Entscheidungsdatum
10.03.2020Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W144 2194347-2/2E
W144 2194349-2/2E
W144 2194352-2/2E
W144 2194354-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber über die gemeinsame Beschwerde von 1. XXXX auch XXXX , XXXX geb., 2. XXXX auch XXXX , XXXX geb., 3. XXXX auch XXXX , XXXX geb., und 4. XXXX auch XXXX , XXXX geb., alle StA von Syrien, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft in Damaskus vom 05.04.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß Art. 35 Abs. 1 und 5 AsylG idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die 1.-Beschwerdeführerin (1.-BF) ist die Ehegattin des 2.-Beschführers (2.-BF), beide sind Eltern der minderjährigen (mj.) 3.-Beschwerdeführerin (3.-BF), alle sind Staatsangehörige von Syrien. Der 4.-Beschwerdeführer (4.-BF) ist der - laut 2.-BF an Down-Syndrom leidende und im gemeinsamen Haushalt lebende - Bruder des 2.-BF, ebenfalls syrischer StA. Alle 4 BF stellten am 22.09.2016 schriftlich bei der österreichischen Botschaft in Damaskus (im Folgenden: ÖB) Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gem. § 35 Abs. 1 AsylG.
Begründend führten die 1.- und 2.-BF aus, dass sie die Eltern des XXXX geb. , (im Folgenden: Bezugsperson: BP) seien, dem mit Bescheid des BFA vom 01.07.2016, Zl. XXXX , der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Der mj. 3.-BF sei der Bruder der Bezugsperson. Der 4.-BF sei der Onkel der Bezugsperson, doch sei dieser aufgrund seiner Behinderung auf die Unterstützung und Pflege durch die 1.- und 2.-BF angewiesen - der 2.-BF kümmere sich seit Jahren um seinen Bruder, da der Vater altersbedingt nicht mehr dazu in der Lage sei (- eine Bestätigung über den gemeinsamen Wohnsitz des 4.-BF mit den 1.- bis 3.-BF wurde beigelegt).
In der Folge übermittelte die ÖB die Anträge und den Sachverhalt an das BFA zur Erstattung von Stellungnahmen gemäß § 35 Abs. 4 AsylG und einer diesbezüglichen Wahrscheinlichkeitsprognose, ob die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten an die BF im Familienverfahren wahrscheinlich erscheine.
Das BFA erstattete mit Schreiben vom 20.02.2017 eine solche auf alle Antragsteller bezugnehmende Stellungnahme und führte darin im Wesentlichen aus, die Angaben der Antragsteller zur Angehörigeneigenschaft (zur Bezugsperson) nicht hätten nachgewiesen werden können, die Bezugsperson habe schon vor dem Entscheidungszeitpunkt die Volljährigkeit erreicht, wodurch die gesetzliche Eigenschaft der Antragsteller als Familienangehörige nicht mehr gegeben sei. Die Gewährung des Status eines Asylberechtigten an die Antragsteller sei damit nicht wahrscheinlich.
Mit Schreiben ebenfalls vom 20.02.2017, zugestellt am 21.02.2017 wurden die BF seitens der ÖB aufgefordert, zur gleichzeitig vorgehaltenen Stellungnahme des BFA Stellung zu nehmen.
Eine bezughabende Stellungnahme der BF wurde in der Folge nicht erstattet.
Mit Bescheid vom 05.04.2017, zugestellt am 06.04.2017 verweigerte die ÖB die beantragten Visa mit der Begründung, dass das BFA eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose übermittelt habe.
Gegen diesen Bescheid erhoben die BF mit Schriftsatz vom 02.05.2017 fristgerecht eine gemeinsame Beschwerde im Wege der ÖB an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend führten sie im Wesentlichen aus, dass beim EuGH zur Zahl C-550/16 ein Vorabentscheidungsersuchen zur Frage, ob unter dem Begriff "unbegleiteter Minderjähriger" auch ein Drittstaatsangehöriger anzusehen sei, der als Minderjähriger einreise, Asyl beantrage, während des Asylverfahrens 18 Jahre alt werde und anschließend eine Familienzusammenführung beantrage, anhängig sei. Die Behörde hätte das Verfahren bis zur Beantwortung dieses Vorabentscheidungsersuchens aussetzen müssen. Im Übrigen läge es im willkürlichen Verhalten der Behörde, wann sie über einen Antrag entscheide, wenn es darauf ankäme, dass die Bezugsperson zum Entscheidungszeitpunkt noch minderjährig sei. Ferner wurde geltend gemacht, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb das Bundesamt die Echtheit der eingereichten Dokumente anzweifle und aus welchen Gründen der Dokumentenberater bei der ÖB zur Ansicht gelangen, dass die vorgelegten Dokumente gefälscht seien.
Mit E-Mail vom 24.10.2019 erfolgte seitens der BF eine Anfrage an die ÖB, in welcher Weise eine Bearbeitung der Beschwerde erfolgt sei, da nach Rückfrage beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerdeverfahren der BF dort nicht bekannt seien.
