TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/16 W279 1427424-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.03.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

16.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2

Spruch

W279 1427424-4/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX .1997, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .12.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste im September 2011 illegal und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am XXXX .09.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei seiner Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion Wien am selben Tag gab der BF an, er sei sunnitischer Moslem und gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an. Zu seinem Fluchtgrund führte der BF aus, dass islamische Lehrer jene Kinder und Jugendliche vom Koranunterricht entführt und nach Pakistan gebracht hätten, wo sie mit ihnen eine Gehirnwäsche durchgeführt hätten, um sie zu Attentätern auszubilden. Aus diesem Grund sei der BF in den Iran geflohen, wo er jedoch keine Aufenthaltsberechtigung erhalten habe und oft verprügelt worden sei.

3. Am XXXX .05.2012 wurde der BF vom Bundesasylamt (in der Folge: BAA) einvernommen. Der BF gab an, dass er zuletzt in der Provinz Ghazni gelebt habe und nur mehr einen Onkel in Afghanistan habe, den er jedoch nicht kenne. Auf Nachfrage, wie seine Mutter nach dem Tod des Vaters den Lebensunterhalt für die Familie bestritten habe, entgegnete der BF, dass sein älterer Bruder gearbeitet habe und er selbst auch drei bis vier Monate als Straßenhändler gearbeitet habe. Seine Tätigkeit habe im Verkauf von Plastikbeutel bestanden und sein Bruder habe als Straßenhändler Obst verkauft. Sein Vater sei zu Lebzeiten Berufsoffizier gewesen. Auf Vorhalt, wieso seine Mutter nicht gemeinsam mit dem Bruder das Land verlassen habe, entgegnete der BF, dass sie aufgrund ihres Alters nicht dazu in der Lage gewesen sei. Das Leben des BF und seines Bruders sei in Gefahr gewesen, weshalb sie in weiterer Folge in den Iran geflüchtet seien. Zur Frage, wieso er geflüchtet sei, erklärte der BF, dass er die Koranschule besucht habe und die Lehrer einige Kinder nach Pakistan geschickt hätten, um sie zu Selbstmordattentäter auszubilden. Befragt, wieso er in der Türkei von seinem Bruder getrennt worden sei, entgegnete der BF, dass sie die gesamte Zeit zusammen gewesen seien, ihn jedoch nach einiger Zeit aus den Augen verloren habe. Die Fragen, ob er zu seinem Bruder wieder Kontakt herstellen habe können und ob er die letzten Jahre wieder Kontakt zu seiner Mutter gehabt habe, wurden vom BF verneint.

4. Mit Bescheid des BAA vom XXXX .05.2012, Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. (Spruchpunkt I.) Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde sein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. (Spruchpunkt II.) Der BF wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen. (Spruchpunkt III.)

Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde davon ausgehe, dass der BF erstmals vor den österreichischen Behörden eine global konstruierte Geschichte präsentiert habe, die er dann mehrere Monate ausgeschmückt und auf seinen persönlichen Fall zugeschnitten habe. In einer Gesamtbetrachtung gelange die erkennende Behörde zu dem Schluss, dass er in diesem Punkt keinesfalls einen Sachverhalt vorgetragen und glaubhaft gemacht habe, dem schlüssig die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft entnommen werden könnten und gehe die Behörde davon aus, dass es sich bei diesem Vorbringen um ein bloßes Konstrukt handle und er nicht die wahren Beweggründe für diese Antragstellung dargelegt habe.

Gegen den Bescheid wurde am XXXX .06.2012 fristgerecht Beschwerde erhoben.

5. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 06.08.2012, Zl. C13 427.424-1/2012/2E, wurde die Beschwerde gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass bezüglich des BF neben seinen persönlichen Umständen in Prüfung seiner Lebensumstände zu klären gewesen sei, woher er stamme, wo sich seine Familie nun aufhalte, ob der BF über ein soziales Netzwerk in seinem Herkunftsland verfüge und wie die Lage in diesen Regionen aktuell sei, bzw. über seine diesbezüglichen Angaben hinreichend beweiswürdigend abzusprechen. Das jugendliche Alter des BF sei bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Dem vorliegenden Bescheid sei somit-insbesondere was die Nichtgewährung von subsidiärem Schutz an den BF anbelangt-keine diesbezügliche hinreichende Begründung zu entnehmen. Im gegenständlichen Fall sei der angefochtene Bescheid des Bundesasylamtes und das diesem zugrundeliegende Verfahren im Ergebnis so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheine. Im fortgesetzten Verfahren werde die Erstbehörde die dargestellten Mängel zu verbessern und in Wahrung des Grundsatzes des Parteiengehörs dem BF die Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis zu bringen haben.

6. Im Rahmen einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt vom XXXX .11.2012 führte der BF aus, dass er in Österreich keine Verwandten habe und gesund sei. In Afghanistan habe er zuletzt in der Provinz Ghazni gemeinsam mit seiner Mutter sowie seinem Bruder im Elternhaus gewohnt. Nach seiner Ausreise habe seine Mutter bei einem Nachbarn gewohnt und sein Bruder habe mit ihm gemeinsam den Herkunftsstaat verlassen. Der Verbleib seines Bruders sei ihm jedoch unbekannt, mit seiner Mutter stehe er ebenfalls nicht mehr in Kontakt. Auf die Frage, ob zudem noch weitere Verwandte in der Heimatregion bzw. im Heimatdorf gewohnt hätten, entgegnete der BF, dass er zwar einen Onkel mütterlicherseits habe, diesen jedoch nicht gut kenne. Sein Bruder habe den Lebensunterhalt vor seiner Ausreise mit dem Verkauf von Obst verdient, er selbst habe Plastiktüten verkauft. Die finanzielle Lage seiner Familie sei insgesamt nicht schlecht gewesen. Der BF habe keinen Kontakt mehr zu Personen im Herkunftsstaat.

Zum Fluchtgrund befragt, brachte der BF vor, dass er in Afghanistan in einer Moschee den Koran gelernt habe. Ein Lehrer habe zwei Jugendliche, die mit ihm gemeinsam gelernt hätten, ins Ausland geschickt, um dort eine weitere Fortbildung zu absolvieren. Der BF habe seiner Mutter von dieser Maßnahme berichtet, die ihn daraufhin mit seinem Bruder ins Ausland geschickt habe.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom BF eine Urkunde über die erfolgreiche Teilnahme an einem Deutschkurs vom XXXX .10.2011 bis XXXX .01.2012 und eine Kursbestätigung vom XXXX .10.2012 über eine Teilnahme an einem Deutschkurs im Zeitraum von XXXX .10.2011 bis XXXX .01.2012 in Vorlage gebracht.

