TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/12 W194 2124740-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.03.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

12.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W194 2124740-2/18Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer über die Beschwerde des XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Edward W. Daigneault in 1160 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsbürger, reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 09.07.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 11.07.2014 erfolgte seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

2. Am 04.04.2016 erhob der Beschwerdeführer eine Säumnisbeschwerde, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.11.2016, GZ W115 2124740-1/2E, abgewiesen wurde.

3. Am 17.01.2017 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde einvernommen.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.03.2017, der dem Beschwerdeführer am 09.03.2017 zugestellt wurde, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 sowie § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Zur Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten führte die belangte Behörde aus, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer persönlichen Bedrohung durch die Taliban oder andere Personen und somit einer persönlichen Verfolgung ausgesetzt wäre.

Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde angeführt, dass nicht festgestellt werden könne, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland die Lebensgrundlage gänzlich entzogen wäre oder er in eine die Existenz bedrohende Notlage gedrängt werden würde. Der Beschwerdeführer verfüge über familiäre Anknüpfungspunkte im Heimatland sowie über eine Schulausbildung, habe in Afghanistan gut verdient und könne für den Lebensunterhalt für seine Familie und sich selbst aufkommen.

Die belangte Behörde konnte kein schützenswertes Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich feststellen.

Des Weiteren wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsanwalt am 23.03.2017 Beschwerde.

6. Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit hg. am 29.03.2017 eingelangter Beschwerdevorlage den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt.

7. Mit am 06.03.2019 eingelangtem Schreiben legte die belangte Behörde Unterlagen über eine Verurteilung des Beschwerdeführers vor.

8. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.05.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W194 zugewiesen.

9. Am 27.06.2019 informierte die belangte Behörde das Bundesverwaltungsgericht über einen am XXXX vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe und am 01.07.2019 über die Übernahme der Kosten durch die belangte Behörde. Am 26.08.2019 informierte die belangte Behörde darüber, dass die freiwillige Rückkehr vom Beschwerdeführer widerrufen worden sei.

10. Mit Schreiben vom 07.01.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien des Verfahrens die Ladungen zur Verhandlung, sowie die im Beschwerdefall vorläufig als relevant erachteten Berichte zur Lage in Afghanistan.

11. Am 14.02.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und sein Rechtsanwalt teilnahmen und der ein Dolmetscher für die Sprache Dari beigezogen wurde. Die belangte Behörde blieb der Verhandlung entschuldigt fern.

Der Beschwerdeführer wurde in der Verhandlung zu seinem bisherigen Leben, seinen Fluchtgründen und seinem Leben in Österreich befragt. Er legte diverse Arbeitsbestätigungen sowie Unterstützungserklärungen vor. Weiters wurden die Länderberichte zum Herkunftsland des Beschwerdeführers erörtert.

Die Niederschrift der Verhandlung wurde der belangten Behörde im Anschluss zur Kenntnis übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Beschwerdeführer:

1.1.1. Zu seiner Person, seiner Familie und seiner Herkunft:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der XXXX und sunnitischer Moslem. Er stammt aus dem XXXX . Er ist verheiratet und hat XXXX Kinder; XXXX . Vom Jahr XXXX arbeitete der Beschwerdeführer in XXXX . Im Jahr XXXX verließ er XXXX Afghanistan und kam nach Europa.

1.1.2. Zu seinem Leben in Österreich:

Der Beschwerdeführer stellte am 09.07.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er hält sich seit seiner Antragstellung durchgehend in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer pflegt Freundschaften mit österreichischen Staatsbürgern. Er verbringt die Wochenenden gemeinsam mit seinen Freunden; sie gehen ins Café oder in Restaurants oder er kocht für sie. Er hat keine Familienangehörigen in Österreich und lebt hier nicht in einer Beziehung. In seiner Freizeit schaut er Filme auf Deutsch.

Der Beschwerdeführer arbeitet seit mehr als drei Jahren als Angestellter der XXXX und XXXX . Des Weiteren arbeitet er ehrenamtlich XXXX . Er lebt in einem Flüchtlingsheim und bezieht Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich Deutschkenntnisse erworben und mehrere Deutschkurse besucht. Er kann sich in deutscher Sprache verständigen, und seine Arbeitssprache ist Deutsch. Deutschprüfung hat der Beschwerdeführer bisher keine absolviert.

Am 02.03.2019 wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig vom zuständigen Landesgericht wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG, des Vergehens des versuchten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 15, 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG und dem Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB, zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen ( XXXX verurteilt, wobei ein Teil der Geldstrafe (60 Tagessätze) unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Am 26.06.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe, den er nach ca. einem Monat wieder zurückzog.

1.1.3. Zur befürchteten Verfolgung in Afghanistan:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan physischer oder psychischer Gewalt, Strafverfolgung oder anderen erheblichen Eingriffen durch staatliche Organe oder Private, speziell durch die Taliban, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung, ausgesetzt gewesen ist. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer derartige Bedrohungen bzw. speziell Bedrohungen durch die Taliban in seinem Heimatland zu erwarten hätte.

Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit XXXX zweimal von den Taliban XXXX bedroht und aufgefordert worden ist, diese oder einen Koffer XXXX einzuschleusen.

1.1.4. Zu seinen Rückkehrmöglichkeiten nach Afghanistan:

Der Beschwerdeführer ist im Zeitpunkt dieser Entscheidung ca. XXXX alt. Er verbrachte XXXX in Afghanistan und hält sich nunmehr seit ca. fünfeinhalb Jahren in Österreich auf. Seine Muttersprache ist XXXX , er spricht Dari auf Muttersprachenniveau und kann auf Dari lesen und ein wenig schreiben.

Er ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer besuchte in seiner Herkunftsprovinz ca. XXXX Jahre die Grundschule. Er lebte bis zum Jahr XXXX mit seiner Familie in einem eigenen Haus in seinem Heimatdorf und arbeitete XXXX . Im Jahr XXXX ging er nach XXXX und war dort bis zum Jahr XXXX als XXXX tätig. Er absolvierte in diesem Zusammenhang XXXX .

In dieser Zeit lebte der Beschwerdeführer XXXX und fuhr im Urlaub in seinen Heimatort zu seiner Familie. Die XXXX wurde währenddessen von der XXXX bewirtschaftet. Der Vater des Beschwerdeführers ist verstorben. Als der Beschwerdeführer zuletzt vor ca. XXXX Jahren mit ihnen Kontakt hatte, lebten die Ehefrau und die Kinder des Beschwerdeführers weiterhin im Heimatort XXXX .

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan ist der Schutz des Beschwerdeführers jedenfalls außerhalb seiner Herkunftsprovinz, konkret zB in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt gewährleistet, und es kann ihm ein Aufenthalt in diesen Städten zugemutet werden. Es ist davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer möglich sein wird, sich in einer dieser Städte eine Existenzgrundlage aufzubauen, eine Unterkunft zu finden und sich selbst zu erhalten. Er hat in XXXX mehrere Jahre gearbeitet, hatte dort Freunde und keine Probleme mit den Taliban. Zudem kann, auch wenn derzeit kein Kontakt besteht, nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan seine Familie wiederfindet bzw. den Kontakt zu ihr wiederherstellen kann.

1.2. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Im Verfahren wurden folgende Quellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers herangezogen:

* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 13.11.2019

* UNHCR-RICHTLINIEN zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018

* EASO Country Guidance: Afghanistan, Guidance note and common analysis, Juni 2019

* Enhancing Security and Stability in Afghanistan, Report of the department of defense United States of America, December 2019

1.2.1. Die Provinzen Balkh, Herat und Kabul:

1.2.1.1. Balkh (Provinzhauptstadt: Mazar-e Sharif; aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation):

"Balkh liegt im Norden Afghanistans und grenzt im Norden an Usbekistan, im Nordosten an Tadschikistan, im Osten an Kunduz und Baghlan, im Südosten an Samangan, im Südwesten an Sar-e Pul, im Westen an Jawzjan und im Nordwesten an Turkmenistan (UNOCHA 13.4.2014; vgl. GADM 2018). Die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz ist in die folgenden Distrikte unterteilt: Balkh, Char Bolak, Char Kent, Chimtal, Dawlat Abad, Dehdadi, Kaldar, Kishindeh, Khulm, Marmul, Mazar-e Sharif, Nahri Shahi, Sholgara, Shortepa und Zari (CSO 2019; vgl. IEC 2018).

Nach Schätzung der zentralen Statistikorganisation Afghanistan (CSO) für den Zeitraum 2019-20 leben 1.475.649 Personen in der Provinz Balkh, davon geschätzte 469.247 in der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif (CSO 2019). Balkh ist eine ethnisch vielfältige Provinz, welche von Paschtunen, Usbeken, Hazara, Tadschiken, Turkmenen, Aimaq, Belutschen, Arabern und sunnitischen Hazara (Kawshi) bewohnt wird (PAJ o.D.; vgl. NPS o.D.).

Balkh bzw. die Hauptstadt Mazar-e Sharif ist ein Import-/Exportdrehkreuz sowie ein regionales Handelszentrum (SH 16.1.2017). Die Autobahn, welche zum usbekischen Grenzübergang Hairatan-Termiz führt, zweigt ca. 40 km östlich von Mazar-e Sharif von der Ringstraße ab. (TD 5.12.2017). In Mazar-e Sharif gibt es einen Flughafen mit Linienverkehr zu nationalen und internationalen Zielen (BFA Staatendokumentation 25.3.2019). Im Januar 2019 wurde ein Luftkorridor für Warentransporte eröffnet, der Mazar-e Sharif und Europa über die Türkei verbindet (PAJ 9.1.2019).

Laut dem Opium Survey von UNODC für das Jahr 2018 belegt Balkh den 7. Platz unter den zehn größten Schlafmohn produzierenden Provinzen Afghanistans. Aufgrund der Dürre sank der Mohnanbau in der Provinz 2018 um 30% gegenüber 2017 (UNODC/MCN 11.2018).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Balkh zählt zu den relativ stabilen (TN 1.9.2019) und ruhigen Provinzen Nordafghanistans, in welcher die Taliban in der Vergangenheit keinen Fuß fassen konnten (AN 6.5.2019). Die vergleichsweise ruhige Sicherheitslage war vor allem auf das Machtmonopol des ehemaligen Kriegsherrn und späteren Gouverneurs von Balkh, Atta Mohammed Noor, zurückzuführen (RFE/RL o.D.; RFE/RL 23.3.2018). In den letzten Monaten versuchen Aufständische der Taliban die nördliche Provinz Balkh aus benachbarten Regionen zu infiltrieren. Drei Schlüsseldistrikte, Zari, Sholagara und Chahar Kant, zählen zu jenen Distrikten, die in den letzten Monaten von Sicherheitsbedrohungen betroffen waren. Die Taliban überrannten keines dieser Gebiete (TN 22.8.2019). Einem UN-Bericht zufolge, gibt es eine Gruppe von rund 50 Kämpfern in der Provinz Balkh, welche mit dem Islamischen Staat (IS) sympathisiert (UNSC 1.2.2019). Bei einer Militäroperation im Februar 2019 wurden unter anderem in Balkh IS-Kämpfer getötet (BAMF 11.2.2019).

Das Hauptquartier des 209. ANA Shaheen Corps befindet sich im Distrikt Dehdadi (TN 22.4.2018). Es ist für die Sicherheit in den Provinzen Balkh, Jawzjan, Faryab, Sar-e-Pul und Samangan zuständig und untersteht der NATO-Mission Train, Advise, and Assist Command - North (TAAC-N), welche von deutschen Streitkräften geleitet wird (USDOD 6.2019). Deutsche Bundeswehrsoldaten sind in Camp Marmal in Mazar-e Sharif stationiert (TS 22.9.2018).

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

[...]

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 227 zivile Opfer (85 Tote und 142 Verletzte) in Balkh. Dies entspricht einer Steigerung von 76% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren Bodenkämpfe, gefolgt von improvisierten Bomben (IEDS; ohne Selbstmordattentate) und gezielten Tötungen. UNAMA verzeichnete für das Jahr 2018 insgesamt 99 zivile Opfer durch Bodenkämpfe in der Provinz (UNAMA 24.2.2019). Hinsichtlich der nördlichen Region, zu denen UNAMA auch die Provinz Balkh zählt, konnte in den ersten 6 Monaten ein allgemeiner Anstieg ziviler Opfer verzeichnet werden (UNAMA 30.7.2019).

Im Winter 2018/2019 (UNGASC 28.2.2019) und Frühjahr 2019 wurden ANDSF-Operationen in der Provinz Balkh durchgeführt (UNGASC 14.6.2019). Die ANDSF führen auch weiterhin regelmäig Operationen in der Provinz (RFERL 22.9.2019; vgl KP 29.8.2019, KP 31.8.2019, KP 9.9.2019) unter anderem mit Unterstützung der US-amerikanischen Luftwaffe durch (BAMF 14.1.2019; vgl. KP 9.9.2019). Taliban-Kämpfer griffen Einheiten der ALP, Mitglieder regierungsfreundlicher Milizen und Sicherheitsposten beispielsweise in den Distrikten Chahrbulak (TN 9.1.2019; vgl. TN 10.1.2019), Chemtal (TN 11.9.2018; vgl. TN 6.7.2018), Dawlatabad (PAJ 3.9.2018; vgl. RFE/RL 4.9.2018) und Nahri Shahi (ACCORD 30.4.2019) an.

Berichten zufolge, errichten die Taliban auf wichtigen Verbindungsstraßen, die unterschiedliche Provinzen miteinander verbinden, immer wieder Kontrollpunkte. Dadurch wird das Pendeln für Regierungsangestellte erschwert (TN 22.8.2019; vgl. 10.8.2019). Insbesondere der Abschnitt zwischen den Provinzen Balkh und Jawjzan ist von dieser Unsicherheit betroffen (TN 10.8.2019).

IDPs - Binnenvertriebene

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 1.218 aus der Provinz Balkh vertriebene Personen, die hauptsächlich in der Provinz selbst in den Distrikten Nahri Shahi und Kishindeh Zuflucht fanden (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 4.361 konfliktbedingt Vertriebene aus Balkh, die allesamt in der Provinz selbst verblieben (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 15.313 Vertriebene in die Provinz Balkh, darunter 1.218 aus der Provinz selbst, 10.749 aus Faryab und 1.610 aus Sar-e-Pul (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 14.301 Vertriebene nach Mazar-e-Sharif und Nahri Shahi, die aus der Provinz Faryab, sowie aus Balkh, Jawzjan, Samangan und Sar-e-Pul stammten (UNOCHA 18.8.2019)."