Die ÖB beantwortete diese Anfrage mit E-Mail vom 29.10.2019 und erklärte, dass die gegenständliche Beschwerde bei der ÖB nicht auffindbar sei, vermutlich sei diese wegen Serverproblemen in Verstoß geraten.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 16.12.2019 wurde am 17.12.2019 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt den Verwaltungsakten übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.) Feststellungen:
Festgestellt wird der oben wiedergegebene Verfahrensgang, insbesondere der Umstand, dass die am XXXX geborene Bezugsperson zum Entscheidungszeitpunkt (05.04.2017) über die gegenständlichen Anträge bereits volljährig gewesen ist.
2.) Beweiswürdigung:
Die Festgestellungen ergeben sich sämtlich aus dem Akt der ÖB.
Es ist evident, dass die Bezugsperson der BF bereits volljährig ist auch schon zum Entscheidungszeitpunkt der angefochtenen Bescheide volljährig war und wurde dieser Umstand von ihnen auch niemals bestritten.
3.) Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idgF lauten wie folgt:
"§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."
§§ 11, 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) lauten wie folgt:
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1.
gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2.
das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3.
im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:
Im vorliegenden Fall wurden Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich asylberechtigte Sohn der 1.- und 2.-BF, bzw. Bruder des 3.-BF und (dem Haushalt der 1.- bis 3.-BF angehörende) Onkel des 4.-BF, XXXX geb., genannt.
Die Argumentation der ÖB und des Bundesamtes, wonach es hinsichtlich der Volljährigkeit der Bezugsperson nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung sondern auf den Entscheidungszeitpunkt ankommt, entspricht der Judikatur des VwGH zu Zl. Ra 2015/21/0230 vom 28.01.2016:
"Ein Antrag nach § 35 AsylgG 2005 auf Erteilung eines Einreisetitels zwecks Stellung eines Antrages auf Gewährung desselben Schutzes "kann" - wie es das Gesetz formuliert - nur von Familienangehörigen eines Fremden gestellt werden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Damit wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass lediglich Anträge dieser Familienangehörigen zielführend sind. Dass in diesem Zusammenhang grundsätzlich die Verhältnisse im Entscheidungszeitpunkt maßgeblich sind, entspricht allgemeinen Grundsätzen und ist etwa bezüglich des Status der Ankerperson schon deshalb unmittelbar einsichtig, weil ein im Verfahren eintretender Verlust von deren Asylberechtigung oder von deren subsidiärer Schutzberechtigung von vornherein den Zweck des Antrags nach § 35 AsylG 2005 - es gibt für einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes dann keine Basis mehr - hinfällig machen würde. Für die Stellung als "Familienangehöriger" kann grundsätzlich nichts Anderes gelten, auch sie muss im Entscheidungszeitpunkt (noch) gegeben sein.
Bis zum FNG-AnpassungsG 2014 gab es für das Verfahren nach § 35 AsylG 2005 keine spezifische Umschreibung des Begriffs "Familienangehöriger". Im Rahmen der in § 2 AsylG 2005 festgeschriebenen Begriffsbestimmungen wurde allerdings in Abs. 1 Z 22 festgelegt, dass als "Familienangehöriger" zu verstehen ist, "wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe der Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat." Während also nach dieser Definition hinsichtlich der Eigenschaft als "Familienangehöriger" bei minderjährigen Kindern ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen war und insofern eine Perpetuierung angeordnet wurde, sodass dem Eintritt der Volljährigkeit bis zum Entscheidungszeitpunkt keine Bedeutung mehr zukam, war das bezüglich des Elternteils eines minderjährigen Kindes (in Bezug auf die Minderjährigkeit des Kindes) nicht vorgesehen. Auch hinsichtlich der Ehegatteneigenschaft wurde nicht der Antragszeitpunkt für wesentlich erklärt. Daraus war allgemein in Bezug auf § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 zu schließen, dass mit dem Erreichen der Volljährigkeit eines bei Verfahrensbeginn zunächst noch Minderjährigen seine Eltern nicht mehr als "Familienangehörige" zu betrachten waren, ebenso wie eine zwischenzeitige Beendigung der Ehe einem "ursprünglichen" Ehegatten die Eigenschaft als "Familienangehöriger" nahm."
Der Einwand, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung zu Unrecht das (vormalige Vorabentscheidungsersuchen bzw. nunmehr das) Urteil des EuGH vom 12.04.2018, Zl. Rs C-550/16, zur Familienzusammenführungsrichtlinie 2003/86/EG nicht berücksichtigt habe, ist nicht berechtigt:
Zunächst ist zu entgegnen, dass die Familienzusammenführungsrichtlinie in casu nicht einschlägig ist, da diese keineswegs vorschreibt, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre.
In casu haben die Antragsteller ihren Wunsch nach Familiennachzug ausdrücklich auf die spezifischen asylrechtlichen Grundlagen gestützt, die im Fall einer mittlerweile eingetretenen Volljährigkeit der Bezugsperson eben keine tragfähige Grundlage bilden. Vielmehr wird für eine beabsichtigte Familienzusammenführung im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen.
