Entscheidungsdatum
24.03.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z4Spruch
W207 2117944-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.11.2018, Zahl 1047340602/181106294, betreffend amtswegige Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am 04.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 05.12.2014 gab der Beschwerdeführer an, aus dem Distrikt Jaghori, Provinz Ghazni in Afghanistan zu kommen; die finanzielle Situation der Familie sei schlecht gewesen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er habe in Afghanistan als Hirte gearbeitet und er sei von zu Hause weggegangen, weil er ein besseres Leben haben wolle. Der Beschwerdeführer habe auch ungefähr zwei Jahre im Iran gelebt, aber von dort sei er bereits zwei Mal abgeschoben worden, und deshalb sei der Beschwerdeführer nun nach Österreich gekommen. Andere Fluchtgründe habe er nicht.
Am 28.07.2015 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle Niederösterreich, (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) niederschriftlich einvernommen, und gab an, sein Vater sei LKW-Fahrer gewesen und vor fünf Jahren getötet worden, wobei dies nichts mit seiner Flucht zu tun habe. Der Beschwerdeführer sei schiitischer Moslem, und gehöre der Volksgruppe der Hazara an. Vor der Ausreise habe der Beschwerdeführer zweieinhalb Jahre im Iran gelebt und davor in einem näher genannten Dorf im Distrikt Jaghori, Provinz Ghazni. Der Beschwerdeführer kenne sein Geburtsdatum nicht, und als er noch Kontakt zu seiner Mutter gehabt habe, habe sie ihm gesagt, dass er sechzehn Jahre alt sei. Seine Mutter sei noch in Afghanistan, er wisse aber nicht, wo genau sie sich befinde, er glaube, dass sie noch im Heimatdorf lebe, er habe keinen Kontakt mehr zu ihr. Er habe auch eine jüngere Schwester und einen jüngeren Bruder in Afghanistan, ob diese aktuell eine Schule besuchen würden, wisse er nicht, er wisse auch nicht, wer für die Familie sorge. Andere Verwandte habe der Beschwerdeführer nicht in Afghanistan. Nach dem Tod des Vaters habe der Beschwerdeführer für die Familie gesorgt. In Afghanistan habe der Beschwerdeführer als Schafhirte und Hilfsarbeiter gearbeitet, im Iran sei er in einer Steinmetzfabrik tätig gewesen. Der Beschwerdeführer habe keine Schule besucht, und nicht lesen bzw. schreiben gelernt. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, in Afghanistan sei es sehr schwer gewesen, er habe keine Schule besuchen können und es gebe dort keine Arbeit, deshalb sei er in den Iran gegangen. Es herrsche Krieg in Afghanistan und die Lage sei schlecht. Auf die Frage in der Einvernahme, ob der Beschwerdeführer Probleme wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit in der Heimat gehabt habe, gab der Beschwerdeführer an, es gebe viele Probleme in Afghanistan.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2015, Zl. 1047340602-140251360, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 100/2005 abgewiesen. Hingegen wurde dem Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt (Spruchpunkt II.) und dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 03.11.2016 erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend wurde zur Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht festgestellt werden habe können, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen in Afghanistan seien nicht als Verfolgungsgründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu qualifizieren, und eine andere Gefährdung habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht.
Hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde von der belangten Behörde begründend im Wesentlichen ausgeführt, dieser sei dem Beschwerdeführer zuerkannt worden, weil er in Afghanistan über keinerlei familiäres oder soziales Netz mehr verfüge; Afghanen, die außerhalb des Familienverbandes oder nach langjähriger Abwesenheit im Ausland zurückkehren würden, würden auf große Schwierigkeiten stoßen, da ihnen das notwendige soziale Netzwerk sowie die erforderlichen Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen würden. Als Minderjähriger - der Beschwerdeführer war zum damaligen Entscheidungszeitpunkt ausgehend von dem von der belangten Behörde zu Grunde gelegten Geburtsdatum XXXX 17 Jahre und 10 Monate alt - ohne familiären Rückhalt und ohne Schulausbildung sei es dem Beschwerdeführer nur schwer möglich im Heimatland eine Lebensgrundlage zu schaffen.
