TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/19 W146 2159636-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

19.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W146 2159636-2/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2019, Zl.:1099966002-191170658/BMI-EAST_WEST, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 68 Abs 1 AVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

1. Verfahrensgang und Feststellungen:

Der Beschwerdeführer brachte am 20.12.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) einen ersten Antrag gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG) ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er im Iran beschlossen habe Christ zu werden, weshalb er von Sicherheitsbehörden beobachtet worden sei.

Das BFA wies mit Bescheid vom 27.04.2017 den Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran ab (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Iran zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte IV.).

Begründend wurde dazu zunächst ausgeführt, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe. Es stünde weiters fest, dass er keine Verfolgung oder Bedrohung durch den iranischen Staat zu befürchten habe. Im Falle einer Rückkehr nach Iran sei der Beschwerdeführer keiner wie auch immer gearteten Verfolgung oder Bedrohung durch den iranischen Staat ausgesetzt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.04.2019 nach mündlicher Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde u.a. ausgeführt, dass zwar der Beschwerdeführer am 27.11.2016 in der Freien Evangelikalen Gemeinde XXXX getauft worden sei. Aufgrund der durchgeführten Beweiswürdigung stehe jedoch fest, dass es sich im Falle des Beschwerdeführers um eine Scheinkonversion handle, es sei daher nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer das Bedürfnis oder die Fähigkeit habe, im Rückkehrfall die christliche Religion zu praktizieren, nach außen zu tragen oder gar missionarisch tätig zu sein.

Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des VfGH vom 26.06.2019 abgelehnt.

Am 17.07.2019 konvertierte der Beschwerdeführer zur katholischen Kirche. An diesem Tag erhielt er vom Diözesanbischof von XXXX , Dr. XXXX , die Erstkommunion und die Firmung.

Mit Erkenntnis des VwGH vom 30.09.2019 wurde die außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.04.2019 zurückgewiesen.

Am 16.11.2019 brachte der Beschwerdeführer den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ein.

Mit Verfahrensanordnung vom 16.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15b AsylG mitgeteilt, er ab diesem Tag in der BS West AIBE Thalham 80, 4880 St. Georgen im Attergau, durchgehend Unterkunft zu nehmen habe.

In seinen beiden Einvernahmen gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er am 17.07.2019 zur katholischen Kirche konvertiert und an diesem Datum von Bischof Dr. XXXX gefirmt worden sei. Er sei seit 2 Jahren regelmäßig samstags zur katholischen Kirche gegangen. Er habe dort Vikar XXXX kennengelernt und seinen Bibelkurs besucht. Er habe dort ein gutes Gefühl gehabt, weil er absolut frei über das Christentum sprechen habe können. Bei der Freien Evangelikalen Kirche sei das nicht so gewesen, er habe sich dort irgendwie unterdrückt gefühlt.

Im Mai 2019 habe er einen Brief von seiner Schwester bekommen. Darin stehe, dass er aufgrund seiner Konversion im Falle einer Rückkehr in den Iran mit dem Tod bedroht würde. Nicht nur vom Schwiegervater der Schwester, sondern auch von staatlicher Seite.

Im Zuge der Einvernahmen wurden ein Konversionsschein der Erzdiözese XXXX und weitere Schreiben katholischer Würdenträger zur Konversion des Beschwerdeführers zum katholischen Glauben vorgelegt.

Weiters legte der Beschwerdeführer eine Terminkarte für eine psychologische Untersuchung für den Einvernahmetag bei einem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie in XXXX vor sowie eine fachärztliche Stellungnahme des LKH XXXX vom 04.07.2019, wonach eine Psychopharmakotherapie beim Beschwerdeführer eingeleitet werde und um eine Stabilisierung des Patienten erreichen zu können, werde empfohlen, dass in naher und ferner Zukunft kein Wechsel des Lebensmittelpunktes des Patienten durchzuführen sei.

In Schreiben des Diözesanbischofs von XXXX , Dr. XXXX , an den Verwaltungsgerichtshof, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und den damaligen Innenminister wurde ausgeführt, dass für den Diözesanbischof die Konversion des Beschwerdeführers glaubwürdig sei und der Beschwerdeführer eine einfache, aber tiefe Religiosität lebe. Seine regelmäßige Teilnahme an den Sonntagsgottesdiensten in XXXX wie auch bei den Bibelrunden in der Pfarre würden dies unterstreichen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 17.12.2019 den gegenständlichen Antrag hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). Hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde der Antrag ebenfalls wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Das BFA erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Das BFA sprach zudem aus, dass gemäß § 55 Abs 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.), trug dem Beschwerdeführer auf gemäß § 15b Abs. 1 AsylG vom 16.11.2019 bis Rechtskraft in der BS West AIBE, St. Georgen im Attergau, Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VII.) und erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.)

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine neuen geeigneten Beweismittel betreffend seiner Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat in das gegenständliche Verfahren eingebracht habe. Weitere asylrelevante Gründe habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht und sich daher kein neuer Sachverhalt ergeben.

Der Beschwerdeführer habe auch im gegenständlichen Verfahren eine Konversion nicht mit der notwendigen Plausibilität darlegen können. Der Beschwerdeführer habe versucht durch einen Übertritt zur katholischen Kirche und durch eine Firmung nun eine tatsächliche Konversion glaubhaft zu machen. Es sei ihm aber entgegenzuhalten, dass er durch den Wechsel von einer evangelischen Freikirche nun zur katholischen Kirche vor allem seine Flexibilität bezüglich seines vorgegebenen Glaubensbekenntnis gezeigt habe.

Zur Unterkunftnahme wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer gemäß § 15b AsylG ab 17.11.2019 in der BS West AIBE Thalham Unterkunft zu nehmen hatte, da gegen ihn bereits eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung aus dem letzten Vorverfahren bestünde.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und beantragte dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Bedrohungssituation im Iran, die weitere Verfestigung der Integration in Österreich, der Wechsel zum katholischen Glauben (Firmung am 17.07.2019 durch den Bischof von XXXX ) und die öffentliche Fortführung seines katholischen Glaubens im Vorverfahren nicht hervorgekommen seien und somit ein neues Vorbringen in Bezug auf die Gewährung von internationalem Schutz darstellen würden.

Da der Beschwerdeführer gesundheitlich beeinträchtigt sei und ihn ein Fernsein aus seinem gewohnten Umfeld zusätzlich belaste, sollte von der Verpflichtung des § 15b AsylG abgesehen werden.

Diözesanbischof XXXX nahm am Sonntag, den XXXX , in XXXX an einem Gebet für verfolgte Christen und einer Solidaritätskundgebung für den Beschwerdeführer teil. Der Bischof forderte dabei, dass "die Einschätzung eines Bischofs sowie von Priestern über die religiöse Praxis eines Menschen und dessen Zugehörigkeit zu einer Pfarrgemeinde ernst genommen werden". Hintergrund des Gebets sei die drohende Abschiebung des Iraners XXXX in sein Herkunftsland, wo ihm wegen seiner Konversion die Todesstrafe drohe. Der Beschwerdeführer sei vom Bischof bei dessen Tauf- und Firmvorbereitung unterstützt und später auch von ihm gefirmt worden. Er sei laut dem Bischof ein "glaubwürdiger Christ". Dass es sich im gegenständlichen Fall um eine Scheinkonversion handle, würden neben XXXX auch andere hohe Kirchenvertreter bezweifeln, berichteten die XXXX .

Am 07.01.2020 wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.01.2020 wurde der Beschwerde gemäß § 17 Abs 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, einer Beschwerdeergänzung vom 08.01.2020 sowie aus Medienberichten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

Infolge des in § 17 VwGVG normierten Ausschlusses der Anwendbarkeit des 4. Hauptstücks des AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, welcher auch die in § 68 Abs. 1 AVG normierte Zurückweisung wegen entschiedener Sache umfasst, kommt eine unmittelbare Zurückweisung einer Angelegenheit aufgrund der genannten Bestimmung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht in Betracht. Davon unberührt bleibt, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren über Bescheidbeschwerden zur Überprüfung der rechtmäßigen Anwendung von § 68 AVG in Bescheiden durch die Verwaltungsbehörde berufen ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K10.; vgl. auch VfSlg. 19.882/2014). Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist somit zunächst die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

§ 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG 2014 enthält selbst keine Anordnung, wie über eine Beschwerde zu entscheiden ist, sondern knüpft lediglich - im Hinblick auf die im Asylverfahren geltende Unterteilung in das Zulassungsverfahren und zugelassene Verfahren - an die Stattgebung einer gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren erhobenen Beschwerde an und sieht als Rechtsfolge einer solchen Stattgebung die Zulassung des Verfahrens vor. Dabei nahm der Gesetzgeber unverkennbar - und wie sich nicht zuletzt auch aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum FNG-Anpassungsgesetz (RV 2144 BlgNR 24. GP S. 14) zu § 21 Abs. 3 BFA-VG ergibt auf eine - bezogen auf den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens - vom VwG nach § 28 VwGVG 2014 getroffene Sachentscheidung Bezug. Eine solche liegt etwa dann vor, wenn das VwG zum Ergebnis gelangt, entgegen der Ansicht der Verwaltungsbehörde stelle sich anhand des (allenfalls nach ergänzenden Ermittlungen) festgestellten Sachverhaltes eine Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz als nicht dem Gesetz entsprechend dar. Bei einer solcherart die behördliche Antragszurückweisung aufhebenden Entscheidung handelt es sich aus verfahrensrechtlicher Sicht um eine gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG 2014 in Form eines Erkenntnisses zu treffende Entscheidung. (VwGH E vom 05.10.2016, Ra 2016/19/0208)

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.6.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).

Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren - im Gegensatz zur Auffassung des BFA - eine Änderung des Sachverhalts vorgebracht, in dem er dargetan hat, dass er am 17.07.2019 mit seiner Erstkommunion und Firmung durch den Diözesanbischof von XXXX von einer frei-evangelikalen Religionsgemeinschaft zur katholischen Kirche konvertiert ist. Die im Vorverfahren rechtskräftig festgestellte Scheinkonversion des Beschwerdeführers erscheint aufgrund dieser Neuerung nicht mehr als gegeben. Dieser nach Abschluss des ersten Verfahrens neu entstandenen Tatsache kann auch nicht von vornhinein der glaubhafte Kern abgesprochen werden, zumal der Beschwerdeführer sein Vorbringen durch Konversionsschein und Bestätigungen katholischer Würdenträger belegte. Der Umstand, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers Relevanz haben kann, ergibt sich schon aus den Länderfeststellungen der Staatendokumentation zur Apostasie und zum Christentum im Iran.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der Behandlung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht, weshalb der angefochtene Bescheid in den Spruchpunkten I. und II. zu beheben war. Da die Spruchpunkte III. bis VI. und VIII. die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz voraussetzten, waren auch diese bereits aus diesem Grund zu beheben.

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides:

§ 15b AsylG 2005, mit der Überschrift "Verfahrensanordnung der Unterkunftnahme" lautet:

"(1) Einem Asylwerber kann mittels Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) des Bundesamtes aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz aufgetragen werden, in einem von der für die Grundversorgung zuständigen Gebietskörperschaft zur Verfügung gestellten Quartier durchgängig Unterkunft zu nehmen. Über die Verfahrensanordnung ist im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(2) Bei der Beurteilung, ob Gründe des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob

1. Voraussetzungen zum Verlust des Aufenthaltsrechts gemäß § 13 Abs. 2 oder für eine Entscheidung gemäß § 2 Abs. 4 GVG-B 2005 vorliegen,

2. der Antrag auf internationalen Schutz sich auf einen Staat gemäß § 19 BFA-VG bezieht oder

3. vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine Rückkehrentscheidung gegen den Drittstaatsangehörigen rechtskräftig erlassen wurde.

(3) Bei der Beurteilung, ob aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz die Unterkunftnahme anzuordnen ist, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Asylwerber seinen Mitwirkungsverpflichtungen gemäß § 15 nachgekommen ist oder ob weitere Erhebungen zur Identität erforderlich sind.

(4) Die Anordnung der Unterkunftnahme gilt bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz, solange dem Asylwerber das Quartier zur Verfügung gestellt wird, es sei denn, dem Asylwerber wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt oder ein Aufenthaltstitel nach dem 7. Hauptstück erteilt. Bezieht sich die Anordnung auf eine Betreuungseinrichtung des Bundes, so tritt sie mit Zuweisung des Asylwerbers an eine Betreuungsstelle eines Bundeslandes außer Kraft.

(5) Dem Asylwerber sind die Anordnung gemäß Abs. 1 und die Folgen einer allfälligen Missachtung nachweislich zur Kenntnis zu bringen."

Im gegenständlichen Bescheid wurde unter Spruchpunkt VII. ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen worden sei, vom 16.11.2019 bis Rechtskraft in der BS West AIBE, St. Georgen im Attergau, Unterkunft zu nehmen. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung bestehe.

Bei dieser Entscheidung wurden jedoch weder die laufenden Therapiesitzungen des Beschwerdeführers mit einem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie in XXXX noch die fachärztliche Stellungnahme des LKH XXXX , wonach in naher und ferner Zukunft kein Wechsel des Lebensmittelpunktes des Patienten durchzuführen sei, berücksichtigt. Die angeordnete Unterkunftnahme erscheint somit im Hinblick auf das Privatleben des Beschwerdeführers im Lichte von Art. 8 EMRK unverhältnismäßig, weshalb auch Spruchpunkt VII. zu beheben war.

Der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass diese Anordnung mit der rechtskräftigen Erledigung des Antrags auf internationalen Schutz zeitlich determiniert ist und dies durch die Erledigung der Beschwerde mit gegenständlichem Erkenntnis erfolgt.

Wegen der Behebung des angefochtenen Bescheides konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung entschiedene Sache Glaubwürdigkeit Religion Rückkehrentscheidung behoben Scheinkonversion wesentliche Sachverhaltsänderung Wohnsitzauflage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W146.2159636.2.01

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten