Entscheidungsdatum
07.03.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I407 2006550-4/13E
Schriftliche Ausfertigung des am 21.11.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch RA Edward W. DAIGNEAULT, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2019, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.11.2019, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der aus dem Bundesstaat Imo, Nigeria, stammende Beschwerdeführer stellte nach seiner illegalen Einreise ins Bundesgebiet am 04.02.2014 den ersten Antrag auf internationalen Schutz.
Bei seiner an diesem Tag erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer - befragt zu seinem Fluchtgrund - an, dass er aufgrund seiner Homosexualität in seinem Herkunftsstaat Nigeria verfolgt werde.
Am 07.02.2014 wurde der Beschwerdeführer von einem Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte er, auf das Wesentliche zusammengefasst, vor, homosexuell zu sein, eine Affäre gehabt zu haben und erwischt worden zu sein. Deshalb habe er das Land verlassen.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.02.2014 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung internationalen Schutzes vom 04.02.2014 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Die belangte Behörde erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig ist, und legte als Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt III.).
Mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.12.2014, I405 2006550-1/4E, wurde der erhobenen Beschwerde des Beschwerdeführers Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
Am 13.02.2015 wurde der Beschwerdeführer neuerlich von der belangten Behörde einvernommen, wobei er im Wesentlich sein Fluchtvorbringen wiederholte.
Mit (gemäß § 62 Abs. 4 AVG berichtigtem) Bescheid der belangten Behörde vom 30.11.2015 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.02.2014 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Zudem wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Weiters wurde eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.12.2018, I405 2006550-2/9E, wurde die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich Spruchpunkt III. wurde die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in dessen ersten Satz "Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt." zu lauten hat.
2. Am 23.01.2019 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen (Folge-) Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen bei seiner Erstbefragung am selben Tag damit, dass er in Österreich bleiben wolle. Er habe sonst keinen Ort, wo er wohnen könne. Er brauche Schutz. Seine alten Gründe halte er aufrecht. Er glaube, dass er von der Polizei festgenommen werde. Er habe in dem Dorf, in welchem er gelebt habe, ein Problem, weil er homosexuell sei und das von der Bevölkerung nicht akzeptiert werde. Es erwarte ihn eine ca. 14-jährige Gefängnisstrafe.
Die belangte Behörde hob mit mündlich verkündetem Bescheid vom 11.02.2019 den faktischen Abschiebeschutz des Beschwerdeführers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer an Hypertonie leide und medikamentös behandelt werde. Er werde auch wegen Herzrasen und einem zu hohen Cholesterinspiegel medikamentös behandelt. Es hätten sich keine weiteren schweren körperlichen oder ansteckenden Krankheiten oder eine schwere psychische Störung ergeben, die bei einer Überstellung/Abschiebung nach Nigeria eine unzumutbare Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bewirken würden. Das Vorbringen werde als nicht glaubhaft angesehen. Ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt habe nicht festgestellt werden können. Sein nunmehriges Vorbringen sei als Ergänzung zu den Fluchtgründen des Erstverfahrens zu werten. Die allgemeine Lage habe sich im Herkunftsland des Beschwerdeführers nicht entscheidungswesentlich geändert. Bereits im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass ihm bei einer Rückkehr oder Abschiebung in sein Herkunftsland keine Verletzung seiner Integrität drohe. Auch bezüglich der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sei im Vergleich zur vorherigen Entscheidung keine Änderung eingetreten. Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers in Verbindung mit seinem Vorbringen könne davon ausgegangen werden, dass ihm keine Verletzung, wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben, drohe.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.02.2019 wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG für rechtmäßig erklärt. Begründend wurde angeführt, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werde oder werden würde. Er weiße kein schützenswertes Privat- und Familienleben auf, leide an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und sei arbeitsfähig.
Mit Schreiben vom 15.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde die Möglichkeit gewährt innerhalb einer Frist von drei Tagen eine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen abzugeben.
Am 18.07.2019 gab der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung eine entsprechende Stellungnahme ab. Es wurde angeführt, dass er an einer polymorphen psychotischen Störung mit Symptomen einer Schizophrenie leide, es in Nigeria an einer medizinischen Behandlungsmöglichkeit fehle und derart Erkrankte von der Gesellschaft abgelehnt und stigmatisiert würden.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.09.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) bzw. des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde festgehalten, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkte VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkte VII.). Die belangte Behörde führte beweiswürdigend aus, dass unter Berücksichtigung der bereits im Vorverfahren festgestellten Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und mangels Nachweis für das tatsächliche Bestehen der behaupteten Rückkehrbefürchtungen davon ausgegangen werde, dass die im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe und Rückkehrbefürchtungen nach wie vor nicht den Tatsachen entsprechen würden. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 16.09.2019 zugestellt.
Mit Schreiben vom 30.09.2019 erhob der Beschwerdeführer - durch seine Rechtsvertretung - gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 06.09.2019 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer homosexuell sei, was in Nigeria strafbar sei und an einer psychotischen Störung mit Symptomen einer Schizophrenie leide, welche in Nigeria nicht behandelbar sei. Es fehle ihm in Nigeria zudem an einem sozialen Netzwerk zur Unterstützung.
Mit Schriftsatz vom 02.10.2019 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
Mit Beschluss vom 08.10.2019 erkannte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zu, da die Abklärung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers einer Begutachtung durch einen medizinischen Sachverständigen bedürfe.
Mit Beschluss vom 08.10.2019 bestellte das Bundesverwaltungsgericht Herrn XXXX zum nichtamtlichen Sachverständigen für den Fachbereich Psychiatrie. Zu den zwei Begutachtungsterminen vom 24.10.2019 und vom 14.11.2019 ist der Beschwerdeführer nicht erschienen.
Am 21.11.2019 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Weder der Beschwerdeführer noch sein Rechtsvertreter sind zur Verhandlung erschienen. Der Richter verwies darauf, dass der Beschwerdeführer trotz zweimaliger Ladung zur medizinischen Sachverständigenbegutachtung diese Termine ebenfalls nicht wahrgenommen habe.
Im Anschluss an die Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.
Mit Schreiben vom 05.12.2019 wurde vom Beschwerdeführer die schriftliche Ausfertigung des gegenständlichen Erkenntnisses beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Nigeria, stammt aus dem Bundesstaat Imo und bekennt sich zum römisch-katholischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Ibo an. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich. Er hielt sich seit (zumindest) 04.02.2014 in Österreich auf, seit 27.12.2019 verfügt er über keine behördliche Meldeadresse mehr.
Der Beschwerdeführer ist in einem guten Allgemeinzustand und arbeitsfähig. Er leidet an einer akuten polymorphen psychotischen Störung mit Symptomen einer Schizophrenie und einer benignen essentiellen Hypertonie, ohne Angaben einer hypertensiven Krise. Er wird medikamentös behandelt. Weitere Leiden oder körperliche oder geistige Gebrechen konnten nicht festgestellt werden.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde XXXXals nichtamtlicher Sachverständigen für den Fachbereich Psychiatrie bestellt. Zu den zwei Begutachtungsterminen vom 24.10.2019 und vom 14.11.2019 ist der Beschwerdeführer nicht erschienen.
Die Familie des Beschwerdeführers, bestehend aus seinen vier Schwestern sowie den beiden Brüdern, lebt in Nigeria. Mit zumindest einer der vier Schwestern pflegt er regelmäßigen Kontakt.
In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten. Er hat in Österreich Bekannte; darüber hinaus hat er keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.
Er besuchte von 1984 bis 1993 die Grundschule, von 1993 bis 1995 eine höhere Schule und von 2003 bis 2006 die Universität, wobei er das Studium jedoch nicht abschloss. Er arbeitete in der Landwirtschaft seiner Familie. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Nigeria hat er eine Chance auch hinkünftig am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.
Er ging in Österreich keiner Beschäftigung nach. Er verkaufte jedoch eine Straßenzeitung und erzielte so ein geringes Einkommen; allerdings lag nie eine Selbsterhaltungsfähigkeit vor und bezog er zweitweise Leistungen von der staatlichen Grundversorgung.
Er spielte in seiner Freizeit Fußball und Tennis, war jedoch nicht Mitglied in einem Verein. Er war ehrenamtliche in einer Kirchengemeinschaft tätig. Der Beschwerdeführer absolvierte die Deutschprüfung auf dem Niveau A2 und besuchte einen Deutschkurs auf dem Niveau B1. Er weist darüber hinaus keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in beruflicher und kultureller Hinsicht auf.
1.2. Zum Vorverfahren und zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer stellte am 04.02.2014 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. In der Folge entschied die belangte Behörde über diesen Antrag mit Bescheid vom 10.02.2014 negativ. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.12.2014 wurde der von ihm erhobenen Beschwerde Folge gegeben und dieser Bescheid behoben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen. Mit Bescheid vom 30.11.2015 entschied die belangte Behörde neuerlich negativ und erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.12.2018 als unbegründet abgewiesen.
Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor. Die geltend gemachte Verfolgung aufgrund seiner Homosexualität war bereits Gegenstand des abgeschlossenen Verfahrens.
Die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates Nigeria hat sich nicht in einem Umfang verändert, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts auszugehen ist, weshalb festgestellt wird, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria weder eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeutet noch für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.
Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat ist seit der letzten Entscheidung nicht eingetreten, insbesondere nicht auf das Vorbringen bezogen. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Im angefochtenen Bescheid wurden die aktuellen Länderinformationen zu Nigeria zitiert.
Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation in Nigeria ist seit der letzten Antragstellung auf Zuerkennung internationalen Schutzes, welcher mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.12.2018 rechtkräftig abgewiesen wurde, nicht eingetreten, insbesondere nicht auf sein Vorbringen bezogen.