(Lediglich) gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides des BFA vom 03.11.2015 wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Die durch die belangte Behörde erfolgte Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist daher in Rechtskraft erwachsen.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.04.2017, W166 2117944-1/9E, wurde die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.
Am 13.09.2018 brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ein. Am 19.11.2018 wurde er durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte der Beschwerdeführer - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes vor:
"[...]
LA: Wie verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher? Was ist Ihre Muttersprache?
VP: Gut. Meine Muttersprache ist Dari. Außerdem spreche ich ein wenig Englisch und Deutsch.
LA: Wie gut sprechen Sie Deutsch?
VP: B1 Niveau.
LA: Fühlen Sie sich gesundheitlich in der Lage, heute Angaben in Ihrem Verfahren zu machen?
VP: Ja. Ich bin gesund, nehme keine Medikamente und könnte jederzeit arbeiten. Ich arbeite auch.
LA: Wo arbeiten Sie?
VP: In Innsbruck, in einem Schulheim.
LA: Was machen Sie dort?
VP: Ich bin Küchengehilfe.
LA: Seit wann machen Sie das?
VP: Am 10.09.2018 habe ich dort begonnen.
LA: Sollten Sie eine Pause einlegen wollen, kann die Einvernahme jederzeit unterbrochen werden.
VP: Danke.
LA: Es ist unumgänglich, dass Sie die Wahrheit sagen, nichts verschweigen und alle erforderlichen Anhaltspunkte selbständig und wahrheitsgemäß darlegen. Sollte die Behörde auf Unwahrheiten oder Verheimlichungen stoßen, kann dies negative Folgen auf das Verfahren haben. Haben Sie das verstanden?
VP: Ich habe das verstanden.
LA: Welcher Volksgruppe und welcher Religionsgemeinschaft gehören Sie an?
VP: Ich gehöre der Volksgruppe der Hazara an und bin schiitischer Moslem.
LA: Geben Sie einen Lebenslauf von sich an!
VP: Ich bin in Ghazni geboren. Ich bin 20 Jahre alt. In Afghanistan habe ich keine Schule besucht. Ich habe mein ganzes Leben in Ghazni, Jaghouri, verbracht. Zweieinhalb Jahre lebte ich im Iran, das war nach meiner Ausreise aus Afghanistan. Anfänglich war ich in Afghanistan Hirte, dann reiste ich in den Iran und habe bei einem Steinmetzbetrieb als Koch gearbeitet.
LA: Wie lange waren Sie Hirte?
VP: Ich kann mich nicht mehr erinnern.
LA: Mit wie vielen Jahren begannen Sie diese Arbeit?
VP: Ich kann mich nicht erinnern.
LA: Ungefähr?
VP: Mit sieben bis zehn Jahren oder so.
LA: Wie lange machten Sie diese Arbeit?
VP: Genau kann ich es nicht sagen.
LA: Ungefähr?
VP: Zwei bis dreieinhalb Jahre.
LA: Mit wie vielen Jahren reisten Sie in den Iran?
VP: Ungefähr mit 12 oder 13 Jahren.
LA: Wie lange dauerte die Reise vom Iran nach Österreich?
VP: Etwa sechs Monate.
LA: Wie alt waren Sie, als Sie in Österreich ankamen?
VP: 17.
LA: Wie viele Jahre haben Sie im Iran gearbeitet?
VP: Zweieinhalb Jahre.
LA: Wie viele Jahre lebten Sie im Iran?
VP: Zweieinhalb Jahre.
LA: Da fehlt ein Jahr Ihres Lebenslaufes ab der Ankunft in den Iran bis zur Ankunft in Österreich!
VP: Ich habe gesagt, ich sei mir nicht sicher, wie alt ich war, als ich aus dem Iran wegging.
LA: Mit wem lebten Sie im Iran?
VP: Mit anderen Afghanen.
LA: Hatten Sie Familie dort?
VP: Nein.
LA: Welche Angehörigen haben Sie noch im Heimatland?
VP: Meine Mutter, eine Schwester und einen Bruder. Ich habe aber keinen Kontakt zu diesen.
LA: Sonst noch jemanden? Onkel, Tanten, Cousins?
VP: Ich weiß nichts von denen. Ich habe zu niemanden Kontakt.
LA: Warum haben Sie keinen Kontakt?
VP: Ich habe keine Telefonnummer.
LA: Wann hatten Sie den letzten Kontakt?
VP: Vor einigen Jahren.
LA: Wo waren Sie damals aufhältig?
VP: Ich glaube im Iran.
LA: Welche Befürchtungen haben Sie aktuell für den Fall einer Rückkehr in Ihr Heimatland?
VP: In meinem Heimatland herrscht Krieg. Es gibt dort kein Erbarmen, weder gegen einen Kind noch gegen einen Erwachsenen.
LA: Haben Sie noch etwas hinzuzufügen?
VP: Wenn ich dorthin zurückkehre werde ich getötet. Jeder wird dort getötet.
LA: Wer würde Sie töten?
VP: Bei den Anschlägen würde ich getötet werden.
LA: Welche Befürchtungen haben Sie aktuell für den Fall einer Rückkehr speziell nach Mazar-e-Sharif?
VP: Weder Mazar-e-Sharif noch Kabul noch Ghazni ist lebenswert. Überall in Afghanistan ist es unsicher. Ich fürchte die allgemeine Lage.
LA: Haben Sie noch etwas hinzuzufügen?
VP: Nein.
LA: Welche Befürchtungen haben Sie aktuell für den Fall einer Rückkehr speziell nach Herat?
VP: Vor zwei Monaten wurde zum Beispiel eine Moschee angegriffen und Menschen wurden getötet. Ich fürchte auch dort die allgemeine Lage.
LA: Haben Sie noch etwas hinzuzufügen?
VP: Überall in Afghanistan ist es schlecht.
LA: Könnten Sie zurückkehren, wenn die Lage gut wäre?
VP: Wenn Sicherheit herrschen würde, dann ja.
LA: Schildern Sie bitte Ihren bisherigen Aufenthalt in Österreich! Was haben Sie alles gemacht?
VP: Ich war ein Jahr in einer Pension aufhältig. Ich habe eine Schule, ein Jugendcollege besucht, einen Computerkurs habe ich gemacht. Ich habe mich hier etwas gebildet.
LA: Haben Sie familiäre oder private Bindungen an Österreich?
VP: Ich habe Freunde und Freundinnen, habe viel Kontakt zu Österreichern
LA: Haben Sie hier in Österreich zum dauernden Aufenthalt berechtigte Verwandte?
VP: Nein.
LA: Wo wohnen Sie?
VP: In Innsbruck.
LA: Warum sind Sie Obdachlos gemeldet?
VP: Ich bin auf der Suche nach einer Wohnung. Das ist schwer in Innsbruck, aber ich suche
LA: Sind Sie hier in Österreich Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation?
VP: Nein. Ich gehe nur ins Fitnesscenter.
LA: Haben Sie während Ihres Aufenthaltes in Österreich strafbare Handlungen begangen?
VP: Nein.
LA: Wollen Sie noch etwas anführen?
VP: Nein.
LA: Es wird nunmehr mit Ihnen erörtert, auf welcher Basis und unter Zugrundelegung welcher Länderfeststellungen das BFA in Ihrem Fall zur Entscheidung gelangen wird. Sie haben die Möglichkeit, im Anschluss dazu Stellung zu nehmen. Die auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat stützenden Aussagen basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA. Diese ist zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass sämtliche Feststellungen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen. Die Länderfeststellung der Staatendokumentation vom 29.06.2018, letzte Kurzinformation vom 29.10.2018, werden dem Asylwerber individuell näher erklärt.
Aus der allgemeinen Lage selbst ist ebenso wie aus Ihren persönlichen Merkmalen (Abstammung oder Glauben) nichts abzuleiten, das auf eine Verfolgung oder Furcht vor solcher im Sinne der GFK und den darin genannten Gründen schließen ließe. Da Sie Ihre Schwierigkeiten nicht glaubhaft gemacht haben, umso mehr Sie keinerlei Bedrohung ausgesetzt waren, ist die Rückkehr in Ihr Heimatland zumutbar. Weiters könnten Sie in Mazar-e-Sharif oder Herat Sicherheit erlangen und auch eine zumutbare Lebenssituation vorfinden.