7. Mit Bescheid vom XXXX .11.2012, Zl. XXXX , wies das BAA den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 22.11.2013 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. (Spruchpunkt III.).

In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, dass die Behörde im Falle des BF von einer realen Gefahr einer Bedrohung ausgegangen sei, weil die Behörde zur Ansicht gelangt, dass aufgrund des jugendlichen Alters des BF und der Tatsache, dass seine Mutter nur notdürftig bei Nachbarn untergekommen sei, seine Existenzgrundlage nicht gesichert wäre und somit Gründe für die Annahme bestehen würden, dass er im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Gefahr laufen würde, in Afghanistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, womit festzustellen gewesen sei, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nicht mehr zulässig sei.

Der Bescheid wurde vom BF hinsichtlich Spruchpunkt I. angefochten.

8. Mit Erkenntnis vom 26.06.2015, W102 1427424-2/22E, wurde die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.

9. Am XXXX .11.2013 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG.

10. Mit Bescheid vom XXXX .11.2013 wurde dem BF die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum XXXX .11.2014 erteilt.

11. Mit Bescheid vom XXXX .11.2014 wurde dem BF die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum XXXX .11.2016 erteilt.

12. In einem Schreiben des BFA vom XXXX .02.2016 wurde dem BF mitgeteilt, dass gegen ihn ein Aberkennungsverfahren eingeleitet werde, da die Voraussetzungen für die Zuerkennung als Schutzberechtigter nicht mehr vorliegen würden und da er in Österreich bereits mehrfach straffällig geworden sei. Ihm wurde zur Wahrung des Parteiengehörs die Möglichkeit einer Stellungnahme sowie der Vorlage von Bescheinigungs-bzw. Beweismittel binnen einer Frist von zwei Wochen gewährt.

13. Mit Schriftsatz vom XXXX .02.2016 wurde vom bevollmächtigten Vertreter des BF ausgeführt, dass der BF seit September 2011 in Österreich lebe, nicht verheiratet sei, aber eine niederlassungsberechtigte Freundin habe, mit der er zusammenleben wolle und die er auch zu heiraten beabsichtige. Er spreche nahezu perfekt Deutsch und nahezu akzentfrei und habe keine Verwandten in Österreich. In Österreich bestreite der BF derzeit seinen Lebensunterhalt durch Sozialleistungen, er erhalte jedoch vom AMS keine Unterstützung, da ihm aufgrund des unrichtigen Bescheides mit dem Ablaufdatum XXXX .11.2015 Leistungen sowie Kursmaßnahmen gestrichen worden seien. In Afghanistan habe er keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte, da er zu seiner Mutter keinen Kontakt habe, sein Vater bereits verstorben sei und sein Bruder auf seiner Flucht nach Europa verschollen sei. Da der BF seit seinem 12. Lebensjahr nicht mehr in Afghanistan gelebt habe, wäre er bei einer Rückkehr in dieses Land völlig entwurzelt und würde sich in Afghanistan überhaupt nicht mehr zurechtfinden. Dem Schreiben wurde eine Strafregisterbescheinigung, eine Benachrichtigung vom XXXX .04.2015 des Opfers von der Einstellung des Verfahrens, eine Schulbesuchsbestätigung vom XXXX .11.2012 über den Besuch einer Polytechnischen Schule im Schuljahr 2012/13, ein Jahreszeugnis der Polytechnischen Schule vom XXXX .06.2013, ein Spielerpass, eine Kursbestätigung vom XXXX .10.2012 über die Teilnahme an einem Deutschkurs vom XXXX .10.2011 bis zum XXXX .01.2012, eine Urkunde vom XXXX .05.2012 über die erfolgreiche Teilnahme am Deutschkurs im Zeitraum vom XXXX .10.2011 bis zum XXXX .01.2012, ein Befund vom XXXX .03.2014 über ein MRT des rechten Kniegelenkes mit dem Ergebnis "osteochondraler Defekt am lateralen Femurkondyl (Gelenkfortsatz des Oberschenkelknochens)" und ein Arztbrief eines Landesklinikums vom XXXX .01.2014 über einen stationären Aufenthalt vom XXXX .01.2014 bis zum XXXX .01.2014 aufgrund einer Operation am Meniskus angeschlossen.

14. Mit Bescheid vom XXXX .12.2016 wurde dem BF die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum XXXX .11.2018 erteilt.

15. In einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA vom XXXX .12.2018 gab der BF zu Protokoll, dass er gesund sei und keine Medikamente einnehme. Er gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an und sei sunnitischer Moslem. Auf Aufforderung, einen Lebenslauf von sich anzugeben, führte der BF aus, dass er in der Provinz Ghazni geboren und aufgewachsen sei. Er habe im Heimatstaat eineinhalb Jahre die Koranschule besucht und nur zwei oder drei Monate Plastikteile in Afghanistan verkauft. Auf die Frage, welche Angehörigen er noch im Herkunftsstaat habe, erklärte der BF, dass er dort keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte mehr habe, da er den Aufenthaltsort seiner Mutter nicht kenne. Er wisse noch über ein Onkel Bescheid, kenne diesen jedoch nicht genau. Der BF sei auch nicht über den Verbleib seines Bruders informiert und habe ihn zuletzt 2011 in der Türkei gesehen. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland fürchte er sich vor dem Krieg.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, brachte der BF vor, dass er zwei Jahre lang das Polytechnikum besucht habe und danach den Hauptschulabschluss gemacht habe. Anschließend habe er diverse Praktika absolviert und sei derzeit auf Arbeitssuche. Er habe im Bundesgebiet seit 2012 eine armenische Freundin, wohne jedoch mit dieser nicht zusammen. Den genauen Geburtstag seiner Freundin könne der BF jedoch nicht angeben. Die Frage, ob er Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation sei, wurde vom BF verneint. Er beziehe Geldleistungen vom AMS und sei noch nie verurteilt worden. Auf Vorhalt, dass er zu drei Monaten bedingt verurteilt worden sei, erwiderte der BF, dass er bei dieser Straftat lediglich anwesend gewesen sei.

16. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX .12.2018, Zl. XXXX , wurde dem BF der zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Absatz 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG), von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und der Antrag vom 10.10.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wurde abgewiesen (Spruchpunkt II.). Weiters sprach die belangte Behörde aus, dass dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen wird (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt wird, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Weiters wurde festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde ausgeführt, dass sich die subjektive Lage des BF im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt dahingehend geändert habe, als ihm nunmehr sehr wohl eine Rückkehr nach Afghanistan, speziell nach Mazar-e Sharif oder Herat zuzumuten sei, umso mehr er aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes in Europa und damit einhergehend über einen massiven Zuwachs an Lebenserfahrung gesammelt habe, sodass er auf sich alleine gestellt seinen Lebensunterhalt in Afghanistan bestreiten könnte und es ihm nun auch zuzumuten sei, selbst unter durchaus schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung zu suchen und möglicherweise durch das Verrichten von Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, umso mehr er selbst gesagt habe, jeder Arbeit nachgehen zu können und demnach seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten zu können, zumal er nun nicht mehr jugendlich sei und dementsprechend selbstständig arbeiten gehen könne. Der BF benötige auch nicht die Unterstützung seiner Mutter, da er selbstständig eine Erwerbstätigkeit finden und diese auch verrichten können würde. Weiters habe er durch seinen Aufenthalt in Europa Berufserfahrung gesammelt und in Österreich bereits Praktika absolviert. Damals habe dem BF nicht zugemutet werden können, die schwierigen Bedingungen in Zusammenhang mit den Möglichkeiten, den Lebensunterhalt zu bestreiten, in Kauf zu nehmen, was nun jedoch nicht mehr gegeben sei, zumal er durch seine neuerlangte Lebenserfahrung seinen Lebensunterhalt mit Sicherheit bestreiten könnte und er des Weiteren nun volljährig sei, womit es ihm leichter fallen werde, Arbeit zu suchen. Was die Lebenserfahrungen betreffe, sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass er mit seinem Aufenthalt in Österreich bereits unweigerlich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, auf bestehende Netzwerke zurückzugreifen, was ihm zweifelsohne im Falle einer Rückkehr in Anbetracht des damit gewonnenen Erfahrungsschatzes zugutekommen und entsprechend hilfreich sein werde.

17. Der BF erhob mittels seines nunmehrigen Rechtsvertreters gegen den oben genannten Bescheid am XXXX .02.2019 gemäß § 71 AVG einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und eine Beschwerde, in der ausgeführt wurde, dass aufgrund der Tatsache, dass der BF nie die Verständigung über die Hinterlegung erhalten habe, sei ein unvorhergesehenes Ereignis eingetroffen, das die Partei nicht einberechnet habe, welches kausal für die Versäumung der Beschwerdefrist gewesen sei. Außerdem sei festzuhalten, dass in diesem Fall die Rechtsmäßigkeit der Zustellung in Frage stehe. Eine Hinterlegung ohne schriftliche Verständigung oder mit einer fehlerhaften Verständigung entfalte keine Rechtswirkungen. Die Behörde habe unterlassen, auf das individuelle Vorbringen des BF ausreichend einzugehen und habe dadurch das Verfahren mit Mangelhaftigkeit behaftet. Die belangte Behörde habe außerdem im Rahmen der Beweiswürdigung als Grund für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten unter anderem angegeben, dass er keine Fluchtgründe, sondern bloß die allgemeine Sicherheitslage vorgebracht habe. In Anbetracht der zur Verfügung stehenden Länderinformationen sei nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde zu diesen Schlussfolgerungen komme. Dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 29.06.2018 zufolge sei die Sicherheitslage in Afghanistan aktuell äußerst prekär. Für eine Ansiedlung in einer ländlichen Gegend fehle dem BF die familiäre Unterstützung. Der BF sei zudem seit seinem 11. Lebensjahr nicht mehr in seinem Heimatland gewesen und habe seit vielen Jahren keinen Kontakt zu seinen Familienangehörigen. Es sei daher nicht ersichtlich, wie es ihm möglich sein sollte, nach Afghanistan zurückzukehren. Beim BF sei außerdem besonders zu berücksichtigen, dass er Afghanistan als Minderjähriger verlassen habe und diese in Afghanistan besonderen Gefahren ausgesetzt seien. Darüber hinaus habe der BF kein eigenes Vermögen, das er bei einer Neuansiedlung in Afghanistan nutzen könnte. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

18. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.05.2019, W240 1427424-3/3E, wurde der Antrag des BF auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 6 AVG iVm §33 VwGVG zuständigkeitshalber an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl rückübermittelt.

19. In einer Stellungnahme vom XXXX .06.2019 führte der bevollmächtigte Vertreter des BF aus, dass im Fall des BF zu prüfen sei, ob ihm der Bescheid überhaupt wirksam zugestellt worden sei, somit auch, ob ihm ein wirksamer Rechtsbehelf jemals offen gestanden habe. Dies sei im gegenständlichen Sachverhalt nicht der Fall gewesen, weshalb auch die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung in diesem Fall dieselbe Rechtsfolge hätte wie bei einem Rechtsbehelf, der sich gegen die Ablehnung direkt richte und welche der EuGH zu verhindern suche.

20. Mit Bescheid des BFA vom XXXX .12.2019, Zl. XXXX , wurde dem Antrag des BF auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom XXXX .02.2019 stattgegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF

Der BF ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Dari.

Der BF stammt aus der Provinz Ghazni, Afghanistan. Der BF besuchte im Herkunftsstaat eineinhalb Jahre die Koranschule und verdiente seinen Lebensunterhalt im Herkunftsstaat mit dem Verkauf von Plastikteilen.

Der Vater des BF ist bereits verstorben, der Aufenthalt der Mutter und des Bruders des BF ist unbekannt.

Der BF ist auf Grund der Tatsache, dass er sich in Europa aufgehalten hat und damit einhergehend "westlicher" orientiert ist, in Afghanistan keiner psychischen und/oder physischen Gewalt ausgesetzt bzw. hat er (oder jeder derartige "Rückkehrer") eine solche im Falle seiner Rückkehr nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten.

