TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/5 W279 2217728-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.03.2020
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Entscheidungsdatum

05.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W279 2217728-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX 1999, StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .03.2019, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.01.2020, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach schlepperunterstützt unberechtigter Einreise am XXXX .05.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung am Tag der Antragstellung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer an, er gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an und sei sunnitischer Moslem. Er stamme aus der Provinz Parwan. Im Herkunftsstaat habe er fünf Klassen der Grundschule besucht. Sein zuletzt ausgeübter Beruf sei Arbeiter gewesen.

Zu seinem Fluchtgrund führte der BF aus, dass sein Vater aufgrund einer Feindschaft getötet worden sei. Anschließend sei er auch angegriffen worden und habe sich in Afghanistan nicht mehr sicher gefühlt. Überdies wolle er sich weiterbilden und eine bessere Zukunft haben.

Nach Zulassung seines Verfahrens erfolgte am XXXX .12.2018 eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Der Beschwerdeführer gab eingangs an, dass er in ärztlicher Behandlung sei und Schlaftabletten sowie Tabletten aufgrund seiner psychischen Probleme einnehme. Er sei ein-bis zweimal im Monat in Behandlung. Befragt, welche psychischen Probleme er konkret habe, entgegnete der BF, dass er sich aufgrund eines Anfalles oftmals selbst verletze. Der Anfall sei auf Elektroschocks zurückzuführen, die ihm im Herkunftsstaat zugefügt worden seien.

Die Fragen, ob er jemals einen Reisepass gehabt habe, jemals andere Identitäten geführt oder je Probleme aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seines Religionsbekenntnisses oder persönliche Probleme mit der Polizei bzw. Polizisten in seinem Heimatland gehabt habe, wurden vom BF verneint. Er sei jedoch bereits zwei oder drei Mal inhaftiert gewesen, im Zuge dessen er elektrische Schocks bekommen habe. Der BF sei ebenfalls nicht politisch tätig oder Mitglied einer politischen Partei gewesen. Der BF habe seit drei bis vier Jahren keinen Kontakt zu seiner vermutlich im Herkunftsstaat aufhältigen Mutter bzw. Schwester. Er wisse auch nichts über den konkreten Aufenthaltsort seiner Tanten. Ein Freund habe ihn vor etwa sechs Monaten über den Tod seiner Schwester informiert.

Zum Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, dass er im Alter von 11 oder 12 Jahren festgehalten bzw. entführt worden sei. Er habe diese Fluchtgeschichte bereits bei seiner Erstbefragung angeben wollen, aber rund um ihn seien zahlreiche Afghanen gestanden. Der Mann habe ihn insgesamt fünf Jahre lang gefangen gehalten und gezwungen, auf diversen Hochzeiten zu tanzen. Im Falle einer Weigerung habe dieser Mann seine Mutter und seine Schwester unter Druck gesetzt. Zudem habe er den BF öfter geschlagen und gefoltert, weswegen seine Mutter auch die Polizei verständigt und den Mann angezeigt habe, die Regierung habe jedoch keine Ermittlungsschritte gesetzt. Aufgrund der Misshandlungen habe der BF nach wie vor Narben. Zur Frage, wer der Mann konkret gewesen sei, der ihn festgehalten habe, erwiderte der BF, dass es sich um einen Machthaber namens "Said Hamza" gehandelt habe, der ihn als Tanzjungen (Bacha Bazi) gehalten habe. Er wolle nicht, dass jemand von der Geschichte erfahre. Die finanzielle Situation seiner Familie sei auch nach dem Tod seines Vaters insgesamt gut gewesen. Befragt, wie der Mann auf ihn aufmerksam geworden sei, erklärte der BF, dass dieser dafür bekannt gewesen sei. Wenn jemand reich sei, könne er jemanden mit Zwang bei sich behalten. Da der BF keinen Vater gehabt habe, sei er ein leichtes Opfer gewesen. Auf Nachfrage, ob er je sexuell missbraucht worden sei, brachte der BF vor, dass der erwähnte Mann ihn nur im Gesicht sowie seiner Hand berührt habe und ab und an eine Zigarette an seinem Körper ausgelöscht habe. Auf die weitere Frage, ob außer den Berührungen noch etwas passiert sei, gab der BF an, dass er mehrmals bewusstlos geworden sei, aber davon ausgehe, dass nichts geschehen sei. Befragt, ob es während seiner Zeit, als er als Bacha Bazi arbeiten habe müssen, irgendwelche sexuellen Übergriffe auf seine Person gegeben habe, gab der BF an, dass er dies nicht genau sagen könne, aber grundsätzlich verneinen müsse. Auf Vorhalt, was er damit konkret meine, entgegnete der BF, dass es zwar Berührungen gegeben habe, nicht jedoch im Genitalbereich. Zur Frage, wieso er nicht an einem anderen Ort in Afghanistan leben hätte können, replizierte der BF, dass er für den erwähnten Mann an mehreren Orten wie auch Mazar e-Sharif oder Herat tanzen habe müssen und überall gefunden werden könnte. Auf Aufforderung, die Misshandlungen genau zu beschreiben, führte der BF aus, dass er insgesamt mehr als 200 Mal geschlagen worden sei und auch Elektroschocks bekommen habe, indem er heißes Metall auf seinen Arm gelegt habe. Die Narben würden nach wie vor sichtbar seien. Sein Vater sei vor über 10 Jahren bei einem Bombenanschlag ums Leben gekommen. Zur Frage, ob bei dem Anschlag nur sein Vater getötet worden sei, brachte der BF vor, dass auch ein hochrangiger Angehöriger des Militärs sowie zwei Bodyguards und der Fahrer ermordet worden seien. Die konkreten Feinde seines Vaters kenne der BF nicht. Befragt, von wem er entführt worden sei, entgegnete der BF, dass seine eigene Fluchtgeschichte mit jener Feindschaft seines Vaters nicht in Zusammenhang stehe. Bei einer Rückkehr ins Heimatland würde ihm der Tod drohen.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich brachte der BF vor, dass er Fußball spiele und bereits österreichische Freunde gefunden habe. Er beziehe derzeit Leistungen aus der Grundversorgung und dürfe noch keiner Erwerbstätigkeit nachgehen.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

