Antragsjahr 2015 durch Abgabe von Flächen möglich gewesen, wenige Flächen mit sehr hohen Zahlungsanspruchswerten zu belegen.

Um solchen Verwerfungen vorzubeugen, ermöglichte der europäische Verordnungsgeber den Mitgliedstaaten mit Art. 28 VO (EU) 1307/2013, entsprechende willkürliche Erhöhungen des Werts der Zahlungsansprüche abzuschöpfen ("unerwarteter Gewinn").

Art. 28 VO (EU) 1307/2013 nennt als Anwendungsfälle den Verkauf, die Abtretung oder die Ablauf der Pacht für die Gesamtheit oder einen Teil der landwirtschaftlichen Flächen. Mit § 8a Abs. 6 MOG 2007 wurden die möglichen Anwendungsfälle präzisiert.

Das BVwG hat allerdings bereits entschieden, dass die Verringerung von Flächen durch eine Vor-Ort-Kontrolle keinen Anwendungsfall des Art. 28 VO (EU) 1307/2013 darstellt; vgl. BVwG 16.05.2017, W118 2156320-1, sowie zur Regelung insgesamt Eckhardt, Die Reform der GAP 2003 (2017), 39 f..

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen; vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zwar liegt für den vorliegenden Fall noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Rechtslage ist jedoch so eindeutig, dass von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden kann; vgl. VwGH 28.02.2014, Ro 2014/16/0010 sowie VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

beihilfefähige Fläche Berechnung Bescheidabänderung Direktzahlung Flächenabweichung Kontrolle Mehrfachantrag-Flächen Mitteilung Prämiengewährung unerwarteter Gewinn Wertermittlung Zahlungsansprüche Zuteilung Zuweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W118.2181828.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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