1.2.1.2. Herat (Provinzhauptstadt: Herat-Stadt; aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation):

"Die Provinz Herat liegt im Westen Afghanistans und teilt eine internationale Grenze mit dem Iran im Westen und Turkmenistan im Norden. Weiters grenzt Herat an die Provinzen Badghis im Nordosten, Ghor im Osten und Farah im Süden (UNOCHA 4.2014). Herat ist in 16 Distrikte unterteilt: Adraskan, Chishti Sharif, Fersi, Ghoryan, Gulran, Guzera (Nizam-i-Shahid), Herat, Enjil, Karrukh, Kohsan, Kushk (Rubat-i-Sangi), Kushk-i-Kohna, Obe/Awba/Obah/Obeh (AAN 9.12.2018; vgl. PAJ o.D., PAJ 13.6.2019), Pashtun Zarghun, Shindand, Zendahjan. Zudem bestehen vier weitere "temporäre" Distrikte - Poshtko, Koh-e-Zore (Koh-e Zawar), Zawol und Zerko (CSO 2019; vgl. IEC 2018) -, die zum Zweck einer zielgerichteteren Mittelverteilung aus dem Distrikt Shindand herausgelöst wurden (AAN 3.7.2015; vgl. PAJ 1.3.2015). Die Provinzhauptstadt von Herat ist Herat-Stadt (CSO 2019). Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans (PAJ o.D.).

Die CSO schätzt die Bevölkerung der Provinz für den Zeitraum 2019-20 auf 2.095.117 Einwohner, 556.205 davon in der Provinzhauptstadt (CSO 2019). Die wichtigsten ethnischen Gruppen in der Provinz sind Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Usbeken und Aimaqs, wobei Paschtunen in elf Grenzdistrikten die Mehrheit stellen (PAJ o.D.). Herat-Stadt war historisch gesehen eine tadschikisch dominierte Enklave in einer paschtunischen Mehrheits-Provinz, die beträchtliche Hazara- und Aimaq-Minderheiten umfasst (USIP 2015). Umfangreiche Migrationsströme haben die ethnische Zusammensetzung der Stadt verändert. Der Anteil an schiitischen Hazara ist seit 2001 besonders gestiegen, da viele aus dem Iran rückgeführt oder aus den Provinzen Zentralafghanistans vertrieben wurden (AAN 3.2.2019). Der Grad an ethnischer Segregation ist in Herat heute ausgeprägt (USIP 2015; vgl. BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Die Provinz ist durch die Ring Road mit anderen Großstädten verbunden (TD 5.12.2017). Eine Hauptstraße führt von Herat ostwärts nach Ghor und Bamyan und weiter nach Kabul. Andere Autobahn verbinden die Provinzhauptstadt mit dem afghanisch-turkmenischen Grenzübergang bei Torghundi sowie mit der afghanisch-iranischen Grenzüberquerung bei Islam Qala (iMMAP 19.9.2017). Ein Flughafen mit Linienflugbetrieb zu internationalen und nationalen Destinationen liegt in der unmittelbaren Nachbarschaft von Herat-Stadt (BFA Staatendokumentation 25.3.2019).

Laut UNODC Opium Survey 2018 gehörte Herat 2018 nicht zu den zehn wichtigsten Schlafmohn anbauenden Provinzen Afghanistans. 2018 sank der Schlafmohnanbau in Herat im Vergleich zu 2017 um 46%. Die wichtigsten Anbaugebiete für Schlafmohn waren im Jahr 2018 die Distrikte Kushk und Shindand (UNODC/MCN 11.2018).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Herat gehört zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen Afghanistans, jedoch sind Taliban-Kämpfer in einigen abgelegenen Distrikten aktiv und versuchen oft terroristische Aktivitäten durchzuführen (KP 19.5.2019; vgl. KP 17.12.2018). Je mehr man sich von Herat-Stadt (die als "sehr sicher" gilt) und den angrenzenden Distrikten Richtung Norden, Westen und Süden entfernt, desto größer wird der Einfluss der Taliban (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Auch im Vergleich zu Kabul gilt Herat-Stadt einem Mitarbeiter von IOM-Kabul zufolge zwar als sicherere Stadt, doch gleichzeitig wird ein Anstieg der Gesetzlosigkeit und Kriminalität verzeichnet: Raubüberfälle nahmen zu und ein Mitarbeiter der Vereinten Nationen wurde beispielsweise überfallen und ausgeraubt. Entführungen finden gelegentlich statt, wenn auch in Herat nicht in solch einem Ausmaß wie in Kabul (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Der Distrikt mit den meisten sicherheitsrelevanten Vorfällen ist der an Farah angrenzende Distrikt Shindand, wo die Taliban zahlreiche Gebiete kontrollieren. Wegen der großen US-Basis, die in Shindand noch immer operativ ist, kontrollieren die Taliban jedoch nicht den gesamten Distrikt. Aufgrund der ganz Afghanistan betreffenden territorialen Expansion der Taliban in den vergangenen Jahren sah sich jedoch auch die Provinz Herat zunehmend von Kampfhandlungen betroffen. Dennoch ist das Ausmaß der Gewalt im Vergleich zu einigen Gebieten des Ostens, Südostens, Südens und Nordens Afghanistans deutlich niedriger (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Innerhalb der Taliban kam es nach der Bekanntmachung des Todes von Taliban-Führer Mullah Omar im Jahr 2015 zu Friktionen (AAN 11.1.2017; vgl. RUSI 16.3.2016; SAS 2.11.2018). Mullah Rasoul, der eine versöhnlichere Haltung gegenüber der Regierung in Kabul einnahm, spaltete sich zusammen mit rund 1.000 Kämpfern von der Taliban-Hauptgruppe ab. Die Regierungstruppen kämpfen in Herat angeblich nicht gegen die Rasoul-Gruppe, die sich für Friedensgespräche und den Schutz eines großen Pipeline-Projekts der Regierung in der Region einsetzt (SAS 2.11.2018). Innerhalb der Taliban-Hauptfraktion wurde der Schattengouverneur von Herat nach dem Waffenstillstand mit den Regierungstruppen zum Eid al-Fitr-Fest im Juni 2018 durch einen als Hardliner bekannten Taliban aus Kandahar ersetzt (UNSC 13.6.2019).

2017 und 2018 hat der IS bzw. ISKP Berichten zufolge drei Selbstmordanschläge in Herat-Stadt durchgeführt (taz 3.8.2017; Reuters 25.3.2018).

Aufseiten der Regierung ist das 207. Zafar-Corps der ANA für die Sicherheit in der Provinz Herat verantwortlich (USDOD 6.2019; vgl. PAJ 2.1.2019), das der NATO-Mission Train, Advise, and Assist Command - West (TAAC-W) untersteht, welche von italienischen Streitkräften geleitet wird (USDOD 6.2019; vgl. KP 16.12.2018).

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

[...]

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 259 zivile Opfer (95 Tote und 164 Verletzte) in Herat. Dies entspricht einem Rückgang von 48% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren improvisierten Sprengkörper (improvised explosive devices, IEDs; ohne Selbstmordanschläge), gefolgt von Kämpfen am Boden und gezielten Tötungen (UNAMA 24.2.2019).