1.2. Zu den Lebensumständen in Österreich

Der BF war nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet zunächst ab September 2011 als Asylwerber und dann seit November 2012 als subsidiär Schutzberechtigter mit einer bis November 2013 befristeten Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet aufhältig, die dreimal verlängert und zuletzt bis XXXX .11.2018 erteilt wurde.

In Österreich hat der BF keine familiären Anknüpfungspunkte oder sonstige Verwandte. Mit seiner armenischen Freundin besteht weder ein gemeinsamer Haushalt noch liegt ein besonderes Nahe-oder Abhängigkeitsverhältnis vor.

Der BF wurde wegen § 91 Abs. 1 1. Fall StGB sowie § 15 StGB §127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Der BF hat in Österreich eine Polytechnische Schule sowie Deutschkurse besucht und ist Mitglied in einem Fußballverein.

Der BF ist gesund und wurde wegen Knieproblemen im Jahr 2014 am Meniskus operiert.

Der BF befindet sich - nicht nur auf Grund seines nunmehrigen Lebensalters - aktuell persönlich nicht mehr in der gleichen (gleich vulnerablen) Lage wie zum Zeitpunkt der Zuerkennung von subsidiärem Schutz im November 2012 sowie im Zeitpunkt der Verlängerungen des subsidiären Schutzes. Der BF ist inzwischen älter, erfahrener, selbständiger, hat Integrationsschritte in Form eines Schulbesuchs sowie der Absolvierung von Deutschkursen gesetzt und Kontakte geknüpft.

1.3. Zur Rückkehrsituation:

Im Falle einer Verbringung des BF in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

Eine Rückkehr des BF in seine Heimatprovinz Ghazni ist nicht möglich.

Dem BF steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat zur Verfügung. Der BF hat bis zu seiner Ausreise in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat nicht gelebt. Der BF kann Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug auf Grund der vorhandenen internationalen Flughäfen erreichen.

Der BF ist gesund, mobil, anpassungsfähig, befindet sich im erwerbsfähigen Alter und ist auch erwerbsfähig.

Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des BF nach Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt ausschließen, liegen nicht vor.

Der BF ist mit den kulturellen Gepflogenheiten und der Sprache seines Herkunftsstaates vertraut und verfügt über Kenntnisse in Dari in Wort und Schrift.

Der BF liefe im Falle einer Rückkehr nach Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt nicht maßgeblich Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er ist in der Lage, in Mazar-e Sharif oder in Herat-Stadt eine einfache Unterkunft zu finden bzw. am Erwerbsleben teilzunehmen.

Im Übrigen hat der BF die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form einer Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und ist es zudem nicht ausgeschlossen, dass die Familie bzw. Verwandte des BF ihn bei einer Rückkehr nach Afghanistan beim Aufbau einer Existenzgrundlage in Mazar-e Sharif oder in Herat-Stadt finanziell durch kleine Überweisungen unterstützten.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zur Staats-, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des BF sowie seine Herkunft gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des BF zu zweifeln.

Die Feststellungen zu seinen persönlichen Umständen im Herkunftsstaat und in Österreich, ergeben sich aus seinen glaubhaften im gesamten Verfahren übereinstimmenden Angaben.

Die Feststellungen, dass dem BF auf Grund seines mehrjährigen Aufenthalts in Europa sowie einer "westlicheren Orientierung" keine konkret gegen ihn gerichtete physische bzw. psychische Gewalt in Afghanistan droht, ergeben sich aus seinem auch diesbezüglich lediglich allgemein gehaltenen Vorbringen, mit dem er eine Bedrohung seiner Person im Falle einer Rückkehr nicht hinreichend substantiiert aufzuzeigen vermochte.

2.1.2. Zu den Lebensumständen in Österreich

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF ergeben sich aus der im Akt einliegenden Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die Feststellungen zum Aufenthalt in Österreich bzw. seiner Integrationsschritte ergeben sich aus vorgelegten Dokumenten im Verfahren.

2.1.3. Zur Rückkehrsituation:

Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung des BF in seinem Herkunftsstaat ergeben sich - insb. unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative für Afghanistan - aus den o.a. Länderfeststellungen und dem übrigen in das Verfahren eingeführten und dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen bekannten Berichtsmaterial in Zusammenschau mit den vom BF glaubhaft dargelegten und festgestellten persönlichen Umständen.

Aus dem in das Verfahren eingeführten Länderberichtsmaterial ergibt sich zunächst, dass die aktuelle Sicherheitslage in Afghanistan unverändert weder sicher noch stabil ist, wobei diese regional von Provinz zu Provinz und innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt variiert.

Aufgrund der Sicherheitslage in seiner Herkunftsprovinz Ghazni ist eine Rückkehr dorthin nicht möglich.

Aufgrund der Sicherheitslage in den Städten Mazar-e Sharif und Herat ist eine Rückkehr des BF aber möglich.

Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass sich der BF in Mazar-e Sharif oder der Stadt Herat bereits aufgehalten hat. Er verfügt daher über keine Ortskenntnisse hinsichtlich Mazar-e Sharif oder der Stadt Herat und hat dort auch keine familiären bzw. sozialen Anknüpfungspunkte.

Mazar-e Sharif und die Stadt Herat sind über den Luftweg aufgrund der vorhandenen internationalen Flughäfen gut bzw. sicher erreichbare Städte. Die ausreichend sichere Erreichbarkeit ist daher über die internationalen Flughäfen gegeben (vgl. auch die dahingehenden Ausführungen unter Pkt. V. der EASO-Country Guidance von Juni 2018). Aus den Länderfeststellungen ergeben sich eben auch internationale Verbindungen.

Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des BF nach Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt ausschließen würden, sind nicht hervorgekommen.

Beim BF handelt es sich um einen arbeitsfähigen und volljährigen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Aufgrund seiner in Österreich absolvierten Integrationsschritten und gewonnenen Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass der BF in der Lage ist, seine grundlegenden und notwendigen Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft zu befriedigen.

Für eine ausweglose Situation bzw. existenzielle Gefährdung des BF bestehen hingegen keine Hinweise. Es gibt keinen Anhaltspunkt, wieso er in Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt nicht in der Lage sein sollte, seinen Unterhalt - etwa auch durch Gelegenheits- und Hilfsarbeiten - zu sichern und eine einfache Unterkunft zu finden.

Die festgestellten Umstände rechtfertigen aus Sicht des erkennenden Gerichtes im Lichte einer Gesamtbetrachtung die Annahme, dass sich der BF in Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt eine Existenz aufbauen und sichern kann.

Mangels anderer aktueller Anhaltspunkte geht das Bundesverwaltungsgericht daher davon aus, dass der BF gesund ist und keine maßgebliche Beeinträchtigung vorliegt. Beim BF handelt es sich daher um einen gesunden jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Vorgelegten Unterlagen zufolge wurde der BF im Jahr 2014 aufgrund Knieproblemen am Meniskus operiert.

Der BF spricht muttersprachlich eine in seiner Heimat weit verbreitete Sprache, welche er in Wort und Schrift beherrscht und lebte der BF bis ins Jahr 2011 in Afghanistan, wo er auch eine Koranschule besuchte und Plastikutensilien verkaufte. Da der BF den überwiegenden Teil seines Lebens in Afghanistan verbracht hat, ist er mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates sowie mit der Sprache vertraut.

Aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles ist davon auszugehen, dass der BF in der Lage ist, in seinem Herkunftsstaat seine grundlegenden und notwendigen Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft zu befriedigen.

2.2. Zu den Feststellungen zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Die der Entscheidung zugrunde gelegten Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt wurden, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung von anderen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichten aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Der BF trat den getroffenen, nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts unbedenklichen Feststellungen nicht substantiiert entgegen. Insgesamt vermochte der BF die Korrektheit der Erkenntnisquellen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Zweifel zu ziehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. - III. des angefochtenen Bescheides:

Zur Aberkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter:

Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden nach § 8 AsylG 2005 zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

§ 9 Abs. 1 AsylG 2005 bestimmt auszugsweise:

"§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2.-er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

3.-er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Anhand der Definition des § 2 Abs. 1 Z 16 AsylG 2005 und des in diesem Sinn inhaltliche Festlegungen vornehmenden § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ergibt sich, dass es sich beim Status des subsidiär Schutzberechtigen (anders als beim Status des Asylberechtigten, der zu einem dauernden Aufenthaltsrecht führen kann; vgl. § 2 Abs. 1 Z 15 und § 3 Abs. 4 AsylG 2005) - um ein dem Fremden von Österreich nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gewährtes, stets nur vorübergehendes (wenn auch verlängerbares) Einreise- und Aufenthaltsrecht handelt (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153-8).

Nach Auffassung des EGMR (zB EGMR 09.04.2013, H. und. B. gg. Vereinigtes Königreich, Nr. 70073/10 und 44539/11) ist die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde ("... the Court does not consider that there is currently in Afghanistan a general situation of violence such that there would be a real risk of illtreatment simply by virtue of an individual being returned there." Rn 93). Der EGMR hat diese Rechtsprechung in jüngeren Urteilen im Hinblick auf die aktuelle Lage in Afghanistan ausdrücklich bestätigt (vgl. die Urteile jeweils vom 12. Jänner 2016, jeweils gegen Niederlande: S.D.M., Nr. 8161/07; A.G.R., Nr. 13442/08; A.W.Q. und D.H., Nr. 25077/06; S.S., Nr. 39575/06; M.R.A. ua., Nr. 46856/07).

Zwar ist die Sicherheitslage in Mazar-e Sharif und Herat (Stadt) angespannt, insb. weil immer wieder schwere Anschläge vorkommen. Eine generelle Lage der Unsicherheit (auch abseits neuralgischer Ziele), die darauf hinausliefe, dass jeder, der dort lebt, der realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wäre, lässt sich aus den Feststellungen für beide Städte aber nicht ableiten.

Es sind aktuell keine außergewöhnlichen, exzeptionellen Umstände hervorgekommen, die dem BF im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan drohen und die ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 AsylG 2005 darstellen könnten, wie etwa eine dramatische Versorgungslage (z.B. Hungersnöte), eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens.

Zu der in der Stellungnahme genannten Entscheidung des französischen "Cour nationale du droit d- asile" vom 09.03.2018 ist festzuhalten, dass diese Entscheidung keine Bindungswirkung für österreichische Gerichte hat. Entscheidungen im Asylverfahren sind stets Einzelfallentscheidungen, bei denen die konkreten und individuellen Umstände jedes Falles gesondert geprüft werden.

Das BFA hat im Bescheid vom 20.09.2016, Zl. 1060555807/150364536, angenommen, dass die Familie des BF in Ghazni wohne und der BF über keine Schul-und Berufsausbildung verfüge, weshalb die Existenzgrundlage des BF vor dem Hintergrund der prekären Sicherheitslage im Speziellen in seiner Herkunftsprovinz Ghazni und mangelnder familiärer oder privater Anknüpfungspunkte in einem anderen Teil seines Heimatlandes als gefährdet erscheine, weshalb eine Verbringung nach Afghanistan die Verletzung von Art. 3 EMRK bewirken würde, da durch die subjektiven Umstände des BF auch nicht ausgeschlossen werden könne, dass er durch Niederlassung in einer sicheren Provinz in eine ausweglose Situation geraten könnte.

Demgegenüber nahm die belangte Behörde in der Begründung des gegenständlichen angefochtenen Bescheides insbesondere an, dass sich der BF aktuell nicht mehr in der gleichen Lage wie zum Zeitpunkt seiner Zuerkennung von subsidiären Schutz und der letzten Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung im Jahr 2016 befinde. Weiters stellte das BFA fest, dass sich der BF während des Aufenthalts in Österreich stetig weitergebildet habe und einige Deutschkurse absolviert habe. Des Weiteren habe er Berufserfahrungen bei den Firmen diverser Personaldienstleistungen sammeln können. Seine neu erworbenen Kenntnisse könnten dem BF daher im Fall einer Ansiedelung in der Provinz Balkh von Nutzen sein, um damit auch die grundlegendsten Bedürfnisse abdecken zu können. Es sei dem BF jedenfalls zumutbar, bei einer Rückkehr eine Tätigkeit aufzugreifen und selbstständig für seinen Unterhalt zu sorgen. Die für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes damals ausschlaggebende Tatsache, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in eine ausweglose Lage geraten könnte, könne vor diesem Hintergrund nicht aufrechterhalten werden.

Der Tatbestand des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 stellt darauf ab, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen. Im vorliegenden Fall wurde die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auf den zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gestützt. Dies betrifft jene Konstellationen, in denen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nachträglich weggefallen sind.

