TE Vwgh Beschluss 1998/2/13 96/19/3271

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Veröffentlicht am 13.02.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

Aufenthaltszwecke und Form der Aufenthaltsbewilligung 1995 §1 Abs1 Z1;
Aufenthaltszwecke und Form der Aufenthaltsbewilligung 1995 §1 Abs1 Z2;
AufG 1992 §9 Abs3 idF 1995/351;
AufG 1992 §9 Abs3;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §1 Abs2;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §1 Abs3 Z1;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §1 Abs3 Z2;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §1 Abs3;
AVG §37;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
VwGG §27;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, in der Beschwerdesache des 1944 geborenen MK in Kroatien, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neubaugasse 12-14/20, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit einer Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 21. Dezember 1995 (bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangt am 3. Jänner 1996) die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Als Aufenthaltszweck gab er sowohl eine unselbständige, als auch eine selbständige Erwerbstätigkeit, jeweils als Werbeprospektverteiler, an. Er behauptete, in dieser Eigenschaft monatlich S 11.000,-- ins Verdienen zu bringen. Aus einer Bestätigung eines österreichischen Werbeverteilungsunternehmens ging hervor, daß der Beschwerdeführer als selbständiger Werbeprospektverteiler Aufträge entgegengenommen und in der Zeit zwischen

26. September 1995 und 22. November 1995 hiefür S 13.671,-- verrechnet habe. Weiters legte der Beschwerdeführer Fakturen an dieses Unternehmen für die 48. Woche des Jahres 1995 in der Höhe von S 2.816,-- und für die 49. Woche dieses Jahres in der Höhe von S 2.452,-- vor.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. März 1996 wurde dieser Antrag gemäß § 4 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er unter anderem aus, er sei eine "Führungskraft". Er sei selbständig und "Schlüsselkraft iS VO, BGBl. 854/1995". Bei einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die Behörde erster Instanz wäre hervorgekommen, daß "volkswirtschaftlich zu berücksichtigende Gesamtinteressen an der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bestehen, die gem. § 1 Abs. 3 Zif 2 VO BGBl, 854/1995 für eine bevorzugte Behandlung an der Erteilung einer solchen für den Bw sprechen".

Diese Berufung langte am 8. Mai 1996 bei der erstinstanzlichen Behörde ein.

Über Aufforderung der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 7. November 1996 die ihm zur Verfügung stehenden Mittel wie folgt bekannt:

         Sparbücher mit Vermögensstand von DM         1.169,29

                                           US-Dollar    110,30

                                           öS        22.396,54

                                           DM           263,24

                                           öS         2.621,91

                                           öS           772,01

                                           DM           327,88

Darüberhinaus brachte der Beschwerdeführer vor, er habe Immobilien in Sarajewo vermietet und erziele einen monatlichen Mieterlös von DM 1.000,--.

Mit seiner am 11. November 1996 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde machte der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde geltend. Die belangte Behörde wurde mit hg. Verfügung vom 15. November 1996, zugestellt am 22. November 1996, aufgefordert, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift desselben dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen, oder anzugeben, weshalb eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.

Die belangte Behörde brachte in der Folge im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vor, die Anzahl der Bewilligungen gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, für das Bundesland Wien, für die Zwecke Familiennachzug und Erwerbstätige, Schüler, Pensionisten und privat Aufhältige sei vor dem 25. Juni 1996 erreicht worden.

Über Vorhalt dieser Eingabe trat der Beschwerdeführer der Behauptung der belangten Behörde, die in Rede stehende Quote sei im Juni 1996 erschöpft gewesen, nicht entgegen. Er brachte jedoch vor, er falle nicht unter diese Quote, wobei er im wesentlichen seine in der Berufung vom 8. Mai 1995 erstatteten Ausführungen wiederholte, er sei Schlüsselkraft im Sinne des § 1 Abs. 3 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996. Die für Schlüsselkräfte festgelegte Sonderquote sei jedoch nach wie vor nicht erschöpft. Überdies sei durch die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, neuerlich eine Quote für die in der Äußerung der belangten Behörde angeführten Gruppen von Fremden eröffnet worden.

Angeregt werde darüber hinaus, gemäß Art. 140 B-VG beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des § 9 Abs. 3 zweiter und dritter Satz AufG wegen Verstoßes gegen das Gebot der Gleichbehandlung Fremder untereinander zu beantragen. Unter Hinweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes führt der Beschwerdeführer aus, gemäß dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot dürfe eine Rechtsfolge nicht bloß von Zufällen und/oder manipulativen Umständen abhängig sein. § 9 Abs. 3 AufG scheine aber diesem Grundsatz zu widersprechen, weil die Frage, ob eine Bewilligung zu erteilen oder der Antrag bis zum Inkrafttreten der neuen Kontingentverordnung aufzuschieben sei, nicht ausschließlich von sachlichen Umständen abhänge. Unter Hinweis auf Muzak, Die Aufenthaltsberechtigung im österreichischen Fremdenrecht, ÖRSt 35, 1995, 166, meint der Beschwerdeführer, die Frage, ob es zu einer bewilligenden Entscheidung mittels Bescheides komme, oder ob der Antrag in Ermangelung eines freien Quotenplatzes verschoben werden müsse, hänge nicht von objektiven und nachmeßbaren bzw. überprüfbaren Vorgängen ab, sondern vielmehr von der Geschwindigkeit der Erledigung. Ein solches Quotenverwaltungssystem widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz und dem diesem innewohnenden Sachlichkeitsgebot. Quotenrelevante Bewilligungen könnten auch an sogenannte "Altlasten", das seien Fälle, die bei Beendigung der Vorquote in die neue Quote haben übergeführt werden müssen, erteilt werden. Auch könnten Quotenplätze in Reserve gehalten oder zeitlich später gestellte Anträge vorrangig bewilligt werden.

Mit dem am 30. Jänner 1997 zugestellten Bescheid der belangten Behörde vom 28. Jänner 1997 wies diese die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. März 1996 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 AufG ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 3

VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 27 VwGG lautet:

"Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG kann erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war."

§ 9 Abs. 3 AufG in der Fassung der am 19. Mai 1995 ausgegebenen Novelle BGBl. Nr. 351/1995, lautete:

"(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe erreicht ist, dürfen für solche Personen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und danach einlangenden Anträge ist bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 aufzuschieben, die für solche Personen eine neue Zahl von Bewilligungen vorsieht. § 73 AVG und § 27 VwGG sind in diesem Fall nicht anwendbar."

Im Zeitpunkt der Erschöpfung der Quote für den Aufenthaltszweck "Erwerbstätige" für das Jahr 1996 für Wien im Juni 1996 stand § 9 Abs. 3 AufG bereits in der vorzitierten Fassung in Geltung. Vor dieser Novellierung lautete die Bestimmung wie folgt:

"(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl erreicht ist, dürfen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über anhängige Anträge gemäß § 3 ist auf das folgende Jahr zu verschieben; andere anhängige Anträge sind abzuweisen."

Zu prüfen war zunächst, ob die Sechsmonatsfrist des § 27 VwGG im vorliegenden Fall am 11. November 1996 verstrichen war. Dies setzte voraus, daß eine Hemmung dieser Frist infolge Quotenerschöpfung aus dem Grund des § 9 Abs. 3 letzter Satz AufG ab Juni 1996 nicht eingetreten wäre. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den hg. Beschluß vom 13. Juni 1997, Zl. 96/19/2208) tritt die Hemmung der Frist des § 27 VwGG unabhängig davon ein, ob ein Grund für die Versagung einer quotenabhängigen Bewilligung vorliegt oder nicht. Da die Quoten (für das Bundesland Wien) für den Aufenthaltszweck "Erwerbstätige" im Juni 1996 erschöpft waren, für eine Erschöpfung der Quote für Schlüsselkräfte jedoch keine Anhaltspunkte bestehen, war entscheidungswesentlich, unter welche Quote der Beschwerdeführer gefallen wäre.

Die Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 sieht im § 1 Abs. 3 folgende Definition der Schlüsselkräfte vor:

"(3) Schlüsselkräfte sind Fremde, an deren Erwerbstätigkeit

1. im Hinblick auf ihre besondere Ausbildung, speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besondere Erfahrung oder

2. im Hinblick auf den mit der Erwerbstätigkeit verbundenen Transfer von Investitionskapital gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen."

Mit dieser Verordnung wurde für das Bundesland Wien die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996 in der Höhe von insgesamt höchstens 5.400 Bewilligungen festgelegt, wobei höchstens 500 Bewilligungen für Schlüsselkräfte vorgesehen waren. In § 1 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 findet sich nach der zahlenmäßigen Festlegung der Quote für Schlüsselkräfte ausdrücklich der Verweis auf § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 der Verordnung BGBl. Nr. 395/1995. Diese letztgenannte Verordnung legt in § 1 Abs. 1 fest, für welche Aufenthaltszwecke Aufenthaltsbewilligungen erteilt werden können. § 1 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 dieser Verordnung sieht die unselbständige Erwerbstätigkeit (Z. 1) ebenso wie die selbständige Erwerbstätigkeit (Z. 2) als zulässigen Aufenthaltszweck vor.