In der Provinz Herat kommt es regelmäßig zu militärischen Operationen (KP 16.6.2019; vgl. KP 28.9.2019, KP 29.6.2019, KP 17.6.2019, 21.5.2019). Unter anderem kam es dabei auch zu Luftangriffen durch die afghanischen Sicherheitskräfte (KP 16.6.2019; vgl. AN 23.6.2019). In manchen Fällen wurden bei Drohnenangriffen Talibanaufständische und ihre Führer getötet (AN 23.6.2019; vgl. KP 17.12.2018; KP 25.12.2018). Der volatilste Distrikt von Herat ist Shindand. Dort kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen rivalisierenden Taliban-Fraktionen, wie auch zwischen den Taliban und regierungsfreundlichen Kräften (NYTM 12.12.2018; AJ 7.12.2018; AN 30.11.2018; KP 28.4.2018; VoA 13.4.2018). Regierungskräfte führten beispielsweise im Dezember 2018 (KP 17.12.2018) und Januar 2019 Operationen in Shindand durch (KP 26.1.2019). Obe ist neben Shindand ein weiterer unsicherer Distrikt in Herat (TN 8.9.2018). Im Dezember 2018 wurde berichtet, dass die Kontrolle über Obe derzeit nicht statisch ist, sondern sich täglich ändert und sich in einer Pattsituation befindet (AAN 9.12.2018). Im Juni 2019 griffen die Aufständischen beispielsweise mehrere Posten der Polizei im Distrikt an (AT 2.6.2019; vgl. PAJ 13.6.2019) und die Sicherheitskräfte führten zum Beispiel Anfang Juli 2019 in Obe Operationen durch (XI 11.7.2019). Außerdem kommt es in unterschiedlichen Distrikten immer wieder zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften (KP 5.7.2019; vgl. PAJ 30.6.2019) wie z.B in den Distrikten Adraskan, Fersi, Kushk-i-Kohna, Obe, Rabat Sangi, Shindand und Zawol (PAJ 30.6.2019).

Auf der Autobahn zwischen Kabul und Herat sowie Herat und Farah werden Reisende immer wieder von Taliban angehalten; diese fordern von Händlern und anderen Reisenden Schutzgelder (ST 14.12.2018).

IDPs - Binnenvertriebene

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 609 konfliktbedingt aus der Provinz Herat vertriebene Personen, von denen die meisten in der Provinz selbst Zuflucht fanden (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum vom 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 586 aus der Provinz Herat vertriebene Personen (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum vom 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 5.482 Vertriebene in die Provinz Herat, von denen die meisten (2.755) aus Ghor stammten (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 6.459 konfliktbedingt Vertriebene in die Provinz Herat, von denen die meisten (4.769) aus Badghis stammten (UNOCHA 18.8.2019)."

1.2.1.3. Kabul (Provinzhauptstadt: Kabul City; aus EASO Country Guidance):

[Security situation 2019, 2.15]

Kabul province is located in central Afghanistan and is divided in 15 districts. It borders Parwan, Kapisa, Laghman, Nangarhar, Logar and Wardak. Major roads depart from Kabul City and connect the capital with the rest of the country. In Kabul province, outside of Kabul city, the major insurgent actor were the Taliban, whereas the ISKP is primarily active in the provincial capital.

According to LWJ, all districts of Kabul province are categorised as under government control or undetermined.

According to GIM, 324 incidents related to insurgents were reported in the period of January 2018 - February 2019 in the province; 36 of them outside of the capital city (average of 0.6 incidents per week).

Examples of incidents include airstrikes by Afghan security forces in Surobi district, killing and wounding Taliban insurgents. There were reports of security forces as well as civilians being killed in attacks by the Taliban, and reports of explosions, for example attacks on Afghan security forces' outposts in Surobi district. Roadside bombs exploded in Paghman district, killing security forces and civilians. It was reported that security incidents were taking place along the road network in Paghman district and occasional incidents along the highways through Qarabagh and Dehsabz districts took place.

UNAMA documented 1 866 civilian casualties (596 deaths and 1 270 injured) in the province in 2018, representing 38 civilian victims per 100 000 inhabitants. This is an increase of 2 % compared to 2017. The leading causes for the civilian casualties were suicide/complex attacks, followed by (non-suicide) IEDs and targeted killings. The majority of the victims were in Kabul City.

In the period 1 January 2018 - 28 February 2019, 35 persons were displaced from Surobi district, the majority within the province itself. In the same period, 10 598 persons were displaced to the province of Kabul, the majority of them to the capital city.

In the map depicting conflict severity in 2018, UNOCHA places the district of the capital in the highest category. The remaining districts fall in the four lowest categories.

Focus on the capital: Kabul City

[Security situation, 2.1]

Kabul is the capital of Afghanistan. It is reported that the city, which before 2001 counted 12 wards, expanded to 22 wards as a result of its significant demographic growth and horizontal expansion. Its population is officially reported to be 4 117 414. Kabul city hosts an airport, which is served by international and domestic passenger flights.

The Taliban as well as the ISKP are active in the provincial capital. According to LWJ, the capital city is considered as under government control or undetermined.

Because of frequent high-profile attacks in the city throughout 2017, the Afghan government announced in August 2017 the development of a new security plan for Kabul, called the 'Green Belt'. Moreover, a special unit within the Afghan police called the Crisis Response Unit was created, in order to prevent and respond to attacks.

According to GIM, 288 incidents related to insurgents were reported in the period of January 2018 - February 2019 (average of 4.8 incidents per week).

The picture of conflict in Kabul City is characterised by asymmetric tactical warfare, with suicide bombers and IEDs as weapons of attack. The attacks mainly targeted civilians, including the civilian government administration, places of worship, education facilities, election-related sites and other 'soft' targets.

Examples of incidents include several complex attacks by the ISKP, killing and injuring civilians, especially the Shia population; for example, an attack on a voter registration centre in the Hazara-dominated neighbourhood of Dasht-e-Barchi and a suicide attack near the Karte Sakhi shrine, where hundreds, many of them Shia, had gathered to celebrate the start of Nowruz, the New Year festivity. The Taliban also carried out attacks in the provincial capital throughout 2018, killing and wounding civilians. The most prominent security incident occurred in late January 2018, when a van painted to look like an ambulance exploded outside of a government compound, killing 114 civilians and wounding 229 civilians. The Taliban also carried out an attack on the Intercontinental Hotel, as well as attacks on polling centres.

UNAMA documented 1 686 civilian casualties (554 deaths and 1 132 injured) from suicide and complex attacks in the city in 2018, representing 41 civilian victims of such attacks per 100 000 inhabitants. This is an increase of 5 % compared to 2017. Between 16 November 2018 and 7 February 2019, suicide attacks in Afghanistan overall decreased by 61 %, compared with the same period the year before, which, according to the UN Secretary General may reflect successful interdiction efforts by security forces in the cities of Kabul and Jalalabad.

No displacement from the capital was recorded in the period 1 January 2018 - 28 February 2019, however

10 430 persons were displaced to the city. The IDPs arriving and residing in Kabul add pressure on the community, basic services and social infrastructure, strongly affecting the absorption capacity of the city.

UNOCHA places the capital of Kabul in the highest category of conflict severity.

Looking at the indicators, it can be concluded that indiscriminate violence is taking place in the province of Kabul and in Kabul City, however not at a high level and, accordingly, a higher level of individual elements is required in order to show substantial grounds for believing that a civilian, returned to the territory, would face a real risk of serious harm within the meaning of Article 15(c) QD.

1.2.2. Die Provinz XXXX (aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation):

XXXX liegt im Osten Afghanistans, an der afghanisch-pakistanischen Grenze. Die Provinz grenzt im Norden an Badakhshan, im Osten an Pakistan, im Süden an Kunar und Laghman und im Westen an Panjshir (NPS o.D.nu; vgl. UNOCHA 4.2014nu). Die Provinzhauptstadt von XXXX ist Paroon/Parun. Die Provinz ist in die folgenden Distrikte unterteilt: Bargi Matal, Duab, Kamdesh, Mandol, Noor Gram, Paroon, Wama und Waygal (CSO 2019; vgl. UNOCHA 4.2014nu, OPr 1.2.2017nu, IEC 2018nu, AAN 17.11.2018).

XXXX ist größtenteils gebirgig, gilt als sehr abgelegen, und unterversorgt. Es gliedert sich in drei isolierte Täler: das Alingar-Tal im Westen, das Pech-Tal im Zentrum und das Landay Sin-Tal im Osten. (AAN 17.11.2018).

Die afghanische zentrale Statistikorganisation (CSO) schätzte die Bevölkerung von XXXX für den Zeitraum 2019-20 auf 160.993 Personen (CSO 2019); diese besteht hauptsächlich aus XXXX , gefolgt von Pashai, Paschtunen, Gujars und Tadschiken (NPS o.D.nu; vgl. PAJ o.D.nu). Obwohl das Volk der Nuristani vorwiegend als eine einzige ethnische Gruppe betrachtet wird, umfasst es de facto zahlreiche ethnische und subethnische Gemeinschaften, die verschiedene indo-europäische Sprachen sprechen, die manchmal unter dem Zweig der dardischen Sprachen zusammengefasst sind (AAN 17.11.2018).

Die meisten Straßen der Provinz waren früher nur für Lasttiere benutzbar. Dennoch wurde XXXX in der Vergangenheit zu einer wichtigen Unterstützungsroute für Mujahedin-Gruppen aus Pakistan und bleibt es auch heute noch für zahlreiche Aufständische, die in der Region aktiv sind. Darüber hinaus verbindet die Provinz Kabul und das Panjshir-Tal in der Zentralregion durch die Provinzen Kapisa und Laghman. Aufgrund der strategischen Lage wurden Straßenbauprojekte bereits während der Mujahedin-Zeit durchgeführt und von den US-Streitkräften und der afghanischen Regierung nach 2001 zur Bekämpfung des Aufstands fortgesetzt (AAN 17.11.2018).

Die Straßen werden in der Regel mit kleineren Fahrzeugen (Pick-Ups) befahren. Die Straßenbeschaffenheit macht diese aufgrund der Witterungsbedingungen in den Wintermonaten (Dezember - Februar) anfällig für Überschwemmungen, Steinschläge und Schnee; die Straßen sind daher nicht durchgehend befahrbar (DLCA 4.7.2018a). Im Mai 2019 gab der Gouverneur der Provinz XXXX den Startschuss für Arbeiten an einer 15 km langen Verbindungsstraße, die die Provinzhauptstadt Paroon mit der Provinz Kunar verbindet. Sobald die Arbeiten verrichtet sind, werden die Bewohner Zugang zu Transportmöglichkeiten erhalten (PAJ 20.5.2019). Weitere Projekte zum Aufbau von Straßen - die von der Provinzhauptstadt in die Distrikte gehen - werden vorangetrieben (PAJ 25.6.2019). Die Arbeiten an den Straßen in die zwei Distrikte Kamdesh und Bargi Matal werden rund sechs Monate in Anspruch nehmen (PJ 24.6.2019).

Laut dem UNODC Opium Survey 2018 ist XXXX seit 2013 schlafmohnfrei, mit Ausnahme von 2017, als auf 121 Hektar Schlafmohn angebaut wurde (UNODC/MCN 11.2018).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Gemeinschafts- bzw. Dorfälteste spielen immer noch eine wichtige Rolle in der Provinz, da sie die meisten Entscheidungen treffen (AAN 17.11.2018).

XXXX zählt zu den relativ volatilen Provinzen im Osten Afghanistans, wo die Taliban in manchen Distrikten aktiv sind und terroristische Aktivitäten setzen, während die Regierungskräfte Anti-Terror-Operationen durchführen (KP 11.6.2019). In der Provinz XXXX sind sowohl die Taliban (KP 11.6.2019; vgl. AAN 17.11.2018), als auch der Islamische Staat aktiv (YO 10.6.2019; vgl. TD 13.6.2019; DH 23.3.2019, SPF 10.12.2018, AAN 17.11.2018). Im Februar 2019 bezeichnete der UN-Generalsekretär XXXX als eine der ISKP-Hochburgen in Afghanistan (UNSC 1.2.2019). Im Mai 2019 gab der Gouverneur von Kunar an, dass der ISKP erfolglos versuchte, einen territorialen Korridor zur Verbindung von Kunar über XXXX mit der nordöstlichen Provinz Badakhshan zu bilden (RFE/RL 2.7.2019).

Ebenso sollen auch Al-Qaida-Kämpfer in XXXX aktiv sein und dort Basen betreiben (KP 24.10.2018; vgl. ET 12.7.2018, LWJ 6.4.2011).

In Bezug auf die Anwesenheit von staatlichen Sicherheitskräften liegt die Provinz XXXX in der Verantwortung des 201. ANA-Korps (USDOD 6.2019; KP 21.4.2019), das unter die NATO-Mission Train, Advise, and Assist Command - East (TAAC-E) fällt, welche von US-amerikanischen und polnischen Streitkräften geleitet wird (USDOD 6.2019).

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

[...]

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 25 zivile Opfer (9 Tote und 15 Verletzte) in der Provinz XXXX . Dies entspricht einer Steigerung von 41% gegenüber 2017. Hauptursachen für Opfer waren Bodengefechte, gefolgt von gezielten Tötungen und Luftangriffen (UNAMA 24.2.2019).

Luftangriffe und Operationen von internationalen und afghanischen Streitkräften gegen Aufständische finden in regelmäßigen Abständen statt (z.B. KP 21.4.2019; ST 24.10.2018; KP 24.10.2018; AT 26.6.2018; PAJ 15.1.2018). Kämpfe zwischen Taliban-Kämpfern und ISKP finden statt (D&S 8.8.2018; vgl. TEL 7.8.2018).

Während der Parlamentswahlen im Oktober 2018 kam es in den Distrikten Wama, Bargi Matal, Kamdesh und Noor Gram zu Angriffen auf Wahllokale (AAN 17.11.2018).

IDPs - Binnenvertriebene

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 628 konfliktbedingt Binnenvertriebene aus der Provinz XXXX , die größtenteils aus der Provinz selbst stammten (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 133 Binnenvertriebene aus XXXX , die sich in Panjsher ansiedelten (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 902 Binnenvertriebene, die sich in XXXX ansiedelten (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 541 konfliktbedingt in die Provinz vertriebene Personen, die aus Kunar stammten (UNOCHA 18.8.2019).

1.2.3. Erreichbarkeit (aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation):

"Die Infrastruktur bleibt ein kritischer Faktor für Afghanistan, trotz der seit 2002 erreichten Infrastrukturinvestitionen und -optimierungen (TD 5.12.2017). Seit dem Fall der Taliban wurde das afghanische Verkehrswesen in städtischen und ländlichen Gebieten grundlegend erneuert. Beachtenswert ist die Vollendung der "Ring Road", welche Zentrum und Peripherie des Landes sowie die Peripherie mit den Nachbarländern verbindet (TD 26.1.2018). Investitionen in ein integriertes Verkehrsnetzwerk werden systematisch geplant und umgesetzt. Dies beinhaltet beispielsweise Entwicklungen im Bereich des Schienenverkehrs und im Straßenbau (z.B. Vervollständigung und Instandhaltung der Kabul Ring Road, des Salang-Tunnels, des Lapis Lazuli Korridors etc.) (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 5.12.2017), aber auch Investitionen aus dem Ausland zur Verbesserung und zum Ausbau des Straßennetzes und der Verkehrswege (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TN 18.6.2018; SIGAR 15.7.2018, TET 13.12.2018, TD 26.1.2018, TD 8.1.2019, TN 25.5.2019, CWO 26.8.2019).

