TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/13 95/19/1762

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Veröffentlicht am 13.02.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs1;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §30 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1951 geborenen M A in B, vertreten durch Dr. Silvia Franek, Rechtsanwältin in 2500 Baden, Am Fischertor 5/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Oktober 1995, Zl. 116.927/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 17. Oktober 1994 bei der Bezirkshauptmannschaft Baden einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde von der Bezirkshauptmannschaft Baden namens des Landeshauptmannes von Niederösterreich gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 1 des Fremdengesetzes 1992 (im folgenden: FrG) abgewiesen, weil gegen den Beschwerdeführer ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich bestehe.

Die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 11. Oktober 1995, zugestellt am 30. Oktober 1995, gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG mit der Begründung abgewiesen, daß das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich vom 8. Juni 1995 am 27. Juni 1995 in Rechtskraft erwachsen sei. Damit liege ein Sichtvermerksversagungsgrund vor. Auf die weiteren Einwendungen - auch im Zusammenhang mit den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers - sei angesichts dieses Sachverhaltes nicht mehr einzugehen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich erkennbar in seinem Recht auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer räumt ein, daß gegen ihn im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein Aufenthaltsverbot bestanden hat, das von der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich verhängt worden war, wirft aber der belangten Behörde vor, verkannt zu haben, daß er gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich vom 8. Juni 1995 fristgerecht Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erhoben hatte und dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vom Verwaltungsgerichtshof bereits Folge gegeben worden war.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ist für die Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 sowie § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG maßgeblich.

§ 5 Abs. 1 AufG lautete in der Fassung dieser Novelle (auszugsweise):

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, ..."

§ 10 Abs. 1 Z. 1 FrG lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

1. gegen den Sichtvermerkswerber ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot besteht, es sei denn, daß die Voraussetzungen für eine Wiedereinreisebewilligung (§ 23) vorliegen;"

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ändert sich durch den Umstand, daß einer Beschwerde gegen ein durch Bescheid verhängtes Aufenthaltsverbot vom Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, zwar nichts an der Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes. Im Sinne des von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weit verstandenen Begriffs des "Vollzuges" des angefochtenen Bescheides bzw. der "aufschiebenden Wirkung" der Beschwerde kann jedoch ein Bescheid, mit dem ein Aufenthaltsverbot verhängt wurde, vorläufig keine Rechtswirkungen entfalten, sobald einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0084 und 0085, sowie vom 18. Oktober 1995, Zl. 95/21/0521). Ab der Zustellung eines Beschlusses über die aufschiebende Wirkung durfte daher die belangte Behörde im Sinne der vorangegangenen Erwägungen keine im aufenthaltsrechtlichen Bewilligungsverfahren relevanten Rechtswirkungen mehr an den Bescheid knüpfen (vgl. die soeben erwähnten hg. Erkenntnisse vom 17. Juni 1993 und vom 18. Oktober 1995 sowie das Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/1548).

Im vorliegenden Fall wäre die Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus dem Grunde des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG nur zulässig gewesen, wenn zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung noch nicht wirksam geworden wäre. Diese Voraussetzung war jedoch nicht erfüllt. Der hg. Beschluß vom 17. August 1995, Zl. AW 95/21/0285-2, über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im hg. Verfahren Zl. 95/21/0902 (Bescheidbeschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich, mit dem gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot verhängt wurde) ist der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich dem zu Zl. 95/21/0902 vorgelegten Verwaltungsakt zufolge bereits am 11. September 1995 zugestellt worden. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 30. Oktober 1995 bestand daher im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wegen des Aufschubes der hier relevanten Teile der Rechtskraftwirkung kein "rechtskräftiges Aufenthaltsverbot" im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG. Die Heranziehung des diesbezüglichen Sichtvermerksversagungsgrundes durch die belangte Behörde war demnach unzulässig.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995191762.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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