Die Behörde stellte beweiswürdigend fest, dass er ca. 11 oder 12 Jahre alt gewesen sei, als er von einem Mann entführt und ungefähr fünf Jahre gefangen gehalten worden sei. Er habe für diesen als Tanzjunge arbeiten müssen und habe auch seine Mutter und seine Schwester unter Druck gesetzt. Seine persönliche Unglaubwürdigkeit gründe sich in seinem gänzlich unglaubhaften Vorbringen. Er habe beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine gänzlich andere Fluchtgeschichte vorgebracht als bei der Erstbefragung durch die Polizei, als er noch unvoreingenommen worden sei und noch keinem Einfluss ausgesetzt worden sei. Sein "erneuertes" Fluchtvorbringen, dass er angeblich als Tanzjunge in Afghanistan festgehalten worden sei, werde dem BF von der Behörde nicht ansatzweise geglaubt. Seine Erzählung sei weder plausibel noch detailgetreu, dies weise auf seine Unglaubwürdigkeit als Person hin. Der BF habe keine genauen Angaben machen können, wenn es um die Jahre gegangen sei, in denen er festgehalten worden sei. Es sei nicht glaubhaft, dass der Entführer den BF weitere zwei Jahre festgehalten habe, nachdem er laut eigenen Angaben schon mit 14 die ersten Barthaare bekommen habe und sich sogar rasieren habe müssen. Somit würden die Angaben des BF im Widerspruch zu den Informationen aus dem Länderinformationsblatt stehen. Die Behörde gehe davon aus, dass der Entführer sie bei den ersten Anzeichen eines Bartwuchses wieder freigelassen und sich ein neues, jüngeres Opfer gesucht hätte. Zusammenfassend habe das Bundesamt daher festgestellt, dass er in Afghanistan weder einer Verfolgung durch den Staat, noch durch Dritte oder die Taliban zu befürchten habe.

3. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine nunmehrige Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 17.04.2019 fristgerecht Beschwerde ein. Begründend wurde vorgebracht, dass die Behörden in allen Stadien des Verfahrens darauf hinzuwirken hätten, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die Begründung des Antrages geltend gemachte Umstände vervollständig, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt oder überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen würden. Erforderlichenfalls seien Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen. Dieser Pflicht sei die erkennende Behörde des BFA nicht ausreichend bzw. ordnungsgemäß nachgegangen bzw. würden im Bescheid Informationen vor allem über Opfer von "Baha Bazi", welche von ihrem Missbraucher ohne Erlaubnis weggelaufen seien, was die Mangelhaftigkeit des Verfahrens impliziere. Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates seien unvollständig und unrichtig. Die Beweiswürdigung des BFA halte in einer Gesamtschau einer Schlüssigkeitsprüfung nicht Stand und sei nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des BF tragfähig zu begründen. Dass es dem BF nicht möglich sei, sich des Schutzes des Heimatlandes zu bedienen, liege klar auf der Hand, weil die strafrechtliche Verfolgung von Personen, welche sich an "Bacha Bazis" vergehen würden, noch immer ein großes Problem in Afghanistan darstelle. Die afghanischen Sicherheitskräfte sowie die Behörden und Gerichte seien nicht in der Lage, den BF vor dieser asylrelevanten Verfolgung durch private Personen zu schützen, weshalb er Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sei.

4. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 13.01.2020 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Ein Vertreter des BFA ist entschuldigt nicht erschienen.

Der BF gab auf die Frage, ob er etwas richtigstellen wollen, zu Protokoll, dass er seine Angaben aufrechterhalte. Seine Fluchtgeschichte wolle er nunmehr nicht erneut wiederholen, da er davon psychische Probleme bekomme.

Auf Aufforderung, seinen Alltag in Österreich zu schildern, erwiderte der BF, dass er trainieren gehe und nebenbei bei einer Österreicherin Deutsch lerne. Seine Freundin habe er vor einem Jahr bei einem Fest der Caritas kennengelernt. Befragt, ob er derzeit einer Beschäftigung nachgehe, entgegnete der BF, dass er keine Arbeitserlaubnis vorweisen könne und auch keine Lehre absolvieren habe dürfen. Seine Freundin mache eine Kochlehre.