Jährlich sterben Hunderte von Menschen bei Verkehrsunfällen auf Autobahnen im ganzen Land - vor allem durch unbefestigte Straßen, überhöhte Geschwindigkeit und Unachtsamkeit (KT 17.2.2017; vgl. GIZ 7.2019, IWPR 26.3.2018). Die Präsenz von Aufständischen, Zusammenstöße zwischen diesen und den afghanischen Sicherheitskräften, sowie die Gefahr von Straßenraub und Entführungen entlang einiger Straßenabschnitte beeinflussen die Sicherheit auf den afghanischen Straßen. Einige Beispiele dafür sind die Straßenabschnitte Kabul-Kandahar (TN 15.8.2018; vgl. ST 24.4.2019), Herat-Kandahar (PAJ News 5.1.2019), Kunduz-Takhhar (KP 20.8.2018; vgl. CBS News 20.8.2019) und Ghazni-Paktika (AAN 30.12.2019).

[...]

Die im folgenden Abschnitt beispielhaft angeführten Flugverbindungen basieren auf Online-Flugplänen, auf die über eine Tracking-Site (Flightradar 24) zugegriffen wurde und betreffen den Zeitraum von 30.8.2019 bis 4.11.2019. Es ist möglich, dass zu einem späteren Zeitpunkt Destinationen bzw. Flüge hinzukommen oder hier angeführte wegfallen.

Internationale Flughäfen in Afghanistan

In Afghanistan gibt es insgesamt vier internationale Flughäfen; alle vier werden für militärische und zivile Flugdienste genutzt (Migrationsverket 23.1.2018). Trotz jahrelanger Konflikte verzeichnet die afghanische Luftfahrtindustrie einen Anstieg in der Zahl ihrer wettbewerbsfähigen Flugrouten. Daraus folgt ein erleichterter Zugang zu Flügen für die afghanische Bevölkerung. Die heimischen Flugdienste sehen sich mit einer wachsenden Konkurrenz durch verschiedene Flugunternehmen konfrontiert. Flugrouten wie Kabul - Herat und Kabul - Kandahar, die früher ausschließlich von Ariana Afghan Airlines angeboten wurden, werden nun auch von internationalen Fluggesellschaften abgedeckt (AG 3.11.2017).

Internationaler Flughafen Kabul

Der Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul ist ein internationaler Flughafen (TN 18.12.2017; vgl. HKA o.D.). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in "Internationaler Flughafen Hamid Karzai" umbenannt. Er liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neues internationales Terminal wurde hinzugefügt und das alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (HKA o.D.).

Folgende internationale Airlines fliegen nach Kabul: Turkish Airlines aus Istanbul, Silk Way Airlines aus Baku, Emirates und Flydubai aus Dubai, Air Arabia aus Sharjah, Mahan Air aus Teheran und Emirates aus Hong Kong (Flightradar 24 4.11.2019).

Nationale Airlines (Kam Air und Ariana Afghan Airlines) fliegen Kabul international aus Istanbul, Ankara, Medina, Dubai, Urumqi, Dushambe an (Flightradar 24 4.11.2019).

Innerstaatlich gehen Flüge von und nach Kabul (durch Kam Air bzw. Ariana Afghan Airlines) zu den Flughäfen von Kandahar, Bost (Helmand, nahe Lashkargah), Zaranj, Farah, Herat, Mazar-e Sharif, Maimana, Bamian, Faizabad, Chighcheran und Tarinkot (Flightradar 24 4.11.2019).

Internationaler Flughafen Mazar-e Sharif

Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh, eröffnet (PAJ 9.6.2013). Nachdem der Flughafen Mazar-e Sharif derzeit die Anforderungen eines erhöhten Personen- und Frachtverkehrsaufkommens nicht erfüllt, ist es notwendig, den Flughafen nach internationalen Standards auszubauen, inklusive entsprechender Einrichtungen der Luftraumüberwachung und der Flugverkehrskontrolle. Die afghanische Regierung will dieses Projekt gemeinsam mit der deutschen Bundesregierung und finanzieller Unterstützung des ADFD (Abu Dhabi Fund for Development) angehen. Langfristig soll der Flughafen als internationaler Verkehrsknotenpunkt zwischen Europa und Asien die wirtschaftliche Entwicklung der Region entscheidend verbessern (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Folgende internationale Airline fliegt nach Maza-e Sharif: Turkish Airlines aus Istanbul (Flightradar 4.11.10.2019).

Nationale Airlines (Kam Air und Ariana Afghan Airlines) fliegen Mazar-e Sharif international aus Moskau, Jeddah und Medina an (Flightradar 4.11.10.2019).

Innerstaatlich gehen Flüge von und nach Mazar-e Sharif (durch Kam Air bzw. Ariana Afghan Airlines) zu den Flughäfen von Kabul und Maimana (Flightradar 4.11.10.2019).

[...]

Internationaler Flughafen Herat

Der internationale Flughafen Herat befindet sich 10 km von der Provinzhauptstadt Herat entfernt. Der Flughafen wird u.a. von den Sicherheitskräften der ISAF benutzt, die einen Stützpunkt neben dem Flughafen haben. 2011 wurde ein neues Terminal mit Finanzierung der italienischen Regierung errichtet (HIA o.D.; ACAA o.D).

Nationale Airlines (Kam Air und Ariana Afghan Airlines) fliegen Herat international aus Medina und Delhi an (Flightradar 4.11.10.2019).

Innerstaatlich gehen Flüge von und nach Herat (durch Kam Air bzw. Ariana Afghan Airlines) zu den Flughäfen nach Kabul, Farah und Chighcheran (Flightradar 4.11.10.2019).

[...]"

1.2.4. Rückkehr (aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation):

Die Zahlen der Rückkehrer aus Iran sind auf hohem Stand, während ein deutliches Nachlassen an Rückkehrern aus Pakistan zu verzeichnen ist (2017: 154.000; 2018: 46.000), was im Wesentlichen mit den afghanischen Flüchtlingen jeweils gewährten Rechten und dem gewährten Status in Iran bzw. Pakistan zu begründen ist (AA 2.9.2019). Insgesamt sind in den Jahren 2012-2018 ca. 3,2 Millionen Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt. Seit dem Jahr 2016 hat sich die Zahl der Rückkehrer jedes Jahr deutlich verringert, jedoch hat sich die Zahl der Rückkehrer aus Europa leicht erhöht 15% aller Rückkehrer siedeln in die Provinz Nangarhar (IOM 15.3.2019).

Je nach Organisation variieren die Angaben zur Zahl der Rückkehrer:

In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 sind insgesamt 63.449 Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt. Davon waren 32.260 zwangsweise und 31.189 freiwillige Rückkehrer; 25.561 Personen kehrten aus dem Iran und aus Pakistan zurück; 1.265 aus Europa. 672 Personen erhielten Unterstützung von Hilfsorganisationen (MoRR o.D:): Im Jahr 2018 kamen 775.000 aus dem Iran und 46.000 aus Pakistan zurück (AA 2.9.2019) bzw. 180.000 Personen aus dem Iran und 125.000 Personen aus Pakistan (IOM 15.3.2019). Im Jahr 2017 stammten 464.000 Rückkehrer aus dem Iran 464.000 und 154.000 aus Pakistan (AA 2.9.2019).

Rückkehrer haben zu Beginn meist positive Reintegrationserfahrungen, insbesondere durch die Wiedervereinigung mit der Familie. Jedoch ist der Reintegrationsprozess der Rückkehrer oft durch einen schlechten psychosozialen Zustand charakterisiert. Viele Rückkehrer sind weniger selbsterhaltungsfähig als die meisten anderen Afghanen. Rückkehrerinnen sind von diesen Problemen im Besonderen betroffen (MMC 1.2019).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen (BFA 4.2018). Für Rückkehrer leisten UNHCR und IOM in der ersten Zeit Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung ist die Transition von humanitärer Hilfe hin zu Entwicklungszusammenarbeit nicht immer lückenlos. Wegen der hohen Fluktuation im Land und der notwendigen Zeit der Hilfsorganisationen, sich darauf einzustellen, ist Hilfe nicht immer sofort dort verfügbar, wo Rückkehrer sich niederlassen. UNHCR beklagt zudem, dass sich viele Rückkehrer in Gebieten befinden, die für Hilfsorganisationen aufgrund der Sicherheitslage nicht erreichbar sind (AA 2.9.2019).

Soziale, ethnische und familiäre Netzwerke sind für einen Rückkehrer unentbehrlich. Der Großteil der nach Afghanistan zurückkehrenden Personen verfügt über ein familiäres Netzwerk, auf das in der Regel zurückgegriffen wird. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, den ohnehin großen Familienverbänden und individuellen Faktoren ist diese Unterstützung jedoch meistens nur temporär und nicht immer gesichert (BFA 13.6.2019). Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z.B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen beruflichen Netzwerken (Kolleg/innen, Mitstudierende etc.) sowie politische Netzwerke usw. Die unterschiedlichen Netzwerke haben verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Einflüsse - auch unterscheidet sich die Rolle der Netzwerke zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind manche Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar, was möglicherweise zu einem neuerlichen Verlassen des Landes führen könnte. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (BFA 4.2018).

Rückkehrer aus dem Iran und aus Pakistan, die oft über Jahrzehnte in den Nachbarländern gelebt haben und zum Teil dort geboren wurden, sind in der Regel als solche erkennbar. Offensichtlich sind sprachliche Barrieren, von denen vor allem Rückkehrer aus dem Iran betroffen sind, weil sie Farsi (die iranische Landessprache) oder Dari (die afghanische Landessprache) mit iranischem Akzent sprechen. Zudem können fehlende Vertrautheit mit kulturellen Besonderheiten und sozialen Normen die Integration und Existenzgründung erschweren. Das Bestehen sozialer und familiärer Netzwerke am Ankunftsort nimmt auch hierbei eine zentrale Rolle ein. Über diese können die genannten Integrationshemmnisse abgefedert werden, indem die erforderlichen Fähigkeiten etwa im Umgang mit lokalen Behörden sowie sozial erwünschtes Verhalten vermittelt werden und für die Vertrauenswürdigkeit der Rückkehrer gebürgt wird (AA 2.9.2019). UNHCR verzeichnete jedoch nicht viele Fälle von Diskriminierung afghanischer Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan aufgrund ihres Status als Rückkehrer. Fast ein Viertel der afghanischen Bevölkerung besteht aus Rückkehrern. Diskriminierung beruht in Afghanistan großteils auf ethnischen und religiösen Faktoren sowie auf dem Konflikt (BFA 13.6.2019).

Rückkehrer aus Europa oder dem westlichen Ausland werden von der afghanischen Gesellschaft häufig misstrauisch wahrgenommen. Dem deutschen Auswärtigen Amt sind jedoch keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer nachweislich aufgrund ihres Aufenthalts in Europa Opfer von Gewalttaten wurden (AA 2.9.2019). UNHCR berichtet von Fällen zwangsrückgeführter Personen aus Europa, die von religiösen Extremisten bezichtigt werden, verwestlicht zu sein; viele werden der Spionage verdächtigt. Auch glaubt man, Rückkehrer aus Europa wären reich und sie würden die Gastgebergemeinschaft ausnutzen. Wenn ein Rückkehrer mit im Ausland erlangten Fähigkeiten und Kenntnissen zurückkommt, stehen ihm mehr Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung als den übrigen Afghanen, was bei der hohen Arbeitslosigkeit zu Spannungen innerhalb der Gemeinschaft führen kann (BFA 13.6.2019).

Haben die Rückkehrer lange Zeit im Ausland gelebt oder haben sie zusammen mit der gesamten Familie Afghanistan verlassen, ist es wahrscheinlich, dass lokale Netzwerke nicht mehr existieren oder der Zugang zu diesen erheblich eingeschränkt ist. Dies kann die Reintegration stark erschweren. Der Mangel an Arbeitsplätzen stellt für den Großteil der Rückkehrer die größte Schwierigkeit dar. Der Zugang zum Arbeitsmarkt hängt maßgeblich von lokalen Netzwerken ab (AA 2.9.2019). Die afghanische Regierung kooperiert mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung, vulnerable Personen einschließlich Rückkehrer/innen aus Pakistan und dem Iran zu unterstützen, bleibt begrenzt und ist weiterhin von der Hilfe der internationalen Gemeinschaft abhängig (USDOS 13.3.2019). Moscheen unterstützen in der Regel nur besonders vulnerable Personen und für eine begrenzte Zeit. Für Afghanen, die im Iran geboren oder aufgewachsen sind und keine Familie in Afghanistan haben, ist die Situation problematisch. Deshalb versuchen sie in der Regel, so bald wie möglich wieder in den Iran zurückzukehren (BFA 13.6.2019).

Viele Rückkehrer, die wieder in Afghanistan sind, werden de-facto IDPs, weil die Konfliktsituation sowie das Fehlen an gemeinschaftlichen Netzwerken sie daran hindert, in ihre Heimatorte zurückzukehren (UNOCHA 12.2018). Trotz offenem Werben für Rückkehr sind essentielle Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheit in den grenznahen Provinzen nicht auf einen Massenzuzug vorbereitet (AAN 31.1.2018). Viele Rückkehrer leben in informellen Siedlungen, selbstgebauten Unterkünften oder gemieteten Wohnungen. Die meisten Rückkehrer im Osten des Landes leben in überbelegten Unterkünften und sind von fehlenden Möglichkeiten zum Bestreiten des Lebensunterhaltes betroffen (UNOCHA 12.2018).

Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig (BFA 4.2018). Rückkehrer/innen erhalten Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Es gibt keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer (BFA 4.2018; vgl. Asylos 8.2017). Der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen aus Europa kehrt direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück (AAN 19.5.2017).

In Kooperation mit Partnerninstitutionen des European Return and Reintegration Network (ERRIN) wird im Rahmen des ERRIN Specific Action Program sozioökonomische Reintegrationsunterstützung in Form von Beratung und Vermittlung für freiwillige und erzwungene Rückkehrer angeboten (IRARA 9.5.2019).

Unterstützung von Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung

Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer/innen und IDPs sehen bei der Reintegration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der "whole of community" vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen. Die Rahmenbedingungen sehen eine Grundstücksvergabe vor, jedoch gilt dieses System als anfällig für Korruption und Missmanagement. Es ist nicht bekannt, wie viele Rückkehrer/innen aus Europa Grundstücke von der afghanischen Regierung erhalten haben und zu welchen Bedingungen (BFA 4.2018).