Ebenso ist nichts festzustellen, dass eine reale Gefahr für Ihr Leben oder die Gesundheit bedeuten würde oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Weder lässt sich eine solche Gefahr aus der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat noch aus einer etwaigen lebensbedrohlichen und in Ihrem Herkunftsstaat nicht ausreichend behandelbaren Erkrankung Ihrer Person ableiten.
Zudem ist festzuhalten, dass es Ihnen zuzumuten ist, selbst unter durchaus schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung zu suchen und möglicherweise durch das Verrichten von Gelegenheitsarbeiten Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Da auch Ihre persönliche behauptete Gefährdungslage nicht für glaubhaft befunden werden kann und Ihr Vorbringen zudem asylrechtlich irrelevant ist, liegt kein Grund vor, Ihnen den Status eines Asylberechtigten zuzusprechen.
In Anbetracht der Kürze Ihres Aufenthaltes sowie auch fehlender (enger) familiärer oder privater Bindungen in Österreich ist nicht ersichtlich, dass eine Rückkehrentscheidung einen ungerechtfertigten Eingriff in Ihr Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens darstellen würde.
VP: Ich kann nicht nach Afghanistan zurückkehren. Ich weiß nichts über meine Familie, es kann sein, dass meine Familie bereits verstorben ist. Ich kann weder nach Herat noch nach Mazar-e-Sharif zurückkehren. Vielleicht hat man in Herat und Mazar-e-Sharif nur einen Monat Sicherheit aber früher oder später wird man auch dort getötet.
LA: Möchten Sie noch weitere Angaben machen? Konnten Sie zum Verfahren alles umfassend vorbringen und gibt es zur Einvernahme irgendwelche Einwände?
VP: Ich möchte keine weiteren Angaben machen. Ich konnte alles umfassend vorbringen. Ich habe keine Einwände.
LA: Wie haben Sie den Dolmetscher verstanden?
VP: Sehr gut.
[...]"
Mit - dem nunmehr angefochtenen - Bescheid der belangten Behörde vom 19.11.2018, Zahl 1047340602/181106294, wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 03.11.2015 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Sein Antrag vom 13.09.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgelegt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Die auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG gestützte Aberkennung des subsidiären Schutzes begründete die belangte Behörde in diesen Bescheid im Wesentlichen damit, dass sich die subjektive Lage des Beschwerdeführers im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt, als ihm subsidiärer Schutz gewährt worden sei, geändert habe. Die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten lägen nicht mehr vor, zumal der Beschwerdeführer nun volljährig sei und Erfahrungen gesammelt habe. Eine aktuelle bzw. individuelle Furcht vor Verfolgung in Afghanistan habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können, in seinem Fall bestehe eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative, der Beschwerdeführer könne seinen Lebensunterhalt sowohl in Herat oder Mazar-e Sharif bestreiten und würde ebendort Arbeitsmöglichkeiten vorfinden. Konkret tätigte die belangte Behörde darüber hinaus folgende Ausführungen:
"Ihnen wurde mit Bescheid vom 03.11.2015 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, weil Sie damals (zum Entscheidungszeitpunkt) über keine familiären und sozalen Anknüpfungspunkte verfügt haben, somit davon ausgegangen werden musste, dass Sie als Minderjähriger in Ihrer Heimat nicht zumutbar leben hätten können. Wurde somit auch damit argumentiert, dass Sie zum damaligen Zeitpunkt noch minderjährig gewesen seien, was nun nicht mehr der Fall ist.
Ihre subjektive Lage hat sich jedoch im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt dahingehend geändert, als Ihnen nun sehr wohl eine Rückkehr nach Afghanistan, speziell nach Mazar-e Sharif oder Herat, zuzumuten ist, umso mehr Sie aufgrund Ihres langjährigen Aufenthaltes in Europa und damit einhergehend über einen massiven Zuwachs an Lebenserfahrung gesammelt haben, sodass Sie nun auch auf sich alleine gestellt Ihren Lebensunterhalt in Afghanistan bestreiten können; es ist Ihnen nun schließlich zuzumuten, selbst unter durchaus schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung zu suchen und möglicherweise durch das Verrichten von Gelegenheitsarbeiten Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, umso mehr Sie selbst gesagt haben, jeder Arbeit nachgehen können zu würden und demnach Ihr Leben selbst bestreiten können würden. Weiters haben Sie durch Ihren Aufenthalt in Europa reichlich an Berufserfahrung gesammelt und meinten selbst, dass Sie einer Arbeit nachgehen können würden, so wie dies auch in Österreich der Fall ist. Demnach müsste es Ihnen leicht fallen in Afghanistan, vor allem aber in Mazar-e-Sharif oder Herat, einer Arbeit nachzugehen. Auch müssten Sie nun im Falle Ihrer Rückkehr über keine sozialen bzw. familiären Netzwerke eben dort verfügen. Der Unterschied zum Entscheidungszeitpunkt, als Ihnen subsidiärer Schutz gewährt wurde ist, dass Sie damals Minderjährig gewesen sind, das im Bescheid auch so kommuniziert wurde, was heute nicht mehr der Fall ist. Sie könnten Ihr Leben in einer der zwei oben genannten Städte zumutbar bestreiten. Damals konnte Ihnen weiters nicht zugemutet werden, die schwierigen Bedingungen in Zusammenhang mit den Möglichkeiten, den Lebensunterhalt zu bestreiten, in Kauf zu nehmen, was nun jedoch nicht mehr gegeben ist, zumal Sie durch Ihre neuerlangte Berufserfahrung Ihren Lebensunterhalt mit Sicherheit bestreiten können würden. Weiters sind Sie eben nicht mehr minderjährig, können Sie somit selbstständig ein Leben bestreiten, zumal Sie das auch im jungen Alter im Iran geschafft haben. Auch dort haben Sie sich als minderjähriger Bursche ein Leben aufgebaut, was nun wieder der Fall ist. Außerdem gaben Sie an, dass Sie zurückkehren können, wenn es in Ihrem Heimatland sicher sei. Da laut der Staatendokumentation ein Leben in Mazar-e-Sharif und Herat möglich ist, kann davon ausgegangen werden, dass Sie dort Ihr Leben bestreiten können, umso mehr Sie niemals angeführt haben, dass Sie familiäre Anknüpfungspunkte benötigen würden, könnten Sie somit auch ohne diese in Ihre Heimat zurückkehren.
Was die Lebenserfahrungen betrifft, ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass Sie mit Ihrem Aufenthalt in Österreich auch bereits unweigerlich von der Möglichkeit Gebrauch machten, auf bestehende Netzwerke zurückzugreifen, was Ihnen zweifelsohne im Falle einer Rückkehr in Anbetracht des damit gewonnen Erfahrungsschatzes zugutekommen und entsprechend hilfreich sein wird. Wenn es um die Frage nach in Afghanistan bestehenden Netzwerken geht, ist in Ihrem Fall vor allem auf die Existenz der Verbindungen der Volksgruppe der Tadschiken, sowie auf internationale und auch nationale Unterstützungsmöglichkeiten für Rückkehrer nach Afghanistan hinzuweisen. Die breite Palette an solchen ermöglichte es Ihnen schon von Österreich aus, einen zumutbaren Weg und Ansatz für die Wiedereingliederung in die afghanische Gemeinschaft, insbesondere in Mazar-e Sharif oder Herat, zu ergreifen.
Überdies ist hinzuzufügen, dass Sie nun freilich auch auf eine Vielzahl an internationalen Einrichtungen zurückgreifen könnten, die Rückkehrer unterstützen; laut der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 01.02.2018 zählen zu den unterstützenden Akteuren neben der afghanischen Regierung auch internationalen Organisationen wie IOM (Internationale Organisation für Migration), die UN-Agentur UNHCR, US-amerikanische Organisationen wie USAID (Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung) und lokale Nichtregierungsorganisationen wie IPSO (International Psycho-Social Organisation) und AMASO (Afghanistan Migrants Advice & Support Organisation), an welchen Sie sich nun freilich im Falle Ihrer Rückkehr bedienen könnten. Weiters kann auch eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital für Ihren Neubeginn im Heimatland gewährt werden, wobei Sie vom ersten Informationsgespräch bis zur tatsächlichen Rückreise in einer Einrichtung beraten, begleitet und umfassend unterstützt werden. Eine etwaige Ortsunkenntnis oder anfänglich möglicherweise bestehende Orientierungslosigkeit in Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif kann freilich nicht (mehr) zur Feststellung führen, Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif kämen nicht als taugliche Fluchtalternative in Frage, zumal (nun) gerade mit den ansässigen Hilfsorganisationen Möglichkeiten gegeben sind, um diesem etwaigen Problem Abhilfe zu verschaffen.