In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof bezugnehmend auf das ins Treffen geführte, damals beim EuGH anhängige Vorabentscheidungsersuchen [Vorlage zur Vorabentscheidung - Recht auf Familienzusammenführung - Richtlinie 2003/86/EG - Art. 2 lit. f - Begriff "unbegleiteter Minderjähriger" - Art. 10 Abs. 3 lit. a - Recht eines Flüchtlings auf Familienzusammenführung mit seinen Eltern - Flüchtling, der zum Zeitpunkt seiner Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats und Stellung seines Asylantrags unter 18 Jahre alt war, aber zum Zeitpunkt des Erlasses der asylgewährenden Entscheidung und der Stellung seines Antrags auf Familienzusammenführung volljährig ist - für die Beurteilung der Minderjährigkeit des Betroffenen maßgeblicher Zeitpunkt], dem das Urteil des EuGH vom 12.04.2018, Rs C 550/16 zugrunde liegt, in seiner Entscheidung vom 03.05.2018, Ra 2017/19/0609 Folgendes ausgeführt (Fettdruck im Original nicht enthalten):
"21 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, sollte der EuGH zum ihm vorgelegten Vorabentscheidungsersuchen, C- 550/16, A und S, entscheiden, dass auch während des Asylverfahrens volljährig gewordene Asylwerber Bezugspersonen für die Familienzusammenführung sein können, müsse kraft eines Größenschlusses auch den revisionswerbenden Parteien die Familienzusammenführung mit ihrem erst während des der Familienzusammenführung dienenden Verfahrens nach § 35 AsylG 2005 volljährig gewordenen Sohn gestattet und ihnen nach dieser Bestimmung ein Visum erteilt werden.
22 Dieses Vorbringen wird in den Revisionsgründen dahingehend weiter präzisiert, dass in den vorliegenden Fällen die Familienzusammenführung nur im Weg der Bestimmungen des § 34 und § 35 AsylG 2005 erfolgen könnte, weil die gegenständlichen Konstellationen von § 46 NAG nicht erfasst würden. Insoweit könnten die revisionswerbenden Parteien nicht, wie in der bisherigen Rechtsprechung erfolgt, auf eine Familienzusammenführung nach dem NAG verwiesen werden.
23 Die Revision erweist sich zur Klarstellung der Rechtslage im Hinblick auf das von der Revision erwähnte Vorabentscheidungsersuchen als zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.
24 Eingangs ist zum Vorbringen der revisionswerbenden Parteien betreffend die Pflicht zur Aussetzung der Verfahren nach § 38 AVG auszuführen, dass zwar die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, im Verfahren vor der Österreichischen Botschaft sei das AVG nicht anzuwenden, nicht zutrifft. Das Bundesverwaltungsgericht, das sich insoweit auf Rechtsprechung beruft, die zur Rechtslage vor dem 1. Jänner 2014 ergangen ist, übersieht nämlich, dass mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (BGBl. I Nr. 33/2013) auch Art. I EGVG in maßgeblicher Weise geändert wurde. Während das EGVG in seiner bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung in aufzählender Weise ausdrücklich festlegte, welche Behörden welche Verfahrensgesetze - insbesondere auch das AVG betreffend - anzuwenden hatten, wurde mit der nunmehr seit 1. Jänner 2014 in Kraft stehenden Fassung des Art. I EGVG diese taxative Aufzählung zugunsten einer Generalklausel aufgegeben (vgl. so ausdrücklich RV 2009 BlgNR
24. GP, 15; dort wird zudem darauf hingewiesen, die "lückenfüllende Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu den außerhalb des Anwendungsbereiches der Verwaltungsverfahrensgesetze geltenden ?Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens' hat damit ihre Funktion erfüllt, wird doch dieser Bereich künftig tatsächlich in rechtsstaatlich einwandfreier Weise geregelt sein"). Somit ist - ungeachtet dessen, dass gerade für das Verfahren in Visaangelegenheiten zahlreiche gesetzliche Sonderbestimmungen existieren (in denen im Übrigen zum Teil selbst ausdrücklich Erwähnung findet, dass sie eine Abweichung vom AVG darstellen, vgl. etwa § 11 Abs. 1 und Abs. 5 FPG) - gemäß Art. I Abs. 2 Z 1 EGVG auch von der österreichischen Vertretungsbehörde das AVG auf ein von ihr geführtes behördliches Verfahren anzuwenden.
25 Die ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 AVG erfolgte Aussetzung eines Verfahrens stellt sich grundsätzlich als eine - letztlich auch mit Revision - bekämpfbare Entscheidung dar (vgl. etwa VwGH 20.12.2017, Ra 2017/12/0119; 29.6.2017, Ra 2016/04/0150), was die Möglichkeit einer im Rechtsweg durchsetzbaren Verletzung in einem subjektiven Recht voraussetzt. Hingegen geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass § 38 AVG einer Partei keinen Anspruch auf Aussetzung eines Verfahrens einräumt (vgl. etwa VwGH 30.1.2014, 2013/05/0214; 15.5.2012, 2009/05/0056, mwN; zudem dazu, dass einer Partei selbst aus einem rechtskräftigen Aussetzungsbescheid nach § 38 AVG kein subjektives Recht auf Nichtbeendigung des ausgesetzten Verfahrens erwächst und sie durch die Fortsetzung eines ausgesetzten Verfahrens vor Beendigung des die Vorfrage betreffenden Verfahrens nicht in ihren Rechten verletzt sein kann, VwGH 17.11.2015, Ra 2015/22/0138; 13.9.2017, Ra 2017/13/0044, mwN). Anderes ist auch aus dem von den revisionswerbenden Parteien ins Treffen geführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 2016, Ra 2016/18/0172 bis 0177, nicht ableitbar, zumal sich dort allein für die Aufhebung wegen Verfahrensfehler als maßgeblich erwies, dass sich die vorzunehmende rechtliche Beurteilung - und zwar auch, aber nicht allein in Bezug auf § 38 AVG - mangels ausreichender Feststellungen als nicht möglich darstellte. Eine andere Sicht würde dieser Entscheidung ein - ihr selbst aber nicht entnehmbares - Abweichen von der ständigen Rechtsprechung unterstellen.
26 Die Revision legt nicht dar, welche für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Feststellungen fehlen würden. Dass der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt unvollständig ermittelt worden und deshalb eine rechtliche Beurteilung nicht möglich wäre, ist entgegen den insoweit unsubstantiierten Ausführungen der revisionswerbenden Parteien in keiner Weise zu sehen.
27 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 22. November 2017, Ra 2017/19/0218 (Rn. 32 bis 40), auf das sich die Revision bezieht und von dem sie (der Sache nach) ein Abgehen fordert, Folgendes zur Regelung des § 35 AsylG 2005 festgehalten:
"Soweit in der Revision die Familienzusammenführungsrichtlinie angesprochen wird, ist darauf hinzuweisen, dass das Kapitel V (?Familienzusammenführung von Flüchtlingen') dieser Richtlinie jene Vorschriften enthält, die auf die Familienzusammenführung von Flüchtlingen, die von den Mitgliedstaaten anerkannt worden sind, Anwendung finden (Art. 9 Abs. 1 Familienzusammenführungsrichtlinie).
Gemäß Art. 9 Abs. 3 dieser Richtlinie lässt dieses Kapitel Rechtsvorschriften, nach denen Familienangehörigen der Flüchtlingsstatus zuerkannt wird, unberührt.
Schon daraus ergibt sich, dass die Familienzusammenführungsrichtlinie nicht regelt, unter welchen Voraussetzungen einem Familienangehörigen eines Asylberechtigten selbst der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist. Die Erlangung eines Visums nach § 35 AsylG 2005 zielt aber gerade darauf ab, dem Drittstaatsangehörigen einen Einreisetitel zum Zweck des Stellens eines Antrages auf internationalen Schutz im Inland zu ermöglichen.
Zwar nahm der Gesetzgeber mit der Regelung des § 35 AsylG 2005 auch auf unionsrechtliche Regelungen der Familienzusammenführungsrichtlinie Bedacht (vgl. dazu etwa VwGH 28.1.2016, Ra 2015/21/0230), was letztlich dazu führen kann, dass in bestimmten Konstellationen der Familienzusammenführung dem Familienangehörigen weitergehende Rechte - etwa durch die Gewährung des Status des Asylberechtigten - eingeräumt werden als es die Familienzusammenführungsrichtlinie vorsieht. Dies lässt diese Richtlinie auch ausdrücklich zu. Gemäß Art. 3 Abs. 5 Familienzusammenführungsrichtlinie berührt diese Richtlinie nicht das Recht der Mitgliedstaaten, günstigere Regelungen zu treffen oder beizubehalten.
Somit ist festzuhalten, dass die Bestimmungen des § 34 und § 35 AsylG 2005 Fälle erfassen können, die an sich der Familienzusammenführungsrichtlinie unterliegen würden, gleichzeitig aber den Familienangehörigen eine günstigere Rechtsstellung einräumen als es diese Richtlinie verlangt.
Dann kann es allerdings nicht als unionsrechtswidrig angesehen werden, wenn nicht allen Angehörigen von Asylberechtigten dieser Status eingeräumt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seiner Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 nur eine von mehreren im österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung darstellt, und zwar mit dem asylspezifischen Zweck, für die nachziehenden Personen nach Einreise in das Bundesgebiet ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 zu eröffnen und ihnen denselben Schutz wie dem bereits in Österreich aufhältigen Angehörigen zu gewähren. Diesem Zweck wird aber - beispielsweise - nicht entsprochen, wenn den Eltern eines im Lauf des Verfahrens nach § 35 AsylG 2005 volljährig gewordenen Asylberechtigten die Einreise nach Österreich gestattet würde, weil sie bei Beantragung des internationalen Schutzes nach Einreise in das Bundesgebiet nicht mehr dem Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 unterliegen würden. Der Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 erweist sich daher (etwa) in einer solchen Konstellation von vornherein als ungeeignetes Mittel, um dem Anliegen eines Fremden auf Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich befindlichen (bereits volljährig gewordenen) Sohn zu entsprechen; sie sind vielmehr auf andere - im NAG und im Fremdenpolizeigesetz 2005 eröffnete - Möglichkeiten der Familienzusammenführung und der Erteilung von entsprechenden Einreisetitel zu verweisen (vgl. VwGH 21.2.2017, Ra 2016/18/0253, 0254).
Ausgehend davon, dass die Familienzusammenführungsrichtlinie nicht zum Regelungsinhalt hat, wann einem Familienangehörigen eines anerkannten Flüchtlings ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuzuerkennen ist, sondern (nur) Vorgaben dazu enthält, unter welchen Voraussetzungen einem Familienangehörigen ein für den Zweck der Familienzusammenführung vorgesehener Aufenthaltstitel zu erteilen ist (vgl. Art. 13 Abs. 2 iVm Art. 2 lit. e dieser Richtlinie), ist es somit unschädlich, wenn für die Erteilung eines Visums nach § 35 AsylG 2005, dessen Erteilung nicht nur die Familienzusammenführung ermöglichen soll, sondern auch dazu dient, dem Familienangehörigen die Gelegenheit einzuräumen, zwecks Erlangung eines besonderen Schutzstatus im Weg des § 34 AsylG 2005 eine - wie oben unter Hinweis auf die Rechtsprechung dargelegt wurde: nur im Inland zulässige - Antragstellung auf internationalen Schutz vornehmen zu können, gegenüber der Familienzusammenführungsrichtlinie weitergehende Voraussetzungen festgelegt werden.
Sofern sich eine Familienzusammenführung durch Inanspruchnahme des § 35 AsylG 2005 als nicht möglich erweist, ist von einem Antragsteller - wie bereits erwähnt - ein anderer Weg im Rahmen weiterer - ebenfalls die Familienzusammenführungsrichtlinie umsetzender - Vorschriften zu beschreiten, um die Familienzusammenführung zu erreichen. Insbesondere ist hier (nochmals) § 46 NAG zu erwähnen, der im Rahmen der Familienzusammenführung die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Familienangehörigen ermöglicht, wenn der Zusammenführende (wie im vorliegenden Fall) Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt (§ 46 Abs. 1 Z 2 lit. c NAG). Dass einem Drittstaatsangehörigen die Zuerkennung desselben Schutzstatus wie dem bereits in Österreich lebenden Fremden versagt bleibt, kann somit von vornherein nicht zur Verletzung der Familienzusammenführungsrichtlinie führen. Schon deshalb muss hier nicht geprüft werden, ob einzelne für die Erteilung eines Visums nach § 35 AsylG 2005 maßgebliche Voraussetzungen in Widerspruch zu dieser Richtlinie stehen könnten.
An diesem Ergebnis vermag auch nichts zu ändern, dass sich der Gesetzgeber - ausweislich der Materialien zur Änderung des § 34 Abs. 2 und 3 AsylG 2005 mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 (FrÄG 2017, BGBl. I Nr. 145/2017) gerade im Hinblick auf die Familienzusammenführungsrichtlinie (vgl. IA 2285/A BlgNR 25. GP 82: ?Vor dem Hintergrund der Bestimmungen der Familienzusammenführungs-RL, hat die Z 2 jeweils zu entfallen.'), die, wie bereits erwähnt, günstigere Regelungen (hier in der Form der Gewährung der Familienzusammenführung nicht bloß durch Erteilung eines Aufenthaltstitels, sondern durch Einräumung desselben Schutzstatus, wie er dem Zusammenführenden zuerkannt wurde) ausdrücklich zulässt - entschlossen hat, künftig die Prüfung des bisher in § 34 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 enthaltenen Kriteriums entfallen zu lassen und stattdessen in § 34 Abs. 6 Z 3 AsylG 2005 angeordnet wird, dass im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG) ?dieser Abschnitt' - demnach der vierte Abschnitt des vierten Hauptstückes des AsylG 2005, der dessen §§ 34 und 35 umfasst - nicht anzuwenden ist (ob mit diesen Änderungen des § 34 AsylG 2005 vor dem Hintergrund der Erläuterungen zur Schaffung der neuen Z 3 in § 34 Abs. 6 AsylG 2005 (IA 2285/A BlgNR 25. GP 82f.), wonach der (künftige) Verweis auf die Fälle des § 30 NAG bedeute, dass sich Fremde (auch im Rahmen des Verfahrens nach § 34 AsylG 2005) auf eine Ehe, eingetragene Partnerschaft oder Adoption nicht berufen dürfen, wenn ein gemeinsames Eheleben nicht geführt wird oder die Annahme an Kindes statt ausschließlich oder vorwiegend der Erlangung eines Aufenthaltsrechts dient, überhaupt eine inhaltliche Änderung der Rechtslage herbeigeführt werden sollte, kann im gegenständlichen Fall mangels Anwendbarkeit dieser gemäß § 73 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 erst mit 1. November 2017 in Kraft gesetzten Bestimmungen dahingestellt bleiben)."