Daraus ergibt sich, daß auch jemand, der einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht, als Schlüsselkraft angesehen werden kann. Dies ist sowohl aus der Definition der Schlüsselkraft in der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995, wo undifferenziert von "Erwerbstätigkeit" gesprochen wird, ableitbar als auch daraus, daß der in § 1 Abs. 3 Z. 2 der Verordnung genannte Transfer von Investitionskapital typischerweise mit einer selbständigen Erwerbstätigkeit in Verbindung steht. Auch der Verweis in § 1 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 (Festlegung der Quotenzahlen) auf die Z. 1 und 2 der Verordnung BGBl. Nr. 395/1995 bedeutet, daß sowohl selbständige als auch unselbständige Erwerbstätigkeit bei einer Schlüsselkraft vorgesehen ist.

Die Berufung des Beschwerdeführers enthält jedoch kein sachverhaltsbezogenes Vorbringen, aus dem zu entnehmen wäre, daß er dem in § 1 Abs. 3 der in Rede stehenden Verordnung umschriebenen Personenkreis angehörte. Die Berufung beschränkt sich vielmehr auf die Rechtsbehauptung, er sei "Führungskraft" und es bestünden "volkswirtschaftlich zu berücksichtigende Gesamtinteressen an der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, die gemäß § 1 Abs. 3 Zif. 2 VO BGBl, 854/1995 für eine bevorzugte Behandlung an der Erteilung einer solchen für den Bw sprechen".

Nicht jede "Führungskraft" ist als Schlüsselkraft im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 1 dieser Verordnung zu qualifizieren. Unter diese Bestimmungen fallen nur solche Antragsteller, an deren Erwerbstätigkeit im Hinblick auf ihre besondere Ausbildung, speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besondere Erfahrung gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen. Ein Fremder, der die für solche Kräfte vorgesehene Sonderquote in Anspruch nehmen will, kann sich daher nicht auf die bloße Rechtsbehauptung beschränken, er falle unter § 1 Abs. 3 der in Rede stehenden Verordnung, sondern hätte darzulegen, worin seine besondere Ausbildung, seine speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten bzw. seine besondere Erfahrung liegen, und weshalb für Österreich daran gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen. Von solchen Darlegungen kann im Falle des Beschwerdeführers, der nach seinem bis zur Einbringung der Säumnisbeschwerde erstatteten und aufrechterhaltenen Sachvorbringen im Verwaltungsverfahren selbständiger Werbeprospektverteiler mit einem Monatsgehalt von S 11.000,-- netto war, keine Rede sein.

Ebensowenig ist erkennbar, inwiefern diese selbständige Erwerbstätigkeit einen Transfer von Investitionskapital nach Österreich mit sich bringen sollte, an dem gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen (vgl. auch den vom Beschwerdeführer vorgelegten Vermögensstand und den hg. Beschluß vom 17. Oktober 1997, Zl. 96/19/3566).

Fehlte es aber schon an ausreichendem sachbezogenen Vorbringen des Beschwerdeführers, welches für seine Qualifikation als Schlüsselkraft streiten würde, so konnte die belangte Behörde auch nicht auf die (offene) Quote für Schlüsselkräfte für das Jahr 1996 zurückgreifen. Aufgrund des Umstandes, daß die - für den Beschwerdeführer allein in Frage kommende - Quote für Erwerbstätige im Juni 1996 bereits erschöpft war, traf die belangte Behörde nach der Bestimmung des § 9 Abs. 3 AufG vom Zeitpunkt dieser Quotenerschöpfung bis zur Erlassung einer nachfolgenden Quotenverordnung (hier: der entsprechenden, am 13. Dezember 1996 im BGBl. Nr. 707/1996 kundgemachten Verordnung über die Anzahl der Bewilligungen im Jahr 1997) keine Entscheidungspflicht.

Die Zeiten der geschlossenen Quote (von Juni 1996 bis 31. Dezember 1996) waren auf die Frist des § 27 VwGG nicht anzurechnen (vgl. den bereits zitierten hg. Beschluß vom 13. Juni 1997). Die mit Einbringung der Berufung am 8. Mai 1996 in Gang gesetzte Frist des § 27 VwGG war daher im Zeitpunkt der Quotenerschöpfung für das Jahr 1996 (Juni 1996) noch nicht abgelaufen.