Die Frage, ob er in Afghanistan mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sei, wurde vom BF verneint. In Österreich habe die Polizei bei ihm zwei I-Pads sichergestellt, die ihm jedoch von Personen übergeben worden seien. Ein anderes Mal hätten zwei oder drei Personen mit ihm gestritten. Aufgrund seiner Tablettensucht sei ihm der Großteil seiner Taten nicht bewusst gewesen. Auf Nachfrage, welche Tabletten er einnehme, führte der BF aus, dass er deren Namen zwar nicht genau wisse, sie jedoch regelmäßig von seinen Betreuern bekomme. Befragt, was passiere, wenn er diese erwähnten Tabletten nicht einnehme, replizierte der BF, dass er sich dann nicht mehr kontrollieren könne und vergesslich sowie orientierungslos sei. Es bestehe unter diesen Umständen zudem die Gefahr, dass er sich selbst verletze. Die Fragen, ob er Alkohol trinke oder Drogen einnehme, wurden vom BF verneint. Bei Schlafproblemen greife er jedoch zu CBD in Form einer Zigarette, welches bei Tankstellen verkauft werde. Die Fragen, ob er bereits echtes Cannabis geraucht oder besessen habe, wurden vom BF verneint. Er habe auch nie etwas gestohlen, jemanden am Körper verletzt, mit Drogen gehandelt oder fremde Sachen beschädigt. Auf die Frage, ob er bereits versucht habe, gestohlene Waren zu verkaufen, entgegnete der BF, dass es sich bei den zuvor erwähnten I-Pads um gestohlene Güter gehandelt habe. Seither habe er jedoch keine einschlägigen Delikte mehr begangen. Nachgefragt, welche sozialen Dienste er abgeleistet habe, brachte der BF vor, dass er bereits sechs bis zehn soziale Stunden erbracht und 20 weitere absolvieren werde. Bei den Hilfstätigkeiten habe es sich um Reinigungs- sowie Gartenarbeiten gehandelt. Überdies sei er von der Caritas zu Schulungen geschickt worden, wo er auch geputzt habe.

Auf Aufforderung, weitere Vorfälle zu schildern, an die er sich erinnern könne, führte der BF aus, dass er bereits zwei Mal von anderen Personen angegriffen worden sei. Im Jahr 2018 habe ihn die Polizei mit Spielgeld bzw. gefälschten Geldscheinen erwischt. Da er bereits Strafen verbüßt habe, werde er in Zukunft von der Begehung weiterer strafrechtlich relevanter Delikte absehen. Befragt, wofür er das erwähnte Falschgeld verwendet habe, entgegnete der BF, dass dieses lediglich als Spieleinsatz gedient habe und ihm nicht bewusst gewesen sei, dass der Besitz solcher Scheine in Österreich illegal sei. Auf Nachfrage, ob er Umgang mit fremden Zahlungsmittel oder Ausweisen gehabt habe, die nicht auf seinen Namen gelautet hätten, erwiderte der BF, bereits vor der Polizei ausgesagt zu haben, dass der von der Polizei sichergestellte Pass einem Freund gehört habe. Den Namen des besagten Freundes wisse der BF jedoch nicht, da er keinen Kontakt mehr zu ihm habe. Nachgefragt, wieso dieser ihm seinen Reisepass übergeben habe, erklärte der BF, dass dieser Pass sowieso nicht mehr gültig gewesen sei und kein Foto beinhaltet habe. Auf Vorhalt, ob er sich an einen Vorfall mit einem Personalausweis erinnern könne, entgegnete der BF, dass er selbst einen Personalausweis sowie eine Bankomatkarte besitze. Befragt, ob er sich an einen Vorfall mit einem Pullover erinnern könne, gab der BF an, dass es zwar einen solchen gegeben habe und er einen Pullover entgeltlich erworben habe, der Verkäufer ihm jedoch etwa ein Monat später dazu aufgefordert habe, den Pullover zur Polizei zu bringen, da es sich um ein gestohlenes Gut gehandelt habe. Für die Ware habe der BF insgesamt 180,- Euro bezahlt. Auf Nachfrage, woher er einen Betrag von 180,- Euro habe, erwiderte der BF, dass er nicht aufgrund wirtschaftlicher Gründe nach Europa gekommen sei. Er habe derzeit keinen Kontakt zu Familienmitgliedern in Afghanistan und bereits seit über ein Jahr nicht mehr mit seiner Mutter gesprochen.

In Österreich beabsichtige der BF, seine Freundin in naher Zukunft zu heiraten und sich ein Familienleben aufzubauen.

Die Freundin des BF, die im Rahmen der mündlichen Verhandlung als Zeugin einvernommen wurde, führte aus, dass sie den BF bereits über ein Jahr kenne und ihn heiraten wolle, sobald sie volljährig sei. Derzeit sei sie arbeitslos, da sie eine begonnene Kochlehre abgebrochen habe.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde vom BF ein fachärztlicher Befund vom XXXX .01.2020 mit der Diagnose posttraumatische Belastungsstörung übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der minderjährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und ist Muslim sunnitischer Ausrichtung. Seine Identität steht nicht fest. Er stammt aus der Provinz Parwan, wo er zuletzt gemeinsam mit seiner Mutter sowie seiner Schwester in einem Eigentumshaus gelebt hat. Er hat fünf Jahre lang die Grundschule besucht. Am XXXX .05.2016 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Der nunmehrige Aufenthaltsort seiner Familie ist unbekannt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Es wird zugrunde gelegt, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz in Afghanistan ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung außerhalb seiner Heimatprovinz, insbesondere in den Städten Herat oder Mazar-e Sharif, besteht für den Beschwerdeführer als alleinstehenden, gesunden leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine solche Bedrohungssituation und liefe der Beschwerdeführer auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung im Mai 2016 durchgehend ausschließlich nur auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts während des Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Der Beschwerdeführer bestreitet seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus Mitteln der Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung. In Afghanistan bestehen zugängliche Behandlungsmöglichkeiten für das beim BF vorliegenden Krankheitsbild im psychischen Bereich. Dieser hat nicht konkret vorgebracht, dass ihm eine benötigte Behandlung im Herkunftsstaat in der Vergangenheit verweigert worden wäre oder in einem konkreten Fall nicht zugänglich gewesen wäre. Eine allfällige psychische Betreuung bzw. medikamentöse Behandlung kann auch im Herkunftsstaat fortgesetzt werden.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich zwar unbescholten, wurde jedoch wegen des Verdachts auf schweren Betrug, Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, Hehlerei, Urkundenunterdrückung sowie Weitergabe und Besitz nachgemachten oder verfälschten Geldes bei der örtlichen Staatsanwaltschaft angezeigt.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Verwandten und keine sonstigen engen familienähnlichen Bindungen. Das Vorliegen einer insgesamt besonders berücksichtigungswürdigen Integration in Österreich kann in casu nicht festgestellt werden. Der BF kennt seit ca. einem Jahr seine Freundin, eine österreichische Staatsbürgerin, mit welcher er jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt lebt.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Es wird dem Verfahren nicht zugrunde gelegt, dass der BF im Herkunftsstaat von einem Machthaber entführt wurde bzw. in weiterer Folge als Bacha Bazi (Tanzjunge) missbraucht wurde. Es steht sohin nicht fest, dass ihm im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan aufgrund dieses Sachverhalts eine asylrelevante Verfolgung drohen würde.

Es wird weiters dem Verfahren nicht zugrunde gelegt, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat einer individuellen, gegen ihn gerichteten Verfolgung ausgesetzt war oder im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer solchen ausgesetzt wäre. Überdies konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer ohne Hinzutreten weiterer wesentlicher individueller Merkmale mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder (von staatlichen Organen geduldet) durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit (Tadschiken), Nationalität (Afghanistan), Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Familie) oder politischen Gesinnung zu erwarten hätte.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Im Falle der Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch einen Machthaber oder durch andere Personen.

Darüber hinaus gilt der Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass er sich in Europa aufgehalten hat, in Afghanistan nicht als westlich orientiert. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan aufgrund seines Aufenthaltes in Europa keiner psychischen und/oder physischen Gewalt ausgesetzt.

Dem BF ist eine Rückkehr in seine Heimatprovinz Parwan aufgrund der Volatilität der Lage nicht zumutbar.

Es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer bei einer allfälligen Rückkehr nach insbesondere Herat oder Mazar-e Sharif mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer ihn konkret betreffenden asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sein würde, bzw. in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Niederlassung insbesondere in den Städten Herat oder in Masar -e Sharif, besteht für den Beschwerdeführer als jungen gesunden und arbeitsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf, keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation, bzw. läuft dieser dort auch nicht in Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Die Städte Mazar-e Sharif und Herat sind von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug über internationale Flughäfen zu erreichen.

Das BFA hat ein insgesamt mängelfreies Verfahren durchgeführt. Die belangte Behörde ist im gegenständlichen Verfahren ihrer Ermittlungspflicht durch die Vornahme einer detaillierten Befragung nachgekommen und dem angefochtenen Bescheid ist ein im vorliegenden Verwaltungsakt dokumentiert umfassendes Ermittlungsverfahren vorangegangen. Der Sachverhalt wurde bereits unter schlüssiger Beweiswürdigung des Bundesamtes festgestellt und rechtlich korrekt durch das BFA gewürdigt.

In der Beschwerde konnten glaubhaft keine wesentlichen, bzw. verfahrensrelevant neuen Sachverhaltselemente glaubhaft bzw. substantiiert begründet dargelegt werden, welche geeignet wären, die von der belangten Behörde getroffenen Entscheidungen grundlegend in Frage zu stellen.

Das Bestehen von besonderen Gründen, die für ein Verbleiben des BF im Bundesgebiet sprechen, sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Politische Ereignisse: Friedensgespräche. Loya Jirga, Ergebnisse Parlamentswahl Ende Mai 2019 fand in Moskau die zweite Runde der Friedensgespräche zwischen den Taliban und afghanischen Politikern (nicht der Regierung. Anm.) statt. Bei dem Treffen äußerte ein Mitglied der Taliban. Amir Khan Muttaqi, den Wunsch der Gruppierung nach Einheit der afghanischen Bevölkerung und nach einer "inklusiven" zukünftigen Regierung. Des Weiteren behauptete Muttaqi. die Taliban würden die Frauenrechte respektieren wollen. Ein ehemaliges Mitglied des afghanischen Parlaments. Fawzia Koofi, äußerte dennoch ihre Bedenken und behauptete. die Taliban hätten kein Interesse daran. Teil der aktuellen Regierung zu sein. und dass die Gruppierung weiterhin für ein islamisches Emirat stünde. (Tolonews 31.5.2019a).

Vom 29.4.2019 bis 3.5.2019 tagte in Kabul die "große Ratsversammlung" (Loya Jirga). Dabei verabschiedeten deren Mitglieder eine Resolution mit dem Ziel. einen Friedensschluss mit den Taliban zu erreichen und den inner-afghanischen Dialog zu fördern. Auch bot Präsident Ghani den Taliban einen Waffenstillstand während des Ramadan von 6.5.2019 bis 4.6.2019 an. betonte aber dennoch. dass dieser nicht einseitig sein würde. Des Weiteren sollten 175 gefangene Talibankämpfer freigelassen werden (BAMF 6.5.2019). Einer weiteren Quelle zufolge wurden die kritischen Äußerungen zahlreicher Jirga-Teilnehmer zu den nächtlichen Militäroperationen der USA nicht in den Endbericht aufgenommen. um die Beziehungen zwischen den beiden Staaten nicht zu gefährden. Die Taliban nahmen an dieser von der Regierung einberufenen Friedensveranstaltung nicht teil. was wahrscheinlich u.a. mit dem gescheiterten Dialogtreffen. das für Mitte April 2019 in Katar geplant war. zusammenhängt. Dort wäre die Regierung zum ersten Mal an den Friedensgesprächen mit den Taliban

beteiligt gewesen. Nachdem erstere jedoch ihre Teilnahme an die Bedingung geknüpft hatte, 250 Repräsentanten nach Doha zu entsenden und die Taliban mit Spott darauf reagierten, nahm letztendlich kein Regierungsmitarbeiter an der Veranstaltung teil. So fanden Gespräche zwischen den Taliban und Exil-Afghanen statt, bei denen viele dieser das Verhalten der Regierung öffentlich kritisierten (Heise 16.5.2019).

Anfang Mai 2019 fand in Katar auch die sechste Gesprächsrunde zwischen den Taliban und den USA statt. Der Sprecher der Taliban in Doha, Mohammad Sohail Shaheen, betonte, dass weiterhin Hoffnung hinsichtlich der inner-afghanischen Gespräche bestünde. Auch konnten sich der Quelle zufolge die Teilnehmer zwar bezüglich einiger Punkte einigen, dennoch müssten andere "wichtige Dinge" noch behandelt werden (Heise 16.5.2019).

Am 14.5.2019 hat die unabhängige Wahlkommission (Independent Electoral Commission, IEC) die Wahlergebnisse der Provinz Kabul für das afghanische Unterhaus (Wolesi Jirga) veröffentlicht (AAN 17.5.2019; vgl. IEC 14.5.2019, IEC 15.5.2019). Somit wurde nach fast sieben Monaten (die Parlamentswahlen fanden am 20.10.2018 und 21.10.2018 statt) die Stimmenauszählung für 33 der 34 Provinzen vervollständigt. In der Provinz Ghazni soll die Wahl zusammen mit den Präsidentschafts- und Provinzialratswahlen am 28.9.2019 stattfinden. In seiner Ansprache zur Angelobung der Parlamentsmitglieder der Provinzen Kabul und Paktya am 15.5.2019 bezeichnete Ghani die siebenmonatige Wahl als "Katastrophe" und die beiden Wahlkommissionen, die IEC und die Electoral Complaints Commission (ECC), als "ineffizient" (AAN 17.5.2019).

Zivile-Opfer, UNAMA-Bericht

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im ersten Quartal 2019 (1.1.2019 - 31.3.2019) 1.773 zivile Opfer (581 Tote und 1.192 Verletzte), darunter waren 582 der Opfer Kinder (150 Tote und 432 Verletzte). Dies entspricht einem Rückgang der gesamten Opferzahl um 23% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, welches somit der niedrigste Wert für das erste Jahresquartal seit 2013 ist (UNAMA 24.4.2019).

Diese Verringerung wurde durch einen Rückgang der Zahl ziviler Opfer von Selbstmordanschlägen mit IED (Improvised Explosive Devices - unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung/Sprengfallen) verursacht. Der Quelle zufolge könnten die besonders harten Winterverhältnisse in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 zu diesem Trend beigetragen haben. Es ist unklar, ob der Rückgang der zivilen Opfer wegen Maßnahmen der

Konfliktparteien zur Verbesserung des Schutzes der Zivilbevölkerung oder durch die laufenden Gespräche zwischen den Konfliktparteien beeinflusst wurde (UNAMA 24.4.2019). Die Zahl der zivilen Opfer aufgrund von Nicht-Selbstmord-Anschlägen mit IEDs durch regierungsfeindliche Gruppierungen und Luft- sowie Suchoperationen durch regierungsfreundliche Gruppierungen ist gestiegen. Die Zahl der getöteten Zivilisten, die regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben wurden, übertraf im ersten Quartal 2019 die zivilen Todesfälle, welche von regierungsfeindlichen Elementen verursacht wurden (UNAMA 24.4.2019).

Kampfhandlungen am Boden waren die Hauptursache ziviler Opfer und machten etwa ein Drittel der Gesamtzahl aus. Der Einsatz von IEDs war die zweithäufigste Ursache für zivile Opfer: Im Gegensatz zu den Trends von 2017 und 2018 wurde die Mehrheit der zivilen Opfer von IEDs nicht durch Selbstmordanschläge verursacht, sondern durch Angriffe, bei denen der Angreifer nicht seinen eigenen Tod herbeiführen wollte. Luftangriffe waren die Hauptursache für zivile Todesfälle und die dritthäufigste Ursache für zivile Opfer (Verletzte werden auch mitgezählt, Anm.), gefolgt von gezielten Morden und explosiven Kampfmittelrückständen (UXO - unexploded ordnance). Am stärksten betroffen waren Zivilisten in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kunduz (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 24.4.2019).

Anschläge in Kabul-Stadt

Ende Mai 2019 fanden in Kabul-Stadt einige Anschläge und gezielte Tötungen in kurzen Abständen zu einander statt: Am 26.5.2019 wurde ein leitender Mitarbeiter einer NGO in Kart-e Naw (PD5, Police District 5) durch unbekannte bewaffnete Männer erschossen (Tolonews 27.5.2019a). Am 27.5.2019 wurden nach der Explosion einer Magnetbombe, die gegen einen Bus von Mitarbeitern des Ministeriums für Hadsch und religiöse Angelegenheiten gerichtet war, zehn Menschen verletzt. Die Explosion fand in Parwana-e Do (PD2) statt. Zum Vorfall hat sich keine Gruppierung bekannt (Tolonews 27.5.2019b).

Des Weiteren wurden im Laufe der letzten zwei Maiwochen vier Kontrollpunkte der afghanischen Sicherheitskräfte durch unbekannte bewaffnete Männer angegriffen (Tolonews 31.5.2019b).

Am 30.5.2019 wurden in Folge eines Selbstmordangriffes nahe der Militärakademie Marshal Fahim im Stadtteil Char Rahi Qambar (PD5) sechs Personen getötet und 16 Personen, darunter vier Zivilisten, verletzt. Die Explosion erfolgte, während die Kadetten die Universität verließen (1 TV NEWS 30.5.2019). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zu dem Anschlag (AJ 30.5.2019).

Am 31.5.2019 wurden sechs Personen, darunter vier Zivilisten, getötet und fünf Personen, darunter vier Mitglieder der US-Sicherheitskräfte, verletzt, nachdem ein mit Sprengstoff beladenes Auto in Qala-e Wazir (PD9) detonierte. Quellen zufolge war das ursprüngliche Ziel des Angriffs ein Konvoi ausländischer Sicherheitskräfte (Tolonews 31.5.2019c).

Am 2.6.2019 kam nach der Detonation von mehreren Bomben eine Person ums Leben und 17 weitere wurden verletzt. Die Angriffe fanden im Westen der Stadt statt, und einer davon wurde von einer Klebebombe, die an einem Bus befestigt war, verursacht. Einer Quelle zufolge transportierte der Bus Studenten der Kabul Polytechnic University (TW 2.6.2019). Der IS bekannte sich zu den Anschlägen und beanspruchte den Tod von "mehr als 30 Schiiten und Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte" für sich. Die Operation erfolgte in zwei Phasen: Zuerst wurde ein Bus, der 25 Schiiten transportierte, angegriffen, und darauf folgend detonierten zwei weitere Bomben, als sich "Sicherheitselemente" um den Bus herum versammelten. Vertreter des IS haben u.a. in Afghanistan bewusst und wiederholt schiitische Zivilisten ins Visier genommen und sie als "Polytheisten" bezeichnet. (LWJ 2.6.2019).

Am 3.6.2019 kamen nach einer Explosion auf der Darul Aman Road in der Nähe der American University of Afghanistan fünf Menschen ums Leben und zehn weitere wurden verletzt. Der Anschlag richtete sich gegen einen Bus mit Mitarbeitern der Independent Administrative Reform and Civil Service Commission (Tolonews 3.6.2019)

US-Angaben zufolge ist die Zahl der IS-Anhänger in Afghanistan auf ca. 5.000 gestiegen, fünfmal so viel wie vor einem Jahr. Gemäß einer Quelle profitiert die Gruppierung vom "zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan und von aus Syrien geflohenen Kämpfern". Des Weiteren schließen sich enttäuschte Mitglieder der Taliban sowie junge Menschen ohne Zukunftsperspektive dem IS an, der in Kabul, Nangarhar und Kunar über Zellen verfügt (BAMF 3.6.2019). US-Angaben zufolge ist es "sehr wahrscheinlich", dass kleinere IS-Zellen auch in Teilen Afghanistans operieren, die unter der Kontrolle der Regierung oder der Taliban stehen (VOA 21.5.2019). Eine russische Quelle berichtet wiederum, dass ca. 5.000 IS-Kämpfer entlang der Nordgrenze tätig sind und die Nachbarländer bedrohen. Der Quelle zufolge handelt es sich dabei um Staatsbürger der ehemaligen sowjetischen Republiken, die mit dem IS in Syrien gekämpft haben (Newsweek 21.5.2019).

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (20.5.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per E-Mail

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (6.5.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per E-Mail

- BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (13.2.2019): Kabul Police Districts Map, liegt im Archiv der Staatendokumentation auf

- Heise (16.5.2019): Afghanistan: Wie viel Macht hat der Präsident?,

https://www.heise.de/tp/features/Afghanistan-Wie-viel-Macht-hat-der-Praesident-

4422023.html, Zugriff 3.6.2019

- IEC - Independent Electoral Commission via Facebook (14.5.2019): Press

Declaration 24/2/1398,

https://www.facebook.com/AfghanistanIEC/posts/2361637283896572? tn =-R,

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Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).

Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter

Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).

Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen,

konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).

Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer; 1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).

Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und

Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer

wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).

Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen

Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019).

Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).

- BFA Staatendokumentation (20.02.2019a): kartografische Darstellung der

sicherheitsrelevanten Vorfälle Jänner-Dezember 2018, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

- BFA Staatendokumentation (20.02.2019b): grafische Darstellung der

sicherheitsrelevanten Vorfälle Q1 bis Q4, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

- SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.1.2019): Quarterly Report to the United States Congress, https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2019-01-30qr.pdf. Zugriff 20.2.2019

- UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (24.2.2019): Afghanistan, Protection of civilians in armed conflict, Annual report 2018, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/afghanistan_protection_of_civilians_a

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- UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (11.2018): Afghanistan, Protection of civilians in armed conflict, Special report: 2018 elections violence, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/special_report_on_2018_elections_vi

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- UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.10.2018): Quarterly report on the protection of civilians in armed conflict: 1 January to 30 September 2018,

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_ar

med_conflict_3rd_quarter_report_2018_10_oct.pdf. Zugriff 20.2.2019

- UNGASC - United Nations General Assembly Security Council (7.12.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General, https://undocs.org/S/2018/1092. Zugriff 20.2.2019

Am Samstag dem 26.1.2019 endete die sechstägige Friedensgesprächsrunde in Doha, Katar, zwischen dem U.S.-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Taliban-Vertretern (DP 28.1.2019; vgl. NYT 28.1.2019, CNN 27.1.2019, Tolonews 28.1.2019). Quellen zufolge wurde ein erster Vertragsentwurf ausgehandelt, wonach sich die Taliban dazu verpflichten würden, ausländische Terrororganisationen von Afghanistan fernzuhalten, und die USA würden im Gegenzug dazu ihren Truppenabzug aus Afghanistan innerhalb von 18 Monaten garantieren. Dieser sei jedoch an weitere Bedingungen gebunden, die noch genau besprochen werden müssen, wie die Ausrufung eines Waffenstillstands zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung sowie die Forderung von direkten Gesprächen zwischen diesen beiden Akteuren (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, FP 29.1.2019). Inoffiziellen Quellen zufolge wurde bei den Gesprächen u.a. die Schaffung einer Interimsregierung, in der auch die Taliban vertreten sein sollen, angedacht, was jedoch von Khalilzad dementiert wurde (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019). Die nächste Friedensgesprächsrunde wird voraussichtlich Ende Februar 2019 stattfinden (NYT 28.1.2019; FP 29.1.2019). Der afghanische Präsident Ashraf Ghani äußerte während einer Fernsehansprache am 28.1.2019 sein Unbehagen bzgl. eines voreiligen Abzugs der U.S.- Truppen aus Afghanistan und erinnerte an die dramatischen Auswirkungen des sowjetischen Abzuges Ende der 1980er Jahre, dem Anarchie und die Ermordung des ehemaligen Präsidenten Mohammad Najibullah folgten (NYT 28.1.2019). Ghani, der die Taliban mehrmals dazu aufgefordert hatte, direkt mit seiner Regierung zu verhandeln, zeigte sich des Weiteren über den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen besorgt (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, IM 28.1.2019). Während sich einige Quellen hinsichtlich gründlicher Friedensgespräche und eines effizient

ausgehandelten Abkommens optimistisch zeigen (Internazionale 30.1.2019; vgl. WP 30.1.2019), fürchten andere, dass ein Abzug der amerikanischen Truppen den Zusammenbruch der afghanischen Regierung wegen der Taliban und vorhersehbarer Machtkämpfe zwischen den verschiedenen lokalen Akteuren zur Folge haben könnte (DP 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019).

Quellen:

- CNN - Cable News Network (27.1.2019): US-Taliban peace talks in Doha a 'significant step', https://edition.cnn.com/2019/01/27/asia/us-taliban-afghan-peace- talks-doha-intl/index.html, Zugriff 31.1.2019

- DP - Die Presse (28.1.2019): Afghanistan vor dramatischer Wende,

https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5570225/Afghanistan-vor-

dramatischer-Wende, Zugriff 31.1.2019

- FP - Foreign Policy (29.1.2019): Will Zalmay Khalilzad Be Known as the Man Who Lost Afghanistan?, https://foreignpolicy.com/2019/01/29/will-zalmay-khalilzad-be- known-as-the-man-who-lost-afghanistan-envoy-taliban/. Zugriff 31.1.2019

- IM - Il Messaggero (28.1.2019): Afghanistan, fonti Difesa: "Entro un anno via truppe

italiane". Moavero: "Apprendo ora". Lega: "Nessuna decisione",

https://www.ilfattoquotidiano.it/2019/01/28/afghanistan-entro-un-anno-ritiro-del-

contingente-italiano-moavero-lo-apprendo-ora-trenta-non-ne-ha-parlato-con-me/

4930395/, Zugriff 31.1.2019

- Internazionale (30.1.2019): La trattativa in Afghanistan arriva con 17 anni di ritardo, https://www.internazionale.it/opinione/gwvnne-dver/2019/01/30/trattativa-afghanistan-

ritardo, Zugriff 31.1.2019

- NYT - The New York Times (28.1.2019): U.S. and Taliban Agree in Principle to

Peace Framework, Envoy Says,

https://www.nvtimes.com/2019/01/28/world/asia/taliban-peace-deal-afghanistan.html.

Zugriff 31.1.2019

- Tolonews (28.1.2019): US Peace Envoy Visits Kabul To Consult On Talks With Taliban, https://www.tolonews.com/afghanistan/us-peace-envoy-visits-kabul-consult- talks-taliban, Zugriff 31.1.2019

- WP - The Washington Post (30.1.2019): The real challenge for Afghanistan isn't negotiating with the Taliban, https://www.washingtonpost.com/opinions/global- opinions/the-real-challenge-for-afghanistan-isnt-negotiating-with-the-taliban/

2019/01 /30/12229732-23ee-11 e9-ad53-824486280311 story.html?

noredirect=on&utm_term=.b049b43b3c79. Zugriff 31.1.2019

KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefägnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

Quellen:

1TV (31.10.2018): Suicide attack kills seven outside Kabul prison, http://www.1tvnews.af/en/news/afghanistan/36271-suicide-attack-kills-seven-outside-kabul-prison?fbclid=IwAR2WADPVHTuF8LZMwm0-LYci05vz1p06BygjhELlFr-wLKNDNo8XQRLXnuQ, Zugriff 22.11.2018

AJ - Al Jazeera (21.11.2018): 'Brutal and barbaric': Victims recount horror of Kabul attack, https://www.aljazeera.com/news/2018/11/barbaric-victims-recount-horror-kabul-attack-181121162807917.html, Zugriff 22.11.2018

AJ - Al Jazeera (12.11.2018): Kabul: Suicide bomber targets protesters demanding security, https://www.aljazeera.com/news/2018/11/afghanistan-suicide-bomber-targets-protesters-kabul-181112094659291.html, Zugriff 22.11.2018

ANSA - Agenzia Nazionale Stampa Associata (12.11.2018): Afghanistan: 67 morti in 24 ore, http://www.ansa.it/sito/notizie/topnews/2018/11/12/afghanistan-67-morti-in-24-ore_71bfd73c-c68f-4182-a798-34b9ace3ae65.html, Zugriff 22.11.2018

Dawn (1.11.2018): Seven killed in suicide attack near Kabul prison, https://www.dawn.com/news/1442782/seven-killed-in-suicide-attack-near-kabul-prison, Zugriff 22.11.2018

DZ - Die Zeit (20.11.2018): Mehr als 50 Tote bei Anschlag in Kabul, https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/afghanistan-kabul-explosion-anschlag-attentat-ulema-rat-versammlung-tote, Zugriff 22.11.2018

DZ - Die Zeit (12.11.2018): Mehrere Tote bei Anschlag nahe Anti-Taliban-Demo, https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/kabul-anschlag-explosion-demonstration-taliban-regierungstruppen-ghasni, Zugriff 12.11.2018

IFQ - Il Fatto Quotidiano (20.11.2018): Afghanistan, attacco kamikaze a Kabul durante incontro religioso: almeno 50 morti e 80 feriti gravi, https://www.ilfattoquotidiano.it/2018/11/20/afghanistan-attacco-kamikaze-a-kabul-durante-incontro-religioso-almeno-40-morti-e-80-feriti/4779194/, Zugriff 22.11.2018

KP - Khaama Press (12.11.2018): Protesters gather near Presidential Palace in Kabul over recent wave of violence, https://www.khaama.com/protesters-gather-near-presidential-palace-in-kabul-over-recent-wave-of-violence-02722/?fbclid=IwAR2cNyRcLjWNmzaEoWNieBq37J1eVAKL2aT_4yCqbU9HdYKpr30O1NoXe-g, Zugriff 22.11.2018

LE - L'Express (21.11.2018): Attentat à Kaboul : la lecture de verset du Coran soudain interrompue, raconte un blessé, https://www.lexpress.fr/actualites/1/monde/attentat-a-kaboul-la-lecture-de-versets-du-coran-soudain-interrompue-raconte-un-blesse_2049660.html, Zugriff 22.11.2018

NYT - New York Times (20.11.2018): At Leas 55 Killed in Bombing of Afghan Religious Gathering, https://www.nytimes.com/2018/11/20/world/asia/afghanistan-wedding-hall-bombing.html, Zugriff 22.11.2018

Pajhwok Afghan News (31.10.2018): Suicide blast in front of Pul-i-Charhi prison leave 6 people dead, https://www.pajhwok.com/en/2018/10/31/suicide-blast-front-pul-i-charkhi-prison-leave-6-people-dead, Zugriff 22.11.2018

SS - Stars and Stripes (20.11.2018): Suicide bomb attack in Kabul kills at least 43, wounds 83, https://www.stripes.com/news/suicide-bomb-attack-in-kabul-kills-at-least-43-wounds-83-1.557397, Zugriff 22.11.2018

TNAE - The National (21.11.2018): Kabul reels in grief after wedding hall attack, https://www.thenational.ae/world/asia/kabul-reels-in-grief-after-wedding-hall-attack-1.794365, Zugriff 22.11.2018

Tolonews (20.11.2018): Death Toll Rises To 50 In Kabul Wedding Hall Explosion, https://www.tolonews.com/afghanistan/40-killed-80-wounded-kabul-wedding-hall-blast, Zugriff 22.11.2018

Tolonews (12.11.2018): MoI Confirms 6 Death In Kabul Explosion, https://www.tolonews.com/afghanistan/casualties-feared-explosion-rocks-kabul, Zugriff 22.11.2018

TS - Tagesschau (21.11.2018): Deutschland verurteilt Anschlag in Kabul, https://www.tagesschau.de/ausland/anschlag-kabul-135.html, Zugriff 22.11.2018

KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage)

Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u.a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staate

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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