TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/26 W156 2217181-1

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Veröffentlicht am 26.03.2020
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Entscheidungsdatum

26.03.2020

Norm

BSVG §2 Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W156 2217181-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Regionalbüro Niederösterreich und Wien (nunmehr Sozialversicherung der Selbständigen - SVS), vom 20.02.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.02.2020 zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die damalige Sozialversicherungsanstalt der Bauern, nunmehr Sozialversicherung der Selbständigen (im Folgenden kurz: "SVSB") stellte mit Bescheid vom 19.02.2019 fest, die Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz: "BF") sei vom 01.09.2018 bis 31.10.2018 nicht in der Kranken- und Pensionsversicherung der Bauern pflichtversichert.

2. Mit Schreiben vom 15.03.2019 erhob die BF innerhalb offener Frist Beschwerde gegen den Bescheid der SVS.

3. Am 05.04.2019 legte die SVS die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem BVwG zur Entscheidung vor.

4. Am 19.02.2020 fand vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 27.09.2018 meldete Herr XXXX die BF als hauptberuflich beschäftigte Angehörige ab dem 01.09.2018 bis zu 31.10.2018 zur Kranken- und Pensionsversicherung nach dem BSVG an.

Herr XXXX ist der Vater der BF und war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Betriebsführer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes mit rund ? 11.200 Einheitswert.

Die BF war im Ausmaß von 40 Wochenstunden unselbständig bei der Pensionsversicherungsanstalt beschäftigt und bis 27.09.2018 nach dem ASVG pflichtversichert. Im September 2018 befand sich die BF in Urlaub und ab dem 28.09.2018 in Mutterschutz.

Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum arbeitete die BF im Ausmaß von ca. 29 Stunden in der Woche mit, wobei 13 Stunden für Stallarbeiten, 3 Stunde für Futtereinbringung, 4 Stunde für die Wiesenbewirtschaftung, 3 Stunden für Obsternte und 6 Stunden für Haushaltstätigkeiten veranschlagt wurden.

Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum war sie bis 27.09.2018 40 Stunden wöchentlich unselbständig bei der Pensionsversicherungsanstalt beschäftigt mit einem Gesamtbruttobezug für das Jahr 2018 von ? 30.502,41 zuzüglich ? 4.886,32 Sonderzahlungen.

Im Zeitraum vom 28.09.2018 bis 31.10.2018 war sie im Mutterschutz.

Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der SVS sowie den Angaben in der mündlichen Verhandlung am 19.02.2020. Im Wesentlichen wurde Einsicht genommen in den Bescheid der SVS vom 20.02.2019, in die Beschwerde vom 15.03.2019, in die mit der Beschwerdevorlage getätigte Stellungnahme der SVS vom 05.04.2020.

Gänzlich unbestritten sind die getroffenen Feststellungen zur Betriebsführung des Vaters der BF bis zum 31.10.2018

Die getroffenen Feststellungen betreffend unselbstständige Erwerbstätigkeit der BF, zum Bezug von Wochengeld, zum Ausmaß der Tätigkeit im land(forst)wirtschaftlichen Betrieb - ergeben sich einerseits aus den diesbezüglich im Akt befindlichen Unterlagen, denen auch Versicherungsdatenauszüge beigeschlossen sind, und andererseits aus den von der BF und dem Vater der BF übereinstimmend getätigten Angaben.

Insbesondere wurden die von der BF getätigten Angaben zum konkreten Ausmaß und der konkreten Art der land(forst)wirtschaftlichen Tätigkeiten in den jeweiligen Zeiträumen seitens der SVS nicht in Frage gestellt und in der mündlichen Verhandlung bestätigt, sodass auch das BVwG von diesem Sachverhalt ausgeht.

Der monatliche Bruttobezug aus der unselbständigen Beschäftigung ergibt sich aus dem Auszug des Hauptverbandes der Sozialversicherungen und wurde auch nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Maßgebliche materiellrechtliche Grundlagen:

§ 2 BSVG lautet auszugsweise:

Pflichtversicherung

Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung

(1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

1. Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren

Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird. [...]

2. die Kinder, Enkel, Wahl- und Stiefkinder sowie die Schwiegerkinder einer in Z 1 genannten Person, alle diese, wenn sie hauptberuflich in diesem Betrieb beschäftigt sind (Abs. 7); [...]

(7) Ob eine Beschäftigung hauptberuflich ausgeübt wird, hängt von ihrem wirtschaftlichen und zeitlichen Umfang ab; sie wird als hauptberuflich ausgeübt vermutet, wenn sie

1. der Bestreitung des Lebensunterhaltes dient oder

2. länger als 20 Stunden pro Woche erfolgt oder

3. mehr Zeitaufwand erfordert als eine weitere gleichzeitig ausgeübte Beschäftigung. [...]

Gemäß § 23 Abs. 2 BSVG ist der Versicherungswert ein Hundertsatz des Einheitswertes des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes. Hiebei ist von dem zuletzt im Sinne des § 25 des Bewertungsgesetzes festgestellten Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes auszugehen. Der Versicherungswert ist jeweils zum 1. Jänner eines jeden Kalenderjahres neu festzustellen und auf Cent zu runden.

Der Hundertsatz beträgt:

1. bei Einheitswerten bis zu 5 000 ? 13,34110;

2. für je weitere 100 ? Einheitswert bei Einheitswerten

von 5 100 ? bis 8 700 ? 14,82346

von 8 800 ? bis 10 900 ? 12,04405

von 11 000 ? bis 14 500 ? 8,33822

von 14 600 ? bis 21 800 ? 6,76321

von 21 900 ? bis 29 000 ? 5,00291

von 29 100 ? bis 36 300 ? 3,70588

von 36 400 ? bis 43 600 ? 2,77940

über 43 700 ? 2,13087. (Anm. 1: zu den Prozentsätzen vgl. BGBl. II Nr. 391/2016, BGBl. II Nr. 339/2017, BGBl. II Nr. 329/2018 und BGBl. II Nr. 348/2019)

Diese Hundertsätze sind mit Wirksamkeit ab 1. Jänner eines jeden Jahres, mit Ausnahme der Jahre 2000 und 2001, unter Bedachtnahme auf § 47 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 45) mit der Maßgabe zu vervielfachen, daß die sich ergebenden Hundertsätze auf fünf Dezimalstellen zu runden sind.

[...]

(6) Beitragsgrundlage ist

1. für die gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 Pflichtversicherten ein Drittel der gemäß Abs. 1 ermittelten Beitragsgrundlage, die für den von den Eltern bzw. Groß-, Wahl-, Stief- oder Schwiegereltern des Pflichtversicherten geführten land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, in dem diese Pflichtversicherten hauptberuflich beschäftigt sind, ermittelt wird,

3.2. Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 2 BSVG ist die im land(forst)wirtschaftlichen Betrieb die Kinder einer in Z 1 genannten Personen in der Krankenversicherung und der Pensionsversicherung pflichtversichert, wenn sie hauptberuflich im Sinne des Abs. 7 in diesem Betrieb beschäftigt sind.

Nach § 2 Abs. 7 BSVG hängt die Frage, ob eine Beschäftigung hauptberuflich ausgeübt wird, von ihrem wirtschaftlichen und zeitlichen Umfang ab; sie wird als hauptberuflich ausgeübt vermutet, wenn sie 1. der Bestreitung des Lebensunterhaltes dient oder 2. länger als 20 Stunden pro Woche erfolgt oder 3. mehr Zeitaufwand erfordert als eine weitere gleichzeitig ausgeübte Beschäftigung.

Für den Zeitraum vom 01.09.2018 bis 27.09.2018:

Ungeachtet der (auch von der SVS angenommenen) land- bzw. forstwirtschaftlichen Beschäftigung im Ausmaß von 29 Stunden pro Woche in der Zeit vom 01.09.2018 bis 29.08.2018 bestand in dieser Zeit aber keine hauptberufliche land- bzw. forstwirtschaftlichen Beschäftigung der BF. So verweist § 2 Abs 7 BSVG zur Frage der Hauptberuflichkeit auf den "wirtschaftlichen und zeitlichen Umfang" der Beschäftigung, wobei eine Hauptberuflichkeit (und zwar widerlegbar - vgl. Teschner/Widlar, BSVG, Die Sozialversicherung der Bauern, S. 32/2, Anm. 21 zu § 2 BSVG) "vermutet" wird, wenn sie der Bestreitung des Lebensunterhaltes dient oder länger als 20 Stunden pro Woche erfolgt oder mehr Zeitaufwand erfordert als eine weitere gleichzeitig ausgeübte Beschäftigung.