Im gegebenen Zusammenhang sind daher mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:
1.3.1. Homosexuelle:
Homosexuelle Handlungen jeglicher Art sind - unabhängig vom Geschlecht der betroffenen Personen - sowohl nach säkularem Recht (AA 10.12.2018; vgl. GIZ 4.2019b) als auch nach Scharia-Recht (Körperstrafen bis hin zum Tod durch Steinigung in besonderen Fällen) strafbar. Allerdings sind kaum Fälle strafrechtlicher Verfolgung einvernehmlicher homosexueller Handlungen bekannt geworden (AA 10.12.2018). § 214 des Strafgesetzbuchs sieht 14 Jahre Haft für gleichgeschlechtliche Beziehungen vor (ÖB 10.2018). Der im Jänner 2014 verabschiedete Same Sex Marriage Prohibition Act (SSMPA) sieht zudem vor, dass homosexuelle Paare, die heiraten oder öffentlich ihre Zuneigung zeigen, mit Haft bestraft werden können. Das Gesetz sieht bis zu 14 Jahre Haft für Eheschließungen und zivilrechtliche Partnerschaften zwischen zwei Frauen oder zwei Männern vor (ÖB 10.2018; vgl. USDOS 13.3.2019, GIZ 4.2019b). Wer seine Liebesbeziehung zu einem Menschen des gleichen Geschlechts direkt oder indirekt öffentlich zeigt, soll dem Gesetz zufolge mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden können (ÖB 10.2018). Die gleiche Strafe ist für die Gründung und Unterstützung von Clubs, Organisationen oder anderen Einrichtungen für Schwule und Lesben vorgesehen (ÖB 10.2018; vgl. AA 10.12.2018).
In den zwölf nördlichen Bundesstaaten, wo das islamische Recht in Kraft ist, können homosexuelle Handlungen mit Haft, Stockschlägen oder Tod durch Steinigung bestraft werden (USDOS 13.3.2019; vgl. HL1 16.11.2015; DS1 20.11.2015). Aktivisten sind keine Fälle bekannt, bei denen die Todesstrafe umgesetzt wurde (USDOS 13.3.2019; vgl. HL1 16.11.2015; DS1 20.11.2015).
Insgesamt kam es auch unter der Scharia nur zu wenigen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. DS1 20.11.2015).
Homosexuelle versuchen auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen und weitverbreiteter Vorbehalte in der Bevölkerung, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen (AA 10.12.2018). Der SSMPA hat zu einer weiteren Stigmatisierung von Lesben und Schwulen geführt. Diese werden oftmals von der Polizei schikaniert und misshandelt und von der Bevölkerung gemobbt oder mittels Selbstjustiz verfolgt (GIZ 4.2019b). Erpressung und Gewalt treten oft schon beim Verdacht auf, homosexuell zu sein (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Die meisten Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle gehen von nicht-staatlichen Akteuren aus (LLM 16.11.2015; vgl. MSMK 19.11.2015). Die Verfügbarkeit von staatlichem Schutz ist in Frage zu stellen, manchmal interveniert die Polizei gar nicht oder verhaftet das Opfer (MSMA 17.11.2015; vgl. DS3 18.11.2015; DS1 20.11.2015). Opfer von Menschenrechtsverletzungen haben es extrem schwer, Vergehen bei den Behörden zu melden, denn es herrscht Angst vor Stigmatisierung, weiterer Gewalt und Diskriminierung. Es gibt viele Fälle, in denen Polizeibeamte Personen, von denen angenommen wird, dass sie sexuellen Minderheiten angehören, willkürlich verhaften. In der Folge werden hohe Geldsummen für die Freilassung gefordert. Staatliche Stellen sind häufig selbst die Täter bei Menschenrechtsverletzungen oder handeln in Kooperation mit nichtstaatlichen Akteuren (TIERS 12.2018).
Im Rahmen der Verabschiedung des SSMPA 2014 kam es zu einer Zunahme an Fällen von Belästigung und Drohung. Es wurde von zahlreichen Verhaftungen berichtet. Allerdings wurden die Verhafteten in allen Fällen ohne eine formelle Anklage nach Zahlung einer Geldsumme freigelassen, die oftmals nichts anderes als ein Bestechungsgeld war. Im Jahr 2017 kam es erstmals zu Anklagen unter dem SSMPA. Im November 2017 wurden ein Hotelbesitzer und zwei seiner Mitarbeiter wegen Unterstützung homosexueller Aktivitäten angeklagt. Im Dezember 2017 wurden die drei Angeklagten auf Kaution freigelassen und im August 2018 wurde das Verfahren eingestellt. Ansonsten ist keine strafrechtliche Verfolgung gemäß dem SSMPA feststellbar (USDOS 13.3.2018). Nach anderen Angaben wurden vereinzelt langjährige Haftstrafen verhängt; als Beispiel wird ein Fall aus dem Bundesstaat Kano vom Dezember 2016 genannt (ÖB 10.2018). Eine generelle bzw. systematische "staatliche Verfolgung" ist derzeit nicht gegeben (ÖB 10.2018; vgl. AA 10.12.2018). Die Rechtsänderung hat bisher nicht zu einer flächendeckenden verschärften Strafverfolgung geführt (AA 10.12.2018). Allerdings dient das Gesetz zur Rechtfertigung von Menschenrechtsverletzungen wie Folter, sexueller Gewalt, willkürlicher Haft, Erpressung von Geld sowie Verletzung von Prozessrechten (USDOS 13.3.2019).