Die Regierung Afghanistans bemüht sich gemeinsam mit internationalen Unterstützern, Land an Rückkehrer zu vergeben. Gemäß dem 2005 verabschiedeten Land Allocation Scheme (LAS) sollten Rückkehrer und IDPs Baugrundstücke erhalten. Die bedürftigsten Fälle sollten prioritär behandelt werden (Kandiwal 9.2018; vgl. UNHCR 6.2008). Jedoch fanden mehrere Studien Probleme bezüglich Korruption und fehlender Transparenz im Vergabeprozess (Kandiwal 9.2018; vgl. UNAMA 3.2015, AAN 29.3.2016, WB/UNHCR 20.9.2017). Um den Prozess der Landzuweisung zu beginnen, müssen die Rückkehrer einen Antrag in ihrer Heimatprovinz stellen. Wenn dort kein staatliches Land zur Vergabe zur Verfügung steht, muss der Antrag in einer Nachbarprovinz gestellt werden. Danach muss bewiesen werden, dass der Antragsteller bzw. die nächste Familie tatsächlich kein Land besitzt. Dies geschieht aufgrund persönlicher Einschätzung eines Verbindungsmannes, und nicht aufgrund von Dokumenten. Hier ist Korruption ein Problem. Je einflussreicher ein Antragsteller ist, desto schneller bekommt er Land zugewiesen (Kandiwal 9.2018). Des Weiteren wurde ein fehlender Zugang zu Infrastruktur und Dienstleistungen, wie auch eine weite Entfernung der Parzellen von Erwerbsmöglichkeiten kritisiert. IDPs und Rückkehrer ohne Dokumente sind von der Vergabe von Land ausgeschlossen (IDMC/NRC 2.2014).

Bereits 2017 hat die afghanische Regierung mit der Umsetzung des Aktionsplans für Flüchtlinge und Binnenflüchtlinge begonnen. Ein neues, transparenteres Verfahren zur Landvergabe an Rückkehrer läuft als Pilotvorhaben mit neuer rechtlicher Grundlage an, kann aber noch nicht flächendeckend umgesetzt werden. Eine Hürde ist die Identifizierung von geeigneten, im Staatsbesitz befindlichen Ländereien. Generell führt die unklare Landverteilung häufig zu Streitigkeiten. Gründe hierfür sind die jahrzehntelangen kriegerischen Auseinandersetzungen, mangelhafte Verwaltung und Dokumentation von An- und Verkäufen, das große Bevölkerungswachstum sowie das Fehlen eines funktionierenden Katasterwesens. So liegen dem afghanischen Innenministerium Berichte über widerrechtliche Aneignung von Land aus 30 Provinzen vor (AA 2.7.2019).

Anmerkung: Ausführlichere Informationen können dem FFM-Bericht Afghanistan 4.2018 entnommen werden.

Unterstützung durch IOM

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) bietet im Bereich Rückkehr verschiedene Programme zur Unterstützung und Reintegration von Rückkehrern nach Afghanistan an (BFA 13.6.2019; vgl. BFA 4.2018). Hinsichtlich des Ausmaßes und der Art von Unterstützung wird zwischen freiwillig und unfreiwillig zurückgeführten Personen unterschieden (BFA 13.6.2019).

So ist beispielsweise die Provinz Herat hauptsächlich von der Rückkehr von Afghanen aus dem Iran betroffen. Landesweit ist die Zahl der Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan höher, als die der Rückkehrer aus Europa. Das von IOM durchgeführte Assisted Voluntary Return and Reintegration (AVRR) Programme besteht aus einer Kombination von administrativen, logistischen und finanziellen Unterstützungsmaßnahmen für Personen, welche beschließen, freiwillig aus Europa, Australien und der Türkei in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren (BFA 13.6.2019). Im Zuge des AVRR-Programmes wurden im Jahr 2018 von IOM 2.182 Rückkehrer unterstützt. Etwa die Hälfte von ihnen erhielt Unterstützung bei der Gründung eines Kleinunternehmens (IOM 30.1.2019).

Die "Reception Assistance" umfasst sofortige Unterstützung oder Hilfe bei der Ankunft am Flughafen: IOM trifft die freiwilligen Rückkehrer vor der Einwanderungslinie bzw. im internationalen Bereich des Flughafens, begleitet sie zum Einwanderungsschalter und unterstützt bei den Formalitäten, der Gepäckabholung, der Zollabfertigung, usw. Darüber hinaus arrangiert IOM den Weitertransport zum Endziel der Rückkehrer innerhalb des Herkunftslandes und bietet auch grundlegende medizinische Unterstützung am Flughafen an (BFA 13.6.2019). 1.279 Rückkehrer erhielten Unterstützung bei der Weiterreise in ihre Heimatprovinz (IOM 30.1.2019). Für die Provinzen, die über einen Flughafen und Flugverbindungen verfügen, werden Flüge zur Verfügung gestellt. Der Rückkehrer erhält ein Flugticket und Unterstützung bezüglich des Flughafen-Transfers. Der Transport nach Herat findet in der Regel auf dem Luftweg statt (BFA 13.62019).

IOM gewährte bisher zwangsweise rückgeführten Personen für 14 Tage Unterkunft in Kabul. Seit April 2019 erhalten Rückkehrer nur noch eine Barzahlung in Höhe von ca. 150 Euro (BAMF 20.5.2019; vgl. IOM 23.9.2019) sowie Informationen, etwa über Hotels (BAMF 20.5.2019). Die zur Verfügung gestellten 150 Euro sollen zur Deckung der ersten unmittelbaren Bedürfnisse dienen und können, je nach Bedarf für Weiterreise, Unterkunft oder sonstiges verwendet werden (IOM 23.9.2019). Nach Auskunft des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) hat lediglich eine geringe Anzahl von Rückgeführten die Unterbringungsmöglichkeiten von IOM genutzt (BAMF 20.5.2019).

Freiwillige Rückkehrerinnen und Rückkehrer, die am Reintegrationsprojekt RESTART II teilnehmen, haben nach wie vor die Möglichkeit, neben der Unterstützung in Bargeld von 500 Euro, die zur Deckung der ersten unmittelbaren Bedürfnisse vorgesehen sind, eine Unterstützung für die Weiterreise und für temporäre Unterkunft bis zu max. 14 Tagen (in Kabul: Spinzar Hotel) zu erhalten. Unterstützungsleistungen aus dem Projekt RESTART II, welches durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der Europäischen Union und das Österreichische Bundesministerium für Inneres kofinanziert wird, können im gesamten Land bezogen werden und sind daher in Städten wie Mazar-e Sharif und/oder Herat dieselben wie in Kabul. Wichtig ist, dass die Teilnahme am Reintegrationsprojekt RESTART II durch das BFA und IOM für die Rückkehrerinnen und Rückkehrer bewilligt wurde (IOM 23.9.2019).

In Österreich wird das Projekt Restart II seit 1.1.2017 vom österreichischen IOM-Landesbüro durchgeführt und vom österreichischen Bundesministerium für Inneres und dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU (AMIF) kofinanziert. Im Zuge dieses Projektes können freiwillige Rückkehrer/innen nach Afghanistan und in den Iran nachhaltig bei der Reintegration in ihr Herkunftsland unterstützt werden. Das Projekt läuft mit 31.12.2019 aus und sieht eine Teilnahme von 490 Personen vor (IOM o.D.).

Wohnungen

In Kabul und im Umland sowie in anderen Städten steht eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul-City sind jedoch höher als in den Vororten oder in den anderen Provinzen. Private Immobilienhändler in den Städten bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser und Wohnungen an. Die Miete für eine Wohnung liegt zwischen 300 USD und 500

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten