Entscheidungsdatum
24.03.2020Norm
AuslBG §4Spruch
W209 2226041-1/5Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter in der Beschwerdesache der XXXX GmbH, XXXX , XXXX , vertreten durch Mag. Michaela KRÖMER, Rechtsanwältin in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, betreffend den Bescheid des Arbeitsmarktservice Oberwart vom 25.09.2019, GZ: 08114/ABB-Nr. 4015764, mit dem ein Antrag auf Beschäftigungsbewilligung für den am 01.01.2003 geborenen pakistanischen Staatsangehörigen XXXX abgewiesen wurde, beschlossen:
A)
Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 34 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in einem der zu den Zahlen Ro 2019/09/0011 und Ro 2019/09/0014 anhängigen Verfahren ausgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die XXXX GmbH mit Sitz in XXXX , XXXX , (im Folgenden: Beschwerdeführerin) beantragte am 04.09.2019 eine Beschäftigungsbewilligung für den pakistanischen Staatsangehöriger XXXX (im Folgenden: Mitbeteiligter) für die berufliche Tätigkeit als Spengler (Lehrling/Auszubildende/r). Der Mitbeteiligte stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 10.01.2018 abgewiesen wurde. Die Beschwerde dagegen ist seit 09.02.2018 beim Bundesverwaltungsgericht zur GZ L516 2185724-1 anhängig.
2. Mit Schreiben vom 04.09.2019 ersuchte die belangte Behörde (im Folgenden: AMS) die Beschwerdeführerin, Angaben zu der in Aussicht gestellten Entlohnung des Mitbeteiligten zu machen. Daraufhin teilte die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf den im Jahr 2019 geltenden Kollektivvertrag mit, dass die Entlohnung im ersten Lehrjahr ? 675,00 betragen werde. Darüber hinaus übermittelte die Beschwerdeführerin dem AMS in Entsprechung eines mit gesondertem Schreiben vom selben Tag ergangenen Auftrages des AMS einen Vermittlungsauftrag.
3. Mit angefochtenem Bescheid vom 25.09.2019 wies das AMS den verfahrensgegenständlichen Antrag mit der Begründung ab, dass gemäß Erlass des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12.09.2018 Anträge auf Beschäftigungsbewilligung für AsylwerberInnen gemäß § 4 Abs. 3 Z. 1 AuslBG einer einhelligen Befürwortung durch den Regionalbeirat bedürften und dieser mit Beschluss vom 16.09.2019 dem Antrag nicht einhellig zugestimmt habe.
4. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertreterin binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, die im Wesentlichen damit begründet wurde, dass der verfahrensgegenständliche Antrag mit der Begründung abgelehnt worden sei, dass die Zustimmung des Regionalbeirat gemäß Österreichischer Stellungnahme an die Europäische Kommission gemäß Art. 28 zur Umsetzung der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahme-RL) kein zwingendes Erteilungskriterium sei. Zwar lasse Art. 15 Abs. 2 Aufnahme-RL den Mitgliedstaaten offen, EWR Bürgern oder sonstigen Drittstaatsangehörigen Vorrang einzuräumen. Der dort normierte "effektive Zugang zum Arbeitsmarkt" müsse aber "spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz" jedenfalls gewährleistet sein. So das Recht auf einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt gemäß Art. 15 Aufnahme-RL vorliege, müsse nach Art. 16 Abs. 2 Aufnahme-RL auch der Zugang zur beruflichen Bildung gegeben sein. Die Abweisung des verfahrensgegenständlichen Antrags stehe somit im Widerspruch zu Unionsrecht. Bereits aus dem Wortlaut des Art. 15 Aufnahme-RL gehe unmissverständlich hervor, dass Art. 15 Aufnahme-RL immer dann zur Anwendung komme, wenn ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden sei und dieser Antrag nicht binnen 9 Monaten, ohne Verschulden des Antragstellers, in der ersten Instanz entschieden worden sei. Werde der Antrag binnen neun Monaten entschieden, stehe dem Antragsteller und Asylwerber kein Recht auf einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt zu. Da explizit und ausschließlich auf das erstinstanzliche Verfahren Bezug genommen werde, bleibe das Recht auf effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt aufrecht, wenn die Behörde nach neun Monaten im erstinstanzlichen Verfahren eine negative Entscheidung fälle. Weiters spreche Art. 15 Aufnahme-RL bewusst vom Zeitpunkt der Antragstellung und nicht vom Zeitpunkt der Entscheidung. Art. 15 Abs. 3 Aufnahme-RL bekräftige darüber hinaus, dass im Falle der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung diese im Falle einer negativen erstinstanzlichen Entscheidung nicht entzogen werden dürfe, sondern für die Dauer des gesamten Verfahrens gelte. Art. 15 der Aufnahme-RL könne - im Einklang mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) - somit nur dahingehend verstanden werden, dass sämtliche gewährte Rechte für die Dauer eines gesamten (Rechtsmittel)verfahrens gewährt werden müssten, da anderenfalls Art. 15 Aufnahme-RL im Widerspruch zu Art. 47 GRC stünde.
6. Am 03.12.2019 einlangend legte das AMS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
Gemäß § 9 Abs. 1 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, leitet der Vorsitzende die Geschäfte des Senates und führt das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses (vgl. VwGH 07.09.2017, Ra 2017/08/0065). Die Entscheidung über die Aussetzung des Beschwerdeverfahrens unterliegt somit der Einzelrichterzuständigkeit.
Zu A)
Gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ein Verfahren über eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG mit Beschluss aussetzen, wenn
1. vom Verwaltungsgericht in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartenden Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen ist und gleichzeitig beim Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren über eine Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss eines Verwaltungsgerichtes anhängig ist, in welchem dieselbe Rechtsfrage zu lösen ist, und
2. eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Lösung dieser Rechtsfrage fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gleichzeitig hat das Verwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof das Aussetzen des Verfahrens unter Bezeichnung des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahrens mitzuteilen. Eine solche Mitteilung hat zu entfallen, wenn das Verwaltungsgericht in der Mitteilung ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu bezeichnen hätte, das es in einer früheren Mitteilung schon einmal bezeichnet hat. Mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes an das Verwaltungsgericht gemäß § 44 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, ist das Verfahren fortzusetzen. Das Verwaltungsgericht hat den Parteien die Fortsetzung des Verfahrens mitzuteilen.
Beim Bundesverwaltungsgericht sind derzeit eine steigende Anzahl von Verfahren zu Beschwerden gegen Bescheide des Arbeitsmarktservice, mit denen Anträge auf Beschäftigungsbewilligungen für AsylwerberInnen abgewiesen wurden, anhängig. Diesen Verfahren liegt die Rechtsfrage zugrunde, ob eine Beschäftigungsbewilligung für AsylwerberInnen mit der Begründung, dass keine der im § 4 Abs. 3 AuslBG genannten Voraussetzungen vorliegt, abgelehnt werden darf, obwohl Art. 15 Aufnahme-RL Asylwerbern spätestens 9 Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz das Recht auf einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt einräumt, sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen hat und diese Verzögerung nicht dem Antragsteller zur Last gelegt werden kann.
In den anhängigen Verfahren - so auch im vorliegenden - ist zudem auch die Rechtsfrage zu lösen, ob in Hinblick auf die Anordnung des Art. 15 Abs. 3 Aufnahme-RL, wonach das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt während eines Rechtsbehelfsverfahrens, bei dem Rechtsmittel gegen eine ablehnende Entscheidung aufschiebende Wirkung haben, bis zum Zeitpunkt, zu dem die ablehnende Entscheidung zugestellt wird, nicht entzogen werden darf, Art. 15 Abs. 1 Aufnahme-RL auch dann zur Anwendung gelangt, wenn nach Ablauf von 9 Monaten nach der Antragstellung bereits eine negative erstinstanzliche Entscheidung über den internationalen Schutz ergangen ist.
Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesen Rechtsfragen liegt bislang nicht vor. Gleichzeitig sind beim Verwaltungsgerichtshof (die im Spruch dieses Beschlusses angeführten) Verfahren über eine Revision gegen die zu L517 2217964-1, L517 2217631-1, L517 2219978-1, L517 2220025-1 ergangenen Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts anhängig, in welchen dieselben Rechtsfragen zu lösen sind.
Die Voraussetzungen für die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG sind daher gegeben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Asylwerber Aussetzung Beschäftigungsbewilligung RechtsfrageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W209.2226041.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020