Eine Rückkehr ist nach Mazar-e Sharif oder Herat den Feststellungen in der Länderinformation entsprechend relativ sicher, ist dort trotz immer wieder erfolgender Sicherheitsvorfälle, die sich allerdings regelmäßig gegen staatliche Einrichtungen aller Art oder internationale Hilfsorganisationen richten, für den einfachen Bürger eine zumutbare Sicherheitslage festzustellen.
Dass Sie den Lebensunterhalt in Mazar-e Sharif oder Herat bestreiten könnten, ist dies einerseits eindeutig aus den diesbezüglichen Länderinformationen zu entnehmen und andererseits machten Sie im Rahmen Ihres Verfahrens glaubhaft, dass Sie absolut arbeitsfähig und des Weiteren gesund seien. Es ist Ihnen schließlich nun - wie bereits zuvor erwähnt - zuzumuten, dass Sie auch unter durchaus schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung suchen und möglicherweise durch das Verrichten von Gelegenheitsarbeiten Ihren Lebestunterhalt bestreiten könnten. Darüber hinaus könnten Sie selbstverständlich im Falle der Rückkehr - wie den Feststellungen zum Herkunftsland klar hervorgeht - zum Zwecke des Bestreitens des Lebensunterhaltes auch Unterstützungen, insbesondere in Zusammenhang mit einer Rückkehr, vom UNHCR oder IOM in Anspruch nehmen. Daher besteht schließlich kein Zweifel daran, dass Sie sich als arbeitsfähiger und gesunder Mann in Mazar-e Sharif oder Herat, ohne kulturelle, traditionelle und sprachliche Barrieren, versorgen könnten, zumal auch ebendort internationale Hilfsorganisationen den Wiedereinstieg für Rückkehrer unterstützen.
Zudem geht der Länderinformation klar hervor, dass sowohl Mazar-e Sharif als auch Herat gefahrlos über den Luftweg zu erreichen ist."
Die belangte Behörde traf in diesem Bescheid darüber hinaus umfangreiche Länderfeststellungen zur Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan.
Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 29.11.2018 fristgerecht Beschwerde ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird, dass dem (damals 17 Jahre und 10 Monate alten) Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen von Afghanistan, der der Volksgruppe der Hazara angehört und der Muslim schiitischer Ausrichtung ist, mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2015 der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt und dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde.
Festgestellt wird, dass die rechtskräftige Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan in diesem Bescheid - unter Bezugnahme auf die getroffenen Länderfeststellungen - damit begründet wurde, dass der - damals gerade noch - minderjährige Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan dort über keine familiären Anknüpfungspunkte und auch keine sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte verfüge und daher wahrscheinlich in eine existenzielle Notlage wegen der allgemeinen Versorgungslage in Afghanistan geraten würde; als Minderjähriger ohne familiären Rückhalt und ohne Schulausbildung sei es dem Beschwerdeführer nur schwer möglich, im Heimatland eine Lebensgrundlage zu schaffen, zumal er nicht ortskundig sei.
Festgestellt wird, dass mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.11.2018 der dem - zu diesem Zeitpunkt bereits volljährigen - Beschwerdeführer mit Bescheid vom 03.11.2015 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten auf der Rechtsgrundlage des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG von Amts wegen aberkannt wurde. Festgestellt wird, dass diese auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG gestützte Aberkennung des subsidiären Schutzes von der belangten Behörde im Wesentlichen damit begründet wurde, dass sich die subjektive Lage des Beschwerdeführers im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt, als ihm subsidiärer Schutz gewährt worden sei, geändert habe, da der Beschwerdeführer aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes in Europa über einen massiven Zuwachs an Lebenserfahrung gesammelt habe, sodass er nun auch auf sich alleine gestellt seinen Lebensunterhalt in Afghanistan bestreiten könne; es sei ihm nun zuzumuten, selbst unter durchaus schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung zu suchen und möglicherweise durch das Verrichten von Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, zumal er durch seine neuerlangte Berufserfahrung seinen Lebensunterhalt mit Sicherheit bestreiten können würde.
Festgestellt wird, dass seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2015 keine entscheidungserhebliche Veränderung der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan im Sinne einer Verbesserung dieser Lage eingetreten ist.
Festgestellt wird, dass seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2015 keine wesentliche Veränderung in der subjektiven Lage des Beschwerdeführers eingetreten ist.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erfolgten bescheidmäßigen Zuerkennung und nachfolgenden Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und zu den jeweiligen Begründungen gründen sich auf den Akteninhalt bzw. auf den Inhalt der betreffenden Bescheide.
Die Feststellung, dass seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2015 und seit der Aberkennung dieses Status mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.11.2018 sowie aktuell keine Veränderung der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan - auch bezogen auf Herat und Mazar-e-Sharif - im Sinne einer entscheidungserheblichen Verbesserung dieser Lage eingetreten ist, gründet sich auf einen Vergleich der in diesen beiden Bescheiden getroffenen Länderfeststellungen sowie auf die aktuelle Sicherheits- und Versorgunglage in Afghanistan.
Die Feststellung, dass seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2015 und seit der Aberkennung dieses Status mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.11.2018 keine wesentliche Veränderung in der subjektiven Lage des Beschwerdeführers eingetreten ist, gründet sich auf den Inhalt der diesen Bescheiden zu Grunde liegenden Verwaltungsakten, die eine entscheidungserhebliche Veränderung in den subjektiven Umständen des Beschwerdeführers nicht erkennen lassen.
Das von der belangten Behörde am 19.11.2018 als zentrale Entscheidungsgrundlage für die nunmehrige Aberkennung des subsidiären Schutzes herangezogene Argument, damals am 03.11.2015 sei der Beschwerdeführer noch minderjährig gewesen und sei es ihm damals nicht zumutbar gewesen, vor den Hintergrund der allgemeinen in Afghanistan herrschenden Sicherheits- und Versorgungslage ohne familiäre bzw. sonstige soziale Anknüpfungspunkte zurückzukehren, als volljährigem jungen Mann mit Berufserfahrung stehe dem Beschwerdeführer nun eine innerstaatliche Fluchtalternative in Herat und Mazar-e-Sharif zur Verfügung, vermag insofern nicht zu greifen, als der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten 17 Jahre und 10 Monate alt und sohin nicht einmal zwei Monate von der Volljährigkeit entfernt war, was im gegenständlichen Fall keinen entscheidungserheblichen Unterschied in der geistigen Reife und Entwicklung des Beschwerdeführers machen kann, und der Beschwerdeführer in diesem ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren, das zur rechtskräftigen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch die belangte Behörde führte, darüber hinaus bereits angab, dass er über mehrjährige Berufserfahrung als Schafhirte und Hilfsarbeiter in Afghanistan verfüge, wodurch er seine Mutter und seine jüngeren Geschwister habe versorgen können, zudem habe er im Iran in einer Steinmetzfabrik (als Koch) gearbeitet und sich damit zweieinhalb Jahre im Iran den Lebensunterhalt verdient.
Diese im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vom Beschwerdeführer getätigten Ausführungen zur Berufserfahrung und zur selbstständigen Lebensweise des Beschwerdeführers wurden von der belangten Behörde damals nicht als unglaubhaft beurteilt und lagen der Entscheidung der belangten Behörde zu Grunde, dennoch erkannte sie dem Beschwerdeführer rechtskräftig den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu. Dies gilt nun aber unverändert auch gegenwärtig mit der einzigen Maßgabe, dass der Beschwerdeführer, der damals fast volljährig war und es heute ist, zwischenzeitlich älter geworden ist. Eine Änderung in der subjektiven Lage des Beschwerdeführers im Vergleich zum Entscheidungszeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten liegt diesbezüglich nicht vor.
Auch sind weder dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Aberkennungsverfahren noch dem Inhalt des zu Grunde liegenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde ausreichende Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer - auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er in Österreich als Küchengehilfe in einem Schulheim arbeitete - zwischenzeitlich in Österreich derartige Aus- bzw. Fortbildungsschritte gesetzt hätte, welche ihm auch im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan maßgeblich - nämlich erheblich mehr als seine bisherige Berufserfahrung in Afghanistan und im Iran - zu Gute kommen und ihm bei seinem dortigen Fortkommen erheblich mehr förderlich sein könnten, woraus in der Folge der Schluss gezogen werden könnte, dass sich die subjektive Lage des Beschwerdeführers insofern maßgeblich verändert hätte.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Nichtvorliegen familiärer Anknüpfungspunkte im Herkunftsland blieb während der bisherigen Verfahren nicht nur im Wesentlichen, sondern vollkommen ident. Die belangte Behörde hat auch nicht dargelegt, inwiefern dieses Vorbringen nunmehr unzutreffend bzw. unglaubhaft - bzw. unglaubhafter als im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren - sein sollte und ist dies auch von Amts wegen nicht ersichtlich, weshalb diesbezüglich eine Änderung in den subjektiven Verhältnissen - in dem Sinne, dass nunmehr, anders als zuvor, familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsland vorlägen - nicht ersichtlich ist.
Insofern aber die belangte Behörde zu dem Schluss gekommen sein mag, dass bereits die vormalige rechtskräftige Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid vom 03.11.2015 rechtsunrichtig erfolgt sein könnte, weil bereits zum damaligen Entscheidungszeitpunkt die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten unter Zugrundelegung der subjektiven Verhältnisse des Beschwerdeführers, bewertet vor dem Hintergrund der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan, eigentlich nicht vorgelegen sein mögen, so kann aus einer allfälligen damaligen anderen rechtlichen Beurteilung der damals (ebenso wie heute) vorliegenden Sachverhaltselemente keine Veränderung in den nunmehrigen subjektiven Verhältnissen des Beschwerdeführers abgeleitet werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
§ 9 AsylG lautet:
"Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten
§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;
2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder
3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn
1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;
2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder
3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.
In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.
(4) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen."
Die belangte Behörde stützte die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht auf § 9 Abs. 2 AsylG - der Beschwerdeführer ist in Österreich aktuell strafgerichtlich unbescholten -, sondern sie stützte diese Aberkennung ausdrücklich auf § 9 Abs. 1 Z. 1 AsylG und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten deshalb nicht mehr vorliegen würden, weil in den subjektiven Verhältnissen des Beschwerdeführers seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid vom 03.11.2015 eine Änderung eingetreten sei. Ein solche wesentliche Änderung in der subjektiven Lage des Beschwerdeführers ist jedoch, wie oben ausgeführt, auf Grundlage des Vorbringens des Beschwerdeführers sowie auf Grundlage des Inhaltes des dem den Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkennenden Bescheides zu Grunde liegenden Verwaltungsaktes in rechtlicher Hinsicht nicht erkennbar.
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid - dies zutreffend - offenkundig nicht von einer zwischenzeitlich eingetretenen Veränderung der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan im Sinne einer entscheidungserheblichen Verbesserung dieser Lage seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid vom 03.11.2015 aus.
Da daher eine entscheidungserhebliche wesentliche Änderung in den Umständen, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid vom 03.11.2015 geführt haben, nicht eingetreten ist und daher nicht davon ausgegangen werden kann, dass gemäß dem von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogenen § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen, war der Beschwerde spruchgemäß stattzugeben und der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos zu beheben.
Da die Spruchpunkte II. bis VI. des angefochtenen Bescheides dem rechtlichen Schicksal des Spruchpunktes I. folgen, war der gesamte angefochtene Bescheid in sämtlichen Spruchpunkten zu beheben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht in inhaltlicher Hinsicht keine neuen Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person des Beschwerdeführers und zur Lage in Afghanistan in inhaltlicher Hinsicht auf jene, die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegen, gestützt; eine maßgebliche Änderung ist diesbezüglich in Bezug auf den Beschwerdegegenstand nicht eingetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102). Dem gegenständlichen Erkenntnis liegt lediglich eine andere rechtliche Beurteilung als die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vorgenommene zu Grunde. Es wurden keine Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche einer mündlichen Erörterung bedürften, zumal die belangte Behörde im Rahmen der Beschwerdevorlage auf die Durchführung einer und auf die Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung ausdrücklich verzichtet hat.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Schlagworte
Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 1 Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung individuelle Verhältnisse Rückkehrentscheidung behoben Sicherheitslage Versorgungslage Volljährigkeit wesentliche ÄnderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W207.2117944.2.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020