In der Beschwerde wird insbesondere vorgebracht, dass es zu keiner wesentlichen Änderung der objektiven Lage in Afghanistan gekommen sei. Die Beschwerde verkennt jedoch, dass es durchaus zu einer Änderung der individuellen Situation des BF im Vergleich mit seiner subjektiven Lage im Jahr 2012 bzw. im Zeitpunkt der letzten Verlängerung des subsidiären Schutzes im Jahr 2016 gekommen sei. Eine Entwicklung hin zu persönlicher Selbständigkeit ist beim BF festzustellen. Damit einher ging ein kontinuierlicher Zugewinn an Integrationsschritten durch einen Schulbesuch und der Absolvierung von Deutschkenntnissen. Kontakte hat der BF in dieser Zeit ebenfalls geschlossen.

Nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen.

Das BFA zieht nicht in Zweifel, dass der BF an seinem Herkunftsort unsichere Verhältnisse vorfände, stützt sich aber darauf, dass eine zumutbare Schutzalternative (in Herat oder Mazar e-Sharif) bestünde.

§ 8 Abs. 3 AsylG 2005 sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen sind, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht. Mit § 11 AsylG 2005 macht der österreichische Gesetzgeber von der in Art. 8 Abs. 1 StatusRL eröffneten Möglichkeit Gebrauch, dem Asylwerber keinen internationalen Schutz zu gewähren, sofern er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung hat oder keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht (lit. a) oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden gemäß Art. 7 StatusRL hat (lit. b), und er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001, Rn. 11). Es wird mit § 8 Abs. 3 AsylG 2005 ("Anträge ... sind ... abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht") unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass in jenem Fall, in dem dem Fremden eine innerstaatliche Schutzalternative zur Verfügung steht, die in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 genannten Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nicht gegeben sind. Zudem ist festzuhalten, dass die maßgeblichen Sachverhaltsänderungen nicht immer (allein) in Änderungen im Herkunftsland, sondern auch entscheidungswesentlich in der persönlichen Situation des BF gelegen sein können (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153-8, mwN).

Das Bundesverwaltungsgericht hat nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder anders gewendet: ob trotz der eingetretenen Sachverhaltsänderungen im Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz festgelegten Voraussetzungen weiterhin bestehen (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153-8, mwN).

Im Ergebnis in Übereinstimmung mit der belangten Behörde geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass eine Rückkehr des BF in seine Herkunftsregion Ghazni auf Grund der dortigen Verhältnisse und mangels sicherer Erreichbarkeit nicht möglich ist.

Um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, reicht es weiters nicht aus, dem Asylwerber entgegen zu halten, dass er in diesem Gebiet keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten hat. Es muss ihm vielmehr möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).

Nach Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Verfahrens-Richtlinie) haben die Mitgliedstaaten bei der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz u.a. sicherzustellen, dass hierfür genaue und aktuelle Informationen aus verschiedenen Quellen, wie etwa von UNHCR und EASO, eingeholt werden. Die besondere Bedeutung von Berichten von UNHCR und EASO ergibt sich daher schon aus dem Unionsrecht, UNHCR-Richtlinien kommt zudem nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes "Indizwirkung" zu (s. u.a. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103; vgl. auch VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118).

Laut den Richtlinien des UNHCR vom 30.08.2018 ist eine interne Schutzalternative u.a. nur dann zumutbar, wenn die betroffene Person im voraussichtlichen Neuansiedlungsgebiet Zugang zu einem Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie oder durch Mitglieder ihrer größeren ethnischen Gemeinschaft hat und man sich vergewissert hat, dass diese willens und in der Lage sind, die betroffene Person tatsächlich zu unterstützen. Die einzige Ausnahme von diesem Erfordernis der externen Unterstützung stellen nach Auffassung von UNHCR alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne besondere Gefährdungsfaktoren dar. Diese Personen können unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten leben, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung bieten und unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle stehen. Soweit UNHCR nunmehr in seinen aktualisierten Richtlinien zu einer IFA/IRA in der Stadt Kabul schlussfolgert, dass angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage in Kabul eine interne Schutzalternative in der Stadt grundsätzlich nicht verfügbar ist, ist festzuhalten, dass entsprechende Schlussfolgerungen in Hinblick auf Mazar-e Sharif und die Stadt Herat auch in den aktualisierten Richtlinien nicht enthalten sind.

Eine entsprechende Unterscheidung zwischen "alleinstehenden leistungsfähigen Männern ... im berufsfähigen Alter" und anderen Personen findet sich in den aktuellen UNHCR-Richtlinien (2018); sie fand sich entsprechend aber bereits in der zur Zeit des Bescheides vom 05.10.2017 maßgeblichen Version (UNHCR Afghanistan-Richtlinien 2016).

EASO prüft in seiner Country Guidance von Juni 2018 die hauptsächlich anzutreffenden Personenprofile im Hinblick auf die Frage der Zumutbarkeit einer internen Schutzalternative in den afghanischen Städten Mazar-e Sharif, Herat und Kabul. Dabei kommt EASO für das Personenprofil der "alleinstehenden, gesunden und erwerbsfähigen Männer", die früher schon einmal in Afghanistan gelebt haben, zum Ergebnis, dass diesen - verbunden mit bestimmten Härten - eine interne Schutzalternative in diesen Städten zumutbar sein könnte, selbst wenn diese über kein familiäres oder sonstiges Unterstützungsnetzwerk innerhalb des als interne Schutzalternative geltenden Gebiets verfügen würden. Hierbei ist allerdings stets zu prüfen, ob die persönlichen Umstände des Betroffenen, wie etwa sein Alter, Gesundheitszustand, Familienstand (etwaige Sorgepflichten) sowie schulischer und beruflicher Hintergrund, allenfalls zusätzliche Aspekte aufzeigen, die eine besondere Schutzwürdigkeit auslösen könnten.

Im Hinblick auf diese Ausführungen betonen sowohl UNHCR als auch EASO, dass diese immer vor dem Hintergrund einer Einzelfallprüfung zu verstehen sind.

Eine Einzelfallprüfung der Situation des BF ergibt hier nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts aber, dass der BF insofern in einer (im Vergleich zum Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses am 22.05.2014) anderen Situation ist, als er inzwischen insbesondere älter, erfahrener und selbständiger ist. Das Bundesverwaltungsgericht zieht für den BF daher eine Rückkehr nach Afghanistan und dort (jedenfalls) einen Aufenthalt in Mazar-e Sharif und Herat-Stadt als möglich und zumutbar in Betracht.

Der BF hat inzwischen ergänzende (Aus-)Bildungsschritte unternommen, Kontakte geknüpft und ist Mitglied in einem Fußballverein. Diese Umstände führen dazu, dass die Annahmen, von denen der den subsidiären Schutz zuerkennende Bescheid ausgegangen ist, nicht mehr in gleicher Weise zutreffen. Durch die in Österreich absolvierten Ausbildungsschritte und seinem Zugewinn an integrativen Modulen ist daher nicht mehr anzunehmen, dass der BF bei einer Rückkehr nach Afghanistan in eine ausweglose Situation geraten würde, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde. Dabei handelt es sich auch, wie von Art. 16 Statusrichtlinie gefordert, um eine nicht nur vorübergehende Änderung. Die für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes damals ausschlaggebende Tatsache (insbesondere fehlende Ausbildung und mangelnde Berufserfahrung), kann vor diesem Hintergrund, aber auch angesichts der Berichtslage (und im Übrigen der bereits im angefochtenen Bescheid erwähnten Möglichkeiten der Unterstützung) nicht mehr aufrechterhalten werden. Auch sonst ist nichts hervorgekommen, was diese Annahme im Sinne der geforderten Wahrscheinlichkeit berechtigt erscheinen ließe.

Der BF ist gesund und im erwerbsfähigen Alter; spezifische Vulnerabilitäten liegen nicht vor. Er ist in einem afghanischen Familienverband aufgewachsen und hat seine Sozialisierung innerhalb des afghanischen Kulturkreises erfahren, weshalb er mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftslandes vertraut ist. Der BF gehört keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls in Mazar-e Sharif und Herat für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

Auch wenn der BF über keine fundierte Berufsausbildung in Afghanistan verfügt, konnte er dennoch ergänzende Ausbildungsschritte in Österreich setzen. Der BF könnte sich bei einer Rückkehr nach Afghanistan nunmehr seine Existenz und seinen weiteren Unterhalt ausreichend schnell mit Arbeit in Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt sichern, wobei ihm seine nunmehr erlangte Berufserfahrung und auch seine Bildungsbemühungen sowie seine Erfahrung und Selbständigkeit zu Gute kommen würden. Es erscheint somit insgesamt möglich, dass der BF in Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt ausreichend rasch Fuß fasst. Eine drohende Verletzung seiner Rechte auch unter dem Gesichtspunkt ökonomischer Überlegungen, etwa in dem Sinn, dass der BF aufgrund einer Zurückführung nach Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt in eine ausweglose Situation geriete, kann vor dem Hintergrund des Beschwerdesachverhaltes nicht mehr bejaht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass die Lage in Afghanistan sowohl hinsichtlich der Sicherheitslage in einzelnen Landesteilen als auch der wirtschaftlichen Situation angespannt ist, dass aber das Prüfungskalkül des Art. 3 EMRK, das für die Annahme einer solchen Menschenrechtsverletzung das Vorhandensein einer die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz bedrohenden Lebenssituation unter exzeptionellen Umständen fordert, davon zu unterscheiden ist (vgl. VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0205; 18.10.2017, Ra 2017/19/0420). Eine schwierige Lebenssituation bei einer Rückkehr nach Afghanistan bedeutet für sich genommen keine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK (vgl. VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118; 18.10.2017, Ra 2017/19/0157, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich jüngst mit der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Prüfung einer innerstaatlichen Fluchtalternative vor dem Hintergrund der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auseinandergesetzt und diese wie folgt zusammengefasst (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153-8):

Soweit es die Beurteilung betrifft, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass die Frage der Sicherheit des Asylwerbers in dem als innerstaatliche Fluchtalternative geprüften Gebiet des Herkunftsstaates wesentliche Bedeutung hat. Es muss mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden können, dass der Asylwerber in diesem Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, findet. Sind diese Voraussetzungen - wie im gegenständlichen Fall - zu bejahen, so wird dem Asylwerber unter dem Aspekt der Sicherheit regelmäßig auch die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative zuzumuten sein (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001, Rn. 20). Um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, reicht es aber nicht aus, dem Asylwerber entgegen zu halten, dass er in diesem Gebiet keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten hat. Es muss ihm vielmehr möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können (Rn. 23 in VwGH Ra 2018/18/0001).

Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. auch dazu VwGH 29.04.2019, Ra 2019/20/0175, mwN).

Zudem entspricht es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass es einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrsche, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut sei und die Möglichkeit habe, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in bestimmten Gebieten Afghanistans zugemutet werden könne (vgl. nochmals VwGH Ra 2019/20/0175, mwN).

Gegenständlich kann der BF nunmehr - vor dem Hintergrund der o.a. höchstgerichtlichen Judikatur sowie unter Berücksichtigung der von UNHCR in seinen Richtlinien vom 30.08.2018 aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer "internen Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative" für Afghanistan - nach den oben angeführten Länderfeststellungen unter Berücksichtigung der weiteren ins Verfahren eingeführten und dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen bekannten Länderberichten sowie den vom BF zitierten Länderberichten und den vom BF glaubhaft dargelegten und festgestellten persönlichen Lebensumständen und insbesondere unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Beschwerde sowie den Stellungnahmen aus folgenden Gründen in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung in andere Landesteile Afghanistans, konkret in die Städte Mazar-e Sharif und Herat, verwiesen werden:

Zur Sicherheitslage ergibt sich aus dem in das Verfahren eingeführten Länderberichtsmaterial zunächst, dass die aktuelle Sicherheitslage in Afghanistan unverändert weder sicher noch stabil ist, wobei diese regional von Provinz zu Provinz und innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt variiert.

Weiters geht aus den Länderberichten hervor, dass zwar auch in der im Norden von Afghanistan gelegenen Provinz Balkh mit ihrer Hauptstadt Mazar-e Sharif Zusammenstöße zwischen Aufständischen und afghanischen Sicherheitskräften stattfinden, jedoch zählt die Provinz Balkh zu den stabileren und relativ ruhigen Provinzen Afghanistans; die Provinz Balkh verzeichnete im Vergleich zu anderen Provinzen weniger Aktivitäten von Aufständischen und verhältnismäßig wenig sicherheitsrelevante Vorfälle.