28 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich auch bereits des Öfteren mit der Frage befasst, auf welchen Zeitpunkt sich die Beurteilung, ob im Sinn des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 von einem Familienangehörigen auszugehen ist, in Bezug auf nachzugswillige Eltern zu beziehen hat. In einem Fall, in dem von der Revision ebenfalls ein Abgehen von seiner bisherigen Rechtsprechung gefordert wurde, wurde dem - die bisherige Rechtsprechung zusammenfassend - nicht gefolgt und dazu im Beschluss vom 26. Jänner 2017, Ra 2016/20/0231 bis 0234, ausgeführt:
"Damit suchen die revisionswerbenden Parteien der Sache nach aufzuzeigen, dass die bisherige Rechtsprechung unzutreffend sei und der Verwaltungsgerichtshof von dieser Rechtsprechung abgehen möge.
Die Ausführungen der revisionswerbenden Parteien bieten dafür allerdings keinen hinreichenden Anlass.
Die Revision verweist zur Stützung ihrer Ansicht auf die Erläuterungen der Regierungsvorlage zur mit BGBl. I Nr. 24/2016 erfolgten Neuschaffung des § 35 Abs. 2a AsylG 2005 (RV 996 dB
25. GP, 5 - diese finden sich wortgleich im Gesamtändernden Abänderungsantrag des Innenausschusses, 4/AUA 25. GP, 13, der zudem im Ausschussbericht, AB 1097 dB 25. GP, wörtlich wiedergegeben wurde). Diese lauten:
?Abs. 2a:
Handelt es sich bei der Bezugsperson um einen unbegleiteten minderjährigen Fremden, dem internationaler Schutz zuerkannt wurde, sollen im Falle des Familiennachzuges der Eltern des Minderjährigen die zusätzlichen Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 (Unterkunftsnachweis, Krankenversicherung sowie feste und regelmäßige Einkünfte im Sinne des § 11 Abs. 5 NAG) jedoch nicht erfüllt werden müssen. Daher ist vorgesehen, dass in solchen Fällen die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt gelten. Die Minderjährigkeit des zusammenführenden Fremden muss dabei im Zeitpunkt der Antragstellung des Familiennachzugs der Eltern vorliegen.'
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/21/0230 und 0231, ausführlich unter Einbeziehung der diesbezüglichen Materialien mit der - im Rahmen der mit BGBl. I Nr. 24/2016 erfolgten Novellierung des AsylG 2005 unverändert gebliebenen - Bestimmung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 auseinandergesetzt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof auch auf die unionsrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere die von den revisionswerbenden Parteien angesprochene Richtlinie 2003/86/EG (Familienzusammenführungsrichtlinie), Bedacht genommen. Weiters hat er darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof infolge eines anlässlich an ihn herangetragenen Falles offenkundig keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gehegt hat.
Der Verwaltungsgerichtshof ist im genannten Erkenntnis vom 28. Jänner 2016 zum Ergebnis gekommen, dass bei der Beurteilung, ob ein Einreisetitel zu den in § 35 Abs. 1 AsylG 2005 genannten Zwecken an einen Elternteil eines minderjährigen Kindes auszustellen ist, - vor dem Hintergrund, dass gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 (sowohl in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 24/2016 als auch danach) nur ?Familienangehörige gemäß Abs. 5' den maßgeblichen Antrag stellen ?können' - an der Relevanz der in § 35 Abs. 5 AsylG 2005 enthaltenen Definition des ?Familienangehörigen' kein Zweifel bestehen kann, und dass ein Verständnis dahingehend, dass bei antragstellenden Eltern bezüglich des Kriteriums der Minderjährigkeit ihres in Österreich Asyl oder subsidiären Schutz erhalten habenden Kindes auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen wäre, nicht in Betracht kommt (vgl. insbesondere Pkt. 3 der Entscheidungsgründe des angeführten Erkenntnisses vom 28. Jänner 2016). Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof auch mit näherer Begründung darauf hingewiesen, dass eine erweiternde Auslegung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 - sofern man sie überhaupt für möglich erachten würde - dergestalt, dass es im Verfahren nach § 35 AsylG 2005 auch bei antragstellenden Eltern eines minderjährigen Kindes für die Eigenschaft als ?Familienangehöriger' hinsichtlich der Minderjährigkeit auf den Antragszeitpunkt ankomme, nicht in Betracht gezogen werden könne.
Die oben zitierten Erläuterungen vermögen an dieser Beurteilung nichts zu ändern, weil eine solche Auffassung mit dem Gesetz - wie im wiederholt zitierten Erkenntnis Ra 2015/21/0230 und 0231 umfassend dargelegt wurde und auf dessen Entscheidungsgründe im Einzelnen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird - nicht im Einklang steht. Sollte der Gesetzgeber beabsichtigt haben, insoweit eine Gesetzesänderung herbeizuführen, hat eine solche in der mit BGBl. I Nr. 24/2016 erfolgten Novellierung des AsylG 2005 keinen Niederschlag gefunden.
Die Erstrevisionswerberin war sohin - ihr (behauptetermaßen) in Österreich lebender Sohn, dem hier der Status als subsidiär Schutzberechtigter zuerkannt worden war, war im Entscheidungszeitpunkt zweifellos (und unstrittig) nicht mehr minderjährig - nicht als Familienangehörige im Sinn des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 anzusehen. Zudem ist das Bundesverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass auch die (behaupteten) Geschwister der in Österreich lebenden Bezugsperson aufgrund des - insoweit von vornherein als klar einzustufenden - Gesetzeswortlautes nicht als Familienangehörige gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gelten."
29 Der Verwaltungsgerichtshof sieht auch anhand der Ausführungen in der Revision keinen Anlass von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen.
30 Das von den revisionswerbenden Parteien erwähnte Verfahren über ein Vorabentscheidungsersuchen ist mittlerweile abgeschlossen. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 12. April 2018, A und S, C-550/16, ausgesprochen:
"Art. 2 Buchst. f in Verbindung mit Art. 10 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung ist dahin auszulegen, dass ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, der zum Zeitpunkt seiner Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats und der Stellung seines Asylantrags in diesem Staat unter 18 Jahre alt war, aber während des Asylverfahrens volljährig wird und dem später die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, als "Minderjähriger" im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist."
31 Der EuGH hat zudem betont, dass es mit dem Ziel von Art. 10 Abs. 3 lit. a Zusammenführungsrichtlinie "sicherlich" unvereinbar wäre, dass sich ein Flüchtling, der zum Zeitpunkt seines Antrags die Eigenschaft eines unbegleiteten Minderjährigen besessen hat, aber während des Verfahrens volljährig geworden ist, ohne jede zeitliche Begrenzung auf diese Vorschrift berufen könnte, um eine Familienzusammenführung zu erwirken, weshalb er seinen Antrag auf Familienzusammenführung innerhalb einer angemessenen Frist stellen muss. Zur Bestimmung einer solchen angemessenen Frist kann die vom Unionsgesetzgeber in dem ähnlichen Kontext von Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 3 dieser Richtlinie gewählte Lösung als Hinweis dienen. Der auf der Grundlage von Art. 10 Abs. 3 lit. a Familienzusammenführungsrichtlinie eingereichte Antrag auf Familienzusammenführung ist daher "in einer solchen Situation" (offenkundig gemeint: wie sie dem Vorabentscheidungsersuchen C-550/16 zugrunde lag) grundsätzlich innerhalb von drei Monaten ab dem Tag zu stellen, an dem der Minderjährige als Flüchtling anerkannt worden ist (EuGH 12.4.2018, C-550/16, A und S, Rn. 61).
32 Wie bereits im oben zitierten Erkenntnis Ra 2017/19/0218 ausführlich dargelegt wurde, ist der nationale Gesetzgeber aufgrund der Familienzusammenführungsrichtlinie nicht gehalten, einem nachzugswilligen Familienangehörigen einen besonderen Schutzstatus - hier in den Blick zu nehmen: jenen des Asylberechtigten - zu gewähren. Solches wurde auch vom EuGH im erwähnten Urteil vom 12. April 2018 nicht zum Ausdruck gebracht (und im Übrigen auch nicht vom Generalanwalt in seinem Schlussantrag, auf den sich die Revision zu stützen sucht). Gerade auf die Zuerkennung eines solchen Schutzstatus zielt aber letztlich die Visumerteilung nach § 35 AsylG 2005 ab; kann doch gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 ein solcher Antrag ausdrücklich nur "zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13" AsylG 2005 gestellt werden.
Im genannten Erkenntnis Ra 2017/19/0218 hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 35 AsylG 2005 auch auf unionsrechtliche Regelungen der Familienzusammenführungsrichtlinie Bedacht genommen hat, was letztlich dazu führen kann, dass in bestimmten Konstellationen der Familienzusammenführung dem Familienangehörigen weitergehende Rechte - etwa durch die Gewährung des Status des Asylberechtigten - eingeräumt werden als es die Familienzusammenführungsrichtlinie vorsieht. Dies lässt diese Richtlinie auch ausdrücklich zu (vgl. deren Art. 3 Abs. 5).
Andererseits ist es unschädlich, wenn für die Erteilung eines Visums nach § 35 AsylG 2005, dessen Erteilung nicht nur die Familienzusammenführung ermöglichen soll, sondern auch dazu dient, dem Familienangehörigen die Gelegenheit einzuräumen, zwecks Erlangung eines besonderen Schutzstatus im Weg des § 34 AsylG 2005 eine - nur im Inland zulässige - Antragstellung auf internationalen Schutz vornehmen zu können, gegenüber der Familienzusammenführungsrichtlinie weitergehende Voraussetzungen festgelegt werden (vgl. wiederum das schon mehrfach erwähnte Erkenntnis Ra 2017/19/0218 und die diesbezügliche oben wiedergegebene ausführliche Begründung).
33 An dieser Beurteilung ändert auch das Vorbringen der revisionswerbenden Parteien, ihre familiäre Beziehung zur in Österreich lebenden Bezugsperson sei infolge § 2 Abs. 1 Z 9 NAG von einer Familienzusammenführung nach § 46 NAG nicht erfasst, nichts.
34 Der Revision ist insofern Recht zu geben, dass gemäß der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG als Familienangehöriger (im Sinn des NAG) nur gilt, wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels.