Im konkreten Fall liegt die land- bzw. forstwirtschaftliche Beschäftigung der BF mit 29 Wochenstunden zwar über den in § 2 Abs 7 Z 2 BSVG erwähnten, mehr als 20 Stunden. Allerdings folgt aus dem Sachverhalt, dass in Anbetracht des wirtschaftlichen und zeitlichen Umfangs hier gerade nicht von einer Hauptberuflichkeit der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Eine Tätigkeit ist nämlich nur dann als eine "hauptberufliche Beschäftigung" einzustufen, wenn sie in einer dem Beruf entsprechenden zeitlichen Einheit überwiegend ausgeübt wird und sie in diesem Zeitraum in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht Mittelpunkt der Lebensinteressen darstellt. Unter "hauptberuflich" ist nichts anderes zu verstehen als "hauptberuflich keiner anderen Beschäftigung nachgehen" (vgl. Teschner/Widlar, BSVG, Die Sozialversicherung der Bauern, S. 30/3, Anm. 14 zu § 2 BSVG).

Im konkreten Fall hat die BF eine - nach dem ASVG vollversicherungspflichtige - unselbständige Beschäftigung bei der Pensionsversicherungsanstalt im Ausmaß von 40 Wochenstunden ausgeübt mit einem monatlichen Bruttobezug von über ? 3.300 zuzüglich Sonderzahlungen und von dem Nettoeinkommen auch ihren Lebensunterhalt bestritten.

Der land- und forstwirtschaftliche Beitrieb des Vaters wurde mit einem Einheitswert von rund 11.200,00 bewertet, woraus sich nach § 23 Abs. 2 BSVG ein Versicherungswert in Höhe von ? 2,226,36 ergibt. Nach § 23 Abs. 6 BSVG ergäbe sich für die BF ein Versicherungswert in Höhe von ? 742,12, der als Beitragsgrundlage der Pflichtversicherung zugrunde zu legen ist.

Vor diesem Hintergrund kann der Zeitaufwand im land(forst)wirtschaftlichen Betrieb des Vaters (29 Stunden) jedenfalls nicht als "Hauptberuf" angesehen werden, da diese Tätigkeit nicht in einer dem Beruf entsprechenden zeitlichen Einheit überwiegend ausgeübt wurde und sie in diesem Zeitraum auch in wirtschaftlicher Hinsicht nicht Mittelpunkt der Lebensinteressen war.

Was den Zeitraum vom 28.09.2018 bis 31.10.2018 anbelangt, so ist Folgendes auszuführen:

Bei der Beurteilung der Hauptberuflichkeit kommt es auf den zeitlichen und wirtschaftlichen Umfang der Beschäftigung an, nicht aber darauf, warum das Arbeitsausmaß verringert wurde oder ob ein Beschäftigungsverbot besteht. Da auch in dieser Konstellation die ausgeübte Tätigkeit in der Land(forst)wirtschaft mit 29 Stunden pro Woche nicht mehr Zeitaufwand erfordert als die (hypothetisch) gleichzeitig ausgeübte Tätigkeit von 40 Stunden pro Woche - auch ein Einkommen in Form von Wochengeld vom 29.08.2018 bis 31.10.2018 erhalten wurde, ist auch hier festzustellen, dass keine hauptberufliche Beschäftigung im land(forst)wirtschaftlichen Betrieb des Vaters vorlag.

Folglich hat die SVS rechtsrichtig ausgesprochen, dass die BF nicht der Kranken- und Pensionsversicherung der Bauern im Sinne von § 2 Abs. 1 Z. 3 BSVG unterlag.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des

Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Sowohl die gegenständliche Pflichtversicherung einer Ehegattin/eines Ehegatten im land(forst)wirtschaftlichen Betrieb der Ehegattin/des Ehegatten als solche, als auch die Kriterien der Hauptberuflichkeit beruhen auf klaren gesetzlichen Regelungen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschäftigungsausmaß landwirtschaftliche Tätigkeit landwirtschaftlicher Betrieb Pflichtversicherung Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2217181.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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