Gesellschaftliche Diskriminierung bei offenem Zurschaustellen der sexuellen Orientierung ist vorhanden (ÖB 10.2018; vgl. AA 10.12.2018). Die Community wird nicht überwacht (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015; DS2 19.11.2015). Die Polizei wird nicht aus eigenem Antrieb aktiv und sucht gezielt nach Homosexuellen (HL1 16.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015). Die Polizei verhaftet Verdächtige in erster Linie mit dem Ziel, Geld zu erpressen. Grundsätzlich kommen Verdächtige nach der Zahlung einer "Kaution" wieder frei (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Aufgrund der bei der Polizei herrschenden Korruption ist es einfach, sich aus der Haft freizukaufen (VA1 16.11.2015).
Auch für betroffene Homosexuellen-NGOs hatte der SSMPA kaum Auswirkungen, keine der Organisationen musste die Arbeit einstellen (LLM 16.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015; DS2 19.11.2015). Im Gesundheitsbereich tätige NGOs mit Fokus auf Homosexuelle (v.a. HIV/AIDS) stellten zwar Anfang 2014 kurzfristig den Betrieb ein, doch wurde dieser nach wenigen Wochen wieder aufgenommen und läuft seither wie vor Inkrafttreten des SSMPA (IO1 20.11.2015).
Die meisten Homosexuellen-NGOs haben ihre Basis in den Hauptstädten der Bundesstaaten (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; MSMA 17.11.2015). Üblicherweise sind die Homosexuellen- NGOs den Betroffenen bekannt (DS3 18.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Es existieren auch eigene HIV/AIDS-Kliniken, die gezielt für homosexuelle Patienten eingerichtet wurden (IO1 20.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015).
Verschiedene NGOs bieten Angehörigen sexueller Minderheiten rechtliche Beratung und Schulungen in Meinungsbildung, Medienarbeit und Bewusstseinsbildung in Bezug auf HIV an (USDOS 13.3.2019). Es existieren Netzwerke von Menschenrechtsanwälten, welche - im Falle der Verhaftung eines Homosexuellen - unmittelbar kontaktiert werden und die Person gegen "Kaution" freizukaufen versuchen (IO1 20.11.2015). Die Anwälte sind organisiert, es gibt unterschiedliche Vereine, z.B. Lawyers League for Minorities, Lawyers Alert oder die Coalition of Human Rights Lawyers (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Homosexuellen-Netzwerke verschiedener Landesteile bzw. Städte sind miteinander in Kontakt (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Die Netzwerke und Organisationen bieten auch Unterstützung und Zufluchtsmöglichkeiten an (USDOS 20.4.2018; vgl. MSMA 17.11.2015; LLM 16.11.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)
- DS1 - Diplomatic Source 1 (20.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
- DS2 - Diplomatic Source 2 (19.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
- DS3 - Diplomatic Source 3 (18.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
- DS4 - Diplomatic Source 4 (20.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019
- HL1 - Human Rights Lawyer 1 (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
- LLM - Representative of the Lawyers League for Minorities (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
- MSMA - MSM-related NGO, Abuja (17.11.2015): Gruppendiskussion im Rahmen einer Fact Finding Mission
- MSMK - MSM-reltated NGO, Kaduna (19.11.2015): Gruppendiskussion im Rahmen einer Fact Finding Mission
- IO1 - International Health and Development Research Organisation (20.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
- ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria
- TIERSs - The Initiative for Equal Rights (12.2018): 2018 Human Rights Violations Report, https://theinitiativeforequalrights.org/wp-content/uploads/2018/12/2018-Human-Rights- Report.pdf, Zugriff 2.4.2019
- USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Nigeria, https://www.ecoi.net/en/document/2004182.html, Zugriff 20.3.2019
- VA1 - Vertrauensanwalt 1 der Österreichischen Botschaft Abuja (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission
1.3.2. Medizinische Versorgung:
Insgesamt kann die Gesundheitsversorgung in Nigeria als mangelhaft bezeichnet werden (GIZ 4.2019b). Zwischen Arm und Reich sowie zwischen Nord und Süd besteht ein erhebliches Gefälle: Auf dem Land sind die Verhältnisse schlechter als in der Stadt (GIZ 4.2019b); und im Norden des Landes ist die Gesundheitsversorgung besonders prekär (GIZ 4.2019b; vgl. ÖB 10.2018). Die medizinische Versorgung ist vor allem im ländlichen Bereich vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. In den großen Städten findet man jedoch einige Privatkliniken mit besserem Standard (AA 12.4.2019). Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor (AA 10.12.2018).
Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser (AA 10.12.2018). Krankenhäuser sind bezüglich Ausstattung, Qualifikation des Personals und Hygiene nur in städtischen Zentren vereinzelt mit europäischem Standard vergleichbar. In größeren Städten ist ein Großteil der staatlichen Krankenhäuser mit Röntgengeräten ausgestattet, in ländlichen Gebieten verfügen nur einige wenige Krankenhäuser über moderne Ausstattung. Religiöse Wohltätigkeitseinrichtungen und NGOs bieten kostenfrei medizinische Versorgung (ÖB 10.2018).
In den letzten Jahren hat sich die medizinische Versorgung in den Haupt- und größeren Städten allerdings sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor deutlich verbessert. So ist mittlerweile insbesondere für Privatzahler eine gute medizinische Versorgung für viele Krankheiten und Notfälle erhältlich. Es sind zunehmend Privatpraxen und -kliniken entstanden, die um zahlungskräftige Kunden konkurrieren. Die Ärzte haben oft langjährige Ausbildungen in Europa und Amerika absolviert und den medizinischen Standard angehoben. In privaten Kliniken können die meisten Krankheiten behandelt werden (AA 10.12.2018).
Die Gesundheitsdaten Nigerias gehören zu den schlechtesten in Afrika südlich der Sahara und der Welt (ÖB 10.2018). Mit 29 Todesfällen pro 1.000 Neugeborenen hat Nigeria weltweit die elfthöchste Todesrate bei Neugeborenen (GIZ 2.2019). Die aktuelle Sterberate für Kinder unter fünf Jahren beträgt 109 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten. Die Prozentsätze der Unterernährung (Global Acute Malnutrition) liegen in den nördlichen Staaten konstant über der Alarmschwelle von 10 Prozent. Gemäß Schätzungen von UNICEF unterliegen mehr als 1,3 Millionen Kinder unter fünf Jahren in Nordnigeria einem hohen Risiko von schwerer akuter Unterernährung (ÖB 10.2018).
Psychische bzw. psychiatrische Erkrankungen werden in der großen Mehrheit der Bevölkerung immer noch als spiritueller Natur entspringend angesehen. Dementsprechend werden die entsprechenden Patienten besonders im ländlichen Bereich spirituellen Heilern zugeführt. Betreut werden sie in der Regel in der Familie, wenn vorhanden. Viele psychisch Kranke leben auf der Straße, in abgelegenen Regionen werden als gefährlich angesehene Personen in den Dörfern auch gelegentlich noch angekettet. Für die stationäre Unterbringung gibt es in ganz Nigeria acht staatliche psychiatrische Kliniken, die einen Langzeitbereich haben, außerdem sind zahlreiche psychisch Langzeitkranke in gesonderten Bereichen in Gefängnissen untergebracht. Im Wesentlichen findet dort eine reine Verwahrung unter ausgesprochen ärmlichen Bedingungen statt (WPA o.D.). Es existiert also kein mit westlichen Standards vergleichbares Psychiatriewesen, sondern allenfalls Verwahreinrichtungen auf sehr niedrigem Niveau. Dort werden Menschen mit psychischen Erkrankungen oft gegen ihren Willen untergebracht, können aber nicht adäquat behandelt werden (AA 10.12.2018).
Insgesamt gibt es für die inzwischen annähernd 200 Millionen Einwohner 100 Hospitäler mit psychiatrischer Abteilung (VAÖB 23.1.2019). Laut anderen Angaben gibt es psychiatrische Abteilungen in 15 Universitätskliniken, acht staatlichen psychiatrischen Spitälern und sechs Allgemeinen Spitälern sowie 15 psychiatrischen Privatkrankenhäusern (WPA o.D.). Das in Lagos befindliche Federal Neuro Psychiatric Hospital Yaba bietet sich als erste Anlaufstelle für die Behandlung psychisch kranker Rückkehrer an. Die Kosten für einen Empfang durch ein medizinisches Team direkt am Flughafen belaufen sich auf ca. 195.000 Naira (ca. 570 Euro). Zudem ist an diesem Krankenhaus auch die stationäre Behandlung psychischer Erkrankungen mit entsprechender Medikation möglich (AA 10.12.2018).
Nigeria verfügt über 110 registrierte Psychiater (WPA o.D.); nach anderen Angaben sind es derzeit 130 für 200 Millionen Einwohner (Österreich 2011: 20 Psychiater/100.000 Einwohner). Bei Psychologen ist die Lage noch drastischer, hier kamen im Jahr 2014 auf 100.000 Einwohner 0,02 Psychologen (Österreich 2011: 80 Psychologen/100.000 Einwohner). Aufgrund dieser personellen Situation ist eine regelrechte psychologische/psychiatrische Versorgung für die große Mehrheit nicht möglich, neben einer basalen Medikation werden die stationären Fälle in öffentlichen Einrichtungen im Wesentlichen "aufbewahrt". Die Auswahl an Psychopharmaka ist aufgrund der mangelnden Nachfrage sehr begrenzt (VAÖB 23.1.2019).
Es gibt eine allgemeine Kranken- und Rentenversicherung, die allerdings nur für Beschäftigte im formellen Sektor gilt. Die meisten Nigerianer arbeiten jedoch als Bauern, Landarbeiter oder Tagelöhner im informellen Sektor. Leistungen der Krankenversicherung kommen schätzungsweise nur zehn Prozent der Bevölkerung zugute (AA 10.12.2018). Nur weniger als sieben Millionen der 180 Millionen Einwohner Nigerias sind beim National Health Insurance Scheme leistungsberechtigt (Punch 22.12.2017). Eine Minderheit der erwerbstätigen Bevölkerung ist über das jeweils beschäftigende Unternehmen mittels einer Krankenversicherung abgesichert, die jedoch nicht alle Krankheitsrisiken abdeckt (VAÖB 27.3.2019).
Wer kein Geld hat, bekommt keine medizinische Behandlung (GIZ 4.2019b). Selbst in staatlichen Krankenhäusern muss für Behandlungen bezahlt werden (AA 10.12.2018). Die Kosten medizinischer Betreuung müssen im Regelfall selbst getragen werden. Die staatlichen Gesundheitszentren heben eine Registrierungsgebühr von umgerechnet 10 bis 25 Cent ein: Tests und Medikamente werden unentgeltlich abgegeben, sofern vorhanden (ÖB 10.2018). Eine basale Versorgung wird über die Ambulanzen der staatlichen Krankenhäuser aufrechterhalten, jedoch ist auch dies nicht völlig kostenlos, in jedem Fall sind Kosten für Medikamente und Heil- und Hilfsmittel von den Patienten zu tragen, von wenigen Ausnahmen abgesehen (VAÖB 27.3.2019).
Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet keine kostenfreie Medikamentenversorgung. Jeder Patient - auch im Krankenhaus - muss Medikamente selbst besorgen bzw. dafür selbst aufkommen (AA 10.12.2018). In der Regel gibt es fast alle geläufigen Medikamente in Nigeria in Apotheken zu kaufen, so auch die Antiphlogistika und Schmerzmittel Ibuprofen und Diclofenac sowie die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden (AA 10.12.2018). Medikamente gegen einige weit verbreitete Infektionskrankheiten wie Malaria und HIV/AIDS können teilweise kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben. Schutzimpfaktionen werden von internationalen Organisationen finanziert, stoßen aber auf religiös und kulturell bedingten Widerstand, überwiegend im muslimischen Norden (ÖB 10.2018).
Die Qualität der Produkte auf dem freien Markt ist jedoch zweifelhaft, da viele gefälschte Produkte meist aus asiatischer Produktion - vertrieben werden (bis zu 25% aller verkauften Medikamente). Diese wirken aufgrund unzureichender Dosisanteile der Wirkstoffe nur eingeschränkt. Es gibt zudem wenig zuverlässige Kontrollen hinsichtlich der Qualität der auf dem Markt erhältlichen Produkte (AA 10.12.2018). Gegen den grassierenden Schwarzmarkt mit Medikamenten gehen staatliche Stellen kaum vor (ÖB 10.2018).
Der Glaube an die Heilkräfte der traditionellen Medizin ist nach wie vor sehr lebendig. Bei bestimmten Krankheiten werden eher traditionelle Heiler als Schulmediziner konsultiert (GIZ 4.2019b). Gerade im ländlichen Bereich werden "herbalists" und traditionelle Heiler aufgesucht (ÖB 10.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)
- AA - Auswärtiges Amt (12.4.2019): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/ 205788#content_6, Zugriff 12.4.2019
- ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019
- Punch (22.12.2017): NHIS: Health insurance still elusive for many Nigerians, https://punchng.com/nhis-health-insurance-still-elusive-for-many-nigerians/, Zugriff 3.4.2019
- VAÖB - Vertrauensarzt der ÖB Abuja (23.1.2019): medizinische Stellungnahme
- VAÖB - Vertrauensarzt der ÖB Abuja (27.3.2019): medizinische Stellungnahme
- WPA - World Psychiatric Association (o.D.): Association of Psychiatrists in Nigeria (APN), http:// www.wpanet.org/detail.php?section_id=5&content_id=238, Zugriff 3.4.2019
1.3.3. Rückkehr:
Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).
Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 10.12.2018). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation" (ÖB 10.2018). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 10.12.2018).
Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 10.12.2018). Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2018). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 10.12.2018) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2018) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2018).
Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten (AA 10.12.2018). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets "overstay" angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2018).
Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen hat im Herbst 2018 in Lagos das Migrationsberatungszentrum der GIZ seinen Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert (AA 10.12.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)
- ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Person und der Herkunft des Beschwerdeführers gründen sich auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde.
Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden.
Die Feststellung betreffend die Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der glaubhaften Aussage des Beschwerdeführers.
Die Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben, einer aktuellen Abfrage des zentralen Melderegisters und einer Einsicht in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie in den Akt zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz.
Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand ergeben sich aus dessen Angaben vor der belangten Behörde und den in Vorlage gebrachten medizinischen Unterlagen.
Wie aus den der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichten und sonstigen Recherchen hervorgeht, ist, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die medizinische Versorgung in Nigeria nicht den gleichen Standard wie in Europa aufweist, dennoch zu konstatieren, dass die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Erkrankung in Nigeria behandelbar, die vom Beschwerdeführer benötigten Medikamente in Nigeria erhältlich und der Zugang zur medizinischen Versorgung nicht verwehrt ist. Darüber hinaus sind in Nigeria psychiatrische Fachkliniken vorhanden, in denen unter anderem klinische Depressionen, suizidale Tendenzen, posttraumatische Belastungsstörungen, Schizophrenie und Psychosen behandelt werden. Im Detail sind das das Länderinformationsblatt zu Nigeria vom 12.04.2019 und den dort angeführten Quellen und die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu "Paranoide Schizophrenie und Bluthochdruck" vom 03.07.2019.
Der Beschwerdeführer trat den sich daraus ergebenden Kernaussagen nicht substantiiert entgegen.
Die Feststellung seiner grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit gründet sich auf seinen Arbeiten als Verkäufer einer Straßenzeitung und daraus, dass im Befund vom 01.03.2019 diesbezüglich keine anderslautenden Angaben finden und der Beschwerdeführer im klinisch stabilen Allgemeinzustand entlassen werden konnte.
Außerdem konnte seitens des Bundesverwaltungsgerichtes auch keine aktuelle Beurteilung des Gesundheitszustandes vorgenommen werden, zumal seitens des Beschwerdeführers keine aktuellen Befunde vorgelegt wurden und er zweimal einen Untersuchungstermin bei einem medizinischen Sachverständigen nicht wahrgenommen hat und somit seine Mitwirkungspflicht verletzte.
Dass der Beschwerdeführer in Nigeria mit der Unterstützung seiner dort lebenden Familienangehörigen rechnen kann und darf, kann seinen Angaben in der Einvernahme vom 11.02.2019 entnommen werden, wonach sich alle seine Geschwister in Nigeria befinden und er zu einer Schwester regelmäßigen Kontakt hat.
Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse, die Lebensumstände und die Integration des Beschwerdeführers in Österreich, den zeitweisen Bezug der Grundversorgung und seine strafgerichtliche Unbescholtenheit gründen sich auf den Angaben des Beschwerdeführers sowie einem aktuellen Auszug aus dem österreichischen Strafregister und dem Betreuungsinformationssystem.
Die Feststellungen zu seiner schulischen Bildung und seiner Arbeitserfahrung basieren auf seinen glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde.
2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:
Vom Bundesverwaltungsgericht ist im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob zwischen der Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde vom 30.11.2015 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.12.2018 und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 06.09.2019 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist.
Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor, da er selbst sein damaliges Fluchtvorbringen - im Wesentlichen die Probleme auf Grund seiner Homosexualität - wiederholt. Die nunmehr vorgebrachten Gründe sind somit mit den Fluchtgründen des rechtskräftigen Vorverfahrens identisch. Eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage ist folglich nicht erkennbar.
Ein Abgleich zwischen den Länderfeststellungen des ersten Asylverfahrens und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Nigeria im gegenständlichen Verfahren ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Nigeria. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es existieren - wie oben dargestellt - keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.
Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine privaten, familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte. Er verfügt über keine ausreichenden Existenzmittel und ist nicht erwerbstätig. In Bezug auf das Privat- und/oder Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist seit Erlassung des ersten Bescheides keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes erkennbar.
Eine neue umfassende inhaltliche Prüfung wird vom Bundesverwaltungsgericht aus diesen Gründen nicht für notwendig erachtet.
2.4. Zum Herkunftsstaat:
Die oben wiedergegebenen Länderfeststellungen sind bereits im Bescheid vom 06.09.2019 enthalten und haben keine Aktualisierung erfahren. Daher konnte eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat verneint werden.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zur Zurückweisung des Antrages hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.
Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).
Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).
Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).
Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).
Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, d.h. eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da die Entscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 11.12.2007 über den Antrag des Beschwerdeführers vom 06.10.2003 auf internationalen Schutz in formelle Rechtskraft erwachsen ist.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann.
Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Der angefochtene Spruchpunkt I. war sohin vollinhaltlich zu bestätigen.
3.2. Zurückweisung des Antrages hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Zu überprüfen ist auch, ob sich der Sachverhalt bzw. die Rechtslage in Bezug auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verändert haben. Letzteres ist nicht gegeben, eine entscheidungswesentliche Änderung der Rechtslage in Bezug auf § 8 AsylG 2005 ist nicht eingetreten.
Auch eine Änderung der Lage in Nigeria ist nicht erfolgt; es gibt keine Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse). Eine Änderung der Lage in Nigeria wurde auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Gewährung eines Status nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 voraussetzt, dass die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art. 3 EMRK aufgezeigt wird (vgl. zuletzt VwGH, 23.03.2017, Ra 2016/20/0188); die bloße Möglichkeit einer Existenzbedrohung kann diese Schwelle nicht erreichen.
Zu prüfen sind aber auch etwaige Änderungen in der Person des Beschwerdeführers, welche eine neue Refoulement-Prüfung notwendig machen könnten. Der Beschwerdeführer hatte bereits in seinem Vorverfahren angeführt, dass er an Hypertonie leide und führte in gegenständlichem Verfahren eine psychische Störung an. Diesbezüglich gilt es festzuhalten, dass keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes vorliegt, da es sich um keine lebensbedrohliche Erkrankung handelt und es in Nigeria eine medizinische Grundversorgung gibt. Dem wurde vom Beschwerdeführer auch nicht substantiiert entgegengetreten.
Vom Beschwerdeführer wurden folglich keine körperlichen Gebrechen oder Krankheiten vorgebracht, die in Nigeria nicht behandelbar wären. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte stehen selbst schwere psychische Krankheiten wie PTBS und sogar Selbstmordgefahr (EGMR 22.09.2005, Fall Kaldik, Appl. 28526) sowie schwere Depression und Selbstmordgefahr (EGMR 31.05.2005, Ovidenko, Appl. 1383/04), der Abschiebung nicht im Wege. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Erkrankungen lassen keine Notwendigkeit einer akuten Behandlungsbedürftigkeit in Österreich erkennen.
Hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers ist deshalb davon auszugehen, dass er keiner akuten Behandlungsbedürftigkeit in Österreich unterliegt und auch keine schwere, lebensbedrohende Erkrankung gegeben ist. Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Nigeria dann nicht zulässig wäre, wenn dort wegen fehlender Behandlung schwerer Krankheiten eine existenzbedrohende Situation drohte.
Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und jener des Verfassungsgerichtshofes hat auch - aus dem Blickwinkel des Art. 3 EMRK - im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden; dies selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich und kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gäbe (siehe VfSlg. 18.407/2008; nach diesen Kriterien hat auch der Verwaltungsgerichtshof wiederholt beurteilt, ob die Abschiebung eines Kranken zulässig ist - vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom 10.12.2009, 2008/19/0809 bis 0812, und vom 28.04.2010, 2008/19/0139 bis 0143).
Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führe die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche lägen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (EGMR 22.06.2010, 50068/08, Al-Zawatia; EGMR Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N./Vereinigtes Königreich, Rn. 42ff; EGMR 03.05.2007, 31246/06, Goncharova & Alekseytsev; 07.11.2006, 4701/05, Ayegh; 04.07.2006, 24171/05, Karim; 10.11.2005, 14492/03, Paramsothy).
Eine akute lebensbedrohende Krankheit des Beschwerdeführers, welche eine Überstellung nach Nigeria gemäß der dargestellten Judikatur des EGMR verbieten würde, liegt im konkreten Fall jedenfalls nicht vor. Auch wurde nicht konkret dargelegt, dass sich sein Gesundheitszustand im Falle einer Überstellung verschlechtern würde. Es ist insbesondere nicht anzunehmen, dass sich der Beschwerdeführer in dauernder stationärer Behandlung befände oder auf Dauer nicht reisefähig wäre. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen die entsprechenden Maßnahmen gesetzt.
Durch eine Abschiebung des Beschwerdeführers wird Art. 3 EMRK nicht verletzt und reicht es jedenfalls aus, wenn medizinische Behandlungsmöglichkeiten im Land der Abschiebung verfügbar sind, was im Herkunftsstaat jedenfalls der Fall ist. Dass die Behandlung im Herkunftsstaat nicht den gleichen Standard wie in Österreich aufweist oder unter Umständen auch kostenintensiver ist, ist nicht relevant. Wie den aktuellen Länderfeststellungen, ist die medizinische Versorgung im Herkunftsstaat grundsätzlich gewährleistet.
Es ist daher auch in Bezug auf die Frage des Status des subsidiär Schutzberechtigten keine Änderung des Sachverhalts gegenüber der rechtskräftigen Vorentscheidung eingetreten, so dass auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. abzuweisen ist.
3.3. Zur Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 (Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).
Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides):
Der Antrag auf internationalen Schutz wird mit gegenständlicher Entscheidung zurückgewiesen. Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung (VwGH, 19.11.2015, Ra 2015/20/0082) ist die frühere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Erforderlichkeit der Verbindung einer ab- oder zurückweisenden Entscheidung der Asylbehörden mit einer Ausweisung, unabhäng