35 Für die Beurteilung, ob jene Voraussetzung vorliegt, die es ermöglicht, als Familienangehöriger einen Aufenthaltstitel nach § 46 NAG erhalten zu können, ist (auch) nach der zum NAG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich (vgl. VwGH 13.11.2012, 2011/22/0074; 14.12.2010, 2008/22/0882).
36 Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in seiner Rechtsprechung zu § 46 NAG ("Bestimmungen über die Familienzusammenführung") bereits festgehalten, dass es - um ein verfassungswidriges Ergebnis zu vermeiden - geboten sein kann, im Einzelfall den in § 46 NAG verwendeten Begriff "Familienangehörigen" von der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG abzukoppeln. Besteht etwa ein aus Art. 8 EMRK ableitbarer Anspruch auf Familiennachzug, so ist als "Familienangehöriger" in § 46 NAG demnach aus verfassungsrechtlichen Gründen auch jener - nicht im Bundesgebiet aufhältige - Angehörige erfasst, dem ein derartiger Anspruch zukommt. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof auch betont, dass ein im Rahmen von "Begriffsbestimmungen" festgelegtes Verständnis eines Terminus nicht in jedem Fall dazu zwingt, diesen innerhalb eines Gesetzes stets im Sinn der Legaldefinition auszulegen, was im Übrigen das NAG selbst belegt. So wird etwa in § 2 Abs. 1 Z 10 NAG als "Zusammenführender" ein - bestimmte Voraussetzungen erfüllender - Drittstaatsangehöriger definiert, während in § 47 NAG als "Zusammenführende" Österreicher, EWR-Bürger oder Schweizer Bürger erfasst werden (vgl. grundlegend VwGH 17.11.2011, 2010/21/0494; sowie dem folgend etwa VwGH 13.11.2012, 2011/22/0074; 26.6.2013, 2011/22/0278; 27.1.2015, Ra 2014/22/0203; 11.2.2016, Ra 2015/22/0145).
37 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zum NAG aber auch - unter Hinweis auf das soeben zitierte Erkenntnis 2010/21/0494 - zum Ausdruck gebracht, dass eine Abkoppelung des im NAG verwendeten Begriffes des "Familienangehörigen" von seiner in § 2 Abs. 1 Z 9 NAG enthaltenen Legaldefinition auch dann geboten ist, wenn dies eine unionsrechtskonforme Interpretation der nationalen Rechtslage (etwa auch um der Auslegung unionsrechtlicher Vorschriften durch den EuGH Rechnung zu tragen) gebietet, um ein dem Unionsrecht widersprechendes Ergebnis zu vermeiden (vgl. VwGH 20.7.2016, Ra 2016/22/0025, Rn. 23).
38 Vor diesem Hintergrund ist es nun nach der Familienzusammenführungsrichtlinie auch weiterhin nicht geboten, den Anwendungsbereich des § 35 AsylG 2005 zu erweitern, um dem Anliegen der revisionswerbenden Parteien, nämlich die Gestattung der Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich lebenden Sohn, in unionsrechtskonformer Weise Rechnung zu tragen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es hinreichend, dass sichergestellt ist, dass den revisionswerbenden Parteien im Einklang mit den Vorgaben der Familienzusammenführungsrichtlinie ein Aufenthaltstitel nach dem NAG - was entgegen dem Revisionsvorbringen (unter Anwendung der Grundsätze der unionsrechtskonformen Auslegung bzw. allenfalls des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts im Bereich des NAG) nicht ausgeschlossen ist - erteilt wird. Dass aber eine unionsrechtliche Verpflichtung bestünde, den revisionswerbenden Parteien eine über dieses Ziel hinausgehende Rechtsstellung, die die Familienzusammenführungsrichtlinie gar nicht zum Regelungsinhalt hat, zu verschaffen (nämlich letztlich den Status des Asylberechtigten), ist weder zu sehen, noch ist solches aus dem zur Rechtssache C-550/16 ergangenen Urteil des EuGH abzuleiten."
Somit ist bereits durch die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes klargestellt, dass der Einwand der BF, es hätte ihnen aufgrund des Urteils des EuGH vom 12.4.2018, Rs C-550/16, ein Einreisetitel gemäß § 35 AsylG in Hinblick auf ihren weiterhin als minderjährig zu betrachtenden Sohn, gewährt werden müssen, rechtlich verfehlt ist.
Insgesamt erweist sich eine Schutzgewährung an die BF im Rahmen eines Familienverfahrens gem. § 34 AsylG als unwahrscheinlich (geradezu ausgeschlossen) und waren die Einreisetitel daher gem. § 35 Abs. 1, 4 und 5 AsylG zu versagen.
Im Hinblick auf den 4.-BF ist der Vollständigkeit halber auszuführen, dass dieser als Onkel der Bezugsperson keinesfalls zum Kreis der Familienangehörigen im Sinne des § 35 AsylG zählt.
Eine mündliche Verhandlung war gemäß § 11a Abs. 2 FPG nicht durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht (mehr) von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt - vielmehr hat der VwGH die Rechtslage klargestellt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Einreisetitel Familienbegriff Rechtsanschauung des VwGH VolljährigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W144.2194352.2.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020