Die am 11. November 1996 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Säumnisbeschwerde erweist sich daher als verfrüht. Sie war mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen. Umstände, die nach dem Zeitpunkt der Einbringung dieser Beschwerde (11. November 1996) lagen, also insbesondere die Erlassung einer nachfolgenden Quotenverordnung am 13. Dezember 1996 sowie die aus einer Urkundenvorlage vom 10. Jänner 1997 hervorgehenden Berufspläne des Beschwerdeführers betreffend eine Tätigkeit als Warenpräsentator haben für die Beurteilung der Frage der Berechtigung zur Erhebung der gegenständlichen Säumnisbeschwerde außer Betracht zu bleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch nicht veranlaßt, der Anregung des Beschwerdeführers auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens bezüglich des § 9 Abs. 3 zweiter und dritter Satz AufG nachzukommen. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers hängt die Frage, ob ein Antragsteller im Rahmen einer bestimmten für ein Jahr festgelegten Quote zum Zug kommt, bei gesetzmäßigem Vorgehen der Aufenthaltsbehörden keinesfalls von willkürlichen oder zufälligen Umständen ab. Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 12. September 1997, Zl. 95/19/1665, darlegte, berechtigte das AufG in seiner Fassung vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 die Behörden keinesfalls, bei der Wahl des Zeitpunktes ihrer Entscheidung nach Willkür vorzugehen. Vielmehr war bei der Reihenfolge der Vergabe offener Quotenplätze nach pflichtgebundenem Ermessen der Behörde vorzugehen. Eine der dabei zu beachtenden Ermessensdeterminanten stellte der Zeitpunkt der Antragstellung dar. Diese Grundsätze haben auch für § 9 Abs. 3 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 zu gelten. Für eine gesetzeskonforme Ermessensübung bei der Reihenfolge der Vergabe offener Quotenplätze hat die Aufenthaltsbehörde Sorge zu tragen.

Der Verfassungsgerichtshof führte in seinem Erkenntnis vom 29. Juni 1995, Slg. Nr. 14.191, zur Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs. 3 AufG in der Fassung vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 aus, ein verfassungskonformes Verständnis dieser Bestimmung führe zur Auffassung, daß sich die Rechtskraft des (nach dieser Bestimmung noch vorgesehen gewesenen) abweisenden, die Bewilligung versagenden Bescheides nur auf die Beurteilung des Bewilligungsantrages in Beziehung auf die konkrete, zum Entscheidungszeitpunkt geltende und daher maßgebende Verordnung erstrecke; es sei dem Bewilligungswerber anheim gestellt, sich neuerlich um eine Bewilligung im Rahmen einer anderen, durch eine spätere Verordnung festgelegte Quote zu bewerben, wobei die Behörde gehalten sei, insbesondere jene Umstände zu berücksichtigen, die schon in früheren Verfahren vorgelegen und grundsätzlich für die Bewilligungserteilung gesprochen hätten.

Obwohl § 9 Abs. 3 AufG aF für den Fall einer "rechtswidrigen" Übergehung eines Beschwerdeführers bei Vergabe der quotenabhängigen Bewilligungen keinen Folgenbeseitigungsanspruch im Sinne der Möglichkeit einer nachträglichen Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aufgrund des infolge Quotenerschöpfung abgewiesenen Antrages kannte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1997, Zl. 96/19/0878), hielt der Verfassungsgerichtshof die Bestimmung des § 9 Abs. 3 AufG aF für unbedenklich.

Durch die in § 9 Abs. 3 AufG aF (auch für den Fall einer "rechtswidrigen" Übergehung des Beschwerdeführers bei Vergabe der quotenabhängigen Bewilligungen) vorgesehene Abweisung seines Antrages infolge Quotenerschöpfung und der damit verbundenen Notwendigkeit einer neuerlichen Antragstellung nach Eröffnung einer neuen Quote war der Antragsteller schlechter gestellt, als durch die Regelung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995, welche als Konsequenz einer - allenfalls auch "rechtswidrigen" Übergehung eines Antragstellers - keine Abweisung, sondern eine Aufschiebung des Antrages bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung vorsieht. Bestanden aber gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorgängerbestimmung beim Verfassungsgerichtshof keine Bedenken, so kann dies umso weniger bei der nunmehrigen, für den Antragsteller günstigeren Regelung des § 9 Abs. 3 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 der Fall sein.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Besondere RechtsgebieteBinnen 6 MonatenAuslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4ErmessenAnspruch auf Sachentscheidung Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996193271.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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