Auch die Provinz Herat mit ihrer gleichnamigen Hauptstadt gilt trotz der Durchführung von militärischen Operationen, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien, als eine der relativ friedlichen Provinzen Afghanistans.

Schließlich ist festzuhalten, dass die Städte Mazar-e Sharif und Herat jeweils über einen, mehrere Kilometer außerhalb der Stadt gelegenen internationalen Flughafen verfügen, der ausreichend sicher erreichbar ist (s. Pkt. II.1.4.6.; vgl. auch die dahingehenden Ausführungen unter Pkt. V. der EASO-Country Guidance von Juni 2018).

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes steht die aktuelle Sicherheitslage einer Ansiedlung des BF in den Städten Mazar-e Sharif und Herat allgemein nun nicht entgegen. Individuelle, also in der Person des BF gelegene, gefahrenerhöhende Elemente, aus denen sich eine spezifische Gefährdung des BF ableiten ließe, sind im vorliegenden Fall nicht mehr erkennbar. Es ist daher bei einer Ansiedlung des BF in diesen Städten allein auf Grund der dargestellten Sicherheitslage nicht von einer realen Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK auszugehen.

Zwar ist die Sicherheitslage auch in den Städten Mazar-e Sharif und Herat angespannt, insbesondere, weil immer wieder schwere Anschläge vorkommen. Eine generelle Lage der Unsicherheit (auch abseits neuralgischer Ziele), die darauf hinausliefe, dass jeder, der dort lebt, der realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wäre, lässt sich aus den Feststellungen und dem vorliegenden Länderberichtsmaterial, darunter die UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018, welchen besondere Bedeutung zukommt (zur Indizwirkung von UNHCR-Richtlinien s. u.a. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103), insgesamt für beide Städte aber nicht ableiten.

Hinsichtlich der in den Städten Mazar-e Sharif und Herat bestehenden Versorgungslage und der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung ist - vor dem Hintergrund des vorliegenden Berichtsmaterials - auf das Wesentliche zusammengefasst Folgendes auszuführen:

Es wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes keineswegs verkannt, dass die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wasser, Wohnraum und Gesundheitsversorgung auch in den beiden genannten Städten Afghanistans häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist und dass Personen, die sich ohne jegliche familiäre oder sonstige soziale Anknüpfungspunkte, Fachausbildung oder finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten durch Dritte in den beiden genannten Städten ansiedeln, mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sein werden. Aus den getroffenen Länderfeststellungen ist jedoch auch ersichtlich, dass, wenn auch die Infrastruktur noch unzureichend ist, sich die Region um Mazar-e Sharif grundsätzlich gut entwickelt, indem neue Arbeitsplätze entstehen, sich Firmen ansiedeln und der Dienstleistungsbereich wächst. Auch hinsichtlich der Provinz Herat ist festzuhalten, dass es sich um eine relativ entwickelte Provinz handelt, in der im Harirud-Tal Baumwolle, Obst sowie Ölsaat angebaut werden und in der weitgehend Safran produziert werden soll, was wiederum zu Arbeitsplätzen führen soll.

Hinsichtlich der Auswirkungen der vergangenen u.a. die Provinzen Balkh und Herat betreffenden Dürre auf die dortige Versorgungslage (s. den unter Pkt. III.C.3. der UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 dahingehenden Hinweis) ist zudem auf die aktuelle Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 13.09.2018 sowie die der Stellungnahme vom 19.10.2018 angeschlossene Anfragebeantwortung von ACCORD vom 12.10.2018 hinzuweisen. Aus diesen Anfragebeantwortungen geht zwar auf der einen Seite hervor, dass die Dürre im vergangenen Jahr zu einer wesentlich geringeren Getreideernte in Afghanistan führt und in der Provinz Herat eine starke Landflucht nach sich zieht, was für die Betroffenen teilweise mit prekären Lebensbedingungen einhergeht. Es wird jedoch auf der anderen Seite von internationalen Hilfsprogrammen für die vor Dürre geflohene Bevölkerung, v.a. in der Provinz Herat, berichtet, weiters festgehalten, dass an die von Dürre betroffene Bevölkerung u.a. Trinkwasser und Nahrungsmittel verteilt würden, und schließlich ausgeführt, dass die Getreidepreise trotz geringerer Ernten auf Grund guter Ernten in Pakistan und im Iran im Mai 2018 nicht über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre liegen würden.

Vor diesem Hintergrund wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts zwar keineswegs verkannt, dass die Folgen der Dürre in v.a. der Provinz Herat aber auch in der Provinz Balkh und die damit verbundene "Landflucht" der betroffenen Bevölkerung negative Auswirkungen auf die Versorgungslage in den Städten Mazar-e Sharif und Herat nach sich zieht. In einer Gesamtbetrachtung ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in diesen Städten nicht als zumindest grundlegend gesichert anzusehen wäre.

Im Hinblick auf die bereits dargelegten aktuellen persönlichen Umstände des BF führt die Prüfung der maßgeblichen Kriterien nunmehr im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass der BF über keine besonderen individuellen Gefährdungsfaktoren verfügt und ausreichend schnell in der Lage sein wird, nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten in der Stadt Herat oder in Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein relativ normales Leben ohne unangemessene Härten zu führen (vgl. dazu VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).

Insgesamt erscheint es möglich und zumutbar, dass der BF bei einer Neuansiedelung Fuß fasst. Der Verwaltungsgerichtshof hat eben bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass die Lage in Afghanistan sowohl hinsichtlich der Sicherheitslage in einzelnen Landesteilen als auch der wirtschaftlichen Situation angespannt ist, dass aber das Prüfungskalkül des Art. 3 EMRK, das für die Annahme einer solchen Menschenrechtsverletzung das Vorhandensein einer die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz bedrohenden Lebenssituation unter exzeptionellen Umständen fordert, davon zu unterscheiden ist (vgl. VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0205, 18.10.2017, Ra 2017/19/0420). Eine schwierige Lebenssituation bei einer Rückkehr nach Afghanistan - insbesondere, wie hier, auch hinsichtlich einer innerstaatlichen Fluch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten